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Ausgabe:

1989

Spalte:

895-900

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

(Innsbruck, 2. - 6. September 1985) 1989

Rezensent:

Ullmann, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 12

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Eckert, Jost: Die tiefenpsychologische Schriftauslegung Eugen Drewermanns
-ihre Anliegen und Grenzen (TThZ98, 1989, 1-20).

Ellington, John: "Son of Man" and contextual Translation (BiTr 40, 1989,
201-208).

Euller, Reginald H.: The Decalogue in the New Testament (Interpr. 43.1989,
243-255).

Hosaka. Takaya: Lukas und das Imperium Romanum. Unter besonderer
Berücksichtigung der literarischen Funktion des Fruchtmotives (AJBI 14, 1989,
82-134).

Housholder. David: An evangelical doctrinc of the minislry (CThMi 16,
1989, 108-113).

Hübner, Hans: Kreuz und Auferstehung im Neuen Testament, l.Teil
(ThR 54, 1989,262-306).

Kim. Young Kyu: Palaeographical Dating of P46 to the Later First Century
(Bibl 69, 1988,248-257).

Moor. Johannes C. de: The Reconstruction of the Aramaic Original of the
Lord's Prayer (In: Van der Meer, W., and J. C. de Moor [Ed.]: The Structural
Analysis of Biblical and Canaanite Poetry. Sheffield: JSOT 1988.
S. 397-422).

Müller, Burkhard: Politik der Bergpredigt? (WzM 40.1988, 142-157).

Müller, Klaus W.: Neutestamentlicher Literaturüberblick (1 u. II) (PTh 78,
1989,272-284 u. 346-356).

Ramaroson, Leonard: Trois etudes recentes sur «la foi de Jesus» dans saint
Paul(ScEs40, 1988,365-377).

Romaniuk, Kazimierz: Sprawa Jezusa z Nazarctu. Wroclaw: Wydawnictwo
Wroclawskiej Ksiegarni Archidiecezjalnej 1988. 197 S. 8 Kart. ZI 300.-.

Stuhlmacher, Peter: Adolf Schlatter als Paulusausleger - ein Versuch (Theologische
Beitrage 20, 1989, 176-190).

Swetnam, J.: Christology and the Eucharist in the Epistel to the Hebrews
(Bibl 70, 1989,74-95).

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Lies, Lothar [Hg.]: Origeniana Quarta. Die Referate des 4. Internationalen
Origeneskongresses (Innsbruck, 2.-6. September 1985). Innsbruck
-Wien: Tyrolia 1987. VIII, 505 S. 8' = Innsbrucker theologische
Studien, 19. Kart. ÖS 620.-.

Man übertreibt gewiß nicht, wenn man in diesem 4. Kongreßband
der internationalen Origcnesforschung so etwas wie die Summe des
bisher Geleisteten sieht. Denn wer die hier präsentierte Arbeit auf sich
wirken läßt, wird deutlicher als je zuvor einsehen, warum unsere
dogmengeschichtlichen Lehrbücher unserem geschichtlichen und
theologischen Wissen nicht mehr genügen. Um es zugespitzt zu sagen:
Wir sind nicht mehr in der Lage, die vornieänische Epoche nur als
Vorbereitung und Vorstufe der mit 325 beginnenden eigentlichen
Dogmengeschichte zu sehen, wie es seit Petavius üblich und auch
durch Harnack nur modifiziert und nicht etwa aufgegeben worden
war. Und auch wenn sie keineswegs die einzige in diesem Zusammenhang
zu bedenkende Frage darstellt, so rangiert eine doch bei weitem
vor allen anderen: die des Falles Origenes. Dem Innsbrucker Kongreß
kommt das Verdienst zu, nun auf der soliden Basis der in den letzten
Jahrzehnten vollbrachten Arbeit das heiße Eisen den kirchlichen Verurteilung
des Origenes, vor allem durch das 5. ökumenische Konzil
von Konstantinopel von 553, aufgegriffen zu haben.

Ohne daß man sich auf sie beschränkt hätte - schon deswegen nicht,
weil die Frage der Textüberlieferung von Origenes' Werk in 8 Spezial-
beiträgen von Bammel, Duvai, Hammond-Bammel. Roukema,
Micaelli, Moreschini, Spada, Gasparro behandelt wird - ergab sich
von dieser Aufgabenstellung her für die Arbeit des Innsbrucker
Kongresses unvermeidlich eine Dreiteilung, die sich auch im sachlichen
Gewicht der einzelnen Beiträge, wenn auch nicht in der Gliederung
des Kongreßbandes spiegelt, der außer der schon genannten
Rubrik „Zur Textüberlieferung" nur zwischen dem „geistigen Werk"
und „Ortung und Wirkung" unterscheidet. Schaut man aber auf die
thematischen Schwerpunkte, um die sich die Kongreßbeiträge gruppieren
, so sind es die folgenden:

Trinitätslehre und Christologie (Williams, Rius-Camps. Hofrichter
, Scognamiglio, Hanson, Schädel, Le Boulluec); Seelenpräexistenz
und Auferstehung (Harl, Bostock, Comoth, Bianchi, ( rouzel. Pisi);
das Verhältnis von Philosophie und Theologie (van den Hoeck,
O'Cleirigh, Gögler, O'Leary, Osborn. Torjesen, Guinot, Berthold,
Dechow, Hanson, Logan, Crouzel, Mehat, Kobusch, Berncr. Waldmann
, Kannegiesser, Lies).

Vorangestellt ist eine Reihe von Texten zu der Frage, unter welchen
historischen Umständen das Häresieurteil gegen Origenes überhaupt
zustande kam (Vogt, Dechow, Bienert, Junod, Rcymond).

Man sieht, in welcher Gründlichkeit gerade die Themen besprochen
werden, auf die sich alle jene gestürzt haben, die Origenes häretische
Lehren vorwerfen. Dabei kommt dem Subordinatianismus
seiner Trinitätslehre zweifellos die Schlüsselstellung zu. War er es
doch, der immer wieder dazu diente, die Gotteslchrc des Origenes als
eine im Ganzen recht mangelhafte Vorstufe des Dogmas von 381
abzuwerten, wenn man in ihr nicht geradezu - wie es schon Epipha-
nius getan hatte - die Vorläuferin des Arius oder wenigstens jener
sagenumwobenen „Origenistischen Mittclpartei" unserer Lehrbücher
sehen wollte. Die Zeitgenossen freilich fühlten sich am meisten provoziert
von Origenes' Doktrinen über die Seele, ihre sogenannte „Präexistenz
" und seine Kritik an populären Auferstehungsvorstellungen.
Und was schließlich die Philosophie anbelangt, so kann noch heute
ein so namhafter orthodoxer Theologe wie Vater Meyendorff behaupten
, mit ihrer Verurteilung des Origenes habe die antike Kirche ihr
Nein zu allen Versuchen einer kirchlichen Koalition mit dem Plato-
nismus gesprochen. Ich will nun auf alle drei Themenkomplexe eingehen
und darauf aufmerksam machen, inwiefern die Innsbrucker
Beiträge uns zwingen, geläufige Vorstellungen zu revidieren. Dies freilich
nicht, ohne dabei kenntlich zu machen, wo sich dadurch neue,
noch unbeantwortete Fragen stellen.

Zuvor aber eine Bemerkung zu jenen Papieren, die zur Geschichte
der Verketzerung des Origenes Stellung nehmen. Vogt, der diese Frage
am grundsätzlichsten behandelt - auch mittels eines Textdossiers aus
Theodoret, Epiphanius und Hieronymus - kommt zu dem Ergebnis,
das Häresieurteil gegen Origenes sei eine Vergangenheitsvergewaltigung
gewesen, aufgrund eines anachronistischen Urteils, das von
Origenes Problemlösungen verlangte, zu einer Zeit, da diese Probleme
noch gar nicht sich gestellt hatten, eines Urteils, dem jedes Verständnis
für das fragende und erwägende Denken des Origenes abging.
Selbst die Heterodoxien seiner Seelcnlehre hält Vogt für historisch
leicht verstehbar. Gab es denn zu Origenes' Lebzeiten eine klare
kirchliche Lehre über die Seele (96)? Niemand wird gegen die Behauptungen
Vogts etwas einwenden. Dennoch bringen sie eine Lücke der
Innsbrucker Häresiediskussion an den Tag. Man hat von 553 oder 400
auf Origenes zurückgeblickt. Aber haben nicht jene späteren Urteile
eine Vorgeschichte in der Polemik, die Origenes schon zu Lebzeiten
entgegenschlug? Und hat nicht Nautins Monografie über Origenes'
Leben und Werke wahrscheinlich gemacht, daß der große Genesiskommentar
und die Stromateis den Hauptanstoß bildeten, jener, weil
er zeigte. Schöpfung dürfe nicht wie ein historischer Vorgang verstanden
werden, diese, weil sie populäre Auferstehungsvorstellungen
destruierten? Und da uns Origenes selbst berichtet (Gegen Celsus IV
39), daß seine Gcnesisauslegüng auch esoterische Lehren aus Piatons
Symposion behandelt habe, wird von dieser umstrittenen Schöpfungs-
lehrc auch Licht auf Origenes' Verhältnis zur Philosophie Piatons und
zur Schule des Ammonios Sakkas fallen, in der diese Lehren eine
erhebliche Rolle spielten, wie wir aus Porphyrius' Plotinvita wissen
Indem Bienert Nautins Identifikation der von Photius zitierten
anonymen Apologie des Origenes mit der nur fragmentarisch erhaltenen
Pamphilus triftige Einwände entgegenstellt (123ff), führt er uns
wenigstens etwas näher an die Quelle aller Häresievorwürfe gegen
Origenes: seine Lehrtätigkeil in der östlichen Kirche des 3. Jh.

Der spanische Gelehrte Rius-Camps ist es gewesen, der mit seiner
1970 in Rom erschienenen Monografie El dinamismo trinitario segun
Origenes erstmals das Kernstück der Theologie des großen Alexandri-