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Ausgabe:

1989

Spalte:

856-857

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Athappilly, Sebastian

Titel/Untertitel:

Glaube und Welt 1989

Rezensent:

Führer, Christoph

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 11

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untersuchten Kirchen gibt es dafür klare verfassungsmäßige Grundlagen
, die die verschiedenen Ebenen von den Gemeinden über die
Synoden bis zum Bischof in das kirchliche Lehren einbeziehen, wobei
den Synoden eine Schlüsselfunktion zukommt. Das „Lehramt" ist
also durchaus vorhanden, wenn auch in einem vielschichtigen prozessualen
Miteinander der Ebenen.

Trotz dieses gewiß nicht gering zu wertenden Ergebnisses bleiben
viele Fragen an die Studie. Sie setzen schon ein beim Begriff der
„Lehre" und des „kirchlichen Lebens". Die „Verlegenheit", in die das
Wort „Lehre" die Verfasser der Studie manchmal brachte (17), ist auf
Schritt und Tritt zu spüren. Mit diesen Begriffen wird im Verlauf der
Studie die ganze Bandbreite von „reiner Verkündigung des Evangeliums
" über Bekenntnis und Bekenntnisschriften bis hin zu kirchenleitendem
Handeln bezeichnet. Gewiß hängt das alles, gut reformatorisch
, irgendwie miteinander zusammen. Aber es wäre ein Verdienst
gewesen, hier etwas mehr Klarheit gebracht und geübt zu haben.

Ökumenisch verpflichtetes kirchliches Leben setzt lange vor den
Rezeptionsprozessen ein: in den ökumenischen Gesprächen selbst,
beim Erarbeiten ökumenischer Dokumente. Die Beteiligung der
Kirchen in möglichst vielen Ebenen an diesem Prozeß und die Berücksichtigung
dieses historisch ganz neuartigen Lehrgeschehens in
den späteren Rezeptionsvorgängen verdient mindestens cbensogroßc
Aufmerksamkeit wie die Fragestellung der Studie. Schließlich muß
man wohl sagen, daß das, was heute an erneuernden Impulsen aus der
ökumenischen Bewegung in die Kirche kommt, treffender unter der
Überschrift „Ökumenisches Lernen" beschrieben wird und nicht so
sehr als „kirchliches Lehren".

Niedcrndodclebcn Matthias Sens

Ökumenik: Catholica

Petri, Heinrich [Hg.]: Divergenzen in der Mariologie. Zur ökumenischen
Diskussion um die Mutter Jesu. Im Auftrag der deutschen
Arbeitsgemeinschaft für Mariologie hg. Regensburg: Pustet 1989
102 S. 8' = Mariologische Studien, 7. Kart. DM 28.-.

Der schmale Band enthält die vier Referate der Tagung der
„Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie" von 1986. Der Dog-
matiker F. Courth zeigt die „Kontroverspunkte im ökumenischen
Gespräch über die Mutter Jesu und Ansätze zu ihrer Überwindung"
(9-33): erstere sieht er in der Frage konzentriert, wie weit sich die
biblisch bezeugte Heilssolidarität des Gottesvolkes auch auf Maria
bezieht und in ihr sich konkretisiert, letztere sieht er durchaus
gegeben, sofern man umfassend die soteriologischen, ekklesiolo-
gischen und eschatologischen Implikationen der entsprechenden
Texte bedenkt. Der Augsburger Systematiker A. Ziegenaus untersucht
„Die Jungfrauengeburt im Apostolischen Glaubensbekenntnis.
Ihre Interpretation bei A. v. Harnack" (35-55); dabei weist er dezi-
diert auf die Bedeutung des römisch-katholischen Dogmenverständnisses
für eine Annäherung hin. L. Schcffczyk, Emeritus in München,
behandelt das zweite heiße Eisen zwischen Protestanten und Katholiken
in der Marienkunde: „Die ökumenische Problematik bezüglich
des Assumpta-Dogmas" (57-80). Im Gegensatz auch zu vielen katholischen
Theologen erblickt er in der Aussage Pius XII. ein Privileg der
Mutter Gottes gegenüber der allgemeinen Berufung zur endgültigen
Heiligkeit bei Gott. Die Grunddifferenz sieht er in der Antwort auf die
Frage nach der Möglichkeit sekundärer menschlicher Heilsmittlerschaft
. Der Herausgeber selbst äußert sich „Zu Problemen der sprachlichen
Vermittlung in der Mariologie" (81-102) - wohl der interessanteste
und weiterführendste Beitrag des Buches. In der Tat ist das
ökumenische Problem in weiten Bereichen ein solches der unterschiedlichen
Sprach- (und der sich darin artikulierenden Denk-)
Form: für die Mariologie gilt dies in besonderem Maße, sofern sie mit
der Marienverehrung eng verknüpft ist. deren „natürliche" Redeweise

symbolisch ist. Aber auch Erfahrungen sind „intersubjektiv bedeutsame
Erschließung von Wirklichkeit" (101). - Alle Aufsätze sind in
ihrer Weise dem interkonfessionellen Dialog als Beiträge römischkatholischen
Denkens verpflichtet. Dabei zeigt sich freilich auch, daß
es ebensowenig wie „die" reformatorische auch nicht „die" römischkatholische
Mariologie gibt: In einem wie im anderen Bereich zeigt
sich ein erhebliches Meinungssprektrum. Gleichwohl konzentrieren
sich die Fragen letztlich auf die Legitimität und den Bereich der Heilssolidarität
und der Heilskooperation. Die Mariologie zeigt sich noch
einmal als Fokus theologischer Grundaussagen.

Regensburg Woll'gang Ueinert

Athappilly, Sebastian: Glaube und Welt. Eine Studie über das Wohl-
Heil-Verhältnis bei Karl Rahner. Graz: dbv-Verlag für die Technische
Universität Graz 1987. XII, 318 S. 8" = Dissertationen der
Karl-Franzens-UniversitätGraz, 79. Kart. ÖS 192.50.

Mit der vorliegenden Studie hat der jetzt am Dhurmaram College/
Bangalore lehrende Vf., ein indischer Karmeliter, nach mehrjährigem
Studium in Österreich im Sommer 1985 an der Katholisch-Theologischen
Fakultät der Universität Graz promoviert. Winfried Gruber
und Karl Lehmann haben die Arbeit angeregt und begleitet.

Indem sich A. um Karl Rahners Definition des Wohl-Heil-Verhältnisses
bemüht und aus dem umfangreichen Werk des 1984 verstorbenen
Theologen „grundsätzliche Orientierungen und Perspektiven"
(4) herausfiltert, trägt er zur Klärung einer ebenso aktuellen wie
schwierigen Frage bei.

A. weiß, daß die Frage nach dem Verhältnis von Glaube und Welt-
Wohl und Heil bei Karl Rahner nur im Kontext seiner Gesamttheologie
bearbeitet werden kann. So dringt er tiefein in Rahners Verständnis
von Gott, Mensch und Welt. Im Zusammenhang mit der vorgegebenen
Fragestellung konfrontiert er den Leser mit wesentlichen
Aussagen Rahncrscher Theologie.

A. legt seine Arbeit übersichtlich an: Im ersten (kürzeren) Hauptteil
(„Hintergründe und Voraussetzungen") skizziert er zunächst alt- und
neutestamentliche Bestimmungen des Wohl-Hcil-Verhältnisses.
(11-13) Dann stellt er recht verschiedene Äußerungen gegenwärtige
(fast ausschließlich katholischer) Theologie zur Sache vor. (13-2"
Das Spektrum reicht hier von faktischer Identifizierung von Wohl
und Heil (z. B. bei G. Gutierrcz und H. Küng) bis hin zu sehr klarer
Differenzierung (etwa bei J. Ratzinger und K. Lehmann). Nachdem
die biblischen und kontcxtuellen Voraussetzungen der Arbeit bezeichnet
sind, bietet A. eine „Grundsätzliche Einführung in die Theologie
Karl Rahners". (24-47)

In diesem Zusammenhang entfaltet er unter anthropologischem-
theologischem, christologischem und ekklesiologisch-kosmolo-
gischem Aspekt Rahners Heilsbcgriff (44-47)

Der zweite (längere) Hauptteil nimmt „Verschiedene Dimensionen
des Wohl-Heil-Vcrhältnisses" in den Blick. Der Grundgedanke der
drei großen Abschnitte ist „das Heil,als Vollendung des Menschen m
Gott, welche auch die Vollendung der Welt mit einschließt". ("
Dementsprechend werden nacheinander die anthropologischen
(49-96 = A), die theologischen (97-161 = B) und die kosmologischen
(163-288 = C) Dimensionen des Wohl-Heil-Verhältnisses thematisiert
. In Anlehnung an Rahners Unterscheidung zwischen transzendentalem
, geschichtlichem und existentiellem Moment an der Selbstmitteilung
Gottes werden die Abschnitte A, B und C noch mehrfach
unterteilt.

In allen Zusammenhängen wird deutlich, wie eng Gott. Mensch
und Welt in Rahners Denken miteinander verbunden sind. Als „übernatürliches
Existential" bestimmt das Angebot der Selbstmitteilung
Gottes, das - christologisch konkretisiert - irreversibel ist. das Sein
von Mensch und Welt mit. Der Mensch - und mit ihm die ganze
Schöpfung - ist von Anfang an und von Natur auf die göttliche Berufung
und Begnadung hingeordnet. „Da die ganze Welt. .. au'