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Ausgabe:

1989

Spalte:

64-65

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Josuttis, Manfred

Titel/Untertitel:

Praxis des Evangeliums zwischen Politik und Religion 1989

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Theologische Literaturzeitung 1 14. .(ahrgang 1989 Nr. 1

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anderen Getauften ist selbstverständlicher Bestandteil des Taufgeschehens
" (182 f).

Das 3. Kapitel stellt „grundsätzliche theologische Überlegungen zu
aktuellen Fragen heutigerTaufpraxis" (184ff) an. Hier soll es darum
gehen, die biblischen Perspektiven mit den gesellschaftlichen und
kirchlichen Bedingungen der Gegenwart zu vermitteln. Der Vf. fragt
daher nach der „Notwendigkeit der Taufe für gegenwärtige Kirche"
sowie nach der „Berechtigung der Praxis der Kindertaufe" (ebd.).

Hinsichtlich der ersten Frage hält der Vf. an der Notwendigkeit der
Taufe fest, ohne freilich eine absolute Heilsnotwendigkeit aus dem
bloßen Vollzug abzuleiten. Der Zusammenhang von Glaube und
Taufe darf nicht aufgegeben werden. Zu Recht verläßt der Vf. eine
bloß exegetische oder dogmatische Argumentationsebene, wenn er
vor diesem spannungsreichen Hintergrund praktisch-theologische
Überlegungen zur Gestaltung gegenwärtiger Taufpraxis fordert. Folgerichtig
plädiert G. für die Kindertaufe: „In einer Kirche, die nicht in
einer generellen Missionssituation (im Sinne einer Erstbegegnung mit
dem Christentum) steht, ist die Praxis der Kindertaufe bei Kindern
von christlichen Eltern beizubehalten" (226). Andernfalls bestehe die
Gefahr, der Eigenaktivität des Menschen zu viel Raum zu geben.

Wer die Kindertaufe so stark fordert, muß sich angesichts der gegenwärtigen
kirchlichen Lage sehr genau mit ihrer Gestaltung auseinandersetzen
. Das tut der Vf. im letzten Teil seiner Arbeit: „Handlungsorientierende
Überlegungen zu einer theologisch verantworteten
Taufpraxis" (227ff).

Freilich bleiben die Aussagen dieses Teils recht allgemein. Eine
gründlichere Begleitung der Taufbewerber sowie die Initiierung von
Tauferinnerungsfeiern sind die wichtigsten Forderungen. Neben die
spezielle Taufbegleitung sollen allgemeine Angebote treten (etwa in
Kindergarten und Religionsunterricht). Ziel ist, die Taufe als Fest
zum „Mittelpunkt des Gemeindelebens" (260) werden zu lassen.

G.s gründliche und fleißige Arbeit bietet einen verläßlichen und differenzierten
Überblick über das verhandelte Problemfeld. Wer exegetisch
und praktisch-theologisch fundiert über die Gestaltung der
Taufe nachdenkt, greife zu diesem Buch. Studenten und Examenskandidaten
erfahren hier wertvolle Anregungen für Seminararbeiten und
Prüfungen. Pfarrer werden angestoßen, grundsätzlich über einen
wichtigen Bereich ihrer Arbeit nachzudenken. Wer allerdings konkrete
Gestaltungshilfen für Taufgottesdienste, Predigten oder Taufelternseminare
erwartet, wird enttäuscht sein. Konkrete Praxisanregungen
bietet das Buch nur begrenzt.

Dennoch: Der Vf. gibt Anstöße, die Taufpraxis bewußter wahrzunehmen
und ihre Chancen besser zu nutzen. Ich wünsche dem Buch,
daß es in vielen Gemeinden zu neuen Anstößen führt.

Braunschweig Peter Hennig

Blanchct, Rene, Bonvin. Bernard, Clerc, Daniellc, Gallay. Rose-
Marie, Müller, Denis, Roulet, Philippe, u. Laurent Wisser: Jere-
mia. Prophet in einer Zeit der Krise. Im Auftrag des Ökumenischen
Arbeitskreises für Bibelarbeit aus dem Franz. übertr. von J. Kaufmann
u. H. Stotzer-Kloo. Mit drei Holzschnitten von G. Vasari.
Basel: Reinhardt; Zütich-Köln: Benziger 1986. 209 S. m. 3 Abb.
8" = Bibelarbeit in der Gemeinde, 6. Kart. DM 32,-.

Das Buch über den Propheten Jeremia ist der 6. Band einer Reihe,
die den gleichen Aufbau hat und nun je drei neu- und drei alttesta-
mentliche Bände enthält. Insofern hat diese Besprechung exemplarischen
Charakter und kann für die ganze Reihe stehen.

Das Buch enthält acht Kapitel, und zwar Einführungen in das
„biblische Prophetentum", die „Zeitgeschichte" und das „Buch Jeremia
", dazu „Die Berufung", „Gotteserkenntnis und soziale Gerechtigkeit
", „In Zeichen sprechen", „Wahre und falsche Propheten" und
„Prophet(en) heute". Jedes Kapitel hat andere Verfasser, die aber
nicht nur nach gleichen Methoden arbeiten, sondern die offensichtlich
auch miteinander das vorliegende Material praktisch ausprobiert
haben.

Jedes Kapitel enthält zunächst einen Überblick über den Sachstand
innerhalb seines Themas und gibt auf diese Weise verschiedene Querschnitte
durch das gesamte Buch. Der Verzicht auf eine rein chronologische
oder auch an den Kapiteln des Buches entlanggehende Anordnung
zugunsten eines „problemorientiertcn" Herangehens an den
Stoff macht das Ganze von der ersten bis zur letzten Seite spannend,
für den Fachmann und - so nehme ich zuversichtlich an - auch für
den Nichtfachmann. Einige für das jeweilige Thema typische Abschnitte
des Buches Jeremia werden im Anschluß an den Überblick
einzeln behandelt mit den nötigen exegetischen Anmerkungen. Und
schließlich ist ausführlich dargestellt, wie man den Stoff als „Bibclar-
beit in der Gemeinde" behandeln kann. Nur das erste Kapitel, die
„Einführung ins biblische Prophetentum", versteht sich ausschließlich
als Einleitung in das gesamte Buch und enthält keine praktischen
Hinweise.

In der Regel werden Vorschläge für „kreative" Bibelarbeiten
gemacht: Rollenspiele, nachgespielte Verhöre, nachgespielte
biblische Szenen mit dem Versuch der Identifizierung der Teilnehmer
mit den biblischen Gestalten. Es gibt aber auch reine Gesprächsanregungen
oder die Arbeit mit vorgegebenen Fragebögen. Eine ganze
Reihe von „Arbeitsblättern" sind aus dem Buch kopierbar, wie auch
ergänzendes und auf das Buch zugeschnittenes Tonbildmaterial angeboten
wird.

Dieses Buch wie die ganze Reihe können für den Gebrauch in der
Gemeinde nur wärmstens empfohlen werden, aus mehreren Gründen
:

- Sie führen in das Buch Jeremia ein auf dem neuesten Forschungsstand
und trotz der problemorienticrten Anlage des Buches umfassend.

- Sie geben praktische Anregungen für die Beschäftigung mit der
Bibel in der Gemeinde, die erprobt und spannend sind und die es
erlauben, Bibelarbeiten über mehrere Stunden oder auch Tage auszudehnen
, ohne daß sie langweilig werden. Sie räumen damit mit einem
üblichen Vorurteil auf, das immer noch in vielen Gemeinden auch
unseres Landes zu Hause ist: Beschäftigung mit der Bibel an sich ist
langweilig. Deswegen muß man sich in missionarischer Arbeit mil
interessanten Themen beschäftigen und begnügen! Nein! Hier zeigt
sich, auch für den NichtChristen, woher unser Glaube allein seine
Spannung bezieht und was unseren Glauben allein lobens- und
lebenswert macht: die Schrift.

- Die Bibelarbeiten sind streng situationsbezogen. Sie verlegen den
Text in die Gegenwart, und zwar in die Gegenwart der Beteiligten und
der Gemeinde. Und sie tun das in einer Weise, daß es ohne weiteres
möglich ist, die praktischen Beispiele aus dem Schweizer Kontext in
den einesChristen in der DDR zu übersetzen.

- Diese Übertragung in die Gegenwart wird nicht nur anhand der
einzelnen Texte durchgeführt, sondern im letzten Kapitel „Propheten
) heute" im Blick auf das Gesamtproblem biblischer Prophe-
tie.

Eine kleine kritische Anmerkung zum Schluß: Das Buch setzt für
die an den Bibelarbeiten Beteiligten die Fähigkeit zum schöpferischen
Denken voraus. Man muß in der Lage sein, kreativ zu denken und zu
handeln! Wann werden solche Hilfen angeboten fürdie vielen biblisch
orientierten Gemeindekreise, die aus ganz schlichten, aber auch ganz
treuen Gemeindegliedern bestehen, die es ebenso nötig haben, missionarisch
zu leben und zu wirken wie die Intellektuellen?

Zittau Dietrich Mendt

Josuttis. Manfred: Praxis des Evangeliums zwischen Politik und Religion
. Grundprobleme der Praktischen Theologie: München: Kaiser
1988.272 S.8- = Kaiser Taschenbücher, 25. Kart. DM 20.-.

Die 1. Aufl. dieser vielbeachteten Einführung in Grundfragen gegenwärtiger
Praktischer Theologie wurde in der ThLZ 100. 1975.
706-710 besprochen. Hier handelt es sich .um einen Nachdruck der
2. Aufl. von 1980. Das Schlußkapitel der I. Aull, ersetzte.), durch die
Kap. 10: „Gemeindearbeit als Freizeitbeschäftigung - Sclbstverwirk-