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Ausgabe:

1989

Spalte:

854-855

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Kirchliches Lehren in ökumenischer Verpflichtung 1989

Rezensent:

Sens, Matthias

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853 Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. I I 854

einmal und bequemer zugänglich gemacht zu werden. Denn das
„Gespräch mit Rom" steht heute so auf der Tagesordnung wie zur
Zeit des Abschlusses des II. Vatikanischen Konzils. Und die Themen
sind auch immer noch dieselben: Reformation der Kirche - Papst -
Konzil - Maria. Auch das ist sicher nur ein Ausschnitt aus der großen
Palette der Notwendigkeiten für das interkonfessionelle Gespräch,
gewiß aber sind das nicht die geringsten Punkte.

Schöneiche bei Berlin Hubert Kirchner

Amirtham, Samuel, and Cyris H. S. Moon [Ed.]: The Teaching of
Ecumenics. Genf: WCC Publ. 1987. XII, 142 S. gr. 8 Kart. sFr
15.50.

Die Zeit spontaner Erfahrungen, wie sie die ersten beiden Generationen
der neueren ökumenischen Bewegung auszeichneten, scheint
vorüber zu sein. An ihre Stelle tritt das Bemühen um eine langfristige
Bewußtseinsbildung, die sich in einer zunehmenden Literatur über
ökumenisches Lehren und Lernen niederschlägt. Zu dieser Kategorie
zählt auch die vorliegende Veröffentlichung, die aus einer gemeinsam
mit dem Theologischen Ausbildungsprogramm des ORK veranstalteten
Tagung theologischer Erzieher vom l.-l I.Juli 1986 im Ökumenischen
Institut Bosscy/Schweiz hervorgegangen ist.

Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Teil I bringt 10 Themenbeiträge
und Einlührungsreferate als "Sclccted Essays", denen in Teil II
die mit Entwürfen und ausgewählten Literaturhinweisen versehenen
Berichten der sieben Arbeitsgruppen folgen (The Teachingof Ecumenics
; Models of Christian Unity; Tcaching the Biblc in Ecumenical
Perspective; Tcaching Church History from an Ecumenical Perspective
; Teaching Systematic Thcology in an Ecumenical Perspektive;
The Search for Unity in an Interfaith Sctting; Social Ethics in an
Ecumenical Perspective). Den Abschluß bilden eine an die theologischen
Ausbildungsstätten gerichtete Fragenreihe hinsichtlich der
ökumenischen Ausrichtung des theologischen Unterrichts und eine
Liste der Teilnehmer.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Feststellung, daß zwischen
dem akademischen Bereich und der Ökumene ein tiefer Riß klafft, der
dringend der Überbrückung bedarf. Schuld daran sei u. a. der elitäre
Charakter ökumenischer Arbeit, der ihre Träger sich mit den verschiedenartigsten
Aufgaben belassen lasse, ohne daß es oft zu entsprechenden
Rückwirkungen in ihrer Heimat komme. Auch erweise
es sich für ökumenisch engagierte Lehrer der Theologie als schwierig,
das aus der ökumenischen Bewegung hervorgegangene interdisziplinäre
Quellenmatcrial in die geordneten Kanäle theologischer Lehr-
Plänc und Fachbereiche einzuspeisen. Nach nahezu siebzig Jahren
organisierter ökumenischer Bestrebungen gebe es immer noch keine
Systematischen Verfahrensweisen um Erfahrung, Kenntnis und
Vision dieser Jahrzehnte zu vermitteln.

Aber kann man darüber auf ökumenischer Basis überhaupt zu allgemeingültigen
Aussagen und Maßstäben kommen? Die Herausgeber
Und Mitarbeiter dieses Buches sind sich der durch sie repräsentierten
Spannweite ökumenischen Handelns und Denkens mit ihren Gegensätzen
und DifTercnzierungen, ihren unterschiedlichen theologischen
Begründungen, kirchlichen Bindungen und äußeren Situationen wie
auch der Notwendigkeit weiterer begrifflicher Klärungen (z. B. Kontext
) durchaus bewußt. Hieraus trotzdem unter dem gemeinsamen
ökumenischen Auftrag konkrete Impulse für ein wirkungskräftiges
Lehren von "Ecumenics" im Blick auf die oft vernachlässigte Vergangenheit
wie auf die Herausforderungen der Gegenwart zu gewinnen
, ist das Anliegen dieses Buches. Das erfordert zugleich eine
"Ecumenical Perspective" tür die klassischen theologischen Disziplinen
, der in den vorbereitenden Arbeitspapieren unter den verschiedensten
Gesichtspunkten nachgegangen wird (so z. B. Adriaan Geense
für die Systematische Theologie und T. V. Philip Tür die Kirchcn-
geschichte). Alan D. Falconer, Lehrer an der Irish School of Ecumenics
in Dublin, entwickelt einen höchst instruktiven ökumenischen

Lehrplan, der sich an "Significant Events in the Ecumenical Movement
" orientiert. Alle Autoren wollen aber nur ihre eigene Meinung
vertreten, wie denn auch die Vorschläge in den Gruppenberichten
lediglich als Beispiele verstanden werden. Letztlich will also dieser
Tagungsbericht nicht mehr sein als "a modest handbook". das Richtungen
andeuten und Perspektiven eröffnen will, "a small first step",
ein "nudge" (Rippenstoß), um ihn und damit das erstmalig auf einer
solchen Zusammenkunft behandelte Thema die verdiente, Beachtung
innerhalb der theologischen Ausbildung finden zu lassen und zu
weiterem Nachdenken anzuregen. Dabei wird von der in diesem Buch
überzeugend vertretenen Voraussetzung ausgegangen, daß "Ecumenics
" seine unentbehrliche Eigenexistenz, als Lehr- und Forschungsfach
unbeschadet (und gerade wegen!) der geforderten Breitenwirkung
beizubehalten und wahrzunehmen hat.

Frankfurt a. M. Hanfried Krüger

Brandt, Hermann [Hg.]: Kirchliches Lehren in ökumenischer Verpflichtung
. Eine Studie zur Rezeption ökumenischer Dokumente
erarb. vom Ökumenischen Studienausschuß der Vereinigten
Evang.-Luth. Kirche Deutschlands (VELKD) und des Deutschen
Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB).
Stuttgart: Calwer 1986. 156 S. 8°. Kart. DM 24.80.

Man stellt den evangelischen Kirchen gern die Frage, was denn nun
bei ihnen verbindliche Lehre sei. Ein Lehramt, das dieses festlegen
könnte, gebe es bei ihnen doch nicht. Das ist eine der Fragen, die mit
Interesse zu der vorliegenden Studie greifen lassen. Wie funktioniert
das eigentlich bei uns, verbindliches Lehren? Die Frage tritt heute
gerade dann auf, wenn es um die Annahme und Aufnahme („Rezep-
tion")ökumenischcrGesprächsergebnissc in unseren Kirchen geht.

Eine andere Frage ist vielleicht noch wichtiger: Inwieweit lassen
sich die Kirchen durch ökumenische Dokumente zur Überprüfung
der eigenen Lehre herausfordern? Wie nehmen sie neue Impulse in
Lehre, Gottesdienst und Leben auf? Wie stimmen verbindliches
kirchliches Lehren und ökumenische Verpflichtung zusammen?

Damit sind die wichtigsten Ausgangsfragen der Studie genannt. Der
Ansatz ist induktiv. In drei Fallstudien werden zunächst die Rezeptionsvotgänge
zur Leucnberger Konkordie. zum gemeinsamen Wortlaut
des apostolischen und des nizänischen Glaubensbekenntnisses
und zur Erklärung der 6. Vollversammlung des LWB in Dar es
Salaam „Südliches Afrika: Konfessionelle Integrität" untersucht, jeweils
für mehrere lutherische Landeskirchen in der BRD. Es folgt ein
Bericht über „Gutachten theologischer Fakultäten zum Studiendokument
.Das Herrenmahl'", der vor allem die veränderte rechtliche Stellung
der Fakultäten berücksichtigt. Dann werden die Verfassungs-
grundlagcn lür ein Lehren in ökumenischer Verpflichtung in
mehreren landcskirchlichcn und gesamtkirchlichen Grundordnungen
analysiert. Die Erfahrungen lutherischen Lchrcns in der Geschichte
werden von der Reformation bis in die Gegenwart hinein verfolgt und
„kirchliches Lehren nach dem Neuen Testament" kurz dargestellt,
ehe sich dann ein systematischer Bündelungsversuch anschließen
kann, der auch einen Abschnitt über „Lehren im Bereich des
Ethischen" enthält. „Einsichten, Konsequenzen und Empfehlungen",
in 14 Punkte zusammengefaßt, schließen die Studie ab.

Es fällt schwer, den weiterführenden Ertrag der Studie kurz und klar
zu benennen. Die Stärke der Studie liegt in den zahlreichen Einzel-
beobachtungen und -darstcllungcn. die für die Weiterarbeit reiches
Material bieten. Wichtig ist. daß in allen Teilen herausgearbeitet
wird: „Kirchcnleitcndes Handelt) muß nach lutherischem Verständnis
vom .einträglichen Lehren' {magmix consensus Augsburgisches
Bekenntnis. Artikel I) getragen sein. Die Zuordnung von „Eintracht"
und „Lehre" schließt die Neuformulierung der Glaubensaussagen
und die kritische Überprüfung der Lehrtradition nicht aus. sondern
gerade ein: Kirchliches Lehren ist ein lebendiger Vorgang, an dem das
ganze Gottesvolk beteiligt ist. ein konziliarcr Prozeß." (I 38) In allen