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Ausgabe:

1989

Spalte:

843-845

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Ulrich, Hans G.

Titel/Untertitel:

Eschatologie und Ethik 1989

Rezensent:

Stock, Eberhard

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 11

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lischen Sakramentenlehre auf und stellt sie in den christologischen.
pneumatologischen und ekklesiologischen Zusammenhang gegenwärtiger
Fragestellungen hinein: „... inwiefern Jesus Christus das Sakrament
Gottes schlechthin zu nennen ist.. ., in welcher Beziehung die
Sakramentalität Jesu Christi zu jenen Zeichen steht, die üblicherweise
Sakramente genannt werden,.. . wie sich die Heilszeichen Taufe'und
Abendmahl zur Kirche und ihrer Verfassung verhalten" (S. 229). So
kann die evangelische Sakramentenlehre nur vom christologischen
Grund, nämlich daß das „Mysterium Jesu Christi Inbegriff und Vollendung
alles Sakramentalen" ist, entfaltet werden (S. 236, entsprechend
S. 244). Der Heilige Geist wiederum - bei seiner wechselseitigen
Verknüpfung mit dem „lebendigen präsenten Jesus Christus" -
wirkt durch die Heilszeichen Wort und Sakrament in Gemeinden und
Kirche. Dabei aber ist gegenüber der die Differenz von Christus als
Ursakrament und Kirche als Grundsakrament unterbestimmenden
römisch-katholischen Theologie das Gegenüber von Jesus Christus
und seiner Kirche zu betonen (S. 255); an dieser Stelle erfolgen kritische
Anfragen - wie auch gegenüber der römisch-katholischen
Amtstheologie (S. 225)- von der theologia crucis her (S. 258).

Gewiß könnte dieser 4. Teil noch eine breitere und detailliertere
Darlegung finden (auch die Kritik an U. Kühn, S. 256); gewiß ist auch
der Stil mit seinen bisweilen überlangen Sätzen (z. B. S. 250, 256) Für
eine „Einführung" sehr schwierig. Gleichwohl stellt die theologische
Entfaltung auf dem Hintergrund der reformatorischen Theoriegcstalt
einen Erkenntnisfortschritt für die evangelische Sakramentenlehre
dar. Als wichtige Hilfe für das gegenwärtige Gespräch über „Sakrament
und Sakramentalität" sollte G. Wenz' „Einführung" zusammen
mit U. Kühns Lehrbuch „Sakramente" volle Beachtung finden; in der
gegenseitigen Ergänzung leisten beide Bücher einen grundlegenden
Dienst für das evangelische Sakramentsverständnis im ökumenischen
Kontext.

Als ganz kleine Anmerkung sei daraufhingewiesen, daß sich S. 56,
Anm. 32 auf S. 32 der genannten Schrift bezieht.

Heidelberg Michael Plathow

Ulrich, Hans G.: Eschatologie und Ethik. Die theologische Theorie
der Ethik in ihrer Beziehung auf die Rede von Gott seit Friedrich
Schleiermacher. München: Kaiser 1988. 329 S. gr. 8' = Beiträge zur
evang. Theologie, 104. Lw. DM 74,-.

Als „Prolegomena zu einer Ethik" (9) charakterisiert der Erlanger
Systematiker seine jetzt als Buch erschienene, 1981 abgeschlossene
Bonner Habilitations-Schrift, in der er eine interessante und theologisch
leistungsfähige Neubestimmung der Bedeutung der Eschatologie
für die Grundlegung der Ethik vornimmt.

Nachdem umfassende problemgeschichtliche Untersuchungen zur
Entwicklung der Eschatologie vorliegen, stellt sich H. G. Ulrich (U.)
im ersten Teil seine Untersuchung die Aufgabe, „. . . die syslema-
tischen Probleme hervortreten zu lassen, die die neuere Denkgeschichte
der Eschatologie bestimmt haben". (16) Hier arbeitet U. als
Konstante für die neuere Theologiegeschichte heraus, daß die Themen
der Eschatologie sehr häufig dann zum Zuge kommen, wenn es
darum geht, umfassende Orientierung zu gewinnen, zu ermöglichen
oder mit einer nicht mehr hintergehbaren Begründung zu versehen
und insofern die ,Reflexionsleistung" zu erhöhen. Im Kontext der
Ethik nahm die Eschatologie zudem nicht selten die Aufgabe einer
„Verlegenheitsreflexion" (20) wahr, wenn beispielsweise der .eschato-
logische Vorbehalt' bei der Bestimmung ethischen Handelns geltend
gemacht wurde. Die verschiedenen einflußreichen .Reflexionsgestalten
' der Eschatologie im Kontext der Ethik, die jeweils auf Deutungen
des Ganzen und auf umfassende Orientierung zielen, werden von U.
sodann kritisch analysiert, wobei die Analyse sich vor allem auf die
Positionen von Schleicrmacher. Joh. Weiß, Troeltsch, Barth, Bultmann
, Pannenberg, der .Theologie der Hoffnung' und der .politischen
Theologie' konzentriert.

Allerdings wird nach der Meinung von U. die hier zu beobachtende
Funktionalisierung der Eschatologie zur Steigerung von Reflexionsleistung
zwangsläufig um den Preis ethischer Fragestellungen im
strengen Sinne erkauft. Dies belegt U. exemplarisch an der .Theologie
der Hoffnung', die zwar ein Angebot für die Lösung des Problems der
Orientierung bietet, das Problem einer Ethik, die nach der Möglichkeit
begründeten und begründbaren Handelns in der konkreten Situation
- „was denn zu tun ,gut ist'" (123) - fragt, jedoch verfehlt oder
programmatisch durch das vage Postulat einer .Hoffnungspraxis'
ersetzt (vgl. 106).

Um dieses ethische Defizit zu vermeiden, stellt U. im zweiten Teil
seiner Arbeit eine alternative Zuordnung von Eschatologie und Ethik
vor. Nicht um die Funktionalisierung der Eschatologie zwecks einer
weiteren Steigerung von Reflexionsleistung geht es ihm hier, sondern
darum, „zu prüfen, worin die eschatologische Rede von Gott selbst
ihre Aussage gewinnt, auf die sich die Ethik ... berufen kann" (22). U.
stellt sich deshalb die Aufgabe, diese „Aussage" der Eschatologie zu
bestimmen und zu zeigen, daß diese nur zusammen mit der Wahrnehmung
von Ethik formuliert werden kann. Die Notwendigkeit dieser
Verknüpfung wird deutlich, indem U. eine theologische Struktur von
Eschatologie, Ethik und Pneumatologie herausarbeitet, die als ganze
auf die Grundfrage nach der Möglichkeit des Redens von Gott bezogen
ist: Eschatologie und Ethik finden ihren Konvergenzpunkt in der
Rede vom Geist Gottes.

Wie ist nun aber die Rede vom Geist angemessen zu bestimmen?
Mit Berufung auf Paulus und die Reformatoren (130) stellt U. lest,
„daß im Reden vom .Geist' das Handeln Gottes am Menschen ausgesagt
wird" (130). Die Möglichkeit dieser Rede vom „Handeln Gottes
im Geist" (129) erweist sich nicht nur als das Fundament der oben
angedeuteten Struktur, sondern sie wird auch als das angemessene
„Paradigma des Redens von Gott" (129) identifiziert, welches der
Transformation des neuzeitlichen Denkens, das „nach dem .Verhältnis
' von Gott und Mensch" (130) fragt, überlegen ist. Darüber hinaus
wird die Rede vom Handeln Gottes im Geist zu dem Leitläden von
U. s Grundlegung einer theologischen Ethik, deren fundamentale
Aufgabe es ist, „die Rede vom Handeln Gottes in ihrer Unterscheidung
vom Tun des Menschen" (28) zu thematisieren. U. zeigt, wie (1)
dieses „Handeln Gottes im Geist" näher zu bestimmen ist und wie (2 )
die rechte Zuordnung von Handeln Gottes und Handeln des Menschen
vorzunehmen ist:

1. Handeln Gottes im Geist muß gedacht werden als ein

Handeln.

das sich an eine „bestimmte Hoffnung" (121) bindet. In dieser
bestimmten Hoffnung wird die „Bedeutung der Rede von Gottes
zukunftschaffendem Handeln" (120) thematisiert, die nicht weniger
als das Neugeschaffenwerden des Menschen aussagt. Dies aber impl''
ziert, daß „das Neugeschaffenwerden des Menschen ... als der
(methodische) Ausgangspunkt theologischen Denkens in bezug auf
die Ethik zu begreifen (ist). . ." (121), wobei die Grundfrage einer
theologischen Ethik zu lauten hätte: „Was ist in der Hoffnung auf
Gottes Zukunft zu tun?" (122).

2. Die Zuordnung von Handeln Gottes und Handeln des Menschen
ist weder als „Arbeitsteilung" noch als „Allwirksamkeit Gottes" (29).
auch nicht als die anvisierte Übereinstimmung menschlichen Handelns
mit dem Willen Gottes, sondern als „gegenwärtige(s) Leben mit
Gott" (208, vgl. 183ff) zu bestimmen: Das im Modus des Glaubens
und der Hoffnung identifizierte, schon geschehene Handeln Gottes, in
dem sich menschliches Handeln wahrnimmt. Von diesem Ausgangspunkt
, dem neuschaffenden Handeln Gottes am Menschen, legt U-
nun Grundzüge einer Rede vom neuen Menschen dar und bestimmt
diesen als einen, der „Gottes Handeln an sich geschehen läßt" (I 78i
vgl. 175). Die ethische Situation ist dann charakterisiert durch die
Wahrnehmung spezifischer Freiheit als ..Freiheit von den Werken
(227).

Die Implikationen dieser Zuordnung von Handeln Gottes und Handeln
des Menschen einerseits und des spezifizierten Freiheitsbegriffs
andererseits legt U. exemplarisch am Problcmbereich einer poh'