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Ausgabe:

1989

Spalte:

841-843

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Wenz, Gunther

Titel/Untertitel:

Einführung in die evangelische Sakramentenlehre 1989

Rezensent:

Plathow, Michael

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I

841 Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 11

O. Schnübbe als den Schlüssel seiner Systematik. Nehmen wir an, das träfe zu.
Dann wiire freilich nachzuweisen - was unterbleibt! -. daß bereits hier Heideggers
Einfluß maßgebend gewesen wäre; denn, es sei noch einmal wiederholt. M.
stellt ja B.s Sündenverständnis im begrifflichen Koordinatensystem Heideggers
dar. Ist aber dieser Aufsa'tz. trotz des vielfachen Vorkommens des Wortes „Existenz
", wirklich von Heideggers Fundamentalontologic inspiriert? Hier wären
doch sehremsthafte Zweifel anzumelden. M. dürfte im Blick aufdiesen Aufsatz
B. auch inhaltlich falsch verstanden haben, wenn er hier seinem Gewährsmann
Koch folgt: Stimmt es denn wirklieh, daß B., wenn er ein Reden über Gott als
Sünde wertet, die reflektierende Aktivität des Menschen (gemeint ist: als solche)
als in ihrem Wesen sündig betrachtet? Es geht doch in diesem Aufsatz um die
Frage, ob ich Gott zum Objekt meines Denkens machen kann, und zwar in dem
Sinne, daß ich von einem Standpunkt außerhalb Gottes über Gott reden will.
Dieses Denken ist für B. Sünde!

M. hat anscheinend große Schwierigkeiten mit dem kategorialen Denken B.s.
gerade im Blick auf dessen Herkommen vom theologischen Denken Luthers. Er
nimmt mit Recht Anstoß daran, daß T. Lorenzmeicr über B. hinaus das Dogma
von der ethischen Sündlosigkeit Jesu preisgeben will. Er versteht aber nicht, was
B. in seiner Interpretation von 2 Kor 5.21 meint, wenn er von Christus als Sünder
im forensischen Sinne spricht - genauso wenig, wie er Luthers Diktum versteht
, daß Christus die Sünden aller trägt und hält und daß die Propheten gesehen
haben, daß er der größte Sünder sein werde, den es auf Erden geben werde
(WA 40 I, 4330. Daß hier in personaler Begrifflichkeit gesprochen wird, ist M.
nicht klargeworden.

Wir können als Fazit der Rezension leider nur feststellen: Von
katholischer Seite ist B. schon besser verstanden worden.

Göttingen Hans Hübner

1 R. Marie. B. et l'lnterprctation du Nouveau Testament, Paris31966.

; G. Hasenhttttl, Der Glaubcnsvollzug. Eine Begegnung mit Rudolf B. aus
katholischem Glaubensverhältnis, Essen 1963.

' M. Boutin. Relationalst als Verstehensprinzip bei Rudolf B.. München
1974.

4 Die spanische Originalfassung ist inzwischen veröffentlicht worden: J. M.
Milläs. Pecado y existencia cristiana. Barcelona 1989.

1 S. dazu meine ausführlichere Darstellung des Sachverhalts in ThLZ 110,
1985.649f.

Systematische Theologie: Dogmatik

Wen/. Gunther: Einführung in die evangelische Sakramentenlchrc.

Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1988. VIII. 267 S.
8* = Die Theologie. Kart. DM 42,-.

G. Wcnz hat die ..Einführung in die evangelische Sakramentenlehre
" veröffentlicht in einer Zeit, in der das kontroverstheologische
und ökumenische Gespräch über die allgemeine Sakramentenlchrc
und über da's Verständnis der einzelnen Sakramente sich als aktuelles
Thema darstellt. A. Ganoczys ..Einführung in die katholische Sakra-
mcntcnlchre". Darmstadt "1984 erschien in derselben Reihe wie
G. Wenz; U. Kühn brachte im „Handbuch Systematischer Theologie
" sein Lehrbuch „Sakramente", Gütersloh 1985 heraus; Tür die
orthodoxe Theologie ist auf D. Staniloae, Theologia dogmatica ortho-
doxa. Bd. 3, Bukarest 1978, 7-204 (rom.)zu verweisen. Damit ist nur
Bill schmaler Ausschnitt aus der wissenschaftlichen Theologie in den
Blick gefaßt.

In besonderer Weise hat auch die „Gemeinsame ökumenische
Kommission" (GÖK) in „Lchrverurteilungen - kirchentrennend?
Rechtfertigung. Sakramente und Amt im Zeitalter der Reformation
und heute", hg. K. Lehmann und W. Pannenberg. Freiburg 1986, 77ff
die allgemeine Sakramentenlchrc bedacht neben den einzelnen
„Sakramenten" und „sakramentalen Handlungen". Und die römischkatholische
Stellungnahme zum Lima-Dokument „Ein erstrangiges
Ergebnis des ökumenischen Prozesses" vom Herbst 1987 (HK42,
1988, 27 IT) hat das Thema „Sakrament und Sakramcntalität" - neben
..apostolische Tradition" und ..Lehramt" - im ckklcsial-intcgralen
Begründungszusammenhang als in Zukunft zu behandelnde Aufgabe
vorgeschlagen: „Hier (beim sakramentalen Aspekt von Taufe, Eucha-

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ristie und Amt) gibt es viele Konvergenzfelder. Dennoch fehlt unserer
Auflassung nach in BEM ein klarer Begriff"von Sakrament (und Sakramcntalität
). Darüber muß weiter gearbeitet werden" (HK 42, 1988.
29).

In diesem aktuellen theologischen und kirchlichen Gespräch über
„Sakrament und Sakramente" bedeuten im evangelischen Bereich die
Bücher von G. Wenz und U. Kühn interessante Hilfen: als gegenseitige
Ergänzung und Vertiefung sind sie zu studieren, zumal
G. Wcnz sich verschiedentlich (auch kritisch fragend wie S. 256) auf
U. Kühn bezieht. U. Kühn legt - den methodischen Ansatz und der
theologischen Intention des „Handbuches Systematischer Theologie"
entsprechend - zunächst das Verständnis der Sakramente bei den
Reformatoren dar; anschließend beschreibt er die „Theologie der
Sakramente" bei einigen wichtigen Gegenwartstheologen (W. Eiert.
P. Althaus, O. Weber. K. Barth und P. Tillich): zuletzt entfaltet er
von heutigen Fragestellungen her und unter Heranziehen außertheo-
logischcr Wissenschaften und ökumenischer Dialogergebnisse sein
theologisches Verständnis zu Taufe und Abendmahl sowie zur allgemeinen
Sakramentstheorie.

G. Wcnz legt die evangelische Sakramentenlchrc demgegenüber
von der Theoriegcstalt der reformatorischen Bekenntnistradition her
dar; er knüpft bei den Kategorien und Dcnkmitteln der auch heute
verbindlich geltenden Bekenntnisschriften der lutherischen und reformierten
Kirchen an und stellt sie in Beziehung zu heutigen kirchen-
offiziellen Verlautbarungen (Arnoldshaincr Abendmahlsthesen.
Leucnberger Konkordic. Lima-Dokument u. a.). Ein knapper thcolo-
giegeschichtlicher Überblick über das neutestamentliche Verständnis
von „Mysterion", über die Sakramenten lehre August ins, Thomas von
Aquins und des Mittelalters bilden den Vorspann; eigene Überlegungen
zur heutigen Sakramentsproblemalik (Sprachgebrauch. Symbol
und Zeichen, Christusmysterium und sakramentale Heils/eichen.
Kirche und Sakramente) stellen den Schlußteil dieser ..Einführung in
die evangelische Sakramentenlehre" dar.

Die Kriterien für die Theoriegcstalt der evangelischen Sakramentenlchrc
findet G. Wenz in den lutherischen und reformierten
Bekenntnisschriften. Vom Rechtfertigungsglaubcn als der ursprünglichen
Einsicht der Reformation bedenkt er mit CA XIII den Sakra
mentsbegrifi', das. Verhältnis von Wort und Sakrament. Sakrament
und Glaube und die „sakramentale" Gabe: besondere Aufmerksamkeit
gilt dabei dem Spendewort. Ein konfessionskundlicher Vergleich
lutherischen und reformierten Sakramentsverständnisses beendet
diesen Teil 2.

Erst nach der Darlegung des allgemeinen Sakramentsverständnisses
entfaltet G. Wenz die „Heilszeichen" Taufe und Herrenmahl: in
diesem Zusammenhang geht er auch auf die kirchlichen Zeichenhandlungen
ein (abgesehen von der Ehe), deren Sakramcntalität den
Reformatoren - im Unterschied zur römisch-katholischen und orthodoxen
Tradition - zweifelhaft war oder bestritten wurde: Konfirmation
, Buße, Krankensalbung, ordinationsgebundenes Amt. Leitend ist
dabei die Frage, inwiefern die Einzclsakramcnte im Mysterium Jesu
Christi gründen (S. 75) und als Stiftung Jesu Christi bezeugt sind
(S. 244). Die Bezüge zu gegenwärtig kontrovers diskutierten Fragestellungen
werden aufgezeigt, nachdem die theologischen Entscheidungs-
kritcrien angesprochen wurden (S. 93: K. Barths Stellung zur Kindertaufe
. S. 144: Kreuzesopfer Jesu Christi und Herrenmahl sowie
die gottesdienstliche Darbringung nach dem Tridentinum und bei
O. Cascl, S. 151 ff: die Einheit und Unterschiedenheit von Christus-
creignis und Herrenmahl bei P. Brunncr und E. Bizer. S. 158IT: die
Gegenwart von Leib und Blut Christi im Abendmahl als Gegenwart
der Person des ganzen Christus). In besonderer Weise aber werden
diese Fragestellungen zu den inncrevangelischcn Konsensergebnissen
(Arnoldshaincr Abendmahlsthesen und Leucnberger Konkordic) in
Beziehung gebracht und zu den ökumenischen Dialogen und Konvergenzen
(Malta-Dokument, „Das Herrenmahl", Lima-Dokument).

Der 4. Teil „Mysterium Jesu Christi und die Sakramente" greift die
reformatorischen Gesichtspunkte für die Theoriegcstalt einer evange-