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Ausgabe:

1989

Spalte:

62-63

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Grethlein, Christian

Titel/Untertitel:

Taufpraxis heute 1989

Rezensent:

Hennig, Peter

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 1 14. Jahrgang 1989 Nr. I

62

Lubahn, Erich, u. Otto Rodenberg [Hg.]: Das Wort vom Kreuz. ihre Vergangenheit verantwortungsvoll zu durchdringen und anzu-

Geschehen - Denken - Theologie. Gießen-Basel: Brunnen Verlag nehmen, oder gar sich in einer für künftige Fragestellungen olTcncn

1988 V.2I0S. 8" = TVG. Monographien und Studienbücher. 337. Weise an der .einen'Wahrheit zu orientieren
Kart. DM 26,-.

n. Naumburg (Saale) Eckart Rcinmuth
uie vorliegende Veröffentlichung enthält Referate. Bibclarbeiten.

zwei Andachten und eine Predigt - Elemente eines .Fcrienseminars'

Theologiestudenten, das 1987 im Rahmen der .Pfarrer-Gebets- ' Auskün"e übcr die Mitarbeiter werden am Schluß des Sammelbandes

BfUiUfuk.ai . r j l. . ru i u. u- j gegeben; es sind O. Bctz. J. Cochlovius, F. Jung. W. Klaiber. E. Lubahn.

"'uatrschalt stattgefunden hat. Die im einzelnen recht unterschied- . .6.

lieh™ a ■. •• i • j -r a i n i i u j- tu i G. Maier.O. Michel.O. Rodenberg.

wuen Beitrage sind z.T. von diesem Anlall in lebendiger Weise 2 „ ln, . ,r . , ... . „ D .. , _ , ... ... , . .. ,

„ .. " S. 19.) wird festgestellt. datK.miltmann den lortschrittsglauhigen Menschen

K^pragt. Ihre Gesamtausrichtung ist einheitlich. Die Zielsetzung der dcs ,9 jahr!lunderts zum Maß a,|er Dinge (!) erhebt"; S. 11 If werden seine

egelmaßig stattfindenden .Ferienseminare' wird im Vorwort umns- Fragen zusammen mit einem kurzen Zitat aus einem .psychoanalytisch-femi-

-Die wissenschaftliche Arbeit wird in der Ganzheitlichkeit des nistischen' Zeitschriftenaufsatz unter dem Etikett von „aggressiven Ausbünden

Menschseins dargeboten; das heißt konkret, auch der scelsorgerische der Ablehnung der paulinischen Aussagen" zusammengefaßt.

Aspekt findet Raum. Zudem wird bewußt an einer biblischen Theo- 1 S. 64 Anm. 5 wird ohne Stcllcnangabe ein angebliches Josephus-Zitat

'°gie gearbeitet, die nach dem Sclbstverständnis der Bibel fragt und geboten; es bezieht sich offenbar auf ant I8.63f, gibt den Wortlaut jedoch ver-

ihren heilsgeschichtlichen Aspekt herausstellt." (V) Man wird das Tälschend wieder. Überdies erfolgt kein Hinweis darauf, daß die Stelle allgemein

Büchlein ~-. i. 11 , , jju j als spätere Interpolation angesehen wird,
"einem mit Interesse zur Hand nehmen - wird doch gerade unter

Theologiestudenten, an die es sich betont wendet (ebd.), eine über das

Intellektuelle hinausgehende Ancignungsmöglichkeit theologischen Praktische Theologie: Allgemeines

enkens nicht selten als Desiderat empfunden. Auch in diesem Fall

Seht es nicht in erster Linie um ein Voranbringen wissenschaftlicher „, . . _ , . .

Einöle, , ...... , , , Grethlein, ( hristian: Iaufpraxis heute. Praktisch-theologische Uber-

'"zeuragen, sondern um die theologisch und gkuibensmaßig verant- . . .u i • u i. j-rr
won legungen zu einer theologisch verantworteten Gestaltung der Taufte
Durchdringung emer zentralen Thematik, d^ praxis im Raum der EKD Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
"-nworten .Kreuzestheologie' und .Heilsgeschichte' gegeben ist (vgl. Gerd Mcyin 1988.291 S. 8'. Kart. DM 64.-.
* 9 u. 65 sowie die Überschriften S. 1 u. 8).

Leider stellt sich indessen beim Lesen die Frage, ob diese Zielset- Der Vf. will mit seiner vorliegenden Habilitationsschrift Pfarrer
z"ng in befriedigend er Weise angesteuert wurde. Zu den irritierenden und Pfarrerinnen zum „Einsatz für eine theologisch besser verantwor-
Beobachtungen gehört, daß Autoren oberflächlich bzw. simplifizie- tete Taufpraxis ermuntern" (11). Zu Recht betont er, daß vielerorts
rend dargestellt werden, wie z. B. Kant (84). Moltmann (157fT). Bult- die Chancen gegenwärtiger Taufpraxis nicht genutzt werden. Der Vf.
mann , und daß längst für überholt gehaltene hermeneutische Voraus- will helfen, die Möglichkeiten wahrzunehmen, sie theologisch zu
selzungen zutage treten (z. B. Jesus-Verfasserschaft von Evangelium- reflektieren und handlungsorientiertc Überlegungen anzustellen,
texten, christlich-vereinnahmender Umgang mit dem AT, Identifika- Dementsprechend behandelt das I. Kapitel die gegenwärtige Tauf-
ll°n antiken und modernen Unglaubens. Übernahme von Satansvor- praxis im Rahmen der Volkskirche. Eine differenzierte Bewertung der
Teilung und Zwei-Äonen-Lehre)'. S. 116 wird dem Leser nicht empirischen Untersuchungen bestätigt folgende Trends: Ein Großteil
J;rsPart. die (seit J. Moltmann. Der gekreuzigte Gott, 1972, 262f viel- der Kinder (ca. 80 %) wird getauft, wobei die Taufe nicht mehr selbst-
^eh zitierte) gepeinigte Frage Elic Wiesels (Die Nacht, 1986. 88) nach verständlich ist. Die Zahl der Spät- und Konfirmandentaufen steigt,
mit ihrer Antwort im Angesicht des qualvollen Sterbens eines Die meisten Kirchenmitgliedcr verstehen die Taufe als ..Aufnahme in
ngen in Auschwitz christlich verwertet zu sehen - m. E. ein Verfah- die Gemeinschaft der Gläubigen, als Beginn der Zugehörigkeit zur
^n. das in der Konsequenz .Auschwitz' zum Predigtbeispiel macht. Kirche und als Begründung christlicher Erziehung" (66). Für die Zu-
enn offenbar in diesem Fall die Literaturflut einer .Theologie nach kunft muß freilich damit gerechnet werden, daß die Selbstverständ-
schwitz' das theologische Denken unberührt gelassen hat, so ist lichkeit der Taufe weiter zurückgeht. Ebenfalls ist zu fragen, ob die
eh der in dieser Hinsicht bisweilen unbekümmerte Sprachgebrauch Bedeutung der Taufe als eines stützenden Rituals in einer Schwellenniger
Beiträge um so bestürzender. Die Juden wollten die Führung Situation geringer wird. Ein wichtiges Motiv für das Taufbegehren
cs „nicht sehen, bzw. mißachteten sie in messianischer Unge- scheint in einer Art „Generationenvorsorge" (141) zu bestehen: ..die
Sie haben sich, obwohl sie es doch mit ihrem Hosianna ,so gut Einführung in die Kirche als Offenhalten der religiösen Dimension
nten', an Jesu Verhalten schlicht geärgert. So verkehrte sich ihre verstärkt durch vom Zukunftspessimismus hervorgerufene Suche
°e zu ihm in Haß. ihr seelisches, vom eigenen Wünschen be- nach Stabilität" (ebd.). Das heißt, das Taufbegehren ist stärker von der
J'mrntes Hosianna zum .Kreuzige-ihn'" (59). - „Prinzipialisierung Familie her zu verstehen als von kirchlichen Erwartungen oder bloßer

Kreuzes könnte eine Ursache dafür sein, warum Israel in großer Traditionsleitung.
, '•nrheitdas Kreuz nicht erkannte." (86)-S. 131 wirdJoh 8.44 (..Ihr Im 2. Kapitel untersucht der Vf. die biblischen Taufperspektiven.
"*W den Teufel zum Vater") als Interpretament für das Weingärtner- Zu Recht stellt er fest, daß es im Neuen Testament keine systema-
8 Mt 21,33iT herangezogen: Kommentar: „Diese Aussage tische Tauflehre gibt, obwohl Bedeutung'und Allgemeinheit der
^ 'tet uns heute (!) im Gespräch mit Juden natürlich eine Not, ist Taufe vorausgesetzt werden. Aussagen über die Taufe werden häufig
von uns nicht einfach auszuradieren und zu löschen. Das wäre zu anderen theologischen Motiven in Beziehung gesetzt. Für das
gel ! Lösung des Knotens." Die vom Referenten dem Leser nahe- christliche Taufverständnis ist neben der Johannestaufe in erster Linie
L8'e Lösung ist aber tatsächlich die. diese Worte als zeitlos und all- das Ostergcschehcn wichtig geworden. Insgesamt kommt der Vf. nach
Clngültige Schriftaussage anzuwenden. sorgfaltiger Prüfung der exegetischen Literatur zu folgendem Ergebauf
■ ^etn°den der Vereinfachung, der Reduktion von Problemen nis:

die Glaubcnsfragc. der Engführung gegenwärtiger theologischer „I. Grundlegende Taufperspektive: Die christliche Taufe ist be-

- Us*ion (z. T. verbunden mit einem merkwürdigen Eklektizismus) gründet und hat ihrZentrum im Christusgeschehen. Der Mensch wird

I E. Theologiestudenten kaum geholfen. Hier wird eine Art theo- in der Taufe in das Christusgeschehen - unter eschatologischem Vor-

°8ischer Urteilsfindung verbreitet, die rasch und eindeutig zu sein behalt in Hinblick aufdie Vollendung-hineingenommen.

Pncht, aber doch stets in der Gefahr steht, dies um den Preis einer 2. Hiervon abgeleitete Perspektiven: In der christlichen Taufe wer-

'eilen Ausblendung von Wirklichkeit zu tun. Theologische Lern- den die Sünden vergeben. Hier wird der Geist empfangen und so eine

auch der Kirche nicht, ihre stets neue Gegenwart zu bestehen. ten gehört. Die Realisierung der Taufgaben in der Gemeinschaft mit

hilft''"*' W'ft' S° mc'1t ße'crm- L>er hier exemplarisch gewiesene Weg neue Existenz ermöglicht, zu der verpflichtend auch ein neues Verhal-