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Ausgabe:

1989

Spalte:

825-827

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, 44 1989

Rezensent:

Haendler, Gert

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825 Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr.

liehen Ausgaben vorliegen. Immerhin liegen nun mit den besprochenen
Banden insgesamt 16 Bände Schriften des Chrysostomus in der
Reihe Sources Chrcticnnes vor. Ein weiterer Band von ihm wird
angekündigt: eine Edition seiner Schrift über den Bischof Babylas von
Antiochien (Sur Babylas).

"Rostock Gert Haendler

Leontii Presbyteri ( onstantinopolitani: Homiliae. "Quarum editio-
nem curaverunt C. Datema et P. Allten. Turnhout: Brepols;
Leuven: Leuven University 1987. 470 S. gr. 8' = Corpus Christia-
norum, Series Graeca, 17. BF 5600.-.

Die Edition macht die Gestalt eines Predigers faßbar, dessen Werk
vorher von dem mehrerer Homonyme nicht klar zu unterscheiden
war. Wenn auch die hier edierten 14 Homilicn z. T. schon gedruckt
waren (teils unter anderen Verfassernamen), insgesamt haben wir eine
editio prineeps. Sie bringt zuerst I 1 Homilien, die die Überlieferung
Leontios zuweist, dann weitere drei, die die Hgg. auf Grund von
Inhalt, Stil und "Wortschatz für ihn in Anspruch nehmen. Der hochrhetorische
Stil ist charakteristisch, die Zuweisung überzeugend.
Zugleich weisen die Hgg. aber die viel weitergehenden Zuweisungen
zurück, die M. Sachot 1977 vorgenommen hatte.

Die Überlieferung muß für jedes Stück separat dargestellt werden.
Horn. XIII (Pfingsten) steht nur in eineF Hs., I (Geburt des Täufers),
VII (Karfreitag), VIII (Ostern) in je 2, anderseits III (Palmsonntag) in
19, X (Mittpfingsten) gar in 46. Die Beliebtheit dieses letzten Textes
hängt damit zusammen, daß das Angebot für das Fest gering war. während
für wichtigere Feste ein großes Konkurrenzangebot bestand.

Den rhetorischen Stil machen die Hgg. dadurch augenfällig, daß sie
die parallelisierten Kola stichisch drucken, also wie Verse. Das ist
begründet, darf aber nicht die Vorstellung hervorrufen, als habe Leontios
Prosa mit eingestreuten Versen geschrieben. Sein Stil ist homogen
, Steigerung und Dämpfung sind kunstvoll verflochten. Wir erleben
einen Prediger, dessen Reden nicht ganz ohne Grund z. T. unter
den Namen des großen Johannes Chrysostomos gestellt worden sind.
Klassische Rhetorik, biblische Beredsamkeit, homiletische Traditionen
(man denkt an Melitoris Osterpredigt) verbinden sich. Die Hgg.
kündigen weitere Studien zu Leontios und eine Übersetzung an. Darauf
darf man gespannt sein.

Berlin Kurt Treu

Deutsches Archiv für Krforschunjj des Mittelalters. Namens der
Monumenta Germaniae Historica hg. von H. Fuhrmann, H. M.
Schaller. 44. Jg. Köln-Wien: Böhlau 1988. XVII. 742 S. gr. 8

Dem Bericht von Horst Fuhrmann über die Fortschritte der Monumenta
Germaniae Historica folgt ein Vortrag von Arno Borst
„Computus-Zeit und Zahl im Mittelalter". Das Worteomputus wird
wechselnd gebraucht von Kirchenvätern, u. a. Hieronymus, Augustin
, Bocthius, Cassiodor, Dionysius Exiguus und Isidor von Sevilla.
Beda Venerabiiis ..führte Zeitrechnung, Liturgie und Geschichtsschreibung
zusammen: diese ist nicht ohne jene zu begreifen.
Computus. Martyrolog und Chronik bildeten fortan drei gleich mächtige
Hauptsäulen jener Gelehrsamkeit, die in benediktinisehen Klöstern
gedieh. Sie brachte die Ewigkeit in die Gegenwart hinein" (19).
Alkuin, Hrabanus Maurus und Walafrid Strabo vertraten diese Einheit
: Hermann der Lahme (t 1054) beherrschte als letzter „das ganze
Fächerspektrum zwischen Computus, Martyrolog und Chronik" (34).
Adam von Bremen unterschied: „Wenn Ärzte und Gaukler einem
Patienten langes Leben voraussagten, hieß das für Adam calculare.
Wenn er aber in den Corveyer Annalen die Daten der Bremer Erz-
bischöfe aus den letzten 2 Jahrhunderten aufspürte, zitierte er das
Werk als computus" (39). Das 12. Jh. brachte weitere Veränderungen:
„Was geheiligte Tage und Zahlen an Gewicht einbüßten, gewannen
vereinbarte Termine und Kalküle" (43). Roger Bacon regte bei Papst

826

Clemens IV. 1266 eine Kalenderreform an; auf den Reformkonzilien
von Konstanz und Basel wurde darüber gesprochen; Nikolaus von
Cues machte Vorschläge (63). Erst wesentlich später kam es zur Gregorianischen
Kalenderreform, „die im Oktober 1582 zehn Tage
unterdrückte, den Frühlingsanfang auf den 21. März festsetzte, den
Wegfall von Schalttagen neu regelte und bis heute unseren Kalender
bestimmt" (64). Borst führt die Problematik weiter bis zum Computer
unserer Zeit, dem freilich jene Grunderfahrung fehlt, die mit dem
mittelalterlichen Wort computus gegeben war (82). - Isolde Schröder
schreibt „Zur Überlieferung von De institutione laicali des Jonas von
Orleans" (83-97). Jenes Handbuch der Morallehre entstand zwischen
818 und 828 und wurde überarbeitet, „um es dem Konzil im Juni 829
in Paris vorzulegen" (92).

Bernd Ulrich Hucker deutet die Chronik Arnolds von Lübeck als
„Historia Regum" (98-1 19). Der Name „Slawenchronik" entstand
durch die gemeinsame Überlieferung mit Helmolds Slawenchronik.
Arnolds Chronik will „der imperialen Aufgabenstellung des unter
Otto IV. neu erstarkten Königtums" dienen. Seine Aufgabe besteht
„in der Heidenbekehrung und in der Befreiung des Heiligen Landes"
(108). Jürgen Petersohn bietet einen bisher unbekannten Brief des
Inquisitors Heinrich Institorisan Papst Sixtus IV. aus dem Jahre 1484
unter der Überschrift „Konziliaristen und Hexen" (120-160). Rudolf
Schieffer berichtet über „Consuetudines monasticae und Reformforschung
". Neue Texte zeigen ein differenzierteres Bild; es gibt
„keine lupenreine Prägung" durch ein festes „Reformprogramm",
auch die Polarisierung zwischen Gorze und Cluny „ist nicht so deutlich
greilbar, als man noch vor 2 Jahrzehnten annahm" (167). Das hat
auch eine positive Seite: „Vielfältiger strömen die Informationen aus
dem Bereich der Alltags- und Kulturgeschichte . . . Für vielerlei Forschung
ist hier jetzt der Weg geebnet" (169). Martin Stratmann nimmt
Stellung „Zur Rezeption Hinkrnars von Reims durch Bernhard von
Hildesheim und Bernold von Konstanz" (170-180). Eine Arbeit
Hinkmars wurde „in andere Argumentationszusammenhänge eingebaut
" und so im 11. Jh. aktualisiert; Hinkmars Name wurde verschwiegen
(179). Hans Martin Schaller informiert über ein Dokument
, das 1988 gekauft wurde: „Ein Originalmandat Papst Clemens
' IV. gegen Konradin" (181-185). In dasselbe Jahr führt Wolfgang
Müller: „L'Aquila zwischen Staufern und Anjou: Ein neu aufgefundener
Brief Papst Clemens' IV. von 1268" (186-194).

Carlrichard Brühl bietet drei „Karolingische Miszellcn" (355-389).
Hartmut HofTmanns Untersuchung „Eigendiktat in den Urkunden
Ottos III. und Heinrichs II." zeigt, „daß aus den Diplomen der älteren
Ottonen und der beiden ersten Salier selten eine ungewöhnliche Idee
oder ein Anzeichen eigener Betroffenheit hervorleuchtet"; daran ist
jedoch „in den Präzepten Heinrichs II. kein Mangel" (423). Tilman
Struve bringt einen erweiterten Festvortrag zum Druck: „Kaisertum
und Romgedanke in salischer Zeit" (424-454), der zumal für die
Bedeutung Heinrichs IV. aufschlußreich ist. Hans-Werner Goetz
nimmt Stellung „Zum Geschichtsbewußtsein in der alamannisch-
schweizerischen Klostcrchrowistik des hohen Mittelalters (11.-13.
Jahrhundert)" (455-488). Es gab ein theologisches Bewußtsein, das
die Klostcrgeschichte als Hcilsgcschichte sah (464-466). Klostcräbte
wurden als „zweiter Josef" oder „zweiter Moses" bezeichnet; weltliche
Herrscher wurden mit Nero oder Nebukadnezar verglichen
(466). Hans Eberhard Mayer informiert über die Hofkapelle der
Könige von Jerusalem (489-509). Eine Chronik erwähnt schon 1102
eine Capella der Könige von Jerusalem, „urkundlich müssen wir warten
bis zum Jahre I 167. bis wir dem Worte capella als Institution
begegnen, und dann nicht einmal bei den Königen von Jerusalem,
sondern beim Patriarchen" (491). Die dortige Hofkapelle war ähnlich
wie im Reich „eine als notwendig empfundene Institution, deren Mitglieder
der Krone neben dem täglichen Gottesdienst mancherlei
Dienste leisteten" (509). Bernd Ulrich Hucker schreibt „Zur Datierung
der Ebstorfer Weltkarte", die er für 1209-1213 annimmt
(510-538). Horst Fuhrmann berichtet über neu gefundene „Fragmente
der Collectio Anselmo dedicata". Bruchstücke aus Pavia und