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Ausgabe:

1989

Spalte:

820

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Pesch, Rudolf

Titel/Untertitel:

Paulus kämpft um sein Apostolat 1989

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 11

820

in der Introduction (S. xvi), also nur beispielshalber, auf die Differenz
zum normalen hellenistischen Wortgebrauch hingewiesen, unter 88.
56 fehlt dann aber selbst dieser Hinweis.

Die Frage nach dem Ordnungssystem ist zunächst sprach-theore-
tischer Natur. Aber ihr kommt für die Darbietung des Wortschatzes
auch praktisches Gewicht zu. Da lassen sich manche Fragen stellen.
"Religion" kommt z. B. nur in der Form von "Religious activities"
(Nr. 53) vor. So wird der Tempel unter "Constructions" (Nr. 7)
behandelt - aber ist ein Tempel für den antiken Menschen vornehmlich
bautechnisch interessant? Gelegentlich auch das, sogar im NT
(Mk 13,1 f- aber da wechselt sogleich das Vokabular; Joh 2,20), aber
doch nur am Rande. Sonst wird für „Religiöses" verwiesen auf
" 12. Supernatural Beings and Powers" sowie auf "88. Moral and
Ethical Qualities and Related Bchaviour" (S. 531 Anm. 1), mit dem
Effekt, daß etwa äywg unter 88. 24 ganz „modern" vom Aspekt der
Moralität herangegangen wird: "in the sense of superior moral qualities
and possessingcertain essentially divine qualities .. .". Da war das
"concise . . . Dictionary of the NT" von Barclay M. Newman (United
Bible Societies, London 1971), das L.-N. als Ausgangsbasis ihrer
Arbeit genommen hatten (S. iv), doch besser; als erste Bedeutung wird
dort gegeben: "set apart to or by Gocl" (S. 2), also etwa: „für/von Gott
beschlagnahmt". - Eine andere Beobachtung ist die, daß im System
für „Handwerk(er)/Beruf" kein Platz ist. Handelt es sich da nicht um
einen wichtigen Aspekt sozialen Lebens und damit der Sprache? Er
hätte in der Nähe von Nr. 42 ("Perform, Do"), etwa bei Nr. 44/49,
durchaus zur Geltung kommen können. Statt dessen werden die
Handwerker z. T. unter ihren Objekten (Silber: 2.52), der Zöllner
unter "57. Possess, Transfer. Exchange", der tkxkdv (einleuchtend)
unter "45. Building, Constructing", der axrjvonoiöc; aber unter
"7. Constructions" (!) untergebracht. Zu oxrjvonoux; (7. 10) noch eine
andere Bemerkung: Uber die kulturgeschichtliche Stellung des
„Zelts" in einer Nomadengesellschaft wird unter 7. 9 etwas gesagt
(bezogen auf das AT, aber gewiß auch für afrikanische Zielsprachen
wichtig), aber nichts zur Frage, welche Bedeutung Zelte für hellenistische
Großstädter haben könnten. Aquila (Apg 18,20 betrieb sein
Gewerbe in Rom, Korinth, Ephesus. War es wirklich die Zeltmache-
rei? L.-N. speisen den Benutzer mit der „wörtlichen" Übersetzung
"tentmaker" ab. Da gibt W. Bauer mehr Einblick in die Problematik
des synchronen sprachlichen Befundes, vom soziologischen ganz zu
schweigen (dazu jetzt P. Lampe, BZ 31,1987,256-261).

Man sieht: das gewählte Ordnungssystem ist primär sprachtheoretisch
orientiert, nicht an der „Weitsicht" der gesprochenen Sprache.
Das scheint mir grundsätzlich fragwürdig zu sein (innerhalb des
Systems dann auch die Vorordnung der "objects or entities" Nr. 1-12
vor die "events" Nr. 13-57). Damit ist gewiß ein grundsätzliches
linguistisches Problem berührt: Was hat den Vorrang - das Sprach-
gefüge oder das „Weltgefüge" einer Sprache? Daß beides nicht einfach
zusammenfällt, zeigt sich hier. Und jedenfalls wird die Klassifizierung
dem speziellen Fall des neutestamentlichen Wortschatzes nicht
gerecht. Den Versuch, diesem Material ein System „auf den Leib zu.
schneidern", hatte ja G. Friedrich mit seinem Systementwurf (NTST
19, 1972/73, 127-152: S. 148f) in aller - ihm völlig bewußten
(S. 149) - Vorläufigkeit machen wollen. Das Argument, gerade dieser
Versuch sei „dogmatisch orientiert" (L.-N. S. ix), geht m. E. grundsätzlich
fehl. Vielmehr wollte Friedrich nur ernst nehmen, daß der ntl.
Wortschatz nach seiner inneren Gewichtsverteilung eben doch kein
„zufälliger", sondern ein spezifisch „gefilterter", z. T. deutlich uncharakteristischer
Ausschnitt aus dem allgemein-hellenistischen Wortschatz
(mit vielen Neubildungen und Neubedeutungen) ist. Natürlich
kann man trotzdem ein „allgemeingültiges" Ordnungsschcma
("general principles", S. ix) wählen, wobei dann die „Zufälligkeit" in
der Über- oder vor allem Unterbesetzung mancher Domains recht
anschaulich wird. Aber der Sache angemessen scheint mir das nicht zu
sein.

Natürlich ist den Autoren selbst manches von den Grenzen ihres
Lexikons bewußt; das zeigen vor allem viele der (vornehmlich (iir

theoretisch Interessierte und Lexikographen bestimmten, S. xiiif) Fußnoten
(z. B. S. 388 Anm. I). Aber im ganzen gilt: So viel man an Wörterbüchern
vom Typ des Bauerschen aussetzen kann (und L.-N.
machen in der Introduction von dieser Möglichkeit reichlich Gebrauch
), so sehr läßt sich manches an L.-N. zurückgeben. Keine Form
von Wörterbuch ist in sich vollkommen und für alle Aspekte optimal.
Das gilt auch für das von L.-N. erarbeitete. Aber eben aus demselben
Grunde gilt auch: Dieses ist auf seiner Linie notwendig und ein wirklicher
Fortschritt, sowohl nach der theoretischen wie auch nach der
praktischen Seite. Natürlich steht gerade in dieser letzteren Hinsicht
der Test erst noch aus; denn darüber kann man erst urteilen, wenn
viele das neue Wörterbuch über längere Zeit benutzt haben. Aber auf
jeden Fall ist Louw und Nida sowie ihren Mitarbeitern (unter denen
auf dem Titelblatt noch Rondal B. Smith als Part-time editor und
Karen.A. Munson als Associate editor herausgehoben werden) schon
jetzt für die intensive Mühe und Sorgfalt bei der Ausführung ihres
Projekts und für das Geschick bei der wirklich gut zugänglichen Darbietung
des Materials sehr zu danken.

Jena/Naumburg (Saale) Nikolaus Walter

Pesch, Rudolf: Paulus kämpft um sein Apostulat. Drei weitere Briefe
an die Gemeinde Gottes in Korinth. Paulus - neu gesehen. Freiburg
-Basel-Wien: Herder 1987. 192 S. kl. 8" = Herderbücherei,
1382. Kart. DM 10,90.

Als Abschluß der lockeren Reihe „Paulus - neu gesehen" legt P.
seine Sicht des kanonischen 2Kor als Sammlung von ursprünglich
drei selbständigen Paulusbriefen nach Korinth vor. Er erkennt -
weitgehend verbreitete Annahmen bestätigend - eine „Apologie" des
paulinischen Apostolats (2,14-7,4; 8,1-24). den „Tränenbrief"
(10,1-13,13) sowie einen abschließenden „Versöhnungsbrief"
(1,1-2,13; 7,5-16; 9,1-15). Geschrieben sind sie zwischen Sommer
54 Spätherbst 55 n. Chr., zwischen der „Apologie" und dem „Tränen-
brief" liegt der Kurzbesuch des Paulus in Korinth mit dem schweren
Zwischenfall sowie eine Einkerkerung in Ephesus; etwas in der
Schwebe bleibt die Frage nach Geschichte und Art der Gegner, die die
Teile von 2Kor voraussetzen. Von der „Apologie" und dem „Tränenbrief
" ist jeweils der Eingang weggebrochen, vom „Tränenbrief" vielleicht
sogar in etwas größerem Umläng, von der „Apologie" und dem
„Versöhnungsbrief" jeweils der Abschluß. 6,14-7,1 beläßt P. der
„Apologie", hebt jedoch Zweifel an der Echtheit des Textes deutlich
hervor (S. 73f.99.118). Sicher redaktionell ist aber nur das ..denn"
7,5.

Ein kurzer Abschluß reflektiert auf die Arbeit der Redaktion.
P. hält es für möglich, daß die Editoren ein Gesamtkorpus von sieben
Paulusbriefen gewinnen wollten und deshalb die sieben Briefe nach
Korinth auf zwei reduzierten. Die Ordnung des Stoffes in 2Kor ist an
den Reisenotizen orientiert, entstanden ist ein neuer Text mit eigener
Struktur.

T. H>

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Koenen, Ludwig, u. Cornelia Römer [Hg.]: Der Kölner Mani-Kodex.
Abbildungen und diplomatischer Text. Bonn: Habelt 1985. XXIX.
348 S. m. zahlr. Abb. 4" = Papyrologischc Texte und Abhandlungen
, 35. Lw. DM 168,-.

-[Hg.]: Der Kölner Mani-Kodex. Über das Werden seines Leibes. Kritische
Edition aufgrund der von A. Henrichs u. L. Koenen besorgten
Erstedition hg. u. übers. Opladen: Westdeutscher 1988. XXXII.
119 S., 2 Taf. gr. 8° = Abhandlungen der Rhein.-Wcstf. Akademie
der Wissenschaften. Sonderreihe: Papyrologica Coloniensia, 14.
Kart. DM 46,-.

Der Mani-Codex der Papyrussammlung der Universität Köln
(P.Colon, invent. nr. 4780; von den Hgg. eingeführte Kurzbczeich-