Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1989

Spalte:

813-815

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Taeger, Jens-Wilhelm

Titel/Untertitel:

Johannesapokalypse und johanneischer Kreis 1989

Rezensent:

Karrer, Martin

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

813 Theologische Literaturzeitung I 14. Jahrgang 1989 Nr. I I 814

phologisch stilistische Texteme) "that point to the litcrary struetureof
books and passages" (8f, 12f "arrangement of materials") - also
,,Koni positionsanalyse".

Die systematisierte Darstellung der Forschungsgeschichte an der mt
Makrosyntax (21 -55) besticht durch die sorgfältige Analyse der jeweiligen
Positionen: geographisch-chronologische Strukturierung als
Ausdruck der Leben-Jesu-Suche wurden abgelöst durch topologische
Strukturicrungcn, die sich am Wechsel von Erzählungen/Reden, am
C hiasmus oder aber an singulären Überschriften (Lohmeyer, Kings-
bury) orientieren, während sich die auf die mt Konzeptionsstruktur
ausgerichteten redaktionsanalytischen Arbeiten („Heilsgeschichte")
an der syntagmatischen Kompositionsstruktur erstaunlicherweise
nicht interessiert zeigen.

Das Instrumentarium der rhetorisch-kompositorischen Analyse
wird generell vorgestellt (13-20) und dann im einzelnen angewendet
(57ff). Dabei ergibt sich, daß die Repititionen des Vergleichs (57-63
Schüler) wie des Kontrasts (65-71 Gegner) auf die Komposition
keinen Einfluß haben. Die unverkennbaren Glicderungssignale sind
in 1.1; 4,17; 16,21 zu sehen (73-108), wobei 28,16-20 mittels
Inclusio deutlich als angestrebter Höhepunkt stilisiert ist (109-128).
Die großen Reden sind in den erzählenden Rahmen inkorporiert
(129-134) im Hinblick auf die am Ende hervorgehobene Instruktion
der Gemeinde mit dem Religionsgesetz dieses Buches. Damit ist deut- ,
lieh, daß das Buch jesulogisch komponiert ist und nicht etwa seine
Ekklesiologic über die Christologic stellt, sondern sie ihr unter- und
einordnet. Das hier auf den Prüfstand gehobene Strukturierungmodell
von Lohmcyer und Kingsbury hat damit eine weitere Bestätigung
erfahren, die auch mit den Beobachtungen des Rcz. (Die Sprache des
Matthäus, Göttingen 1987) konvergieren.

Eppstein Wolfgang Schenk

Taeger, Jens-W.: Johannesapokalypse und johanneischer Kreis. Versuch
einer traditionsgeschichtlichen Ortsbestimmung am Paradigma
der Lebenswasser-Thematik. Berlin (West) - New York; de
Gruyter 1989. XI, 236 S. gr. 8" = BZNW, 51. Lw. DM 96,-.

„Daß irgendeine literarische Beziehung zwischen der Apk, wie sie
uns jetzt vorliegt, und dem übrigen johanneischen Schriftenkreis
obwaltet, beweist. . . schon die Erwähnung des Logos 19,13... Hier
wie dort wird das Bild des lebendigen Wassers gebraucht . . . Man hat
gewiß Recht, wenn man diese johanncische Sprachfärbung auf Rechnung
des let/ten Redaktors der Apk setzt." So umriß W. Bousset 1906
(KEK 16. 177(T) ein Problem, dasdic Apk-Forschung bis heute unverändert
begleitet. Sein Lösungsvorschlag, „der gesamte johanncische
Schriftenkreis" sei „unter dem Einfluß des klcinasiatischen Johannes
" entstanden (a. a. O. 179), bewährte sich nicht. T. schlägt in seiner
1986 in Münster (Ev. Theol.jals Habilitationsschrift angenommenen
Studie (zu Bousset 9, 23. 153 u. ö.) eine Revision vor, die aus der Vorstellung
eines johanneischen Kreises statt Einzclautors erwächst:

Der johanncische Kreis, eine relativ selbständige Gemeinde (bzw.
Gemeindeverband), durchläuft1 demnach eine aus den johanneischen
Schriften rekonslruierbare Geschichte mit den Stadien: Vorgeschichte
lies I vangeliums. Evangelist (Joh vor der Redaktion), schließlich
Redaktion des Joh und Joh-Briefe(18f und 9 Anm. 48). T. folgt damit
dem Bild der Forschung vor Streckers Umordnung der Schriftenfolge
von 1986 (die im Litverz. erscheint). In seinem Entwicklungsbild sieht
er die Chance, die Apk der jüngsten johanneischen Gemeindephase
um Redaktion des Joh und 1 Joh zuzuordnen (Erg. 204f)- Den
dadurch aufgeworfenen Datierungsproblemen - Redaktion des Joh
und Joh-Briefe fallen kaum mehr ins I. Jh. - begegnet er durch Infragestellung
der geläufigen Ansetzung der Apk um 95 (20IT, doch ohne
zwingende Argumente für spätere Ansetzung).

In dem so gesetzten Rahmen wählt T. als theologischen Ausgangspunkt
die Lebenswasserthematik. Sie scheint ihm besonders geeignet,
da sie im Neuen Testament nur Joh 4,10.131"; 7,37-39 und Apk 7,l6f:

21,6; 22,1.17 begegnet. Allerdings sind die Formulierungen in beiden
Schriften (wie schon Bousset bemerkt) sprachlich verschieden, was T.
zu einem komplexen Beweisgang zwingt: Er behandelt zunächst die
einzelnen Stellen (zur Apk 29-60, zum Joh schmal 61-66). Im
anschließenden Vergleich widmet er das Hauptaugenmerk (68-80)
der Abwehr der traditionsgeschichtlichen Lösungen bis zur wohl
wichtigsten These F. Hahns (FS Dahl 1977, 51 -70), die Apk bezeuge
in mehreren Schichten ein älteres Stadium gemeinsamen Überlieferungsbestands
mit dem Joh. Es gelingt ihm aufzuweisen, daß die
Rezeption der für das Thema wichtigen Stellen Jer2,13; 17,13;
Ps 36,10; Jes 49,10 in der Apk nicht durch jüdische Apokalyptik vermittelt
sein muß und daß IQH 8,4ff; OdSal 6; 11; 30 vor allem die
Verbreitung von Motivvarianten bezeugen, die den Zusammenhang
von Joh und Apk nicht festlegen. Die Joh-Aufnahme verbindet er mit
Einflüssen jüdisch-hellenistischer Weisheitstradition (83ff, unter
kühner Beiziehung von Justin, dial. 114,4).

Mit alledem ließe sich freilich auch eine differenzierte traditionsgeschichtliche
Lösung nach der bisherigen Forschung begründen.
Betont als „These" setzt sich T. am Schluß des Abschnitts davon ab,
um zur Auflassung der „Apk-Worte als Zeugen der Nachgeschichte
der johanneischen Worte" zu kommen (85[ff]).

Die weiteren Kap. dienen der Entfaltung der These. S. 88-119
kreisen um die Intention der Lebenswasserworte in der Apk, wobei T.
besonders die Einfügung des Zukunftsaspekts hervorhebt und für die
Leitfrage mit den Worten schließt: „Mit der Hypothese einer gemeinsamen
, in beiden Schriften unterschiedlich fortentwickelten Überlieferungsbasis
zu arbeiten, erweist sich als unnötig" (1 180- Das ist freilich
noch kein positiver Beweis.

Als Schritt auf diesen zu rückt T. 120-205 die Frage der Eschatolo-
gie in den Vordergrund, geht es in der Gabe des Lebenswassers doch
um Vermittlung des Heils, gegenwärtig und/oder zukünftig. T. vergleicht
deshalb die Eschatologie der Apk mit der Eschatologieent-
wicklung im johanneischen Kreis. Die Entfaltung richtet eram Bemühen
aus, die Verbindbarkeit der Apk mit der Phase um Redaktion des
Joh und I Joh (samt dessen gleichfalls-vor allem für 5,14-21: S. 195 ff
- angenommener Redaktion) aufzuweisen. Er sucht daher vornehmlich
Annäherungen, weniger Unterschiede. Bei der Apk läßt er
Chiliasmus und „erste Auferstehung" von 20.4-6 zurücktreten. Die
„deuterojohanneisch(e)" Eschatologie sammelt er um „neu akzentuierte
Dialektik des Schon und Noch-Nicht" (204), die in einer Art
offener Naherwartung einen Bogen zur Apk erlaube (deren Naherwartung
er korrespondierend als nicht zu drängend charakterisiert).
„Deuterojohanneisch" wie in der Apk sieht er schließlich eine Betonung
der Glaubensbewährung im Lebenswandel hervortreten, „um
im Gericht zu bestehen und an der das Jetzt übersteigenden Heilsvollendung
teilzuhaben" (185; viel hängt hier an der Zuordnung von
Joh 5,28f zur Joh-Rcdaktion und der Bewertung von I Joh 4,17 als
einziger Gerichts-Stelle der Joh-Briefe). Bei aller so erreichten Nähe
der „Grundüberz.cugung" (185) bleiben jedoch auch nach T.s Auflassung
die Ausformulierungcn divergent. Ein zwingender Beweis spezifisch
deuterojohanneischcr Zusammenhänge ist daher zuletzt doch
nicht erreichbar, wie auch T. seine These vor allem als Vorschlag artikuliert
.

Im Ausblick (206-212) schlägt T. zu Recht eine Erweiterung der
Vergleichsbasis vor allem um die Logosmotivik (den Ansatzpunkt bei
Bousset) und die Siegesthematik vor. Die knappen Ausführungen lassen
eine ähnliche Problematik wie beim Lebenswasserthema vermuten
: Querlinien sind möglich, doch der gesicherte Nachweis litera-
risch-innerjohanneischer Zusammenhänge ist augenblicklich nicht zu
erbringen.

So bleibt das Hauptverdienst von T. s Studie, der Forschung das
Problem intensiv und mit mannigfachen Anregungen im einzelnen
vorzulegen. In der Lösung wird man nach wie vor die Alternative
erwägen können. Joh und Apk hätten am Ende des 1. Jh. gemeinsam
aufgegriffene Tradition unterschiedlich fortentwickelt (vgl. O. Bö-
cher. kritisiert bei T. 20). Nehmen wir die etwa von Schüßler-