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Ausgabe:

1989

Spalte:

53-56

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Lüthe, Rudolf

Titel/Untertitel:

Wissenschaftliche Methode und historische Bedeutung 1989

Rezensent:

Wagner, Falk

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i Ideologische Literatarzeining 114. Jahrgang 1989 Nr. 1

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Philosophie, Religionsphilosophie

theoretischen (Teil A) und pragmatischen Grundlagen (Teil B) der
Geschichtswissenschaft als Zweig der empirischen Geisteswisscn-

y , ... schaften. Damit knüpft er an die Grundlagcndiskussion der histo-

'-ak. Adam: Vom reinen Denken zur Sprachvernunft. Uber die . , _ , , n , , , ...

r- , , ■, , ■ r~ „ nschen Fachwissenschaft ebenso an wie an entsprechende philoso-

Grundmotive der OfTcnbarungsphilosophie Franz Rosenzwcigs. ,..„.., , , . . , A , ..,

Stuttgart-Berlin (Wcst)-Köln-Mainz: Kohlhammer 1987. 224 S. Phlsche Bemühungen. Obwohl steh L. der transzcndentalph.loso-

gr. 8- = Münchener philosophische Studien. N. F. 1. Kart. ph.sch-pnnz.picntheoretischcn Frage nach den Bedingungen der

DM 49,-. Möglichkeit der Konstitution historischer Erkenntnisse verpflichtet

Die Studie ist hochinteressant. Sie arbeitet einen Teil der Geistesweiß
, begründet er seine These zugleich in Auseinandersetzung mit
divergierenden Wissenschaftstheorien der Historie. Allerdings

geschiehte der ersten Jahrzehnte unseres Jh. auf. zeigt, wie diese

r , ° verleiht diese Auseinandersetzung seinem Buch einen ungleich-

^escruchte m die Biographic Franz Rosenzwcigs gehört, zieht die , ,.■ ,.. ,. ...... , ... , .. , . . r .

I ■ 61 gewichtigen C haraktcr: Wahrend die Einleitung und die beiden fol-

L'nien zum späten Schcllingund zu Hamann und verdeutlicht in dem . „ ■, . , , ,■ . , • • . • .

„Ii K 6 genden Kapitel (11-181) weitgehend systematisch konzipiert sind,

auen. daß diese Geschichte aktuell ist. Diese historische Arbeit gerät . ,. . „ . . ... ... ..„- .„-, . . ..

6 werden die in den Kapiteln IV-Vl (182-402) entwickelten Thesen

so zur philosophischen. . . . „ „ ...

n ' . aus Auseinandersetzungen mit anderen Positionen gewonnen. Das

uer Leser sieht sich informiert über die Arbeiten, die nicht nur in c- . . <-• j . i u i i • u n u n j

p hintreten tur eine transzendentalphilosophische Behandlung der

curopa zum Werk Rosenzweigs erschienen sind. Vf. setzt dann mit u; . • ■ .. . _ r ... . . . ,- ., e ■ , _,. . c . .

„• ^ Historie impliziert freilich keine Festlegung aul eine bestimmte Spielker
Biographie R.s ein. Auf seinem Weg zum Philosophen entdeckt _ j -T- j . i i i u- r i_ u • i. j- . j . i
n .. „ art der Transzcndcntalphilosophie. Vielmehr zielt die transzendenlal-

<Jie Sprache. Gespräche mit dem Lehrer E. Rosenstock und den . •, . • , „ r • , , „ . u ,.

v.„ philosophische Orientierung aufeme durch Kritik und Konstruktion

v eitern Hans und Rudolf Ehrenberg, drei Juden, die zum Christen- . •. , .. ... . ~. ^ , „. . . , ..

. r .? . geleitete pnnzipientheorctischc Grundlegung der Historie, durch die

um landen, lassen R. die jüdische Überlieferung studieren und seine • r .■ , ,, , .. , ,

„___. sowohl cm naiver Empirismus positivistischer Verkürzungen als auch

angestammte Religion entdecken. Rosenstocks Sprachansichten wer- ■ . . . . ~. ,.. ... - — ~.. . . , _ ,

d 6 K eine dogmatische Geschichtsmetaphysik (27.76) im Interesse der Ent-

n w.ch.ig für die Formulierung von R.s neuem Denken. Vf. führt fahung ^ phi|osophisch.pragmatischcn Dimension der Historie

QueMcn CnCmWiCklUn8 aUS8CZCiChnCt lesbar m,t ausrührl,chem vermieden werden sollen.

ennachweis vor. In dem w^^iftnHiH)!(>IT|angelegten Hauptlcil A (51-258)

K. setzt sich kritisch mit dem Idealismus auseinander, die Offen- ^müht sjch L um dic gcltungstheoretischc Klärung „der Frage nach

<»rung wird für ihn Vorbedingung wirklichen Bewußtseins. Sprache . „ ,• . .... ,• ., •. , nr , t-_r

ni 66 K den Bedingungen der Möglichkeit wissenschaftlicher Erfahrung von

mm, eine besondere Stellung unter den Gegenständen des Denkens vergangcncm Geschehen" (28). Für die Geltung historischer Urteile

" l>'c Sprache .st „d.e Morgengabe des Schöpfers an die Menschheit dami, dje prinzipicntheorctische Frage nach dcn in der historjSch-

enHi ^ ZU8le,Ch 8cmcmsamC Gut dcr Menschenkinder ... und empjrischen Forschung enthaltenen nicht-empirischen Elementen

ül.ch das Siegel der Menschheit im Menschen." geste|u dcr sjch L jm „ Kapilc, (53_i2,, zuwcndet. Fur das hist0.

^ustuhrhch wird vorgeführt, was R. als Sprachlehre der Schöpfung. -~ .... ... ■ . . ~ , .,

dor ccr 6 »i««.ui«ui« w iMwpiuif, niciie OcKhehffl >n ,,komplexe(n)Zuttmnwnhang von Handlungen

uttenbarung. der Erlösung beschrieben hat. Der ..Stern der , ,......, .. ■ . v , . .,- r„- .

prii. und Ereignissen (61) sind sowohl Zwecksetzungen aktiv-lrcier

osung" a|s Gegenstück zu Hegels Phänomenologie, die Verbin- ^ Md) passiv£ mi( übenndividue„en Konstanten ver-

ng zu Schelhngs erzählender Philosophie, die Dialogerfahrung: woben£ ,wjdcrfahrnissc.- konstitutiv. Historische Bedeutung erlan-

ev-Tn TJ W'rd k'ar- WiC unvcrdient R im Scha,len stand' als c,wa gen die vergangenen Ereignisse erst durch ihren Gegenwartsbezug, der

ang- I hcologic des Wortes den Fragen von Ich und Du nachging. • . . • . . . , . . . ... . , , , ..

Da , ^ ^ ^ ia6v.u UL/U jedoch, um nicht wcrttheoretisch verabsolutiert zu werden, durch die

"as abschließende Kapitel vergleicht R.s Sprachzuwendung mit . • ,- . . . .. . . . „ ^__. . .„ j .,

„ 6 heuristisch verstandene Idee des Fortschritts relativiert werden soll
ldmanns Stellungnahme zu Kant. Vf. folgt zu Recht Metzkes Würdi- c ■ ."„.,., .„ „ , ,,. ... .,
Kuno u „Vergangene Ereignisse werden unter der Doppelperspektive erreich-
8 Hamanns und unternimmt dann einen geglückten Versuch. {m ^ crstrebtcn Fortschritts bewertet." (84) Aufgrund praktisch-
. mann und R. in ihrem Verhältnis zu bestimmen. Dabei werden philosophischcr prarnissen ordnct L jedoch den erstrebten dem
sthe und christliche Positionen relevant. erreichten Fortschritt vor. so daß vergangene Ereignisse auf einen
>■ arbeitet zusammenfassend heraus. R.s Erneuerung des Denkens durch vol|zogene Handlungen faktisch erreichten Fortschritt festin
dio m-bC8rÜndct- daß er d,e Sprachgebundenheit des Bewußtsems gcleg, sjnd während dje Gegenwarl für Möglichkeiten eines gesollt-
Philn u 6 Problcmatik der Vcrnunf* 8estel,t habc <215); hier das erstrebten Fortschritts ofTen ist. Dic theoretisch unbestimmte Zukunft
o ophischc Denken über seine eigenen Voraussetzungen und wjrd ,„ djescm Konzcp( historisch-zeitlicher Weltglicderung so

"'•en autzuklären.sei unerläßlich. , .. , ■ .,■ , , n ■ , . , .. . . . ...

r: „ berücksichtigt, daß sie „als durch die Idee des Fortschritts geprägte

le Studie macht deutlich, wie selbstverständlich dic Vcrbindun- r:_ j c .. „„„ . j u < .■ u c ■■

gen _ ■ Dimension der Erwartung (103) ebenso durch praktische Sollens-

'wischen Jüdischem und Christlichem damals waren und heute . . ■ „ , ,__, ,„■ .... .■ „___i,.:„„u _u i____u:„„u__r

noch ca Prinzipien bestimmt sei. Mit dieser praktisch-philosophischen Versina
. An vielen Stellen und in manche Richtung regt das Buch , , ,, •„. , . . , , „ j . u . , .
'um Weite d k ankerung des Grundbegriffs der historischen Bedeutung hat L. aber

S isfkv C U das Problem der Deulungspluralität noch nicht gelöst. Diese aus der

■ 'M blieb ein Versehen des Setzers stehen. Dominantsetzung einer Sphäre soziokulturellen Weltumgangs (Poli-

^osl°<-'k PeterHeidrich tik. Wirtschaft. Religion usw.) resultierende Deutungspluralität kann

zu einem Pluralismus divergierender Deutung ausgezogen werden.

'üthi. p,,i • • -"- - Der damit gegebenen Auflösung der Einheit der Geschichte will L.

Kudolf: \ issenschaftliche Methode und historische Bedeu- ,, , ., ,„ ,■ r. , , , ■ ■ , „-

tunn di.:i i . t it. l. n ,, , ,. dadurch entgegenwirken, daß er die Gedanken der historischen T ota-

U"K- Philosophische Untersuchungen zu Problemen der Gc- B B

sehichtserfahrung. Freiburg-München: Alber 1987. 493 S. 8 geb. Iit* und des zeitlichen Wandels durch die Identität und Differenz

86.-. zugleich zum Ausdruck bringende Idee der Kontinuität (H. M. Baumgartner
) verknüpft. Im III. Kapitel (122-181) möchte L. zeigen, daß

Ph 'C Vor''egenden Untersuchungen, denen eine von der Philoso- dic Spannung zwischen der historisch erfaßten Sinnkontinuität und

'sehen Fakultät der Technischen Hochschule Aachen angenom- der geschichtlich-realen Kontinuität entsprechend den beiden Konti-

Prf110 ^ab''',at'onsscnr'^ zugrunde liegt, setzen sich das Ziel, die nuitäten gemeinsamen Momenten des raumzeitlichen Zusammen-

''osophisch-kategorialcn Voraussetzungen der Geschichtswissen- hangs und der Fortschrittsrclevanz durch eine „wechselseitige Ver-

Scli zu klären. Obwohl R. Luthe (= L.) auch den Ausdruck „Ge- schränkung der Kontinuitätsprinzipien" (158) abgelöst werden

'ehtsphilosophie" verwendet, liefert er keinen Beitrag zu einer könne. Dieser Sicht korrespondiert die Auffassung W. Diltheys. daß

^'erialen Philosophie der Geschichte; vielmehr beschäftigt er sich. das von der Historie erfaßte Individuelle subjektiv wie objektiv durch

e er in der Einleitung (I 1-49) erläutert, mit den wissenschafts- Lebenszusammenhänge bestimmt sei (172). so daß für das Indivi-