Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1989

Spalte:

51-52

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Osborne, Kenan B.

Titel/Untertitel:

Sacramental theology 1989

Rezensent:

Wenz, Gunther

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

51

Theologische Literaturzeitung I 14. Jahrgang 1989 Nr. 1

52

Kirchen- und Konfessionskunde

Kirchner. Hubert [Hg.]: Freikirchen und konfessionelle Minderheitskirchen
. Ein Handbuch. Im Auftrag der Theologischen Studienabteilung
beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR hg.
Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1987. 180 S. gr. 8". Lw. M 14,-.

Im Zeitalter der Ökumene haben sich die Beziehungen zu den Freikirchen
intensiviert, aber viele Mitglieder der Landeskirchen, inklusive
der Pfarrer, wissen wenig über deren Geschichte und Selbstverständnis
. So ist es verdienstvoll, daß H. Kirchner die Freikirchen und
konfessionellen Minderheitskirchen im Gebiet des Kirchenbundes
der DDR sich vorstellen läßt. Der Hg. liefert einige konfessionskund-
lich hilfreiche Hinweise, indem er die Freikirchen ins ökumenische
Ganze einordnet.

Sechs Freikirchen stellen sich dar: die Mennoniten-Gemeinde
(21-33). der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in der
DDR (34-59), die Religiöse Gesellschaft der Freunde (60-72). die
Evangelische Brüderunität (73-90), die Evangelisch-methodistische
Kirche (91-112) und der Bund Freier Evangelischer Gemeinden
(113-126). Als konfessionelle Minderheitskirchen stellen sich im
2. Teil vor: die Evangelisch-lutherische (altlutherische) Kirche
(127-135). die Evangelisch-Lutherische Freikirche (136-146) und
der Kirchenbund Evangelisch-Reformierler Gemeinden in der DDR
(147-158). Die Selbstdarstellungcn werden dem Anspruch eines
..Handbuchs" gerecht: sie beschreiben kurz und prägnant die Entstehung
und Entwicklung, die Schwerpunkte in Theologie, Frömmigkeit
und Gemeindeverständnis sowie pragmatisch die Struktur und
die statistischen Daten.

Im Dritten Teil beschreibt der Hg. Kirchner die Vereinigung Evangelischer
Freikirchen und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
in der DDR und geht auf die Beziehungen zwischen dem Bund
Evangelischer Kirchen und. den Freikirchen ein sowie auf den freikirchlichen
Beitiag in der weltweiten ökumenischen Bewegung
(161-174).

Das Buch macht deutlich: „Es gibt .Freikirchen', aber .die Freikirchen
' gibt es nicht" (10). Der hierzulande gebräuchliche Begriff ist
auf dem Hintergrund der Existenz von „Großkirchen" oder „Volks1-
kirchen" verständlich und meint mit „frei" vor allem die Freiheit von
staatskirchlichen Einengungen. Im übrigen sind die Freikirchen kaum
auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Eine gewisse Grundbefindlichkeit
hinsichtlich ihrer Entwicklung aus Erziehung, Neubesinnung
. Protest und Freiwilligkeit hat sich durchaus vielfältig
niedergeschlagen. Die jeweilige Entstehung ist eng an die kirchengeschichtlichen
Bedingungen eines geographisch ziemlich genau
eingrenzbaren Raumes (nämlich des west- und mitteleuropäischen)
und einer bestimmten Zeit geknüpft. Doch ihre Existenz heute in
allen Kontinenten bedeutet eine enorme Bereicherung für die Christenheit
, die ja vorwiegend sich noch in großkirchlichen Institutionen
manifestiert. Die zunehmende Diasporasituation aller Kirchen in der
säkularisierten Gesellschaft läßt insbesondere die reformatorischen
Kirchen und die Freikirchen sich aufeinander zu bewegen, ohne daß
an eine institutionelle Verschmelzung gedacht wird.

Bensheim Reinhard Fricling

Osborne, Kcnan B„ O. F. M.: Saeramental Theology. A General
Introduction. New York/Mahwah: Paulist Press 1988. 154 S. 8

Die Sakramentenlehre gehört zu den meistdiskutierten und am
intensivsten bearbeiteten Themengebieten gegenwärtiger römischkatholischer
Theologie. Spätestens seit dem II. Vatikanischen Konzil
kam es im Katholizismus zugleich zu einer vielfältigen Neubclcbung
des sakramentalen Lebens der Kirche, die auch auf andere christliche
Konfessionen nicht ohne Auswirkung blieb. O. verweist eingangs auf
die verschiedenen Faktoren dieser theoretischen und praktischen
Erneucrungsbewegung (Kap. I [1-19]: Current Roman Catholic

Theology of t he Sacraments). um anschließend eine knappe Einführung
in die Geschichte des Sakramentsbegriffs und seiner Funktions-
bestimmungen zu geben (Kap. 2 [20-32]: The Namingand Function
of Sacrament). In methodologischer Hinsicht (Kap. 3 [33-48]:
Methodology and the Christian Sacraments) plädiert O. sodann Für
die Kombination einer phänomenologischen und einer christolo-
gischen Betrachtungsweise: Während erstere sich an menschlichen
(irundbefindlichkeiten zu orientieren habe, gelte für letztere: "The
Christological method begins with Jesus in his humanity as a sacrament
and then proeeeds to Church as fundamental sacrament. and
only then to the individual saeramental rituals." (47) "The question
of saeramental causality" (67), die Frage also nach Wesen und Wirkweise
der Sakramente ist Thema des 4. Kapitels (49-68: God's Action
in the Saeramental Event). Die traditionellen Formen sakramentaler
Ursächlichkeit werden dabei am Beispiel der Positionen von Thomas
von Aquin (efficient causality), Melchior Cano (moral causality)
sowie von Alexander von Haies, Bonaventura und Duns Scotus (occa-
sional causality) vorgestellt; unter den modernen Theologen lindet
besonders Karl Rahncr mit seiner Symbollehre Berücksichtigung.
Systematisch zentral und entscheidend sind die folgenden Ausführungen
über Jesus als Ursakrament (Kap. 5 [69-85]: Jesus as Primordial
Sacrament) und die Kirche als Grundsakrament (Kap. 6 [86-99]: The
Church as a Basic Sacrament). Die Menschheit Jesu als effektives
Realsymbol des mit der Gottheit Gottes wesenseinen Logos sei "the
primordial or fundamental sacrament" (75) und als solches "the basis
why any other Christian aspect can be seen as a sacrament" (84). Die
Kirche wiederum habe im Anschluß an die Lehre des II. Vaticanums
(vgl. die Auflistung einschlägiger Texte 11 0 als Basissakrament zu
gelten, welches seine Sakramentalilät in den jeweiligen Einzclsakra-
menten wirkmächtig expliziere. Die Untersuchung schließt mit einem
instruktiven Überblick über die [ehramtlich verbindliche Sakramenten
lehre der römisch-katholischen Kirche (Kap. 7 [100-118]: OlliciaI
C hurch Teaching on the Sacraments) und einigen Hinweisen zur
Spiritualität des Sakramentalen (Kap. X [I 19-138]: Sacraments and
Christian Spirituality).

O.s Studie ist - wie bereits aus dem Untertitel hervorgeht - keine
Spezialabhandlung. die dem Fachtheologen historische oder theologische
Detailkenntnisse vermitteln könnte oder wollte, sondern eine
allgemeine, didaktisch gut aufbereitete und ökumenisch aufgeschlossene
Einlührung in Grundfragen römisch-katholischer Sakramenten;
lehre. Sie gehört zusammen mit der 1987 publizierten Abhandlung zu
den sogenannten Initiationssakramenten (Osborne. K. B„ The Christian
Sacraments of Initiation - Baptism, Confirmation, Eucharist.
New York 1987. 249 S.; vgl. meine Rezension in ThLZ 113. 1988
541 0- Die methodischen und dogmatischen Grundlagen sind hier wie
dort die gleichen: Im Zentrum der Argumentation steht jeweils die
Lehre von der Menschheit Jesu als dem Ursprungssakrament und von
der Kirche als dem Grundsakrament aller sakramentalen Einzclvoll-
züge. Eine kritische Prüfung dieses durchaus integrationskräftigen
Konzepts hätte mit der Frage einzusetzen, ob die Unterscheidung zwischen
Ur-und Grundsakrament wirklich hinreicht, um den differenzierten
Zusammenhang von Christologie und Ekklesiologie sakramentstheologisch
angemessen zu begreifen. Ferner wäre zu fragen, ob
die Einzelsakramente systematisch tatsächlich dem Wirkungszusammenhang
und nicht primär dem Begründungszusammenhang der
Kirche zuzurechnen sind. Zu verhindern jedenfalls ist der sakra-
mentsthcologische Fall einer unmittelbaren Koinzidenz von Christologie
und Ekklesiologie. weil solcher Zusammenfall jede Möglichkeit konkreter
Unterscheidung gölllichen Zeichenhandelns in Jesus Christus
und kirchlicher Zeichenhandlungcn entzöge und nicht mehr deutlich
werden ließe, worauf es doch auf römisch-katholischer Sakramentenlehre
ankommt: daß nämlich die Kirche Spenderin der sakramentalen
Gabe, deren Inbegriff der Inkarnicrtc ist, nur deshalb und insofern ist
und sein kann, als sie zunächst und zuvörderst als die Empfangende und
aufdauerhaften Empfang Angewiesene in Betracht kommt.

Augsburg Gunther Wen/