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Ausgabe:

1989

Spalte:

731

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Loth, Heinz-Jürgen

Titel/Untertitel:

Judentum 1989

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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731

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 10

732

Loth, Heinz-Jürgen: Judentum. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
1988. 112 S. 8' = Religionen,4. Kart. DM 14.80.

Die von H.-J. Loth vorgelegte kurzgefaßte allgemeinverständliche
Darstellung der Grundlagen des jüdischen Glaubens und seiner Verwirklichung
in Leben und Gottesdienst zeichnet sich unter ähnlichen
Überblicken durch konzentrierte, klar formulierte und sorgfältig
kommentierte Informationen aus. Der Stoff ist gegliedert in die drei
Hauptabschnitte „Religiöse Lehren des Judentums", „Ethik des
Judentums" sowie „Jüdischer Ritus und Jüdische Symbole". Jedes
Unterthema dieser drei Kapitel wird eingeleitet durch einen aussagekräftigen
Originaltext, ausgewählt aus Zeugen des jüdischen Glaubens
von der Mischna bis zur Gegenwart. In die Kommentierung dieses
Textes ist die Behandlung des jeweiligen Unterthemas eingeschlossen.
Das Geschichtliche tritt dabei zurück, gemäß dem Anliegen des Vf., in
die jüdische Religion unserer Zeit und insbesondere in ihre konkreten
Äußerungen einzuführen. Von aktuellem Interesse ist ein viertes
Kapitel „Aspekte der Re-Sakralisierung in Israel". Ein weiterer ergänzender
fünfter Abschnitt „Die Chassidim" ist stärker glaubensgeschichtlich
orientiert.

K.-H.B.

Neues Testament

Derrett, J. Duncan M.: New Resolutions of Old Conundrums. A fresh
insight into Luke's Gospel. Shipston-on-Stour: Drinkwater 1986.
XVIII, 240 S.8£ 15.-.

Weder Kommentar noch Gesamtdarstellung, wie D. selbst betont,
sondern Studien zu Lukasstellen und Parallelen, in denen Rätsel
stecken (das sind conundrums laut Wörterbuch): The Debäcle at
Machaerus (Luke 3:19-20, 9:7-9 with Mark 6:14-19). Love and the
Doorkeeper (Luke 12:35-38 with Mark 13:34). The Thief in the
Night (Matthew 24:43-44/Luke 12:39-40). Losing Life and Saving
It: the Meaning and Authority of Luke 9:24-27. Differential Beatings
(Luke 12:47-48a). The Galileans and the Tower (Luke 13:l-5).The
'Nazarenes' in Luke (Luke 4:16-30). The Lord's Blessing on a Grate-
ful Sinner (Luke 7:36-50). Martha and Mary (Luke 10:38-41). Sun,
Rain and Benevolence (Matthew 5:45/Luke 6:35). Appendix I:
Luke's Stories. Appendix II: Luke's Pseudo-hellenism. Conclusion.
Stellen-, Sachen- und Verfasserregister.

Was die Studien zusammenhält, abgesehen von der Absicht, Lukas'
Motive und Interessen genauer zu erfassen (S. X), ist einerseits der
methodische Ansatz und andererseits das Jesusbild, zu dem sie führen
.

Der Ansatz besagt, daß man Lukasstellen und Parallelen erklären
muß aus den Ansichten des betreffenden Evangelisten, der nach Art
des Midrasch gelesenen jüdischen Bibel (vor allem dies) und der Allgemeinbildung
der Zeit (vgl. S. 19 zu Mk 13,34). Das muß man wohl
auch. D. tut es wie gewohnt gelehrt, scharfsinnig, geistreich und
manchmal unübersichtlich. Vieles scheint mir bedenkenswert. Die
Hinrichtung des Täufers in Machärus paßt wegen Lk 13,33 nicht gut
ins Dritte Evangelium (S. 12). Der wirklich rätselhafte Schluß der
Nazarethperikope Lk 4,28-30 könnte sehr wohl lukanisch sein und
das Ende Jesu auf der Schädelstätte vorbilden (S. 1190- Mk 6,21-29
liest sich plausibler, wenn es stimmt, daß sich Bankett und Hinrichtung
in der Antike nicht ausschlössen (S. 5). Anderes ist eher bedenklich
. Zu Mk 6: "It is a fact now as then that others' sufferings enhance
appetite; and the crudest exhibition of power and success mightily
promotes the eroticappeal of the male concerned to all females within
sight of the event. This particularly disgusting behaviour of suppo-
sedly educated people in that age can in part be explained by their
moral development (they seldom moved beyond the level of our ado-
lescents), but in greater part by this factor" (S. 40 - wirklich? Und
überhaupt sieht D. oft zu viele Helenas in einem einzigen Weibe, finde
ich. Zu Mt 24,43f: "Jesus' words are a midrash on Ezek. 8:7-12,

12:1-16 fortified by an haggadic midrash on a piece of Torah, itself
illuminated from Jeremiah and Obadiah" (S. 54). Ein belesener
Homilet macht aus dem Text einen solchen Midrasch, wie man sieht,
aber ist er einer?

Das Jesusbild (S. 1970: Nach eigenem Verständnis predigte Jesus
nicht das nahe Ende und Reich Gottes, er war es, und zwar zeitlos.
Also ist im Heil, wer ihm folgt, und in der Hölle, wer nicht, Juden und
Heiden ohne Unterschied. Das hat Tradition. C. H. Dodds platonisie-
rende Eschatologie ist wohl nicht fern, und auch E. Fuchs hätte
genickt, obwohl aus einer anderen philosophischen Ecke. Aber dann:
Jesus folgen bedeutet "saying farewell to biology (stopping, for
example, spreading one's genes around with every available female)".
"In my view Jesus turned his back on 'civilised' living, placing an ima-
ginary end (righteousness, holiness) before and above all means what-
soever, so that existence, survival itself was a mere secondary con-
sideration. To achieve this one must reach right back behind biology,
since our grasping, hoarding, status-conscious characteristics, our
competitiveness and unconcern for other creatures are certainly of
biological, genetic origin. To adopt this frame of mind, a negation of
traditional child-training, education, and 'prudence' is called for, of
all that an honest and normal parent naturally wants for his off-
spring." Dafür versprach Jesus doppelten Lohn. "In this life all like-
minded human beings, with their goods (needless to say), would be at
the devotee's disposal (he would gain more than he lost); and in a next
life, in an endless existence after death, the Creator and the created
would beapparently One" (S. 198).

D. weiß, daß ihm hier auch ohne die herberen Töne nicht viele
folgen werden. Er ist schon lange mit der exegetischen Zunft über
Kreuz. Sie ist unaufrichtig und beschäftigt sich mit der Modernisierung
Jesu ("The church needs... to be told that Christ believed in
overseas aid, in free love, abortion, nuclear disarmament, women
priests and married priests, and so forth", S. IX) statt mit den Texten
und D.s Büchern. Dieses, hübsch altmodisch gedruckt und geheftet,
schließt mit einem Traumdialog, in dem ein überzeugter Leser D. im
Faculty Club gegen die christlichen Exegeten Tom und Dick und den
jüdischen Harry verteidigt. Er unterliegt, aber vor der Tür erscheint
ihm der Verfasser selbst und tröstet ihn mit Joh 6,63. Wenn das so ist,
dann muß ich wohl zusammen mit Tom, Dick und Harry, das ist verdolmetscht
Hinz und Kunz, im Club bleiben. Da stehen im übrigen
D.s Werke im Regal.

Heidelberg Christoph Burchard

Usami, Köshi, S. J.: Somatic Comprehension of Unity: The Church of
Ephesus. Rom: Biblical Institute 1983. XI, 219 S. gr. 8' = Analecta
Biblica, 101. Kart. Lire 18.000.

U. untersucht die Ekklesiologie des Epheserbriefes, besonders den
Sorna-Begriff, dem er mit Recht die Schlüsselstellung in der Theologie
dieser Epistel zuschreibt. Im einleitenden Kapitel referiert er die
bedeutendsten neueren Tendenzen in der Epheserbrief-Deutung, wobei
er selbst den Epheserbrief für eine Epistel hält, die zwar nicht von
Paulus stammt, aber zeitlich von ihm nicht weit entfernt ist und von
seinem direkten Mitarbeiter geschrieben wurde. In diesem Punkt
kann er an die Monographie von A. W. Ollrog (Paulus und seine Mitarbeiter
, 1979) anknüpfen. Skeptisch betrachtet er die Versuche, im
Epheserbrief ältere Hymnen oder liturgische Stoffe zu rekonstruieren;
für die wahrscheinlichsten Adressaten des Epheserbriefes hält er, trotz
des ältesten Textes von Eph 1,1, die Christen in Ephesus. U. will nicht
eine religionsgeschichtliche Deutung bieten, aber er setzt voraus, daß
die Adressaten durch eine christlich gnostische Strömung beeinflußt
waren. Er argumentiert dabei vor allem phänomenologisch und interpretiert
die Theologie des Epheserbriefes als eine durchdachte Abwehr
der Stimmungen, die ihre Analogie in den immer wiederkehrenden
aufklärerischen und rationalistischen Tendenzen und Gruppierungen
haben. Er empfindet, daß sie auch in seiner Heimat (Japan)