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Ausgabe:

1989

Spalte:

691-692

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Scripture and truth 1989

Rezensent:

M., R.

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691 Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 9 692

diese Vorlesungen gehalten wurden (Lefebvre!), beweisen, daß diese
Versuchung nicht.geringer wird, sondern im Gegenteil sich offensichtlich
ausbreitet. Als Kehrseite der modernen Bewegungen in Religion,
Geistesgeschichte, allgemein in der Gesellschaft und nicht zuletzt
auch in der PolitiR verweist sie auf Schwachstellen der Entwicklung
und kann, als Protestreaktion verstanden und angenommen, durchaus
einen Beitrag leisten. Wird sie erkannt als das, was sie ist - Versuchung
-, wird sie auch aufs Ganze gesehen kaum schaden können.
Daß solches Erkennen möglich ist, dazu hilft dieses Buch vortrefflich
.

Schöneiche (bei Berlin) Hubert Kirchner

Volf, Miroslav. Zukunft der Arbeit - Arbeit der Zukunft. Der Arbeits-
begriff bei Karl Marx und seine theologische Wertung. München:
Kaiser; Mainz: Grünewald 1988. 207 S. 8" = Fundamentaltheologische
Studien, 14. Kart. DM 49,-.

Der Darstellung des Marxschen Konzeptes und der Auseinandersetzung
damit sind mittlerweile viele, auch theologische Monographien
gewidmet. Für das spezielle Thema des Autors in seiner theologischen
Ausweitung trifft das weniger zu. Dabei wird aber zunehmend
die bedeutende Rolle, die die Arbeit im Leben des Menschen spielt,
auch im Raum der Kirche und des von ihr geprägten Denkens
erkannt. So nimmt es nicht wunder, daß Volfs Tübinger Dissertation
aus dem Jahre 1986 auf berechtigtes Interesse gestoßen ist.

Die ersten beiden Kapitel, die zugleich den Teil I der Untersuchung
ausmachen, behandeln anhand der Pariser Manuskripte bzw. der
„Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie" das Marxsche
Verständnis von Arbeit. Überwindung der Entfremdung der Arbeit
bedeute auch Freiheit von der Religion. Nicht als ob diese das Hauptanliegen
wäre, wohl aber derart, daß Religion eben Entfremdung indiziert
: „Die Freiheit von Gott hängt entscheidend von der Freiheit im
materiellen Lebenserzeugungsprozeß ab, die die gesellschaftliche
Organisation der Produktion und die wissenschaftlich-technologische
Beherrschung der Natur gewährleisten. Denn die Religion ist nur ein
.Widerschein' der befangenen Verhältnisse der Menschen zueinander
und zur Natur (...)." (95)

Der zweite Teil der Untersuchung erstrebt eine theologische Wertung
, aber nicht als Selbstzweck, sondern im Interesse eines angemessenen
Verständnisses von Arbeit, das auch den unübersehbaren Entwicklungen
Rechnung trägt. Dabei wird Volfs Definition, die über den
eigentlichen Produktionsbereich hinaus „aufrichtige, zweckbestimmte
und methodisch bestimmte gesellschaftliche Tätigkeit"
(102) einbezieht, weiter diskutiert werden müssen. Im übrigen hat die
Debatte von der Sache her längst begonnen.

Daß zwischen Gott und Abgott zu unterscheiden sei, daß Glaube
nach Weltveränderung strebe und der Mensch nur cooperator Dei
sein könne, wenn er cooperator naturae wird, mag für Marxisten
gewiß keine „Widerlegung" sein, die Rez. auch nie herausgehört hat.
Volfs Hinweise, von denen hier nur einige wenige angedeutet wurden,
können aber als Angebote für Lösungen in einem Bereich angesehen
werden, der international ständig komplizierter wird und dessen
dehumanisierendes Potential sich nicht weiter entfalten darf. Volf
erinnert auf seine Weise daran, daß ein Monolog keine Lösung bringt,
sondern daß es einer entschlossenen und freundlichen Kooperation
aller für Menschlichkeit engagierten Potentiale bedarf.

Rostock Jens Langer

Carson, D. A., and John D. Woodbridge [Ed.]: Scripture and Truth.

Leicester: Inter-Varsity Press 1983'. 446 S. 8°.

- [Ed.]: Hermeneutics, Authority and Canon. Leicester: Inter-Varsity
Press 1986. XII, 468 S. 8°. Kart. £ 9.95.

Die Lehre von der Schrift ist im protestantischen Raum geprägt
durch die Auseinandersetzung um die Frage der Inspiration. Daß es

auf der Seite evangelikaler Forscher nicht nur unkritisches Postulieren

der Verbalinspiration gibt, dafür sind die beiden Bände, die der Neu-
testamentler Carson und der Kirchenhistoriker Woodbridge herausgegeben
haben, ein erfreuliches Beispiel. Die Fülle der mit der Lehre
von der Schrift anzusprechenden Probleme, wie Einheitlichkeit und
Verschiedenheit im NT (Carson), kirchengeschichtliche Bezüge (Bro-
miley, Godfrey), die Wahrheitsfrage (Nicole), die hermeneutische
Bedeutung (Packer), die Kanonsfrage (Dunbar) und vor allem auch
die pneumatologische Relevanz (Frame), wird erneut verdeutlicht.
Vff. stehen dabei auf der Position "that the Bible is the Word of God
written" (Scripture, 9).

Scripture and Truth: W. A. Grudem : Scripture's Self-Attestation and the
Problem of Formulatinga Doctrineof Scripture, 19-59;D. A.Carson: Unity
and Diversity in the New Testament: The Possibility of Systematic Theology.
65-95; R. N. Longenecker: On Form, Function, and Authority of the New
Testament Letters, 101-114; D. A. Carson: Redaction Criticism: On the
Legitimacy and Illegitimacy ofa Literary Tool, 119-142; M. Silva: The New
Testament Use of the Old Testament: Text Form and Authority, 147-165;
P. E. Hughes: The Truth of Scripture and the Problem of Historical Relati-
vity, 173-194; G. W. Bromiley: The Church Fathers and Holy Scripture.
199-220; W. R. Godfrey: Biblical Authority in the Sixteenth and Seven-
teenth Centuries: A Question of Transition, 225-243: J. D. Woodbridge a.
R. H. Balmer: The Princetonians and Biblical Authority: An Assessment of
the Ernest Sandeen Proposal, 251-279; R. Nicole: The Biblical Concept of
Truth, 287-298; P.Helm: Faith, Evidence and the Scriptures, 303-320;
J. I. Packer: Infallible Scripture and the Rolc of Hermeneutics, 325-356.

Hermeneutics, Authority and Canon: D A. Carson: Recent Develope-
ments in the Doctrine of Scripture, 1 -48 ;K.J.Vanhoozer: The Semantics
of Biblical Literature: Truth and Scripture's Diverse Literary Forms. 49-104;
M.Silva: The Place of Historical Reconstruction in New Testament Criticism
, 105-133; C. L. Blomberg: The Legitimacy and Limits of Harmoniza-
tion, 135-174; D. J. Moo: The Problem of Sensus Plenior, 175-211:
J. M. Frame: The Spirit and the Scriptures, 213-235; J. D. Woodbridge:
Some Misconceptionsofthe Impact ofthe "Enlightenment" on the Doctrineof
Scripture, 237-270; G. W. Bromiley: The Authority of Scripture in Karl
Barth, 271-294; D. G. Du nbar: The Biblical Canon, 295-360.

R.M.

Systematische Theologie: Dogmatik

Coakley, Sarah. Christ Without Absolutes. A Study of the Christology
of Ernst Troeltsch. Oxford: Clarendon Press 1988. IX, 214 S. 8'.
Lw.£25.-.

E. Troeltsch (= T.) hat 1913 erklärt, seine theologische Arbeit richte
sich auf „ein relativ konservatives System der Erhaltung und Sammlung
unserer religiösen Kräfte auf dem Boden eines kritischen Transzendentalismus
, der dem Spezifisch-Religiösen die Eingliederung i"
das wissenschaftliche Denken und doch die Freiheit der selbständige11
Bewegung gewährt". Viele Gegner wie Schüler T.s haben dieses
Bekenntnis zu einem reflektierten theologischen Konservatismus
überlesen und damit der heute dominierenden Sicht seines fragmentarischen
Lebenswerks den Weg bereitet: Man zollt dem Kritiker T.»
dem Historiker des Neuprotestantismus, Diagnostiker der Moderne
und Analytiker des vom Historismus auf die Theologie ausgehenden
Problemdrucks hohen Respekt. Dem Dogmatiker spricht man konstruktive
Leistungskraft jedoch ab. Der Geschichtsphilosoph habe
seine Intention, Normativität aus Geschichte zu gewinnen, nicht
überzeugend realisieren können. So habe der Dogmatiker die überkommenen
dogmatischen Vorstellungen einem historistischen Relativismus
preisgegeben, aus dem er sich nur durch eine Art frommen
Dezisionismus noch habe retten können. Daß T. teils die Geltungsallgemeinheit
des Glaubens zugunsten des Wissens um die historische
Partikularität des Christentums preisgegeben, teils der Geschichte
dezisionistisch erschlichene Normativität abstrakt vorgeordnet habe,
haben Zeitgenossen T.s aus allen (auch aus liberalen) theologischen
Lagern wie theologische Antihistoristen nach 1918/19 primär mf
Blick auf seine Christologie begründet: Durch seine „sozialpsycholo-