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Ausgabe:

1989

Spalte:

672-674

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Kjärgaard, Mogens S.

Titel/Untertitel:

Metaphor and parable 1989

Rezensent:

Flach, Wilfried

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 9

672

, Weheruf, ,Mahnwort'. Die daraufkommende Spalte , Botenformel/
keyw vßiv-FormeV schlägt die Brücke zur zweiten Hälfte, in der wir
umgekehrt die Mikrogattungen beobachten werden, die in der neu-
testamentlichen Wissenschaft oft als ,prophetisch' bezeichnet
werden" (116), nämlich den „Makarismus", die „Sätze heiligen
Rechts", das sog. "eschatological Correlative" und die tyWov-Worte.
Während Vf. für die genuin alttestamentlichen Mikrogattungen des
Prophetenbuches viele Belege auch in Q findet, kommt er bei den von
Neutestamentlern erfundenen Gattungen zu einem etwas herben
Urteil: „Die oft in der neutestamentlichen Wissenschaft unbekümmert
prophetisch' genannten Gattungen [haben sich] als fragwürdig
erwiesen: Der ,Satz heiligen Rechts' existiert als gattungsgeschichtliche
Größe nicht; die ,eschatolgical correlative' ist gattungsmäßig
anders zu bestimmen (.Vergleich'). Der ,Makarismus' ist eine
ursprünglich weisheitliche Gattung, die erst durch Jesus deutlich
prophetisch verwendet worden ist. Auch die r/At)ov-Wendung, die oft
im Zusammenhang mit der Botenrede auftaucht, ist erst von Jesus auf
die gesamte prophetische Tätigkeit angewendet worden. Deshalb gibt
es keine einzige Mikrogattung, die ausschließlich der nachösterlich-
urchristlichen Prophetie zugeschrieben werden kann" (2980- - Die
Aussendungsrede in Q wird in einem Exkurs zu Recht mit der prophetischen
Symbolhandlung in Verbindung gebracht (302-313).

Kap. 5 „Die Frage nach der geschichtlichen Kontinuität der Prophetie
seit dem Alten Testament und die Träger der Q-Quelle"
(314-411) untersucht sehr kenntnisreich und übersichtlich (A) „die
prophetische Tradition und ihre Träger seit dem Alten Testament",
wobei sehr eindrücklich „die charismatischen Gruppenbildungen von
Anhängern bzw. Jüngern bei den alttestamentlichen Propheten"
(314-336) von der Situation nach dem Exil unterschieden werden
(336-371). Exkurs 10 „Bemerkungen zu den Thesen von O. Plöger
und O. H. Steck" (342-344) bietet in vorbildlicher Knappheit ein
hilfreiches Korrektiv gegen herrschende Auffassungen. Eine eindringliche
Charakterisierung der Apokalyptik als neuer Geistesbewegung
(344-348) bildet den Hintergrund, um hinter den Mahnreden äthHen
94-104 noch einen letzten (unbekannten) Propheten am Anfang des
2. Jh. v. Chr. kurz vor dem Anbruch der Apokalyplik zu entdecken
(348-364). Hieran schließt sich ein auf Vollständigkeit bedachter
Uberblick über „Übrige charismatische Gruppenbildungen in
zwischentestamentlicher Zeit" an (364-367) sowie eine Skizze über
„Das jüdische Bild vom Verhältnis ,Meisterprophet - Jünger'"
(369-371), um auf diesem Hintergrund (B) ein sehr detailliertes Bild
von den Trägern der Q-Quelle zu entwerfen (371-406), während (C)
„Fazit" das Ergebnis noch einmal übersichtlich zusammenfaßt. Es
gelingt Sato dabei der überzeugende Nachweis, daß die Q-Gruppc
wirklich als prophetische Bewegung verstanden werden muß, die sich
van anderen Gruppen im Urchristentum deutlich unterschied. Der
Grund dafür ist freilich nicht das Fehlen der Passionsgeschichte in Q,
das sich vielmehr daraus erklärt, daß die Gattung „Prophetenbuch"
keine Todesgeschichte des Propheten enthält (so daß also nicht
einmal auf Unkenntnis der Passionsgeschichte bei den Q-Anhängern
gefolgert werden darf); die Sonderstellung von Q im Rahmen des
Urchristentums wird vielmehr aus sehr pointiert herausgestellten
inhaltlichen Unterschieden zu den anderen (bekannten) Gruppierungen
gefolgert. Darüber hinaus gibt Vf. mit seinen alttestamentlichen
Studien eine befriedigende Erklärung für das Phänomen der „Jünger-
prophetie" in Q, „wobei genauso wie im Alten Testament die
.Meistersprache' eine entscheidende Rolle spielte" (408).

Das Buch zeugt von einer profunden Kenntnis der alttestamentlichen
Pröphetenbücher und ihrer Geschichte sowie der zwischen-
testamentlichen Literatur. Fast möchte man die Formulierung des
Titels umdrehen und das Buch lieber „Prophetie und Q" nennen.
Vielleicht hängt es mit diesem eindeutigen Interessenschwerpunkt bei
der Prophetie zusammen, daß Vf. sich bei der Rekonstruktion des
Wortlauts der von ihm analysierten Q-Sprüche leider merkwürdig
salopp zeigt. Gerade diesem Autor hätte es aber doch ein leichtes sein
müssen, mit nur einem vergleichsweise geringfügigen Mehraufwand

an Arbeit die überzeugenden Vorschläge aus der neueren Diskussion
aufzugreifen!

Zwar dankt der japanische Vf. im Vorwort seinen Helfern, die sein
Deutsch ins Deutsche übersetzt haben. Die Gedankenführung des
Buchet läßt aber auf jeder Seite erkennen, daß es etwas zu übersetzen
gab! Um so mehr ist es zu bedauern, daß der Verlag ein inhaltlich so
wertvolles Buch als sehr unübersichtlich gestaltetes Typoskript (mit
Flattersatz!) herausgebracht hat. Im Zeitalter des Computers mit
seinen Möglichkeiten zur graphischen Gestaltung sollte es wirklich
nicht mehr nötig sein, den vielen Lesern, die man diesem Buch
wünscht, unnötige Schwierigkeiten beim Rezipieren zu machen!

Münster Alfred Suhl

Kjärgaard, Mogeris Stiller: Metaphor and Parable. A Systematic
Analysis of the Specific Structure and Cognitive Function of the
Synoptic Similes and Parables qua Metaphors. Leiden: Brill 1986.
264 S. 4' = Acta Theologica Danica, 19.

Die moderne Gleichnisforschung, die sich weitgehend an den
grundlegenden Einsichten von A. Jülicher orientierte, ist heutzutage
zu bemerkenswerten Neuansätzen gelangt. Auf der einen Seite
bemüht sie sich vor allem, von einer hermeneutischen Position her die
Gleichnisse neu zu verstehen (z. B. Fuchs, Jüngcl), auf der anderen
Seite nimmt sie Verfahren der modernen Literaturwissenschaft und
Sprachphilosophie in ihre Arbeitsweise auf. Letzterer Position ist das
zu besprechende Buch, eine Dissertation, die 1986 vor der Theologischen
Fakultät der Aarhus Universität verteidigt und in den Acta
Theologica Danica veröffentlicht worden ist, verpflichtet. Vor allem
gelangt sie in der Auseinandersetzung mit der analytischen Philosophie
(z. B. mit Frege, Wittgenstein, M. Black) zu recht beachtlichen
eigenständigen Ergebnissen.

Der Vf. versucht in seinem Buch folgende Frage zu beantworten:
Haben die synoptischen Gleichnisse und Parabeln, als Metaphern
verstanden, eine spezifische funktionale Struktur und eine spezifische
kognitive Funktion?

Um diese Frage einer Lösung zuzuführen, muß der Vf. erst einmal
definieren, was eine Metapher ist. Klar scheint zu sein, daß jede
Metapher einen Ausdruck darstellt, der von den Regeln des normalen
Sprachgebrauchs abweicht. Doch kann man diesen Umstand definito-
risch nicht nutzen, da es keine Regeln für das Abweichen von diesen
Regeln gibt, Regeln, die klären, warum die eint Abweichung vom normalen
Sprachgebrauch zu einer Metapher, die andere aber zum
Unsinn führt. Aus diesen u. a. Gründen wird deutlich, daß letzt-
endlich der Kontext über das Vorliege^ einer Metapher entscheidet.

In einem zweiten Schritt geht der Vf. der Frage der funktionalen
Struktur der Metaphern und ihrer Reduzierbarkeit auf im buchstäblichen
Sinne zu verstehende Ausdrücke nach. Vier Theorien werden
vorgestellt: die Substitutionstheorie und die Komparationstheorie,
die seit der griechischen Sophistik bis in die Neuzeit vertreten wurden.
Sie behaupten die Reduzierbarkeit der Metaphern. Dagegen weisen
die erst in unserem Jh. entwickelte Prädikationstheorie (P. Ricceur)
und Interaktionstheorie (I. A. Richards, M. Black) die Nichtreduzier-
barkeit der Metaphern nach. Nach Einführung der Begriffe einer diachronischen
Entwicklung jeder Metapher von der innovativen über
die unvollendete bis zur vollendeten (zum Klischee) entscheidet sich
der Vf. mit zahlreichen Argumenten für die Interaktionstheorie, die er
selbständig weiterentwickelt. Diese Theorie geht davon aus, daß jede
metaphorische Aussage wie „Achilles ist ein Löwe" logisch-grammatisch
aus einem primären Subjekt Sl („Achilles") und einem
sekundären Subjekt S2 („Löwe") besteht. S2 hat oflein paar explizite,
aber stets theoretisch unendlich viele implizite Prädikate aufzuweiten
. Es ist ein explizit-implikativer Komplex, der ein System von
Eigenschaften und Relationen darstellt. Dieser Komplex wird nun in
der metaphorischen Zusammenstellung auf Sl projiziert. Er organisiert
und selektiert, betont und unterdrückt jetzt die wesentlichen
Merkmale von Sl nach seinem Muster. Sl wirkt aber im gleichen