Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1989

Spalte:

632-634

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Garijo-Guembe, Miguel M.

Titel/Untertitel:

Gemeinschaft der Heiligen 1989

Rezensent:

Huber, Wolfgang

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

631

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 8

632

sehen Autoren, in ihren geschichtlichen Situationen gesehen, in ihrer
Verschiedenheit und Einheit uns Partner in unserem ökumenischen
Gespräch sein (VI, 77. 80!).

Es gibt Grundsatzkritik an BEM, die mehr am Rand steht. Der
All-Unionsrat der Evangeliumschrisien-Baptisten (III, 227-229) hält
die Schaffung (creation) der sichtbaren Einheit der Kirche für nicht
möglich und nicht nötig (III, 228), vielleicht aus der Anfechtungserfahrung
zu verstehen. Die Salvation Army (IV, 230-257), stark in
Zeugnis und Liebesdienst an Elendsorten der Erde, 1981 aus dem
WCC ausgeschieden, bezeugt als nichtsakramentale Gemeinschaft
von Christen, die Geist Wirkungen auch ohne den Ritus zu kennen, die
Lima B 1-10 der Taufe zuschreibt (IV, 236) und möchte - bei aller
Achtung gegenüber dem Leben der Christen aus den Sakramenten -
auf unbewußte Exklusivität in den BEM-Texten aufmerksam machen
(IV243).

Noch nachdenklicher muß das Votum des Nationalrats der Kirchen
von Korea machen (VI, 134-141). Es wirft den Limatexten insgesamt
vor, daß sie die verzweifelte Wirklichkeit der Dritten Welt nicht im
Blick haben (VI, 135). Abwandlungen dieses Vorwurfes durchziehen
den ganzen Text (136.138-140). Manche Christen und Kirchen der
Dritten Welt mögen ihm zustimmen. Aber andere Stimmen in den
responses erwähnen die Dritte Welt als Mahnung am Rande, nicht als
Grundsatzkritik (Kyodan, Japan II, 288; Kirche von Süd-Indien II,
75; Syr. Mar. Thomakirche, Malabar IV, 13; Waldenserkirehe
Uruguay IV, 127). Andere nennen sie als Aufgabe zu eigener Kirchengestaltung
oder schweigen völlig vom eigenen Dritte-Welt-Kontext.
Das löst auch wieder Fragen aus, wie das Schweigen der südafrikanischen
responses über den Apartheidskontext (Anglikaner III, 100ff;
Methodisten II, 236ff).

Der Text der Römisch-Katholischen Kirche, Stellungnahme des
Sekretariats zur Förderung der christlichen Einheit (VI, 1-40), hat
naturgemäß unter allen responses eine Sonderstellung. Der Entstehungsprozeß
, Voten der Bischofskonferenzen und katholischen
Fakultäten, Erarbeitung im Einheitssekretariat in Verbindung mit der
Glaubenskongregation (VI, 1), legt nahe, daß auch Nuancen der Formulierung
wichtig sind, theologisch, ökumenisch und kirchenpolitisch
. Der Hauptteil des Textes ist Kommentar zu BEM aus der Sicht
römisch-katholischer Theologie. Zugleich gibt er aber auch Auskunft
über die Stellung der Römisch-Katholischen Kirche zur ökumenischen
Bewegung.

Das erweckt die Frage, bleibt er in den Bahnen des Okumenismus-
dekrets des II. Vaticanums, Unitatis Redintegratio? Geht er zurück,
oder blickt er 1987 darüber hinaus? Von zwei Anliegen, die beide auf
Unitatis Redintegratio zurückgehen, sind die Kommentare zu BEM
eingefaßt und durchzogen. Einmal ist das die Würdigung der ökumenischen
Bewegung, besonders der "Faith and Order movement" (VI,
1.2), deren wichtigster Ertrag BEM ist (ebd.). Alle kritischen Anmerkungen
wünschen die weitergehende Arbeit. "We wish to affirm the
proecss and to see it continue to flourish" (VI 4). "With this response
the Catholic Church wants to encourage Faith and Order to continue
its valuable work for seeking unity in faith as the basis for visiblc
unity" (VI, 40). - Daneben steht das Verständnis von Einheit: "unity
of the one and only Church which Christ bestowed on his Church
from the beginning . . . subsists in the Catholic Church as something
she can never lose ..," (VI, 5). Analoges gilt zur Eucharistie (VI, 23)
und auch zur Funktion des Bischofsamtes (VI, 33). Beim Abwägen der
Konsequenzen heißt es: BEM ist eine Mahnung an uns, daß die ökumenische
Bewegung auch auf Überprüfung der Beziehungen zwischen
getrennten christlichen Gemeinschaften abzielt (VI, 37). Was bedeutet
hier Mahnung (reminder to us)? Hat die Römisch-Katholische
Kirche an der ökumenischen Bewegung teil, damit auch an der
Erneuerung der Beziehung zwischen den christlichen Kirchen, oder
fördert sie die ökumenische Bewegung nur, sieht sich selber aber in der
„Einheit der Katholischen Kirche" als deren Ziel an? Kann diese
Frage offen bleiben?

Die Veröffentlichung der responses ist mehr geworden als eine

Sammlung von Antworten auf BEM. Die Standing Commission
spricht von der repräsentativsten Dokumentation der ökumenischen
Haltung der Kirchen, ihrem Denken und ihrer Praxis (VI. XI).

Der Bericht an die Kirchen, früher Arbeitstitel response to the
responses, wird nach dem Brief der Standing Commission August
1987 ein Bericht über den gesamten BEM-Prozeß, den FAO der Vollversammlung
1991 vorlegen wird. In ihm soll ein Bericht über die
responses aufgenommen werden, auch die Auskunft über den Grad
der Übereinstimmungen, die wichtigen kritischen Kommentare und
weitergehenden Überlegungen. Die Plenarsitzung der FAO-Kommis-
sion wird ihn 1989 diskutieren (VI, XI). Im August 1987 werden 160
responses genannt (VI, IX), Vol. I-VI haben 127 veröffentlicht. Die
noch ausstehenden darf man im Abschlußband VII erwarten, hoffentlich
auch das Gesamtverzeichnis für alle Bände, wenn möglich a) nach
Denominationen, b) nach Ländern/Religionen geordnet. Die Pressenachricht
, daß Max Thurian Anläng 1988 zur Römisch-Katholischen
Kirche konvertiert ist, macht ein Wort der Standing Commission zu
diesem Weg des Herausgebers von Vol. I-VI im Abschlußband sehr
wünschenswert.

Die responses bedeuten neue Arbeitsaufgaben für F"AO. Das Ekkle-
siologiethema ist aufgerufen, nicht nur durch die Orthodoxie und
Römisch-Katholische Kirche.

Wi rd es einen Deuter der ökumenischen Zeichen der Zeit geben, der
die Splitter aus den responses der anglikanischen, reformatorischen
und verwandten Kirchen zu einer Sicht ökumenischer Ekklesiologie
heute zusammenfügt? Könnten sich zu dieser gemeinsamen Sicht
nicht die Kirchen verbinden, welche einen Schritt über Toronto
(1950) hinausgehen und ihre Unterschiede und Lehranfragen aneinander
nicht als kirchentrennend ansehen, und die mit ihrer Sicht ökumenischer
Ekklesiologie der Orthodoxen und der Römisch-Katholischen
Lehre von der Kirche begegnen möchten? Fragen der Hoffnung
des Rezensenten!

Magdeburg Christoph Hin/

Ökumenik: Catholica

Garijo-Guembe, Miguel Maria: Gemeinschaft der Heiligen. Grund.
Wesen und Struktur der Kirche. Düsseldorf: Patmos 1988. 309 S. 8"
Lw. DM 39,80.

In einer Zeit, in der im Katholizismus darum gerungen wird, ob die
römisch-katholische Kirche hinter das aggiornamento des Zweiten
Vatikanischen Konzils zurückgeht oder ob dessen Ansätze festgehalten
, ja vielleicht sogar weiterentwickelt werden können, bildet dieses
Buch eine wichtige Orientierungshilfe. Der katholische Professor für
Ökumenische Theologie in Münster Garijo-Guembe legt mit ihm
eine Ekklesiologie vor, die sich konsequent an der Konstitution
„Lumen gentium" des II. Vaticanum orientiert. Er versucht zugleich,
die Grundfragen römisch-katholischer Ekklesiologie im Gespräch mit
den Anfragen und Perspektiven evangelischen (de facto vor allem
konservativ-lutherischen) und orthodoxen (sowohl russisch- wie griechisch
-orthodoxen) Denkens zu klären. Dabei handelt es sich nicht
um ein kontroverstheologisches Buch im alten Sinn, das die eigene
konfessionelle Position apologetisch gegenüber den Anfragen anderer
Konfessionen verteidigt; Garijo-Guembes Arbeit nimmt die Anfragen
und Positionen der nicht-katholischen Theologien vielmehr ernst.
Gewünscht hätte man vielleicht eine deutlichere Öffnung über den
europäischen Horizont hinaus. Und bedauern muß man zugleich, daß
in dieser Ekklesiologie jede intensivere Reflexion über das Verhältnis
der christlichen Kirche zum jüdischen Gottesvolk fehlt. Doch sieht
man von diesen offenkundigen Defiziten ab, verbindet diese Arbeit in
angenehmer Weise solide Information mit einer eigenständigen
Perspektive.

Sie beginnt mit einem deutlichen Vorbehalt gegenüber den Einseitigkeiten
der traditionellen katholischen Ekklesiologie: Die Veranke-