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Ausgabe:

1989

Spalte:

600-601

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Zur neutestamentlichen Überlieferung von der Auferstehung Jesu 1989

Rezensent:

Marschner, Ralf

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599

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 8

600

Gegenüber dem amerikanischen Original bringt die deutsche Übersetzung
ein ergänztes Literaturverzeichnis, einen Anhang mit Rezensionen
des Originals, die dem Autor wichtig erschienen, und vor allem
ein eigenes Vorwort, in dem er auf kritische Einwände in diesen
Rezensionen eingeht.

Dem, was in diesem Vorwort steht, möchte ich weitesthin zustimmen
. Aus ihm seien einige Sätze kommentarlos zur Information
zitiert (S. 20: „Als eine der Hauptfragen im Blick auf die literarische
Einordnung des Galaterbriefes hat sich die nach der literarischen
Briefgattung erwiesen. Handelt es sich um einen .apologetischen' oder
um einen .beratenden' Brief? ... Im Blick auf den Galaterbrief sei
wenigstens so viel gesagt, daß das Genre des apologetischen Briefes
Elemente beratender Funktion keineswegs ausschließt. Es ist ein Mißverständnis
zu meinen, man müsse sich ganz für das eine oder für das
andere entscheiden. Die Frage kann daher nur sein, welche Kategorie
auf den Galaterbrief in erster Linie zutrifft." „Meine Bemerkung . . .,
daß in den rhetorischen Handbüchern von Paränese kaum die Rede
ist, wurde teilweise so mißverstanden, als sei damit die ganze Analyse
hinfällig geworden. Mein Hinweis sollte auf ein wissenschaftliches
Problem aufmerksam machen und nicht etwa einen Selbstwiderspruch
eingestehen. Das Problem besteht ja nicht nur im Blick auf den
Galaterbrief. Vielmehr ist der Ursprung der ethischen Paränese sowie
auch seine Beziehungen zur Rhetorik immer noch ungeklärt. Es
fehlen klärende Vorarbeiten von Seiten der Philosophiegeschichte . . .
Trotz der hier noch zu leistenden Arbeit kann jedoch schon jetzt gesagt
werden, daß die Paränese des Galaterbriefes nicht im grundsätzlichen
Widerspruch zur apologetischen Rhetorik steht." Betz macht
in diesem Vorwort auch auf das Thema einer Entwicklung des pauli-
nischen Denkens aufmerksam. In seinem Kommentar wird immer
wieder deutlich, daß er sensibel für diese Frage ist.

Es ist nun zu hoffen, daß dieser hervorragende Kommentar aufgrund
seiner deutschen Übersetzung im deutschsprachigen Gebiet
von vielen gelesen wird - trotz seines horrenden Preises!

Göttingen Hans Hübner

Beasley-Murray, G. R.: Jesus and the Kingdom of God. Grand
Rapids, MI: Eerdmans; Exeter: Paternoster Press 1986. X, 446 S.
gr. 8°. Kart. £ 12.95.

Die breit angelegte Darstellung behandelt nicht nur die Reich-
Gottes-Botschaft Jesu, sondern ebenso die gesamte synoptische
Menschensohnthematik. Ja, Vorwort und Schluß zeigen, daß das den
Vf. eigentlich leitende Interesse ein christologisches ist: das namentlich
durch Bultmanns Arbeit historisch wie theologisch kritisch
demontierte Menschensohnbewußtsein Jesu soll durch betonte Integration
in die nicht strittige Reich-Gottes-Botschaft Jesu als plausibel
und für christliche Parusieerwartung fundamental dargetan werden.

Der Aufbau der Arbeit ist einfach und klar. Auf zwei einleitende
Teile über das Kommen Gottes im Alten Testament (3-35) und in
den Schriften des Frühjudentums (39-68) folgt der Hauptteil über das
Kommen Gottes in der Lehre Jesu (71-344; 345-446 bringen Anmerkungen
, Bibliographie und Indices). Ein erstes Kapitel analysiert
und exegesiert Worte Jesu über das Kommen des Reiches Gottes in
der Gegenwart, ein zweites Kapitel Jesu Gleichnisse zum gleichen
Thema. Weitere zwei Kapitel wenden sich dem Kommen des Reiches
Gottes in der Zukunft zu, wieder zuerst in den Worten, dann in den
Gleichnissen Jesu. Das umfänglichste Kapitel (219-312) behandelt
Jesusworte über den Menschensohn und das Reich Gottes, ein
Schlußkapitel die Parusiereden in Q (Lk 17,22-37) und Mk 13. Wie
weit dabei der Vf. den Bogen spannt, zeigt sich daran, daß er sachlich
auch solche Texte aufgreift, die weder vom Reich Gottes noch vom
Menschensohn unmittelbar reden. Unter den Reich-Gottes-Texten
erscheinen auch Lk4,16-30; Mk3,27; Lk 15,4-32; Mk2,18-22;
Lk 16,1-8; 18,1-8; Mt24,43f, unter den Menschensohn-Texten
Lk 12,49f;Mk 14,22-25parr; Mt 23,37-39.

Die Anlage der Untersuchung bringt es mit sich, daß der Leser mit
einer Fülle von Einzelexegesen konfrontiert wird. Auf Details daraus
näheY einzugehen ist hier unmöglich. Doch sei betont, daß sich der
Vf. in der exegetischen Literatur zu den behandelten Texten und
Themen gründlich umgesehen hat und auch von ihm abgelehnte Positionen
ausdrücklich zu Worte kommen läßt. Die jeweils der Exegese
vorangestellte überlieferungsgeschichtliche Analyse der Texte zielt
durchweg auf den Nachweis der Authentizität der synoptischen
Jesus-Überlieferung. Gilt gelegentlich, wie etwa bei den Abendmahlstexten
, der Wortlaut als unsicher, so doch nicht der Aussagegehalt der
Texte. Zwei Exkurse sind christologischen Problemen gewidmet.
Exkurs 1 fragt nach der Entstehungszeit der Bilderreden des Henoch-
buches und gelangt zu dem Ergebnis, daß sie erst um die Mitte des
1. Jh. n. Chr. anzusetzen ist. Der Menschensohn des Henochbuches
und der Menschensohn der Jesustradition repräsentieren zwei voneinander
unabhängige Gedankenbewegungen, die beide von Dan 7
herkommen (68). Gerade Dan 7 aber sind nach Auffassung von B.-M.
Menschensohn und Königsherrschaft Gottes schon ähnlich eng verbunden
wie dann bei Jesus. Exkurs 2 fragt nach der Beziehung Jesu
zum gegenwärtigen Reich Gottes. Ergebnis: Jesus ist sein Initiator,
Instrument, Repräsentant, Mittler und Offenbarer (1450- Auch
wenn Jesus den Messiastitel nicht beanspruchte, beanspruchte er faktisch
doch die Funktion des Messias, freilich in einer spezifischen
Weise, die in jüdischer Literatur kein Vorbild hat (146). Mit dem an
sich mehrdeutigen aramäischen bar nasha - häufig eine Umschreibung
für „Ich" - umschreibt Jesus eben diese seine singuläre Beziehung
zum gegenwärtigen und zukünftigen Reich Gottes. Nicht nur in
seinem Reden und Tun, auch in seinem Kreuz und seiner Auferstehung
und in der noch ausstehenden Vollendung (Parusie) will er als
der Mittler der erlösenden Gottesherrschaft verstanden sein (344).

Der Vf. entwirft ein eindrucksvolles, in sich geschlossenes Bild von
der Verkündigung Jesu, für das der „garstige Graben" hermeneu-
tischer Differenz zwischen vor- und nachösterlicher Verkündigung
nicht mehr existiert. Grundsätzlich möchte man gern zustimmen, daß
Jesu Funktion im Kommen des Reiches Gottes das Fundament aller
Christologie sein sollte. Historisch aber steht noch immer die m. E.
von B.-M. nicht genügend bedachte Frage ins Haus, warum kein einziges
Menschensohnwort ausdrücklich vom Reich Gottes redet.

Grcifswald Günter Haufe

Hoffmann, Paul [Hg.]: Zur neutestamehtlichen Überlieferung von der
Auferstehung Jesu. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
1988. VII, 499 S. 8° = Wege der Forschung, 522. Lw. DM 74,-.

Das bewährte Konzept der „Wege der Forschung" hat auch in seinem
neuesten Band (der nun doch erst 1988, statt 1986 erschienen ist)
ein Produkt von erstaunlicher Informationsdichte geliefert. Denn die
Problematik der neutestamentlichen Auferstehungstradition ist so
vielfältig diskutiert worden, daß die Darstellung in einem Band der
Quadratur des Zirkels gleicht. Hg. schreibt selbst: „Angesichts der
Komplexität und der Breite der Diskussion kann dies nur punktuell
anhand einiger Beiträge geschehen, die in der Forschung innovierend
gewirkt haben oder aber Einblick in den Diskussionsstand vermitteln
." (1)

In den einführenden Überlegungen erläutert Hg. den Aufbau des
Bandes, wie auch eine zeitliche und systematische Einordnung der
vorgestellten Positionen ermöglicht wird. Diskussionsschwerpunkte
und zentrale Problemstellen werden angezeigt: die Relation von Formel
- und Evangelientradition, die Verhältnisbestimmung des Irdischen
zum Erhöhten sowie die wiederentdeckte Bedeutung des Gottesbezuges
der Ostergeschehnisse. Ich kann HofTmann nur zustimmen
, wenn er formuliert: „der Glaube an den von Jesus verkündigten
Gott Israels erweist sich so als die Brücke, die - über den .Ostergraben'
hin weg-die Erfahrung der Jünger mit dem Irdischen und ihre solchen
Glauben neu ermöglichende Ostererfahrung verbindet . . . Die Oster-