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Ausgabe:

1989

Spalte:

38-40

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Herrschaft und Kirche 1989

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Lileraturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 1

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zum Gedanken der ..Freiheit vom Gesetz" finden sieh nur und erst im Jak 2.14-26 (Druckfehler S. 86!) kommt als ..ein Protest gegen Pau-
Römerbrief (7,3), wo sich Paulus gegen den Vorwurf des Libcrtinis- lus" zur Sprache, wobei auch IPetr 3.6 und Mebr 13.2 ßerücksichti-
mus wehrt und wo er darum auch umgekehrt von der Freiheit zur Ge- gung linden (86-93). Teil 2 gelangt zu dem Ergebnis. ..daß sich die
setzeserfüllung sprechen kann (Rom 8.2-4). Im selben Zusammen- einzelnen paulinischen Abrahamtexte nicht zu einem Gesamtbild
hang sieht Jones die zukünftige Erwartung vollkommener Freiheit des kombinieren lassen" (85). Gal 3 und Rom 4 repräsentieren das
Christen (Rom 8.21). Bewährungsmodell. Gal 4,21-31 und Rom 9-11 das erwählungs-
Die vorliegende .Arbeit weist eindrücklich auf die Verwandtschaft geschichtliche Modell. Rückgriff auf die in Teil I behandelten Tradi-
des paulinischen Freiheitsverständnisses mit Gedanken hin. die im tionen durch Paulus läßt sich nirgends eindeutig erweisen. Anders bei
hellenistischen I. Jh. das allgemeine Bewußtsein formten. Fraglich den „späteren Entwürfen" (Teil 3), wobei die zu Joh 8.31-59 aufreibt
, ob man mit dieser Begrenzung der Untersuchung auf die weni- gestellte Hypothese, daß es sich hier um eine Re.icxion über die
gen ('/('»///('/-Wörter alle Probleme in den Blick bekommt und ob Täuferprcdigl handelt (131. 145). kaum als exe^.tisch erhärtet gelten
nicht das ganze semantische Feld, das mit der ..Befreiung" durch kann. In den Geschichtsbildern des Mt und Lk kreuzen sich Elemente
Christus zusammenhängt, berücksichtigt werden müßte - vor allem. des Bewährungsmodells mit einer erwählungsgeschichtlichen Linie
um das viel verhandelte Gesetzesproblem und das Verhältnis von (112). während Hebr und Joh nur das Bcwährungsmodell aufgreifen
Freiheit und Liebe bei Paulus zu klären. (127. 146). Wieder stellt sich die Frage, ob die relativ häufige Ver-

c,__. ,. , ■ „• . mischung der beiden Modelle nicht besser als ein eigenes drittes

Monington Mathias Rissi 6

Deutemodell zu charakterisieren ist.

Vior r-■ , ■ . .. . Die abschließende ..Zusammenfassung" (148-152) betont zweifel-

"■iser. Friedrich Emanuel: Die Abrahamvorstelluni>cn im Neuen , „ , , „ ,. ,.....

Testament. Bern-Frankfurt/M.-New York-Paris: Lang 1987. X. los zu ReehU daU dle "nterschicdl.che urchnsthehe Auseinander-

209 S. 8- = Europäische Hochschulschriflen. Reihe XXIII: Theo- sctzun& m,t der Abrahamtradition religionssoz.olog.sch der Idenli-

'ogie. Bd. 317. Kart sFr 46 20 tätslindung der jungen Christenheit diente, zugleich aber ein bleibendes
theologisches Anliegen signalisiert. Schade, daß der religions-

Die vorliegende Untersuchung ist die korrigierte und leicht über- soziologische Aspekt in der Einzelexcgese keine erkennbare Rolle

arbeitete Fassung einer von E. Schweizer betreuten und 1986 von der spielt!
Züicher Theologischen Fakultät angenommenen Dissertation. Sie
füllt eine Lücke der Forschung aus. insofern sie auf dem Hintergrund
einer reichen Spe/uilliteratur erstmals eine zusammenfassende Darstellung
der Bedeutung Abrahams im Neuen Testament wagt. Diese

War längst fällig, so daß der Autor des Dankes der Fachwelt gewiß sein KirchenqeSChichte: Mittelalter

darf.

Der Vf. geht von der richtigen Einsicht aus. daß sich die Vielfalt der „ . _. ...„,, ,. . , , , „ . ..

nentpeto™ .iL«,, • , ....., Prinz. Friedrich [Hg.]: Herrschaft und Kirche. Beitrage zur Ent-

vu"-sidmentlichen Abrahamaussagen nicht von einer einheitlichen . , ,. . .„___. ,___.. . ,______n___■

j. ,• . 6 stehung und Wirkungsweise episkopaler und monastischer Organi-

auitionswurzel her aufarbeiten läßt (3). Wie aber soll dann eine sationsformen. Stuttgart: Hiersemann 1988. VIII. 391 S. gr. 8' -

cne Aufarbeitung methodisch angefaßt werden? W. hat einen m. E. Monographien zur Geschichte des Mittelalters. 33. geb. DM 290.-.
u erzeugenden Ansatz gefunden: Er setzt in Teil I bei ..Grundformen

neutestamentlieher Abrahamtraditionen" ein. die den neutestament- In der Einführung ..Herrschaftsformen der Kirche vom Ausgang der

^chen Autoren bereits vorgegeben sind (3-35). W. löst sie aus ihrem Spät -"'ikc bis zum Ende der Karolingerzeit" schneidet Hg. F. Prinz

°ntext und untersucht sie nebeneinander auf ihre Besonderheit. Es grundsätzliche Probleme an: Oft versuchte man, ..die Entwicklung

andelt sich um Überlieferungen mit relativ einlachen Aussagen, die der Institution Kirche kritisch an den radikalen Forderungen der

•■an der Schwelle zwischen jüdischen und christlichen Abrahamvor- Bergpredigt zu messen" (1). Der Band will nur historisch-kritisch

"Stellungen" stehen (3). Es sind dies: die Täuferprcdigl (Mt 3.7 bis fragen, ..wie es eigentlich dazu kommen konnte, daß die Religion der

Opar), der Völkermahl-Spruch (Mt 8,1 I f par). der Auferstehung«- Mühseligen und Beladenen Herrschaftsformen von hoherStrenge und

Lk " '2-'8-27parr). die Genealogien Jesu (Mt 1.1-17; erstaunlicher Effizienz entwickeln konnte, die sogar Muster und Vor-

3.23-38). die Geburtshymnen (Lk 1.46-55.68-79). die Erzählun- bild für große weltliche, politische Ordnungen werden konnten . . ."

8Cn Von Gottes Bundestreue (Lk 13.10-17; 19.1-10), die Lazarus- (1). Historischer Hintergrund war „die Völkerwanderungsepoche, in

^schichte (Lk 16.19-31). die Stephanusrede (Apg 7.1-53), die Glau- welcher dem Bischof einer Stadt beim Zerfall oder gar Wegfall der

^enszeugen (Hebr I 1). Die genannten Texte zeigen, daß jüdische Tra- weltlichen, militärisch-politischen Autorität von selbst politische

lonen in breiter Front aufgegriffen werden. Im Anschluß an Herrschaftsrechte zuwuchsen, die er als .pastor bonus'. als Hirt einer

^erpunkte der jüdischen Überlieferung ordnet sie W. jeweils dem wahrlich bedrängten Herde, als Hüter der Märtyrergräber und Kult-

Greifswald Günter Haufe

^ *^nrungsmodeII" oder dem „erwählungsgeschichtlichen Modell" statten einfach übernehmen mußte, weil niemand anderer mehr dazu

^ u'3er8rc'lendem Deutemodel! zu. Das Bewährungsmodcll geht von in der Lage war" (2). Es gab aber auch eine alte Entwicklungslinie.

Unterscheidung zwischen „Samen Abrahams" und „Kindern „daß der Bischof seit der Zeit Konstantins des Großen faktisch als

^ naiT1s" aus und zielt darauf, das vorbildliche Wesen und Handeln Staatsbeamter mit Sonderstatus für vielfältige öffentliche Aufgaben

r'»banis als Kriterium für die Unterscheidung herauszustellen. Das eingesetzt worden ist, also keine Usurpation staatlicher Macht von

[*,ungsgeschichtliche Modell geht von der Erwählung Israels als Seiten der Kirche erfolgte" (3). Prinz spricht von einem „qualitativen

gern Datum aus und Führt die daraus resultierende Geschichte auf Sprung" an die Schalthebel der Macht (7). Die Entwicklung Christ-
Jesus Ch i

s nnstus als Ziel der Erwählung Israels hin. Die Zuweisung der licher Heiliger zu Stadtpatronen festigte die bischöfliche Macht, die

nich-en*n ^rad't'oncn zu diesen beiden Modellen gelingt freilich ein wirksames „Kontinuum zwischen christlicher Antike und Mittel-

p ,n jedem Fall in gleich überzeugender Weise, so daß sich die alter" war(15).

aSe ergibt, ob die Zahl der Deutemodelle nicht erweitert werden Martin Heinzelmann untersucht „Bischof und Herrschaft vom

(153 B'c'cne Fra8c stellt sich angesichts der im „Anhang" spätantiken Gallien bis zu den karolingischen Hausmeiern - Die insti-

-179) dankenswerterweise gesammelten und geordneten tutioncllen Grundlagen". Gallische Bischöfe gehörten „spätestens seit

njc^5e jüdischer Abrahamtraditionen", wenn man sieht, daß diese dem 5. Jahrhundert regelmäßig den sozial führenden Familien an";

auf „Bewährung" und ..Erwählung" begrenzt sind. diese „Adelsidcologie" geht zurück auch auf altrömische Vorstellun-

C1' 2 untersucht ..Paulinische Abrahamaussagen" (36-93), Teil 3 gen vom rechten Gebrauch der Herrschaftsmittel durch den „guten

- Pdtere Entwürfe zu Abraham": Mt. Lk. Hebr. Joh (94-147). Aristokraten" (25). Römische Traditionen haben auch die Heiligen-