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Ausgabe:

1989

Spalte:

593-595

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Feldmeier, Reinhard

Titel/Untertitel:

Die Krisis des Gottessohnes 1989

Rezensent:

Suhl, Alfred

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 8

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schieden, das Matthäusevangelium selektiv-ausführlich zu kommen- Die Arbeit gehört zweifellos zu den seltenen Perlen unter den exege-

tieren. Zu manchen Texten, etwa zur Geburtsanzeige Jesu (1,18-25) tischen Untersuchungen, auch wenn man nicht jeder Einzelheit vor-

oder zum Unservater steh, rech, viel. Zu anderen Abschnitten, etwa behaltlos zustimmen kann. Esgelingt dem Vf.. m einer sprachlich und

zu Mt 12 oder zu Mt 19,1 -22,33; 24-SchluB steh, fast nichts. Das ist gedanklich beglückend klaren Argumentation e,n uberzeugendes Ver-

_ _ . , , . • Fm«-heidunE Er hat ständnis der Gethsemaneerzahlung aus alttestamenthch-judischen

m. E. eine unausweichliche und auch richtige hntscneiciung. ci um .->ia

■ , . . _. ... ... bik.ij»Ii HSMrh* Parallel- Voraussetzungen zu erarbeiten, das alle literarkntischen Zerstucke-

sich weiter dafür entschieden, relativ ausführlich judiscnc rdranci "ulau , , , . .... . „ ... ,.

. —.,«,, ,nntr Haß beim Nicht- lungsversuche als absurd und unnötigerweise Daruber hinaus werden

texte zu zitieren, weil er sich mit Recht sagte, aau Denn r»ivui . .. . ... ■ A,_ ~ ,

Theologen hier jedes Vorwissen fehlt. Er ha. schließlich die über- immer weder in sehr erhellender Weise die Bezüge zur ganzen

«Chtlich durch besondere Seitcnfärbung herausgehobenen Exkurse Passionsgcschichte und darüber hinaus zum Markusevangclium ins-

(Z. B. über jüdische Bibclauslegung z. Z. Jesu, Gottesherrschaft, gesamt aufgezeigt. Vf. verm.ttelt so ein geradezu bewegendes Bild vom

Gerechtigkeit. Judas Iskario, etc. bewußt ausführlich gehalten. Auch in die Krise geratenen Go tessohn. der » die^r^ Szene vor dem

das is, m E. ,m Blick auf das fehlende Vorwissen der angesprochenen schweigenden Gott seine Dahingabe an Gottes Zorn akzeptier,.

Leser/mnen gu,. Schließ.ich versuche er. bei Schlüsselten die Es handelt sich bc, dieser hervorragenden Arbeit um eine Tubinger

a , <• ... i «„rfraopn und D ssertation, die von M. Hengel betreut wurde. Sie liefert in ihrem

Aus ceung auf Grundfragen und auch auf vermutete Lesertragen unu u-.-u.mii, ™ „ „ , vTT, ■ K,

-s , 11 TSfiautet die Grund- l.Hauptte l (Mk 14.32-42 und seine Parallelen im NT) in §1

Lesereinwandc zuzuspitzen. Zum Beispiel zu 11.25t lautet aiecjiunu ..... j u w _i „u

fr, m, . u u. ■ ■ u„A;„^ii iiherzeueen ideolo- (S. 9-38) einen sehr uberzeugenden synoptischen Vergleich,

trage: „Wird hier nicht die eigene Unfähigkeit, zu uDerzeugen.iutuu v

• . r. „„«^hw-htp wird Aneesichts der tiefgreifenden Veränderungen, die Mt und Lk an der
g.sch kaschier,?" (160). Die Auslegung der Pass.onsgesch ch e wird J£^y£^Z*n haben, wird Z fre.hch d,e Sicherheit fragwürdig,
auf Judas Iskariot und das Problem des Unglaubens Israels n.n koi. ^ g|cichwohl bei Mk einen historisch zutreffenden Bericht meint nachzentriert
. Bei der Auslegung der Kindheitsgeschichten geht es ihm um ^ ^

die Spannung zwischen realer Geschichte und dem von Ostern ge- ^ ^ ^ 39-49) untersucht die Anspielungen auf „Gethsemene" bei
Prägten ..Geschichts/*/«", das sie vermitteln wollen, also hier nicht ^ ^ ^ gu(en Gründen wahrscheinlich, daß Joh eine mit
um eine Leserfrage, sondern um das eigene Anliegen, in diesem Ab- ^ markiniscnen pcrikope zwar nicht identische, wohl aber eng verschnitt
die biologisch verstandene Jungfrauengeburt mit Hilfe vieler wand(e Tradition kannte und diese bewußt korrigiert, während sich
Paralleltexte (und eines langen Zitats von „kein(em) Genngere(n) als ^ ^ 50-63) die vielleicht hinter Hebr 5.7 stehende Tradition
Kardinal Joseph Ratzinger")(36)ehrlich kerygmatisch zu interpretie- t mehr ausmachen läßt.

Der zweite Hauptteil (Literarkritik und Formgeschichte von
Mk 14,32-42) bietet nach einer Übersetzung (§ 4,''S. 67-69) mit § 5
(Diskussion der bisherigen litcrarkritischen Analysen, S. 70-112) eine
sehr umsichtige und sorgfältige Widerlegung aller bisherigen Tei-

fen. Auch das ist dem Vf. m. E. überzeugend gelungen. Der Fach
theologe wird diesem „Kleinen Kommentar" immer wieder Hinweise
darauf entnehmen, wo und wie man für heutige Leser Bibeltexte
elementarisieren kann und muß. Was ich mir gewünscht hätte, wäre,
daß die Leser und ihre Fragen, bzw. die heutigen Probleme, die der

Text z. B. im Umgang mit traditioneller Kirchcnlehre oder gesell- lungshypothesen.

t4, „.. . "T _ . .. ______. ...... . „,„„,„„ Vf. konnte unmöglich alle Rekonstruktionsversuche in ihren jeweiligen

schaft iehen Grundfragen unserer Zeit, exphziter thematisiert worden . <-•■. a u. j • ,

u.uiMiuiiuiidjuiuiijv.u^!, v Argumentationszusammcnhangen vorfuhren und geht darum verswcise vor. Zu

*aren. Daß sie fast immer nur implizit vorkommen und die. Aus- Rech( |egitimicrtcrdicsesvorgehendamit.daßjedeEinzelbeobachtungfürsich

'egung leiten, vermindert die Klarheit und die Onentierungsmoglich- gewürdig, wcrden muß und er weist nach, wie oft fragwürdige Einzelbeobach-

keiten für den Leser. Der Kommentar liest sich zwar gut; aber es wird tungen durcn ejnen noch fragwürdigeren Argumentationszusammenhang in

dem Leser oft erst im Laufe der Lektüre deutlich, was der Vf. wirklich völlig unangemessener Weise aufgewertet werden. Dieser Abschnitt ist zwar

Will. eine etwas anstrengende, aber jedem übereifrigen Literarkritiker dringend zu

Das alles bringt natürlich auch einen Nachteil mit sich - unver- empfehlende Lektüre, zumal Vf. überzeugend „die weithin übliche Gleich-

mcidlichcrweise wie man fairerweise zugeben muß. Nämlich: Wenn setzung von redaktioneller Gestaltung und markinischer Neuschöpfung" ver-

triün i w u" i , ,. , | „ „.•;.i„,. kommt wirft und sinkt „zwischen der literarischen Einheitlichkeit des Textes und der

-an eine einzelne Matthauspenkope erklart hebe«föchte, komm ,,lilusibllitiildesjewe,ls Berichteten" unierscheide,<S. 72f).

man nur selten aufseine Rechnung, ja. man hat oft Muhe überhaupt ^ ^ ^ wM ^ § 6 ^ ^ ^ &

*j finden, wo etwas dazu gesagt ist. Der Kommentar erklart nich ,, 3_l40) bestimm, als „berichtende Erzählung", die trotz

tinzelpenkopen. sondern größere Abschnitte z. B. ganze Kapitel Gesch|ossennei, übersicn hinauswejst und sich a|s Tej,

oder Kapi.elgruppen. Er hilft also eher dem. der das Evangelium in ^ p^^;^ m erkenncn gjb(: ,n dem ^

onem Zuge fortlaufend lesen möchte, als dem. der sich, n Emzeltex e ^ ^ ^. ^ Schwejgens

vertieft. Auch das könnte ein Gewinn sein. Aber - und hier mochte ^ Jüngem) sjch sjehtbar ^ Vm

eh meinen zweiten Punk, formulieren, wo mich LimbecksKommen- ^ vo||mach(igen Leben aus Gottes Gegenwart zu semcm

«ar nicht ganz befriedigt hat - der Kommentar ist nun doch wieder zu ohnmächtj gottvcr|assenen Sterben" (S. 126).
wenig entschlossen am V/«Ara/cvi des Evangeliums orientiert, also am

5tiii>>.iiiu»ciidiii;>'/onf(//f.*iu«L. 6 Sehr überzeugend wird gegen jede Literarkritik auch die sich extrem verlang
der Erzählung, am (janzen der matthaischcn Geschiente, tr ist kürzcndc Darstci|ung des Betens Jesu für die Einheit der Perikope geltend ge-

8erade kein Pendant zu dem Büchlein vom Genre "Matthew's Story macht. .....nachdem sich die erste Hälfte (V. 32-36) von der Ankündigung

°f Jesus"'. Das ist eigentlich schade. Denn als Kommentar zum (y. 32) bis zur doppelten Wiedergabe (V. 350 auf Jesu Bewegung hin zum

^akrotext. zur Story, für Leser, die das ganze "Buch des Matthäus (;ebet um das Vorübergehen der .Stunde- konzentriert und darin ihren Höhe-

durchlesen wollen, könnte man wirklich einen überzeugenden „Klei- pUnkt gefunden hat, tritt nun zunehmend der Inhalt des (nicht erhörten)

"en Kommentar" schreiben. Ein solcher steht noch aus und ist ein Gebetes in den Vordergrund: die .Stunde" als Preisgabe des Menschensohnes

Desiderat kommt und ist am Ende gekommen. Konsequent verlagert sich daher auch das

Gewicht der Erzählung von Jesu Gebet auf die .Antwort' des Vaters, wird aus
Laupen Ulrich Luz dem Ruckzug zum Vertrautesten Preisgabe und Verlassenheit" (S. 125). Ange-
-----_ sichts der vielen subtilen Einzelerkennlnisse, die Vf. vermittelt, hat mich allerdings
irritiert, daß bei der mit sichtlichem Engagement vorgeführten Erörterung
Vgl. R. A. Edwards, Matthew's Story of Jesus. Philadelphia 1985. Das ^ Argumente für und gegen die Historizität der Erzählung (bei der freilich
tüchlein ist hier um seines Titels, nicht um seiner überzeugenden Qualität guc|, manches Erwägenswerte zugunsten der Historizität gesagt wird) nicht
w'llcn genannt davor zurückschreckt, den Jüngerschlaf unter Hinweis auf die mindestens vier

Becher Wein beim vorangegangenen Passamahl für „gut vorstellbar" zu er-

Peldmeicr, Reinhard: Die Krisis des ^^^S^ " Der'l'Haupt.ei. (Der «radi.ionsgeschich.liche Hintergrund der

erzahlung als Schlüssel der Markuspassion. Tubingen. Mohr ivö/. ,. . , . -.. c „q. . . .

XH,299S.gr.8- = WUNT,2. Reihe^21. Kart. DM 78,-. markinischen Gethsemaneerzahlung. S. 143-229) untersucht in