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Ausgabe:

1989

Spalte:

540-541

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Bader, Günter

Titel/Untertitel:

Symbolik des Todes Jesu 1989

Rezensent:

Schüßler, Werner

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 7

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Dogmatik zu beachten hat. Doch zeigt sich hier das Problem, das
schon die Kirchliche Dogmatik Barths kennzeichnete - exemplarisch
etwa die Tauflehre in IV,4 -: Dogmatik als radikale Kirchen- und
Theologiekritik ist ein in sich widersprüchliches Unternehmen.

Lrlangen Friedrich Mildenbergcr

Gözdz, Krzysztof: Jesus Christus als Sinn der Geschichte bei
Wolfhart Pannenberg. Regensburg: Pustet 1988. 284 S. gr. 8" =
Eichstätter Studien, N. F. 25. Kart. DM 68,-.

In einer bis heute lesenswerten Rezension der ersten Auflage des
Römerbriefkommentars von Karl Barth hatte Adolf Jülicher einst
seinen Gesamteindruck in der hellsichtigen Diagnose zusammengefaßt
, es sei kultur- und theologiegeschichtlich mit einer unhistorisch
gestimmten Periode zu rechnen (Ein moderner Paulusausleger, in:
Christliche Welt 34, 1920,453-457). In der Tat hatte die durch Barth
initiierte .Theologie der Krise* auf ihre Weise teil an dem, was man die
antihistorische Revolution der Jahrhundertwende bzw. des Jahrhundertbeginns
zu nennen pflegt. Vergegenwärtigt man sich diesen
Zusammenhang, so wird deutlich, daß bereits im Titel der von
W. Pannenberg im Jahre 1961 herausgegebenen Programmschrift
„Offenbarung als Geschichte" ein theologischer Neuansatz sich
ankündigte. Der antihistoristische Glaubensdezisionismus, der nach
Pannenbergs Urteil die verschiedenen Formen der sog. Dialektischen
Theologie kennzeichnete, sollte durch eine universalgeschichtlich
orientierte Offenbarungstheologie überwunden werden. Deren chri-
stologische Fundierung und Explikation erbrachten die 1964 erstmals
erschienenen „Grundzüge der Christologie". Eine ihrer Zentralthesen
lautete, daß sich in der österlichen Auferweckung Jesu durch Gott das
eschatologische Ende der Geschichte und die Zukunft der Welt antizi-
patorisch und proleptisch vorweg ereignet haben. Flankiert wurde
dieses Konzept sowohl durch allgemeine philosophisch-wissenschaftstheoretische
Erwägungen, wie sie vor allem in dem 1973 publizierten
Werk „Wissenschaftstheorie und Theologie" vorliegen, als
auch und im besonderen durch anthropologische Reflexionen: Schon
in dem Büchlein „Was ist der Mensch?" von 1962 erkannte Pannenberg
der Anthropologie die Funktion gewissermaßen einer Einlei-
tungswissenschaft in die Dogmatik zu, indem er Religion als ein mit
dem Menschsein des Menschen notwendig gegebenes anthropologisches
Universale zu erweisen suchte: die 1983 veröffentlichte
umfängliche „Anthropologie in theologischer Perspektive" hat diesen
Ansatz beibehalten und humanwissenschaftlich detailliert untermauert
.

Gözdz' Studie, die von der Katholisch-Theologischen Fakultät der
Katholischen Universität Eichstätt im Wintersemester 1986/87 als
Inauguraldissertation angenommen wurde, stellt sich die ehrgeizige
Aufgabe, das Thema der christologischen Sinngebung der Geschichte
aus dem skizzierten Gesamtzusammenhang Pannenbergscher Theologie
zu entwickeln. Dabei sollen nicht weniger als alle in den Jahren
1953-1986 publizierten Arbeiten Pannenbergs berücksichtigt werden
, also neben den erwähnten Monographien auch die überaus zahlreichen
Artikel, Aufsätze und Einzelstudien, wie sie ein umfangreicher
bibliographischer Anhang im einzelnen dokumentiert (250-268;
269-276 wird Sekundärliteratur aufgelistet. Anzumerken ist, daß der
1988 erschienene erste Band der „Systematischen Theologie" als der
Summe Pannenbergschen Denkens Gözdz noch nicht vorlag.) Die
Untersuchung gliedert sich in vier Hauptkapitel, deren erstes
(19-103) den allgemeinen Rahmenbedingungen des zu erörternden
Systementwurfs gewidmet ist, wobei dem eschatologischen Geschichtsverständnis
, dem Problem der Strittigkeit Gottes, der Osterfrage
sowie der Verfassung des SinnbegrifTs besondere Aufmerksamkeit
zukommt. Auf dieser Basis wird sodann die - wie Gözdz sagt-
mikro-, makro- und megageschichtliche Relevanz der Christologie
erörtert. Zunächst soll unter dem Titel „Christus und Individualgeschichte
" (104-146) aufgezeigt werden, daß und inwiefern „Jesus

Christus als Sinn der Individualgeschichte ... den einzigen und ganzen
, universalen und endgültigen Sinn des menschlichen Daseins, der
menschlichen Existenz und der menschlichen Geschichte in ihrer
Totalität" (144) ausdrückt. Dabei wird der Mensch als das historische
Wesen gekennzeichnet (105 ff), dessen Personalität auf die Geschichte
Jesu hin offen ist, um in der schließlichen Konvergenz mit dieser ihre
Erfüllung zu finden (121 ff). Indes sei solche Erfüllung unter Absehung
von der gescllschaftsgeschichtlichen Perspektive nicht faßbar. Ein
weiteres Kapitel (147-198) ist folgerichtig „Christus und Gesellschaftsgeschichte
" überschrieben und handelt von der Gemein-
schaftsbesiimmung des Individuums (148ff), von den, wie es heißt,
fundamentalen sozialisierenden Werten Jesu Christi (160ff) sowie von
der gesellschaftsgeschichtlich-politischen Funktion der Kirche im
Horizont der Reich-Gottes-Hoffnung (176ff). Ein viertes und letztes
Kapitel (199-240) charakterisiert Christus schließlich als Sinnmitte
der Universalgeschichte (200ff), insofern in ihm sowohl das hcilbrin-
gend-sinngebende Wort des Vaters an das Universum (213ff) als auch
das Wort der Schöpfung an den Vater im Heiligen Geist (222 ff) ergangen
sei. Ein Rückblick (241-249) faßt den Ertrag der Studie zusammen
und skizziert noch einmal die verschiedenen Aspekte der erörterten
Frage, in welcher Weise Jesus Christus der Sinn der Geschichte
sei.

Die Leistung von Gözdz verdient Respekt. In der Tat versteht es
sich, wie W. Pannenberg in seinem Vorwort schreibt, „nicht von
selbst, daß ein polnischer Priester das Denken eines deutschen evangelischen
Theologen zum Gegenstand seiner Dissertation wählt" (7).
Auch trifft es zu, daß Gözdz Pannenbergs System nicht nur reproduzierend
darstellt, sondern eine produktive „Aneignung in den Zusammenhang
der ihn von Hause aus begleitenden Fragestellungen und
Sachhorizonte" (7) versucht. Ein besonderes Anliegen ist ihm dabei
„die gesellschaftliche und die ekklesiologische Sinnlchre" (147) und
der auch von Pannenberg betonte Sozialbezug der Christologie, den er
in der evangelischen Theologie in der Regel nicht ausreichend wahrgenommen
und bearbeitet findet (147). In ihrer Undifferenziertheit
nicht haltbar dürfte in diesem Zusammenhang allerdings Gözdz' Ausgangsthese
sein, „daß die Individualgeschichte in der Gesellschaftsgeschichte
ihre Erfüllung findet wie das Individuum in der Gesellschaft
" (148). Zwar wird diese Annahme im Kontext differenziert: es
geschieht dies jedoch in einer begrifflichen Unscharfe, die charakteristisch
ist für weite Passagen des Buches: „Letztendlich", so heißt es,
„sind diese beiden Sinnaspekte - der Individualgeschichte und Gesell"
schaftsgeschichte - sehr eng miteinander verbunden. Sie ergänzen und
bedingen sich gegenseitig. Manchmal stehen sie jedoch in einer gewissen
dialektischen Spannung." (147) Zur mangelnden Strenge des
Begriffs gesellen sich ferner eine Reihe von theologie- bzw. philosophiegeschichtlichen
Pauschalurteilen, wie überhaupt die geringe
historische Tiefenschärfe einer explizit geschichtstheologischen Fragestellungen
gewidmeten Arbeit bedenklich ist. So weiß man sich
zuletzt von der Interpretation an das in jeder Hinsicht ungleich
präzisere Original zurückverwiesen. Aber es mag ja sein, daß sich
gerade darin Sinn und Zweck von Sekundärliteratur erfüllt.

Augsburg Gunther Wenz

Bader, Günter: Symbolik des Todes Jesu. Tübingen: Mohr 1988. X.
258 S. gr. 8' = Hermeneulische Untersuchungen zur Theologie, 25.
geb. DM 89,-.

Ausgehend von Anselms - immer auch schon ökonomischer -
Frage: Cur deus homo? (2) versucht B. in dem vorliegenden Werk mit
Hilfe einer Symbolik des Todes Jesu, Christologie zu begründen,
wobei er unter Symbolik die Reflexion auf das Symbolische, d. h. die
ganze Bandbreite des mehr oder weniger Sprachlichen (10), versteht.
Das Buch bietet also wesentlich mehr, als sein Titel andeutet.

Konstitutiv für Symbolik, und hierin folgt B. vornehmlich dersym-