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Ausgabe:

1989

Spalte:

537-539

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Marquardt, Friedrich-Wilhelm

Titel/Untertitel:

Von Elend und Heimsuchung der Theologie 1989

Rezensent:

Mildenberger, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 7

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im

eigenartig unselbständiges Objekt einerseits des zueignenden Geistes These verweist er auf Verantwortung und Schuld gerade auch ..
und andererseits des ergreifenden Glaubens zu werden. Er scheint sich Zusammenhang von Wissenschaft und Denken, erst recht im Blick
nicht selber zu geben, natürlich in und mit dem zueignenden Wirken auf die Theologie. Kirchliche und theologische Sprachmuster und
des Heiligen Geistes. Er scheint gegeben und ergriffen zu werden. Das Aussagen, die sich mit dem Judentum befassen, werden vorgeführt
•st bei Luther doch wohl anders. Und die Auslegung der CA müßte und kritisiert. Philosophische Stimmen, die auf die Schuld der Theohierwohl
-wenn nicht anders über Melanchthon hinaus-eine Orien- logie hinweisen, werden vorgebracht. Gefordert wird ein Denken aus
ticrung auch an Luthers Gedanken suchen. der Umkehr heraus. Ein erstes Gebot wäre hier das „Nie wieder", ein
Beck hat sein Buch, soweit man weiß, im Institut für Europäische Gebot, das uns vorerst nur behafte und beschuldige. Die Folgerung ist
Geschichte Mainz, Abt. Religionsgeschichte, geschrieben, und er hat dann, daß nach den Begriffen der Theologie nicht zu fragen ist. „Erst
es im Verlag der Missouri-Lutheraner veröffentlicht. Da könnte man muß sie ihre Wege finden, ehe sie Sorge um ihre Formen tragen
an eine ungewollt sich herstellende Koalition repräsentativer Inten- kann."

tionen denken. Aber das wäre sicher in jeder Hinsicht unberechtigt. Dem dient Teil II. „Wie kommt Theologie auf ihre Gedanken?"
Becks Arbeit bringt eine Stimme zu Gehör, die sich selber als selbstän- Dabei geht es nun zunächst um „Lebensverbindlichkeit und Denken"
dig, bewegend, informiert und beachtenswert bezeugt und die zur (§4). Hier wird gegenüber einem Ideal reinen, wissenschaftlichen
Kenntnis zu nehmen trotz der gewissen einseitigen Beharrlichkeit, mit Denkens auf das Leben in seiner Leibhaftigkeit und Gemeinschaftsdersie
sich äußert, für Lutheraner und Nichtlutheraner lohnend ist. bezogenheit verwiesen. Aus neuen Lebensverbindlichkeiten des Glau-

, „,.,. , .. bens könnte die Theologie dann auch auf neue Gedanken kommen.

Ein für den Rcz unauflösbares Rätsel ist es, warum Beck Wilhelm Maurers ...__ , „

um unauiiusuaics iv«» , __ Dazu so es nun dienen, „Prolegomena zur Dogmatik als Evange-

Wde 1976 und 1978 crschiencncBändc des „Historisehen Kommentars zur <■> . r T, , . , , . , „

r-rmr . .. • . , r ,, u. u„„„,;„ht ische Halacha («5) zu entwerten. I heologische Gedanken so en

'-onlessio Augustana nicht kennt, jedenfalls nicht heranzieht. ' ...

Martin Seils s'cn n'cnt von den Wegen des Lebens trennen, auf die uns Gott ruft.

Jena Das läßt sich bei jüdischer Theologie lernen, wobei die Verhältnisbestimmung
von Halacha und Haggada als Herausforderung an evangelische
Theologie zu verstehen sei. Hermeneutisch wie ontologisch

Systematische Theologie: Dogitiatik lasse sich von „Halacha" Entscheidendes lernen: Die Schrift sei zu

befragen nach dem, was heute zu tun ist, als ihrem historischen Sinn.

. Und es gehe darum, vom Tun aus zum Verstehen zu kommen,

Marquardt, Friedrich-Wilhelm: Von Klendi und Heimsuchung der Lcbensvcrbind|ichkeiten als An,aß theologischer Gedanken zu erfas-

Iheologic^ Prolegomena zur Dogmatik. München: Kaiser 1988. ^ ^ ^ ^ ^ ^ prolegomena übef dje zu

gr 8 ' LW ' ' handeln (§ 6): „Abraham, unser Vater: Über die Berufung". Es geht
Veränderung tut not eine grundlegende Veränderung in der Kir- hier um die Berufung in die offene Geschichte der Begegnung, die den
ehe, erst recht eine Veränderung der Theologie, wie sie an unseren Bruch auch ontologisch nachzudenken notigt, der mit dem Heraus-
Universitätcn gelehrt und literarisch vertreten wird: Das ist der dring- gehen des Berufenen gesetzt ist. Dabei geht es um die durch Gott angebe
Appell des Buches das hier anzuzeigen ist. Der erste Teil wicsenen Orte des verbindlichen Lebens, wobei Vf. drei solche Orte
^gründet die Notwendigkeit einer solchen Veränderung mit dem- nennt: Die Lebensbeziehung zum jüdischen Volk, die Teilung des
Aufweis dessen was die Zeit bestimmt, in der wir unsere Theologie Lebens mit den Armen und die Bewährung der Humanität in derGat-
,reibcn. Und der zweite Teil zeigt dann den Weg hin zu solcher Verän- t"ng Mensch. Die Bindekraft jener Lebensverbmdlichke.ten. in die
derung wir uns berufen hören, sei Gottes Treue inmitten der moralischen,
-Christus omnium magistcr. So|l und kann es überhaupt Theologie ideologischen, politischen, wirtschaftlichen Ansprüche, die uns von
geben?" - so ist der erste Teil überschrieben. Zunächst wird dabei diesen Orten her affizieren. Abgeschlossen wird dieser zweite Teil der
"Zur Begrenzung-evangelischer Theologie" (§ 1) auf die Distinktion Prolegomena zur Dogmatik durch einen Abschnitt: „Wie redet Christ-
^n theologia archetypos und theologia ektypos hingewiesen. Sie wird liehe Theologie von Israel?" (§ 7). Insbesondere werden lue.■ k.rch-
^hinausgclegt.daßCiottinseinemWillenzurGemeinschaftmitden liehe Äußerungen besprochen, die Judcnerklarung des 2. Vatika-
Menschen diese in sein Fragen nach sich selbst mit hineingezogen nischen Konzils, die Studie des Rats der EK.D von 1975 und die
"abe. Seine Entscheidung. „Gott mit uns" zu sein, begründe einen Synodalerklärung der Rheinischen Landeskirche von 1980. Die
Problematischen Mitspie.raum des Menschen an Gottes Geschick akademische Theologie befinde sich hier in einer ungewohnten Lage:
u"d Wesen, an Selbsterkenntnis und Selbstverständnis Gottes. „Vom Sie sei in diesem Fall nicht verbindlichem kirchlichem Sprechen vor-
Grund evangelischer Theologie" « 2) wird in Auslegung zweier Verse aus, sondern habe ihm nachzudenken. In Aus egungen neutestament-
des Liedes „Gottes Sohn ist kommen" (EKG 2,1.2) gehandelt; Vf. hat licher Texte sucht Marquardt hier Möglichkeiten e.nes erneuerten
dieses Lied der Böhmischen Brüder gewählt, weil er der Meinung ist, Sprechens anzubieten.

dar» , ......, , . . j;„ virrhpn der D e Gattung „Prolegomena zur Dogmatik , in welche der Unter-

u.au sich sozia wie theo ogisch gesehen heute die Kirtntn ucr uk «j-u » m e. • r - .

Ök„m ^ ,„ , j . uc , ho^rr wiederfinden titel dieses Buch einordnet, ist hier so stark verfremdet, daß es nicht

hürnene in der Wc t der „ersten Reformation besser wieocriinuen u« ., „. , . ..

als in i '.»•• La i b i, -™ H;nt,.ror„nd der zweiten leicht fällt, die üblichen Themen, ihre Einordnung und ihre veran-

a|s in der Bürger- und Akadcmikerwe t im Hintergrund aer /.weum ■»«» _ _ ___

ui6t. " im u„„o I inrflnrlr derte Best mmung wiederzuerkennen. Gewiß ist diese Verlremdung

*elormat an Die beuründende Geschichte des Glaubens begründe aene D*,Miiim.ui.e

ai,.k negrunaenat ocscincmc u beabsichtigt will trad t one es dogmatisches Denken provozieren,

auch eine Geschichte des Vcrstehcns- darauf komme es an, daß wir Deaosicnugi, wm uau &

eint ,L OLStn,tmc ULS vers eilen^ uu Doch muß gefragt werden, ob das noch als „Dogmatik" gelten kann,

e "treten lernen in das Lehren Jesu. Den weitaus größten Raum ab Doch g g wjrQ. Ich sctze dabei voraus.

fij ■ d'cscm et***™ d'C Bchand'Un8rd;r S ,^m he daß Dogmatik die kirchliche Lehrtradition, und dies gegenwärtig eben

h ologle" (§3) e,n, in der nun erst recht ,auf die Z^«™™£ 'uch n einer bestimmten konfessionellen Gestalt, aufnimm, unddar-

^egangen wird, in der wir Theologie treiben. Uber vor.a^ figeu ine ^^ ^ ^

*e'se zur Fraglichkeit der Theologie angesichts des Theorie-Praxis sieIIt Und ß um ^

rhähnisses, des Zusammenhangs von Glauben und Denken und des ™J» aufzunehmen. Orthodoxes und Heterodoxes

£**0. Einsa,zes, ücn ThcoIogie forderc, fuhrt Vf. hin zu ^^rSTundS sein, daß die traditionelle Lehr- und G.au-

J2 lur ihn die radikale Fraglichkeit von Theologie ausmacht ,.Die so m te,na ^ ^ ^ ^ ^

enmorde unseres Jahrhunderts und ihre von T eologie= und K ^ ^ ^ ^ ^

'u verantwortenden Voraussetzungen und Folge,^. sind d.^Zu a|c Vcrandcrungauch des Denkens. Ich will m„ meiner

hen u dle Jcdc Thcolog n blshcr unbekannter W c g ^ ^ ^ ^ ^

r''dikal fraglich machen." In der Ausführung und Begründung dieser Aniragc