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Ausgabe:

1989

Spalte:

516-517

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Gerstenberger, Erhard S.

Titel/Untertitel:

Jahwe - ein patriarchaler Gott? 1989

Rezensent:

Herrmann, Wolfram

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 7

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chen Epochen: Diadochenzeit, ptolemäische und seleukidische Herrschaft
, Makkabäer und Hasmonäer, Herodes und seine Nachfolger,
erster Jüdischer Krieg und Aufstand von Bar Kochba. In einem
eigenen Kapitel wird die Entstehung und Entwicklung einiger wichtiger
Gruppen des Judentums beschrieben wie Sadduzäer, Pharisäer,
Essener und die Qumran-Gemeinde (105-119) sowie später noch
Zeloten (151 -154) und Herodianer (1660- Aber auch die Veränderungen
in den religiösen Institutionen werden gesondert behandelt
(178-182, 215-219) sowie das Auftreten Jesu und der Urgemeinde
(182-187, 196-199). Recht gut lesbare Zeittafeln, ein Bibelstellenregister
, drei Karten sowie das schon erwähnte Literaturverzeichnis
folgen am Schluß des Buches.

Charakteristisch für die Art der Darstellung H. Jagermas ist, daß die
einzelnen Kapitel wie schon im ersten Band sehr stark durch
Zwischentitel unterteilt sind. So entstehen recht kurze Textabschnitte
- ganz selten sind diese zwei Seiten lang oder länger - in denen Probleme
und Besonderheiten der jeweiligen Zeit dargestellt werden. Der
umfangreiche Stoff wird so in kleinen Happen dargeboten, für die
anvisierte Zielgruppe sicher von Vorteil, was dann aber doch zu
manch unnötiger Redundanz führt. Wieder gilt: dieses Buch ist kein
großer literarisch-ästhetischer Entwurf einer Geschichte Israels und
der Entstehung des Judentums, aber ein Buch mit sympathischen
pädagogischen Zügen, das kurz und knapp über die Fakten und die
auftretenden Probleme unterrichtet. Nach den im ersten Kapitel aufgestellten
Grundsätzen werden für die einzelnen Epochen immer
wieder die sozialen, ökonomischen und religiösen Probleme dargestellt
. Dabei fällt auf, wie wenig Konkretes in den jeweiligen Abschnitten
gesagt wird. Da im Unterschied zur älteren Geschichte Israels,
etwa der Königszeit, hier doch viel mehr bekannt ist (vgl. M. Stern,
S. Safrai, in: H. H. Ben-Sasson [Hg.], Geschichte des jüdischen
Volkes, Bd. I, München 1978), ist es schade, daß diese Informationen
der gedrängten Darstellung zum Opfer gefallen zu sein scheinen. Das
alphabetisch geordnete Literaturverzeichnis am Schluß gibt Rechenschaft
über die benutzte Literatur. Ob es in dieser Form der gedachten
Zielgruppe aber nützlich ist, bleibt mir fraglich. Dafür wäre es m. E.
besser gewesen, die jeweilige Literatur den einzelnen Kapiteln
zuzuordnen.

Größere Versehen sind mir keine aufgefallen, außer vielleicht der
diskussionswürdigen Frage, ob der biblische Kalender sich (wie Ägypten
) nach einem Sonnenjahr richtete (129) oder ob er nicht doch eher
ein lunar-solarer Kalender war (vgl. J.B. Segal, VT 7, 1957,
250-307). Andere Ungenauigkeiten und Unklarheiten mögen Druckfehler
sein (44, 63, 64) oder auf Kosten der Übersetzung gehen (135,
142, 148, 209). Ein sinnentstellender Übersetzungsfehler findet sich
159: der Palast (oder doch besser die Zitadelle) des Herodes hat nicht
drei Tore, sondern drei Türme (= nd. toren).

Das Erscheinen des zweiten Bandes von H. Jagersmas Geschichte
Israels in deutscher Übersetzung ist sehr zu begrüßen, und man
wünscht dem Bändchen in der angesprochenen Zielgruppe eine
weitere Verbreitung, um dadurch der Unkenntnis und den (daraus entstehenden
) Vorurteilen von Christen über das frühe Judentum ein
wenig zu steuern.

Marburg Diethclm Conrad

Martin-Achard, Robert: La mort en face selon la Bible hebraique.
Genf: Labor et Fides 1988. 136 S. 8" = Essais Bibliques, 15.

Das Buch behandelt das Verhältnis des alttestamentlichen Menschen
zum Tode und geht dabei auf eine Fülle von Aspekten ein. Da
die Einstellung zum Tode eng mit der zum Leben zusammenhängt,
beginnt die Darstellung (Kap. 1) mit der Wertung des Lebens, das als
ein hohes Gut angesehen wurde, und verbindet damit einen Einblick
in die wichtigsten Züge der biblischen Anthropologie.

Kap. 2 bringt einen kurzen Überblick über Tod und Jenseits im

alten Orient, wobei auf Ägypten mit seiner Pluralität der Anschauungen
und Mesopotamien mit seinen düsteren Vorstellungen vom
Totenreich und vom Zustand nach dem Tode eingegangen wird.

Kap. 3 kommt dann auf das Hauptthema, die Einstellung des alt-
testamentlichen Menschen zum Tode, zu sprechen. Erörtert wird, ob
es in Altisrael einen Totenkult gegeben habe, in welchem Verhältnis
Tod und Sünde zueinander stehen, wann von einem „guten Tod" (bei
Erfüllung der Tage) und wann von einem „bösen Tod" (durch Gewalt
bzw. vor der Zeit) gesprochen werden kann. Da ein „guter Tod" nur
bei einem ordentlichen Begräbnis gewährleistet ist, wird auf Trauerbräuche
, Begräbnisriten und auf das Los der Toten, die unbegraben
und unbeklagt bleiben, eingegangen; denn «le sort du defunt depend
de ce qui arrive ä sa depouille» (S. 71). Es folgt ein Abschnitt über die
Totenwelt (Scheol) und über den Zustand nach dem Tode, der als
geschwächte Existenz, ohne Verbindung mit Gott, aufgefaßt wurde.

Kap. 4 behandelt Aussagen des Alten Testaments über den Sieg
des Gottes Israels über den Tod. Aufgenommen werden dabei auch
die Totenerweckungslegenden 1 Kön 17,17-24; 2Kön4,31-37;
13,29.Ausführlicher wird eingegangen auf Hos 6,1-3, einen Text, der
nicht von individueller Auferstehung, sondern von politischer Wie-
dererstarkung spricht, Ez 37,1-14, die Bildrede von der Auferwek-
kung der Totengebeine, sowie Jes 53,10-12, ein vielfach deutbares
Stück aus dem 4. Knechtgotteslied. Es folgen die Textstellen, die von
einer Entrückung berichten: 2Kön 2,1.11 ff (Elija) und Gen 5,24
(Henoch). Dem schließen sich diejenigen Psalmstellen an, für welche
vielfach die gleiche Vorstellung angenommen wird: 49,16; 73,23f
(vgl. 16,9-11). Am Ende der Ausführungen steht der Auferstehungsglaube
, der im Alten Testament nur durch Jes 26,19 und Dan 12,1-3
bezeugt ist, nicht aber schon im Buche Hiob (19,2 5-26).

Das Buch ist flüssig geschrieben und allgemein verständlich gehalten
, um einen breiteren Leserkreis zu erreichen. Das hatte den Verzicht
auf Anmerkungen und genaue Belege zur Folge, selbst wenn
Zitate gebracht wurden. Dem Laien erleichtert dies das Lesen, und der
Fachmann findet sich ohnehin zurecht. Ein solches Vorgehen kann
nur jemand wagen, der voll mit der Materie vertraut ist; und das ist bei
R. Martin-Achard der Fall, ist doch schon sein erstes Buch - De la
Mort ä la Resurrection, 1956 - dem gleichen Problemkreis gewidmet,
und er hat sich mit ihm, wie zahlreiche Aufsätze beweisen, seitdem in
vielfältiger Weise beschäftigt.

Durchweg ist das wissenschaftliche Urteil besonnen. Auch abweichende
Meinungen werden referiert, und dem Leser wird immer
wieder deutlich gemacht, wo Fragen weiterhin offen sind, schon
dadurch, daß bei entscheidenden Texten voneinander abweichende
Übersetzungen nebeneinandergestellt werden.

Dem Buch ist, da es in anschaulicher Weise wesentliche Erkenntnisse
vermittelt, eine weite Verbreitung zu wünschen.

Berlin Ludwig Wächter

Gerstenberger, Erhard S.: Jahwe - ein patriarchaler Gott? Traditionelles
Gottesbild und feministische Theologie. Stuttgart - Berlin
(West)-Köln-Mainz: Kohlhammer 1988. 171 S. kl. 8 Kart. DM
20,-.

Wenn der Wert eines Buches darin liegt, daß es beunruhigt, zu -
teilweise heftigem - Widerspruch bzw. Zustimmung, aber auch zu
Überlegungen und abweichenden Urteilen Anlaß gibt, dann muß man
vorliegender Publikation Anerkennung zollen. Sie ist auf der einen
Seite ruhig übwägend und auf der anderen mit feurigem Engagement
geschrieben.

Der Vf. äußert sich kenntnisreich und zutreffend zu den Problembereichen
des Alten Testaments, zu archäologischen Erkenntnissen
und vor allem auch den religiösen Verhältnissen im Israel der
geschichtlichen Zeit (Kap. 1-6), da er die Frage nach dem maskulinen
Gottesbild, die heute vielfach, nicht zuletzt von feministischer Warte