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Ausgabe:

1989

Spalte:

27-28

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Altmann, Alexander

Titel/Untertitel:

Von der mittelalterlichen zur modernen Aufklärung 1989

Rezensent:

Bammel, Ernst

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Seite 1

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Theologische Litcraturzeitung I 14. Jahrgang 1989 Nr. 1

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diesem Weg gelingt es. sowohl das benutzte Bild als auch dessen
Situierung in der prophetischen Handlung aufzuschlüsseln und anschaulich
verständlich zu machen. Gerade die so angelegte Untersuchung
kann dann auch das Phänomen der prophetischen Zeichenhandlung
weiter beleuchten und hier zu neuen Einsichten lühren (vgl.
bes. 134(1"). Wird auch der Kontext von Bild und Wort so ganz markant
für die Interpretation des Textes fruchtbar gemacht, so bricht
hier aber auch die Frage nach dem literarischen Kontext (z. B. Ez 4f
im Horizont von Ez 1-3?) auf und weist damit zurück auf die von
Max Küchlerangcsprochenen Grundfragen nach der Verbindung von
Exegese und Ikonographie/Archäologie.

Es bleibt nach der Lektüre der Festschrift nur den durch sie Geehrten
auch zu diesen Arbeiten aus ihrem Kreis zu gratulieren.

Bonn Christoph Dohtnen

Sitarz. Eugen [Hg.]: Höre, Israel! Jahwe ist einzig. Bausteine für eine
Theologie des Alten Testaments. Stuttgart: Kath. Bibelwcrk; Kevelaer
: Butzon & Bercker 1987. 350 S. 8° = Biblische Basis Bücher.
5.

Den Autoren der von E. Sitarz als Hg. betreuten .Theologie für
Nichtfachleute' gelingt es. den Leser in leicht verständlicher, erzählender
Form an zentrale theologische Aussagen des Alten Testaments,
einschließlich der Apokryphen, heranzuführen. Dabei werden mehr
oder weniger verbreitete moderne Fragestellungen berücksichtigt.
Hervorzuheben ist. daß die erforderliche Auswahl und Vereinfachung
nicht durch Vernachlässigung des w issenschaftlichen Erkenntnisstandes
erkauft wird. Von einer thematisch gegliederten systematischen
Darbietung des Stoffes wird aus naheliegenden Gründen abgesehen.
Der Hg. entschied sich statt dessen dafür, die biblischen Bücher einzeln
oder in sinnvoller Zusammenfassung behandeln zu lassen. Dadurch
konnte auch mancherlei an einleitungswissenschaftlichen
Informationen untergebracht werden. LJmsichtig ausgewählte Litera-
t'jrangaben ergänzen die Darstellung, die durch Namen- und Sachregister
sowie ein Verzeichnis der herangezogenen Bibclstellen
erschlossen wird.

Aus leserpsychologischen Gründen folgt die Anordnung der Beiträge
nicht dem ordo librorum Vcteris Testamenti. Die erzählenden
Bücher werden vorangestellt, während die theologisch komplizierteren
Texte ihren Platz am Ende des Bandes finden. Die Reihenfolge
im einzelnen: Pentatcuch (F.-L. Hossfcld: gegliedert nach den literarischen
Quellen). Josua/Richter (D. Kellermann). Samuel/Könige
(O. Wahl). Chronistisches Geschichtswerk (S. Wypych). Rut. Tobit.
Judit. Ester (E. Beck). Makkabäer (D. Kellermann). Psalmen (H. Reinelt
). Weisheitsliteratur (B. Lang). Hoheslied (E. Beck). Propheten
(F. J. Stendebach). Daniel (D. Bauer).

K.-H. Ii.

Judaica

Altmann. Alexander: Von der mittelalterlichen zur modernen Aufklärung
. Studien zur jüdischen Geistesgeschichte. Tübingen: Mohr
1987. VII. 336 S. gr. 8' = Texts and Studics in Medieval and Early
Modern Judaism. 2. Lw. DM 128.-.

Der vorliegende Band des Vf.. der mit Arbeiten über Scheler und
Mendelssohn begann und sich danach durch die Behandlung arabischer
und jüdischer Themen hohe Achtung erworben hat. vereinigt
zehn, davon zwei bisher unveröffentlichte Aufsätze: acht in englischer
, zwei in deutscher Sprache. Jedoch ist ein weiterer Aufsatz
(über M.Mendelssohn) ganz durch den deutschen Hintergrund
bestimmt und auch die Beiträge, die der Vf.. durch die Zeitläufc veranlaßt
, in englische Sprache kleidete, sind, wie die Anmerkungen ausweisen
, von deutscher Gelehrsamkeit geprägt. So ist es angemessen,
daß der Titel der Sammlung in deutscher Sprache erscheint.

Aufklärung ist das Stichwort. Es wird in einem ungewöhnlichen
Sinne verwendet, nämlich das bezeichnend, was einen Wandel
gegenüber der traditionellen schlichten Glaubenshaltung" (S. V)
bedeutet (der Vf. steht dem mit Achtung, aber nicht unkritisch
gegenüber: so setzt er diesem Begriff eine andere, nämlich .Jüdische
Erneuerung" S. 298. entgegen). Ob sich solche Ausweitung empfiehlt,
mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls aber zeigt die Verwendung des
Wortes die Absicht des Vf. an. die Produkte jüdischer Mystik als
Gedankengebäude darzustellen, die. griechische und arabische Anregungen
aufnehmend, eine innere Logik haben. Dies gilt insbesondere
tür die Abhandlungen über die delphische Regel und die
Himmelsleiter: diese sind ebenso weit ausgreifende wie in die Tiefe
gehende Untersuchungen, die auf jeder Seite die Handschrift des Meisters
verraten und gerade von einem Theologen mit höchstem Gewinn
studiert werden. (Was die letztere anbelangt, so ist die Leiterais Leiter
der Lahmheit nicht nur polemisch gemeint, sondern meint die Erfahrung
der Gefährlichkeit der Himmclreise. die sich schon Jakob zeigte
und die in der Geschichte von der Paradiesesreise der vier Rabbinen
einen schematischen Ausdruck gefunden hat.) Das vom Vf. vorgelegte
Material vermag der Erklärung des apokryphen Jakobfragments
(Schürer, Geschichte III. 360) eine Richtung zu geben. Daß es ebenso
für die Deutung des hebräischen Henochbuchs von Bedeutung ist.
bedarf keiner Ausführung (leider wird Bcvans Beitrag in der Wcll-
hausen-Festschrift nicht erwähnt).

Zwei Beiträge sind umfangreiche Einleitung zu Textausgaben.
Moses b. Narbonis Brief über Schiur Koma behandelt die Frage des
göttlichen Körpers, die dem Theologen durch Elchasai nahe gebracht
worden ist und die bei Moses b. N. zu einer Frage mit mystischem
Tiefsinn abgewandelt wird. Abraham Kohcn Hcrrcras Himmelspforte
ist in der Nachfolge Piatos und Plotins geschrieben worden.

Anders dagegen steht es mit dem einen Streit in der Amsterdamer
.ludenschaft behandelnden Aufsatz über die ewigen Strafen. Hier ist
es so. daß diese Auffassung deshalb kritisiert wird, weil damit christliche
Lehre übernommen werde. Hinzu kommt ein innerjüdisches
Problem, nämlich die Marranen, die bei Zugrundelegung dieser
Auffassung gleichsam vom Regen in die Traufe kämen. So wird
gerade von ihnen her widersprochen und die Ganzheit und Unversehrtheit
Israels angenommen - natürlich durch der Kabbala entlehnte
Argumente gestützt. Dies alles wird vom Vf. in ausführlicher
Untersuchung durch Dokumente belegt, die er schon an anderem
Ort veröffentlichte.

Die drei letzten Beiträge sind dem. was als jüdische Aufklärung im
eigentlichen Sinn zu bezeichnen ist, gewidmet, der geistigen Standortbestimmung
des Judentums in der Zeil zwischen Mendelssohn und
Cohen. Bei Mendelssohn zeigen sich zwei Stufen der Darstellung. Es
bleibt die Frage, was das Eigentliche ist. wenn er zu Juden oder zu
Nichtjudcn spricht. Besondere Aufmerksamkeit darf die Darstellung
von Zunz' Predigten beanspruchen. Sic zeigt den durch subtile Untersuchungen
als Mitbegründer der Wissenschaft des Judentums bekannten
Forscher als Sohn der Aufklärung und Zeitgenossen der Romantik
(gelegentlich mit einer ans Plagiat grenzenden Abhängigkeit von
Schleiermacher S. 258). der im Fortschritt die moderne Form des
Messianismus sieht (S. 278) und dem Judentum einen Sonderberuf als
Volk abspricht (S. 296). - Der Aufsatz, über Cohen beschreibt seinen
auf die Unabhängigkeit der Religion angewandten Begriff der Entsprechung
(Korrelation) und kritisiert ihn mit von Buberund Rosenzweig
übernommenen Kategorien als Versuch, den Einfluß der Aufklärung
zu steuern.

Es ist ein Hochgenuß, die reifen Darstellungen auf sich wirken zu
lassen. Zu bedauern ist freilich der fremdsprachige Titel der Reihe,
denn die in Deutschland getriebenen jüdischen Studien haben wieder
ein Maß von Anerkennung gefunden, das ein Segeln unter fremder
Flagge als grotesk erscheinen läßt.

Cambridge Ernst Bammel