Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1989

Spalte:

23-24

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Prologue and first cycle of speeches, Job 1:1 - 14:22 1989

Rezensent:

Müller, Hans-Peter

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

23

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 1

24

stand hinaus und neben anderen einen eigenen Akzent, der ihm das
Gewicht eines Standardwerkes sicherte.

Bochum Siegfried Herrmann

Michel, Walter L.: Job. In the Light of Northwest Semitic. I: Prologue
and First Cycle of Speeches Job 1:1-14:22. Rome: Biblical Institute
Press 1987. XVII. 436 S. gr. 8° = Biblica et Orientalia. 42. Kart.
Lire 55.000.

Der dem Alttestamentler schon aus seiner philosophischen Dissertation
"The Ugaritic Texts and the Mythological Expressions in the
Book of Job (Including a New Translation of and Philological Notes
on the Book of Job)", The University of Wisconsin-Madison 1970,
bekannte Wissenschaftler legt hier wiederum eine literarisch anspruchsvolle
Übersetzung und einen ausführlichen philologischen
Kommentar vor - nunmehr, in einem ersten Bande, zu 1,1-14.22.
Wie schon in der Dissertation besteht eine starke Abhängigkeit von
Methode und Ergebnissen des vor einigen Jahren verstorbenen Paters
Professor Mitchell J. Dahood, dem das Werk auch gewidmet ist; nach
dem "Index of Authors" S. 375 ist Dahood "cited on practically every
page"; die Einführung (S. 1) präsentiert das Buch gleichsam als
Dienstleistung gegenüber der Arbeit des früh Vollendeten. Weithin
liest sich das neue Werk denn auch wie die sorgfältige Sammlung von
Einzelparallelen, die Dahood in einem emsigen Forscherleben und
dessen weitläufiger literarischer Hinterlassenschaft (vgl. S. 338-344
des Literaturverzeichnisses!) insbesondere aus dem Ugaritischen und
Phönizischen. neuerdings auch aus der Sprache von Ebla. zu Einzelsätzen
und Wendungen des Buches Hiob beigebracht hat, und von
vorwiegend lexikalischen Folgerungen, die er aus diesen Einzelparallelen
meinte ziehen zu können. Man vergleiche insbesondere M.J.
Dahood, Northwest Semitic Philology and Job, in: J. L. McKenzie
(ed.), The Bible in Current Catholic Thought: Gruenthaner Memorial
Volume, New York 1962, 55-74, sowie die beiden Sammlungen von
E. R. Martinez, Hebrew-Ugaritic Index to the Writings of M.J.
Dahood, Rom 1967, und: Hebrew-Ugaritic Index II with an Eblaite
Index to the Writings of M. J. Dahood, Rom 1981. Andere Gewährsmänner
des auch sonst stark auf die Sekundärliteratur ausgerichteten
Werks sind A. C. M. Blommerde, E. Dhorme, R. Gordis, M. Pope,
H. H. Rowley u. v. a., leider auch A. Guillaume, dessen ohnehin
mühsame, z. T. abenteuerliche arabische Isoglossen allerdings meist
nur als Negativfolien für nordwestsemitische Ableitungen dienen;
dagegen wird die deutsche Forschung, deren philologisches Profil seit
dem letzten Kriege leider weniger markant ist, abgesehen von G. Fohrers
großem Hiobkommentar, kaum berücksichtigt, was im Fall
G. Hölschers bedauerlich ist.

In der Tat ist vielen Bearbeitern des Hiobbuches zu wenig bewußt,
wie fraglich jede Übersetzung dieser textkritisch zwar relativ unproblematischen
, lexikalisch und grammatisch aber höchst eigenwilligen
alttestamentlichen Schrift ist: ihr poetisches Corpus, 3,1-42,6
unter Ausschluß der Zusätze, bedient sich einer antiquierenden Sprache
mit teilweise geradezu manieristischen Zügen; zumindest in bezug
auf die letzteren ist es den sog. babylonischen „Hiobtexten" vergleichbar
. Von daher liegt es in der Tat nahe, die Lösung der vielen Rätsel
von den älteren Nachbarsprachen des Althebräischen zu erwarten,
wenn es in dem vorliegenden Werk auch nur in relativ wenigen Fällen
gelungen sein dürfte, wirklich überzeugende neue Deutungen seltener
Lexeme zu bieten. Vieles ist ja am Ugaritischen und Phönizischen
selbst noch fraglich. Insbesondere die eblaitischen ..Parallelen" aber
sind in Lesung und Deutung fast durchweg unsicher, weil weder die
eblaitische Keilschrift noch die vorwiegend sumerographischen eblaitischen
Texte, allermeist Wirtschaftsurkunden, ihre Geheimnisse
schon preisgegeben haben. Neben dem - wegen der schmalen Bezeugung
der meisten nordwestsemitischen Sprachen immer dem Zufall
ausgelieferten - lexikalischen Einzelvcrglcich, der die größeren linguistischen
Einheiten wie Phraseologie und Formensprachc ausdrücklicher
hätte einbeziehen müssen, wären vor allem die antiken Übersetzungen
stärker heranzuziehen gewesen - zwar nicht die Septuaginta
zu Hiob. deren Verfasser seiner Aufgabe offenbar wenig gewachsen
war, wohl aber die oft in ihrer Mittelbarkeit wertvolle Evidenz aus
deren drei griechischen Konkurrenten, Aquila, Symmachos und
Theodotion (vgl. dazu Rez., ZAW 100, 1988, 90-105), zumal das
ganze griechische Material durch J. Ziegler (JOB, Septuaginta XI 4,
Göttingen 1982) gerade eben bequem zugänglich ist; vor allem aber
vermißt man das Hiobtargum aus Qumran (4Q157 + 1 lQtgJob), das
seinem Urtext wörtlich folgt und, dem 2., wenn nicht gar 3. Jh. vor
Chr. entstammend, mit Abstand das älteste uns bekannte Targum
überhaupt ist, wenn man von kürzeren Texten wie 4Q156
(Lev 16,12-21) und 4QTob (wenige Fragmente) absieht; für 4QI57 +
1 lQtgJob wird S. 5 ohne Angabe von Gründen lediglich auf M. Pope
verwiesen.

Diese Bedenken gegen das Werk des gelehrten und fleißigen Vf. sind
dennoch nicht die einzigen. Zwar haben Dahood und Michel auf die
Schwierigkeiten, die allein die Übersetzung des Buches Hiob an vielen
Stellen bietet, ebenso eindringlich aufmerksam gemacht wie auf die
grundsätzliche Möglichkeit, eine im Alten Testament periphere
Schrift mit Hilfe nordwestsemitischen Materials besser zu verstehen.
Gleichwohl muß betont werden, daß bereits die philologischen Probleme
nicht allein mit philologischen Mitteln bewältigt werden
können: Literarkritik und Formgeschichte zumindest reden schon
hier ein Wörtchen mit, erstere etwa, was das stilistische Verhältnis
von Rahmenerzählung und Corpus, letztere, was die Nähe der Phraseologie
der Reden Hiobs zur Sprache der psalmistischen Klage des
einzelnen angeht; das darin liegende Deutungspotential hat der Vf.
ganz ungenutzt gelassen. Um so weniger darf es verwundern, daß sein
Kommentar, abgesehen von philologischen Begründungen der Übersetzungen
, eine literarische oder religionsgeschichtlich-theologische
Interpretation nicht leistet: wie schon in der Dissertation werden
Ausdrücke. Anspielungen und Motive erhellt, nicht Texte; einiges
ganzheitliches Deutungswissen mag freilich unausgesprochen geblieben
sein, u. a. im Blick auf mythische Implikationen und deren allerdings
oft weit zurückliegende Hintergründe. So bleibt das Buch, wie es
vor uns liegt, eine gigantische Miszellensammlung, die als solche
natürlich nicht ohne Nutzen ist, allenfalls aber als Materialvorrat für
die Weiterarbeit verwendet werden kann. - Für den zweiten Band
wird u. a. "a Grammar of Job" angekündigt (S. 9). Zahlreiche Register
helfen das Werk zu erschließen.

Münster Hans-Peter Müller

Kallai, Zecharia: Historical Geography of the Bible. The Tribal Ter-
ritories of Israel. Jerusalem: The Magnes Press; Leiden: Brill 1986-
XII, 543 S. m. 4 Ktn gr. 8°. Lw. $ 48.-.

Daß K.s Arbeit zur Stammes- und Siedlungsgeschichtc Israels jetzt
in einer englischen Übersetzung allgemein zugänglich gemacht
wurde, kann nur begrüßt werden. Es handelt sich um eine der umfassendsten
Arbeiten, die nahezu lückenlos alle Texte, die Für dieses
Thema von Bedeutung sind, in die Untersuchung einbezieht, so daß
sich am Ende ein geschlossenes Bild der Stammes- und Siedlungsgebiete
Israels aus historisch-geographischer Sicht ergibt.

Die Arbeit erschien zuerst 1967 in Hebräisch unter dem Titel:
Nahälöl §ib(e Yisra 'el. Für die englische Ausgabe wurde sie völlig neu
überarbeitet, erweitert und auf den neuesten Stand der Literatur gebracht
, ohne daß sich dadurch ihre ursprüngliche Konzeption und
ihre Ergebnisse verändert haben.

In einer allgemeinen Einleitung ("General Introduction", S. 1-17)
geht K. davon aus, daß sich Angaben über Stammesgebiete und
-grenzen in zwei verschiedenen Textgruppen finden lassen. Sie begegnen
einerseits verstreut in den erzählenden Partien des AT ("these
embracc many allusions to political devclopmcnts. territorial chan-
ges. and intertribal and interstate rclations") und andererseits in