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Ausgabe:

1989

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 6

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und Bibliotheken am Ende des Bandes zu konsultieren hat. Um so ärgerlicher
ist dann, wenn das Siglum AMS (für Arehives Municipalcs de Strasbourg) in
Bd. 6.2 zwar benutzt, aber nirgends nachgewiesen wird.

Detailliert, gut gegliedert und ausgesprochen hilfreich sind die den
gedruckten und ungedruckten Schriften vorangestellten Einleitungen.
Sie bieten unentbehrliche Informationen zur historischen Vcrortung,
aber auch zur inhaltlich-theologischen Charakterisierung der edierten
Stücke. Von daher geben sie dem Benutzer bisweilen sogar mehr
Informationen an die Hand, als eine kritische Edition eigentlich im
strengen Sinne zu leisten hätte. Dies gilt besonders auch für die in
Bd. 6,3 gegebene ausgezeichnete Einleitung zu den Katechismen
Bucersvon 1534, 1537 und 1543. Alle drei, die umfangreiche „Kurtze
schrifftliche erklärung" von 1534, die diese ersetzende im Katechismus
von 1537 vorliegende Kurzfassung und vor allem der sich durch
die Abschnitte zu .Kirchendienst' und .Kirchenübungen' auszeichnende
„KürtzerCatechismus" von 1543 dokumentieren Bucers Engagement
für lehrmäßige Vereinheitlichung und Einheit in Abgrenzung
gegen heterodoxe Strömungen sowie seinen Einsatz für Ordnung im
(iemeindclcben und im Leben des einzelnen. Interessant sind darüber
hinaus die im Anhang (S. 266-269) abgedruckten „Fragmente aus
Bucers Bearbeitung des Berner Katechismus" von Kaspar Megander,
die er im Anschluß an seine - in Bd. 6.1 dokumentierten - Darlegungen
auf der Berner Synode 1537 vornehmen konnte. Sie sind ein
beredtes Zeugnis dafür, in welchem Maße Bucers Eintreten und Werben
Tür ein rechtes Verständnis der Wittenberger Konkordie ansatzweise
auch bei den Eidgenossen auf Resonanz gestoßen ist.

Was das editorische und redaktionelle Profil dieses Bandes angeht,
so ergeben sich im Grunde dieselben Desiderata wie bisher. Die
Erstellung der textkritischen und erläuternden Anmerkungen hätte
noch größere Sorgfalt erfordert.

Jedenfalls vermißt der Benutzer Konjektur bzw. Anmerkung Tür die Lesarten
••sü", S. 91, Z. 16; „fruchbar". S. 120, Z. 3.; „hermanungen", S. 126, Z. 22;
•■mit", s. |65, Z. 17. AufS. 78 wurden die Anmerkungen 251 und 252 gegeneinander
vertauscht: auf S. 121 ist die Anmerkung 698 nicht ausgeführt.

Ein Problem stellt außerdem nach wie vor die Verwendung des
Kursivdrucks für Bibclzitate dar (auf S. 65 wurde er fälschlich nicht
bis zur Anmerkung 107 durchgeführt). Besonders der Abdruck des
Katechismus von 1543 erhält bedingt durch die Kursive auf den
ersten Seiten ein ausgesprochen unruhiges Schriftbild, was außerdem
den entsprechenden Passagen unbeabsichtigt und unbegründet Relief-
stcllung zukommen läßt. (S. 227-231).

Über dem Hinweis auf die Schwächen der Ausgabe darfein Blick
auf ihre unbestreitbaren Stärken nicht unterbleiben. Es werden mit
der Edition des vielseitig orientierten und wirkungsgeschichtlich
bedeutsamen Werkes Martin Bucers Schriften zugänglich gemacht,
die der Forschung Quellcnmaterial von unschätzbarem Wert erschließen
. Allein schon dieser Gesichtspunkt genügt, um dem Editionsvorhaben
Kontinuität und für die weiteren geplanten Bände zügiges
Erscheinen zu wünschen.

Heidelberg Irene Dingel

Bornkamm. Karin: Umstrittener „Spiegel eines Christlichen lebens". Luthers
Auslegung der Bergpredigt in seinen Wochenpredigten von 15.10 bis 1532
IZThK 85.1988,409-454).

Brady. Thomas A., Jr.: Architcct of Persecution: Jacob Sturm andthe Fall of
•hcSectsat Strasbourg (ARG 79, 1988.262-280).

Burehill. Christopher J.: Aristotle and the Trinity: The Ose of Johann Hasler
in Strasbourg 1574-1575 (ARU 79, 1988,282-310).

••'riesen. Abraham: Thomas Müntzer and Marlin Luther (ARG 79. 1988.
59-80).

Luther. Martin: Amen. Das weitere findet sich. Gelebtes Vaterunser. Aus-
»-•wählt u.eingel. vonH.-M. Barth. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1989. 190 S.
•d. 8' = Herderbücherei. Texte zum Nachdenken, 1597. Kart. DM 10,90.

Martikninen. Eeva: Die finnische Lutherforschung seit 1934 (ThR 53, 1988.
371-387).

Philippi, Paul: Wie lutherisch ist unsere Reformation?(Kirchliche Blätter 16,
1988, 10,6und 11,7).

Rhein. Stefan [Hg.]: Melanchthonprcis. Beitrage zur ersten Verleihung 1988.
Sigmaringen: Thorbecke 1988. 106 S. m. Abb.. 6 Taf. gr. 8' = Melanchthon-
Schriftcn der Stadt Bretten. 1. Pp. DM 24,-.

Ritter, Einhard: Wie die Reformation Freiheit versteht (LM 27. 1988,
544-546).

Seebaß, Gottfried: Die Augsburger Kirchenordnung von 1537 in ihrem
historischen und theologischen Zusammenhang (In: Schwarz. Die Augsburger
Kirchenordnung von 1 537 und ihr Umfeld. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn I988.S. 33-58).

Shaw. Duncan: Zwinglianische Einflüsse in der Schottischen Reformation
(Zwing. 17/5, 1988,375-400).

Vereruyssc, Jos E.: „Nous ne sommes point nostres ..." La spiritualitc de
Jean Calvin (Gr. 69,1988,279-297).

Volk, Ernst: Der andere Martin. Eine Erinnerung an den lutherischen Theologen
Martin Chemnitz. V. (Schluß). (LuThK 11. 1987,16-23).

Wartenberg. Günther: Auslegung der Heiligen Schrill bei Thomas Müntzer
und Martin Luther (Standpunkt 17,1989.79-83).

Kirchengeschichte: Neuzeit

Weigelt, Horst: Lavater und die Stillen im Lande. Distanz und Nähe.
Die Beziehungen Lavaters zu Frömmigkeitsbewegungen im
18. Jahrhundert. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988.
214 S. gr. 8° = Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, 25. geb.
DM 46,-.

Johann Kaspar Lavaters „Persönlichkeit ist von jeher umstritten
gewesen. Doch das liegt im Wesen seines Standpunktes." (E. Hirsch:
Geschichte der Evangelischen Theologie Bd. IV, 186. Gütersloh 1949)
Der Streit um seine Person zeigt einmal mehr, wie unzureichend die
herkömmlichen Kategorien: Pietist, Aufklärer, Erweckter usw. sind.
Es zeichnet die neuere Forschung aus, daß sie aufgrund genauerer und
umfassenderer Arbeit an den Quellen zu differenzierten Urteilen
kommt. Darin liegt auch ein Vorzug des hier anzuzeigenden Buches
von Weigelt. Es bleibt in der Gesamtwertung bei den bisherigen
Unklarheiten. Das „und" im Titel bleibt in Weigelts Interpretation
weithin unscharf. Weigelt kann sich aber auf Lavater selbst berufen:
Lavater „hat sich dezidiert gegen solche Versuche der Vereinnahmung
verwahrt. Sein Verhältnis zu ihnen (sc. die Stillen im Lande)
war nämlich letztlich ambivalent, charakterisiert durch Distanz und
Nähe, wobei wohl im Theologischen die Distanz und in der Frömmigkeit
die Nähe dominiert" (Letzte Sätze des Buches in der sehr knapp
ausgefallenen Zusammenfassung 1800.

Unter Forschungsgesichtspunkten freilich ist das Buch eine reife
Frucht längerer und in Einzeluntersuchungen bereits dokumentierter
Beschäftigung mit Lavater. Hier werden wichtige Ergebnisse zusammengetragen
. Lavaters vielfältigen Verbindungen zu vielen wichtigen
und unwichtigeren Zeitgenossen ist natürlich von Anfang an gesehen
und betont worden. Weigelt gelingt es aber, klare und historisch verläßliche
Nachrichten übersichtlich und kenntnisreich zusammenzustellen
. Vier Quellbereiche hat die Arbeit, die 26-29 kurz skizziert
werden: 1. Gedruckte Schriften Lavaters; dabei geht es um keine einschlägige
thematische Abhandlung, sondern um Randbemerkungen;
2. die umfangreiche Korrespondenz; 3. die Reisetagebücher und
4. Äußerungen seiner Zeitgenossen über ihn, „um die wechselseitigen
Beziehungen . . . umfassender in den Blick zu bekommen" (28). Die
Reisetagebücher erhalten dabei besondere Bedeutung, insbesondere
das erste über seine Reise 1763/64 zu Johann Joachim Spalding nach
Barth in Pommern. Eine Ausgabe desselben wird von Weigelt vorbereitet
(10 Anm. 9).

Unter den „Stillen im Lande" faßt Weigelt verschiedene Frömmigkeitsbewegungen
des zweiten Teils des 18. Jh. zusammen, wobei er
die Grenze dieser Bezeichnung etwa für Oberlin selbst sieht (12). Das
Buch gliedert sich dementsprechend: