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Ausgabe:

1989

Spalte:

422-423

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Porter, Paul A.

Titel/Untertitel:

Metaphors and monsters 1989

Rezensent:

Kratz, Reinhard Gregor

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 6

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tige Analysen von Dtn 9f, Ex 32-34, der zum Thema gehörenden
Erzählungen über die Wüsten Wanderung in Exodus und Numeri
sowie von Ex 5, wobei nicht von einer Gesamtkonzeption hinsichtlich
der Entstehung des Pentatcuch ausgegangen wird, soll versucht werden
, Ursprung und Geschichte der Vorstellung von Mose als Fürbitter
sowie deren theologische Bedeutung zu klären.

Der VC beginnt mit der Untersuchung von Dtn 9 f, da die Fürbitte in
diesem Text das Hauptthema bildet. Als Grundschicht, die schwerlich
vor dem Exil anzusetzen ist, betrachtet er Dtn 9,l-7a.l3f.26a*.
27(f); 10,11. Durch die Fürbitte soll, wie aus dem literarischen
Zusammenhang hervorgeht, gezeigt werden, daß Jahwe Israel erhält,
weil die Verheißung an die Väter nach wie vor Gültigkeit hat
(Dtn 9,27a; 10,11 „Evangelium"). Auf diese Weise wird Israel auf das
deuteronomische „Gesetz" vorbereitet.

Die in der Grundschicht geschilderten Vorgänge sind von Dtn 9,13
an zum Horeb verlegt worden, wie aus der in Ex 32,7f. 10—14 eingeschobenen
Fürbittszene, bei der es sich um „eine selbständige und
kontextbezogene Bearbeitung der Grundschicht von Dt9f" handelt
(S. 43), hervorgeht. Aus Ex 32 sind dann der Berg, die Tafeln und das
Kalb in den Text von Dtn9f gelangt (zuerst Zusätze in
Dtn 9,[8],9.11 f. 15-17.21.26.[28].29). Von einem weiteren Bearbeiter,
dessen Hauptinteresse dem Dekalog und vor allem der Fürbitte wegen
aller Sünden gehört, stammen Dtn 9,10.18f.25; 10,1-5.10.

Danach wendet sich der Vf. noch einmal ausführlich Ex 32 zu, einer
besonderen Einheit, die älter ist als Ex 33 f. Auf Grund seiner Analyse
betrachtet er Ex 32,l-6.15a*.I9f.30-34 (außer einigen Zusätzen)
als wahrscheinlich vorexilische Grunderzählung, die sich an
Ex 24,12-15a. 18b; 31,18 anschließt und Juda Sünde und Untergang
des Nordreichs warnend vor Augen halten will. Die Szene in
Ex 32,30-34, in der Mose anscheinend zum ersten Mal als Fürbitter
dargestellt wird, der nicht mehr leben möchte, wenn sein Volk keine
Vergebung erlangt (V. 32b), weist Beziehungen zu Gen 32 und 50
sowie zu Arnos und Hosea auf.

Bei der Untersuchung der Komposition von Ex 32-34 geht es
zunächst um Gottes Reue in Ex 32,7f. 10-14, einem besonders schönen
Text, dessen Hintergrund außer Dtn 9f, Jer 26,19 und Am 7,3.6
bilden. Er stammt aus dem Jahrhundert nach dem Untergang Jerusa-
!ems und soll deutlich machen, daß sich Not durch Beten bewältigen
läßt.

Als Kern von Ex 33 betrachtet der Vf. die sich eng an Ex 32,30-34
anschließenden Verse 12-17, die Gottes Gegenwart in seinem Volk
zum Thema haben. Wegen der literarischen Abhängigkeit von
2Sam 7 dürfte es sich um einen spätdeuteronomistischen, wohl nach-
Biilischen Gebetstext handeln, in dem Mose eine Sonderstellung vor
Gott einnimmt.

Ex 34,1-28 ist nach Ansicht des Vf. durch planmäßige Komposition
frühestens im 6. Jh. entstanden. Durch die Fürbitte in V. 9 wird
deutlich, daß der neue Sinaibund auf Vergebung beruht.

Schließlich behandelt der Vf. Texte in Exodus und Numeri, in
denen Mose nicht nur als Fürbitter, sondern zugleich als der, gegen
den Israel murrt, erscheint. Als älteste, nach dem Fall Jerusalems entstandene
Murrgeschichte betrachtet er die Maraerzählung
(Ex 15,22-25a), die einen Hilferuf, aber keine Fürbitte enthält. In der
nach dem Vorbild der Marageschichte gestalteten, wohl nachexi-
■ischen Erzählung Ex 17,1-7 und in Num 11,4-35 fungiert Mose
nicht mehr als Fürbitter, sondern erscheint als angeklagter und klagender
Gottesknecht, wobei entsprechende Erfahrungen der Gerichts-
Propheten, besonders Jeremias, in die Mosezeit zurückverlegt worden
sind.

Als Ergebnis wird herausgestellt, daß das Bild des Fürbitte leistenden
Mose, von Ex 32,30ff abgesehen, „in die deuteronomistisch
geprägten Teile des Pentateuch" gehört (S. 207). Theologisch bedeutsam
ist folgendes: „Durch das Bild des für Israel betenden Mose können
die Sünde Israels, der Ernst des Gerichtes und die Größe der
Barmherzigkeit Jahwes unter Wahrung des je eigenen theologischen
Gewichtes zusammengehalten werden." (S. 207).

Dem Vf. gebührt Dank, daß er das Thema „Mose als Fürbitter" einmal
gesondert behandelt und dabei auch gelegentlich auf bisher wenig
Beachtetes aufmerksam gemacht hat. Es ist ihm gelungen, das Charakteristische
der verschiedenen Fürbittszenen herauszuarbeiten, wobei
ihm bewußt ist, daß es sich nicht bei allen herangezogenen Texten um
Fürbitte im eigentlichen Sinn handelt. In methodischer Hinsicht
wäre wohl manches zu überdenken. Die Spätansetzung von Penta-
teuchtexten, für die bisher meist frühere Entstehung angenommen
wurde, entspricht dem Trend der gegenwärtigen Forschung, doch
dürfte darüber noch nicht das letzte Wort gesprochen sein.

Weimar EvaOßwald

Porter, Paul A.; Mctaphors and Monsters. A literary-critical study of
Daniel 7 and 8. Toronto: P. A. Porter 1985. 128 S. 8" = Coniectanea
Biblica, Old Testament Series. 20.

In seiner Dissertation von 1983 (Uppsala), die hiermit in zweiter
Auflage erschienen ist, untersucht Vf. die Tiersymbolik in Dan 7 und
8. Auf die Frage, wie sich zu den eschatologischen Kernaussagen der
Visionen im zweiten Teil des Danielbuches (Dan 7-12), den Themen
von Gericht und Neuem Tempel, die höchst absonderlichen Tiergestalten
verhalten, wird in dreierlei Hinsicht eine Antwort gesucht
(XIII0: einmal hinsichtlich der Identifikation von Königen und Tieren
als solcher im Rahmen der Visionsdeutung (Parti, Kap. 1,
S. 1-12), zum zweiten hinsichtlich der körperlichen Eigenschaften
(physical peculiarities) der Tiere (Part II, Kap. 2, S. 13-29) und
schließlich, zum dritten, hinsichtlich der besonderen Eigenarten
(functional characteristics) der Tiere (Part III, Kap. 3-5. S. 33 bis
120).

Um den Stellenwert der Tiersymbolik in den beiden behandelten
Visionsberichten hinreichend ermessen zu können, sieht sich Vf. im
ersten Teil (Kap. 1, vgl. XIV) seiner Arbeit zunächst zur Klärung des
Verständnisses der Tierbilder als Metaphern veranlaßt und schließt
sich - entgegen einer bloß ersetzenden (Metaphor as Substitution) oder
vergleichenden (M. as comparison) Deutung - der „Interaktions-
Theorie" von Max Black an. Außer literarischem und historischem
Kontext sind Bild und Deutung danach als zwei eigenständige und
wechselseitig aufeinander einwirkende Subjekte, Informtions- oder
Assoziationsträger, zu berücksichtigen. Ein deutlicher Fall solcher
Interaktion zweier Subjekte liegt in Dan 7,7.23 und 8.25 vor, wo das
Bild (2. Subjekt) in die Deutung (1. Subjekt) mit eingeht und diese
dominiert; das Übergewicht der Tier- und bes. der Hornsymbolik
wird auch sonst für das Verhältnis von Vision und Deutung geltend
gemacht und führt zu dem Schluß, daß die verwendete Metaphorik
nicht nur Dekoration bzw. nur „Bildhälfte", sondern integraler
Bestandteil der im Zusammenhang von Vision und Deutung gemachten
Aussage ist.

Folgerichtig stehen ab dem zweiten Teil (Kap. 2) die Bilder selbst
im Vordergrund, wobei zunächst die abnormen körperlichen Merkmale
der Tiere nach einer Erklärung verlangen. Porter findet diese im
Vergleich mit einer Sammlung mesopotamischer Geburts-Omina,
den Summa izbu-Texten, in denen körperliche Anomalien von
Mensch und Tier zusammengestellt und auf zukünftige Ereignisse
individueller oder politisch-historischer Art bezoger! sind. Die beigebrachten
Parallelen zu Dan 7,4-8.13.19.24f; 8,3.5.8.20f.23, aber
auch zu dem ägyptischen Bokchoris-Lamm; lHen 85-90; TestJos 19
sowicApkJoh 5,5f; 13,2 sind fast durchweg schlagend und zeigen, daß
der „makkabäische" Verfasser, der für Dan 8 und jedenfalls für die
Horn-Metaphorik in Dan 7 verantwortlich zeichnet, nicht auf seine
Phantasie angewiesen war, sondern auf breite Wissensstoffe zurückgreifen
konnte, um mit ihnen die politischen Konstellationen seiner
Zeit und jüngsten Vergangenheit im (Tier-) Bild, dem Omen für die in
der Vision vorhergesehene historische Entwicklung, festzuhalten. Im
Aufweis dieses Hintergrundes für viele Einzelzüge in der Tiersym-