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Ausgabe:

1989

Spalte:

398-399

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Jauss, Hannelore

Titel/Untertitel:

Tor der Hoffnung 1989

Rezensent:

Jauss, Hannelore

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 5

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den, bevor das Werk infolge von Bearbeitung, Kürzungen und Auslassungen
, vor allem am Anfang und am Schluß, den Charakter einer
Epitome unter dem jetzigen Titel bekam und im wesentlichen in dieser
Form Verbreitung fand. Ein formal wie inhaltlich einheitliches
Werk liegt daher mit EpPt nicht vor.

2. Zur religionsgeschichtlichen Einordnung: Auf Grund der heterogenen
Traditionen, die in EpPt verarbeitet sind und diesen Text
inhaltlich prägen, sowie des dominierenden Rahmens kann die Schrift
trotz teilweise vorhandenen gnostischen Gedankengutes nicht als
genuin gnostisches Werk angesehen werden. Der an den Sophia-
Mythos in einigen Zeugnissen der setnianischen Gnosis erinnernde
fragmentarisch rekapitulierte Mythos innerhalb des Lehrgespräches
zeigt, daß nicht nur der Schöpfer von EpPt, sondern auch die Adressaten
gnostische Inhalte und Akzente sicher nicht nur gekannt, sondern
auch - ohne erkennbare Affinität zu einer Schulrichtung und nur
bis zu einem gewissen Grade, dabei nicht prägend und wirklich dominierend
- anerkannt haben.

3. Zu inhaltlichen Schwerpunkten: Das Leiden und auch die
Bedrohung der sich in EpPt artikulierenden Christen sind Anlaß und
zugleich zentrales Thema. Es besteht ein Wechselverhältnis zwischen
erfahrenem und zu erwartendem Leid der sich in EpPt Äußernden
und der Adressaten. Bereits in Teilen der nicht von der Gnosis beeinflußten
Rahmenhandlung spielte der Sachverhalt des Leidens eine
Rolle. Die aktuelle Verschärfung dieser Problematik bis hin zur
Tötungsabsicht namentlich nicht genannter Gegner - über nähere
Umstände, Ort und Zeitpunkt des Leidens schweigt EpPt - sollte mit
Hilfe der Einschübc bewältigt werden. Der Epitomator will mit der
Schließlichen Konzentration auf dieses Thema helfen, die Leidenssituation
in richtiger Weise zu erkennen, zu erklären und durchzustehen
. Leiden und Verfolgung gehören, wie einerseits unter Berufung
auf neutestamentliche Aussagen hervorgehoben wird (p. 138,23 bis
139,4). notwendigerweise zur christlichen Existenz. Andererseits wird
m den Passagen, durch deren Einfügung bereits der frühere, EpPt vorausgehende
Text inhaltliche Neuakzentuierungen erfuhr, das Leiden
zum einen als Folge des Sündenfalls der Eva (!) (p. 139,220 und zum
anderen - unter Rückgriff auf Elemente eines Sophia-Mythos einschließlich
Anthropogonie - letztlich als Werk der Archonten und als
anthropologische Grundbefindlichkeit angesehen (p. 136,8-15).

Der Bewältigung von Leiden und Gefährdung dient auch die in konzentrierter
Form gebotene Bezugnahme auf die Passion Jesu
(p. 139,15-28). Er nahm das Leiden real auf sich, dabei aber nicht
notwendigerweise, sondern um der Erlösung willen und vorbildlich
im Hinblick auf die Christen, also um ihrer-, nicht.um seinetwillen
(P- 138,18) und dabei auch nicht als Sühne- oder stellvertretendes Leiden
. Im Unterschied zu Jesus Christus (p. 139,21 0 müssen die Christen
notwendigerweise leiden (p. 138.190- EpPt ist dabei nicht als ein
Werk anzusehen, das in einer theoretischen Auseinandersetzung
steht.

Die Soteriologie des EpPt ist im Hinblick auf die zu Erlösenden universalistisch
ausgerichtet (p. 132,18f u. ö.) Das Heil ist im Einzelfall
mit dem Glauben an den Namen Jesu (p. 140,17fT) verbunden. Um
dies zu bewirken und zu fördern ist Missionsarbeit - Bestandteil der
Leidensüberwindung und Moment im antiarchontischen Kampf -
erforderlich.

Die im Dienst der Soteriologie stehenden christologischen Aussagen
sind neben dem inhaltlichen nicht entfalteten traditionellen
Qebrauch von heterogenen christologischen Titeln vor allem durch
die Hervorhebung der Wirksamkeit des irdischen Jesus bestimmt
(v. a. Verkündigung und Passion; vgl. 135,4-6; 138,2f.22-24;
139,11 0. In den von der Gnosis geprägten Passagen wird darüber hinaus
eine christologische Konzeption sichtbar, wie sie auch in Zeugnissen
begegnet, die als Hintergrund des johanneischen Prologs gelten
dürfen, wobei an einigen Stellen eine Verchristlichung einer ursprünglichen
nichtchristlichen soteriologischen Konzeption sichtbar wird.

Die Individual-Anthrppologic, in EpPt nur innerhalb des Lchr-
gespräches thematisiert, ist dualistisch: in dem von den Archonten

erschaffenen Körper befindet sich der wesensmäßig zum Erlöser gehörende
innere Mensch (p. 137,21 f; vgl. p. 136,22f; 137,50- Die stark
verkürzte Anthropogonie, enthalten in der von einer ursprünglich
nichtchristlichen Gnosis geprägten Partie (p. 136,8-15) im Zusammenhang
mit der Beantwortung von Grundsatzfragen (p. 134,20 bis
135,2; vgl. ExcTheod 78,2), basiert auf der auch in vergleichbaren
Zeugnissen der Gnosis ausführlicher enthaltenen Uminterpretation
von Gen 1 -2, ohne daß dies aber den Charakter einer aktuellen Auseinandersetzung
bekommt.

An anderen inhaltlichen Sachverhalten, etwa an Fragen der Ethik
oder der Eschatologie sowie der Ekklesiologie, ist EpPt, wohl auch
resultierend aus dem Epitome-Charakter, mehr indirekt und nur insoweit
interessiert, als sie mit der Hauptproblematik im Zusammenhang
stehen.

Jauss, Hannelore: Tor der Hoffnung. Vergleichsformen und ihre
Funktion in der Sprache der Psalmen. Diss. Tübingen 1988
350 S.

Im ersten Teil wird das Textmaterial auf den explizierten Vergleich
beschränkt und unter Berücksichtigung der Psaltereinteilung
von Oese im Kontext der Klassischen Rhetorik (Lausberg), der
Sprachgeschichte (Sncll). der Hermeneutik (Ricoeur), der Theologie
(Jüngel) und der Poetik (Stoffer-Heibel) unter dem Aspekt des Phänomens
, der Sprachform, der Textwelt, der Textrichtung und der Funktion
eingeordnet. Auf Grund statistisch nachweisbarer Bevorzugung
gewisser Vergleichs-Spcnder und ihrer Aspekte kann die grundsätzliche
Leistung des Vergleichs als Intensivierung der Gattungselemente
bestimmt werden: Im situativen Kontext Jammern intensiviert er die
Bitte, im situativen Kontext Jubeln das Lob, im situativen Kontext
Fluchen die Klage und im situativen Kontext Segnen das Vertrauen
.

Imzweiten Teil wird anhand der wissenschaftlichen Metapherndiskussion
das formale Verhältnis von Metapher und Vergleich (in
Anlehnung an Abdalqahir) präzisiert, und als Konsequenz der nun
„einfach" genannte „Vergleich" (Vergleichs-Spender + Vergleichs-
Empfänger + Vergleichs-Partikel) dem „metaphorischen Vergleich"
(Vergleichs-Spcnder + Vergleichs-Empfänger) und der „Metapher"
(Vergleichs-Spender) zugeordnet, wobei sich das Textmaterial auf die
für den einfachen Vergleich eruierten Vergleichs-Spender beschränkt.
Aus einer dem ersten Teil der Arbeit entsprechenden Methode der
Einordnung und der Ermittlung von Bevorzugungen ergibt sich die
Funktionsbestimmung des metaphorischen Vergleichs und der Metapher
: Im situativen Kontext Jammern wird die Macht Gottes, und im
situativen Kontext Jubeln wird die Furcht Gottes provoziert: im
situativen Kontext Fluchen wird Gottes Gericht, und im situativen
Kontext Segnen wird Gottes Nähe evoziert.

Im dritten Teil werden die im .Rasterder Bevorzugung hängengebliebenen
' acht Vergleichs-Spcnder (Licht und Schatten, Feuer und
Wasser, Berg und Staub, Pfeile und Schafe) zum Gegenstand einer
eigenen exegetischen Untersuchung, deren Aufgabe es ist, die Bildersprache
der Psalmen zu einem inneren Dialog herauszufordern, wie es
das grundsätzliche Phänomen der Übertragung notwendig macht:
einer sprachlichen Übertragung, die den einfachen Vergleich, den
metaphorischen Vergleich und die Metapher ursprünglich zuwege
bringt, einer situativen Übertragung, die den eigenen Kontext Jammern
und Jubeln im Kontext Fluchen und Segnen auf das Gegenüber
transponiert, und einer hermeneutischen Übertragung, die den .garstigen
Graben' überwindet, indem sie elementare menschliche Erfahrungen
mit ganz elementaren Verglcichs-Spendem so zur Sprache
bringt, daß sie als Fremderfahrungen neu erkannt und neu bewältigt
werden können.

Im vierten Teil wird nach der Zusammenfassung und dem Desiderat
der Ertrag der Arbeit anhand von Psalm 23 konkretisiert. Dabei
wird der Gedankenreim des Parallelismus membrorum und die ihm
entsprechende ,Sinn-Metrik' um eine in der Tradition komplexer