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Ausgabe:

1989

Spalte:

391-392

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Agbeti, John K.

Titel/Untertitel:

West African church history 1989

Rezensent:

Krügel, Siegfried

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1 14. Jahrgang 1989 Nr. 5

392

Hahne die Segnung eines neuen Hauses. Den Brauch, Tiere zu segnen
und damit die Verantwortung des Menschen gegenüber allen
Lebewesen zu betonen, verdeutlich W. Gladv. Fahrzeugsegnungen
und ihre Verwirklichung in der Gemeinde zeigt H. Rennings. Die
„typisch katholische" Rosenkranzsegnung, bei der nicht der
Andachtsgegenstand, sondern der Betende gesegnet wird, untersucht
A. Heinz. Segnungen von Glocken beschreibt G. Fuchs. Endlich bieten
N. Föhr und W. Oehms Erläuterungen und Vorschläge zur Orgelweihe
.

„Heute segnen" ist auf den ersten Blick betrachtet ein in konfessionellem
Verständnis katholisches Buch. Es gibt Hilfen für die pastoralliturgische
Praxis der Sakramentalien in den katholischen Gemeinden
. Bei einem zweiten und tieferen Blick, der nicht zuerst die Zielgruppe
, katholische Gemeindeleiter, sondern die theologischen Inhalte
und pastoralen Anregungen wahrnimmt, erseheint das Buch -
ganz abgesehen von den beiden evangelischen Beiträgen - als ökumenisches
Buch. Auch in der evangelischen Kirche werden Glocken und
Orgeln gesegnet und ist „Einsegnung" geläufig.

Man wird nicht alle Anregungen des Buches begreifen wollen, denn
dabei sind immer Ermessensfragen im Spiel. Natürlich gibt es eine
ganze Reihe von Verdoppelungen und Überschneidungen; so wird
z. B. an vielen Stellen darüber philosophiert, was „Segen" oder
„segnen" eigentlich meint; auch die Zurückweisung magischer Vorstellungen
wird immer wieder aufgenommen. In einem Sammelwerk
ist so etwas kaum zu vermeiden. Es wird durch eine Fülle von interessanten
volkskundlichen, kulturhistorischen und brauchtumsgeschichtlichen
Informationen ausgeglichen, die auch Nichtthcologen
interessieren können. Die Autoren haben dem Altmeister der Litur-
giker im deutschen Sprachgebiet ein schönes Geschenk gemacht -
aber nicht nur ihm.

Stotternheim Franz Georg Fricmcl

Ökumenik: Missionswissenschaft

Agbeti,J. Kofi: West AfricanChurch History.Christian Missionsand
Church Foundations: 1482-1919. Leiden: Brill 1986. XI, 175 S.
gr. 8". hfl 52.-.

Die Arbeit ist vor allem in ihrem Ansatz und ihrer Grundintention
als einer historischen Studie beachtlich. Vf., Rev. Dr., Senior Lecturer
an der Abteilung für Religionswissenschaften an der Universität von
Cape Coast in Ghana, legt dar, daß die Befreiung Afrikas vom Kolonialismus
seit der Mitte unseres Jh. verständlicherweisc einen kräftigen
afrikanischen Nationalismus entfachte, und kritisiert (Vllf), daß
dieser Nationalismus auch die westafrikanische Missionsgeschichtsschreibung
auf Kosten der historischen Tatsachen allzu stark überlagert
habe. Er nimmt sogar zwei sehr bekannte, 1968 erschienene
Werke von dieser Kritik picht aus, nämlich C. G. Baetas "Christianity
in Tropical Africa" sowie G. O. Oosthuizens Buch "Post-Christia-
nity" (VIII).

Das dreiteilige Werk („Missionen aus Westeuropa", „Missionen
aus den Vereinigten Staaten von Amerika", „Schlußfolgerungen")
besteht aus 16 Kapiteln, einer nahezu 100 Titel umfassenden Bibliographie
und einem Index.

Der allgemeine kirchengeschichtliche Abriß über erfolglose Missionsversuche
in Westafrika vom Ende des 15. bis Anfang des 19. Jh.
(Kap. 1) sowie über die Wurzeln in Europa und Amerika (Kap. 2), aus
denen seit den zwanziger Jahren des vorigen Jh. die Missionsarbeit in
Westafrika erwachsen ist, fällt recht dürftig aus, was in gleicher Weise
für die einleitenden Ausführungen des Kap. 8 über die Norddeutsche
Missionsgesellschaft festgestellt werden muß. So einseitig und klischeehaft
sollte man heute über das Missionsverständnis des Protestantismus
vom 16. bis 18. Jh. nicht mehr reden. Im übrigen ist es
verständlich, daß das Interesse des Vf. vor allem den britischen und
US-amerikanischen Missionen gilt, deren Arbeit für Westafrika

besonders wichtig war. Vf. schildert die Tätigkeit der von der Church
of England getragenen, bereits 1799 gegründeten Church Missionary
Society in Sierra Leone, Gambia und Nigeria (Kap. 3 und 4). der
Methodist Missionary Society (Kap. 5) und der Scottish Free Church
Missionary Society (Kap. 7). Doch findet auch die Baseler Missionsgesellschaft
gebührende Beachtung (Kap. 6).

Die Norddeutsche (Bremer) Missionsgesellschaft - ihre Kennzeichnung
als "Presbyterian Organization" (80) ist irreführend - wird betreffs
ihrer Arbeit in Westafrika in Kap. 8 verhältnismäßig eingehend
geschildert. Die Leistungen der Pioniermissionare, z. B. die von
Lorenz Wolf, erfahren eine angemessene Würdigung, der Fortgang der
Arbeit eine auch die Schwierigkeiten aufzeigende, gut differenzierende
Darstellung. Die Periode von 1855-1893 betrachtet Vf. als erfolgreich
für die Mission (90). Zu Anfang des 20. Jh. war es dann soweit
, „daß die ersten sieben afrikanischen Pastoren für die Bremer
Mission ordiniert wurden" (91). Vf. unterstreicht, daß die Sendboten
der Norddeutschen Missionsgesellschaft sehr viel für die Erhaltung
und Pflege der Kultur der Ewe getan, ihre Geschichte, ihre Mythen erforscht
und aufgezeichnet haben und daß dies alles heute „von größtem
Interesse und Wert" ist (92). Eindrucksvoll ist die Kontinuität der
Bemühungen um die Ewe-Sprache, beginnend mit Lorenz Wolf und
ihre Höhepunkte erreichend mit Diedrich Westermann und Paul
Wiegräbe.

Der erste, umfangreichste Teil des Buches schließt mit den Kapiteln
9 und 10, in denen die römisch-katholischen Missionsaktivitäten in
Westafrika beschrieben werden, gekennzeichnet, wie überall, durch
den planmäßigen Einsatz großer Missionsorden, etwa der Weißen
Väter, und die im Vergleich zum Protestantismus weit höhere Einheitlichkeit
in den Missionsmethoden und Zielsetzungen.

Teil 2 (Kap. I 1-14) ist schon deshalb lesenswert, weil die amerikanischen
Missionsaktivitäten im allgemeinen bei uns in Kontinentaleuropa
nicht die ihnen gebührende Beachtung erfahren.

Kap. 1 1 (Initiative from the American Colonisation Society) ist eine
interessante Darstellung des Mitcinanders von humanitären (Anti-
sklavereibewegung) und christlich-missionarischen Bemühungen,
zunächst auf Liberia orientiert, dann aber auf weitere Gebiete Westafrikas
übergreifend, vor allem auf Sierra Leone, Ghana und Nigeria
(119).

Die baptistische Missionsarbeit (Southern Baptist Convention
Mission) und die bedeutende Rolle der Laienaktivitäten in Westafrika
, ganz besonders der Baptist Women's Missionary Union, werden
in Kap. 12 geschildert, ferner in Kap. 13 und 14 die missionarischen
Leistungen der amerikanischen Methodisten, nämlich die der
United Brethrcn Methodist Mission und diejenigen der African
Methodist Episcopal Zion Mission. Im Jahre der Edinburgher Weltmissionskonferenz
(1910) konnte der Methodistenbischof Walters die
erste Tagung der East Gold Coast Conference in Keta durchführen
(151). Zu diesem Zeitpunkt verfügten die methodistischen Gemeinden
bereits über eigene ordinierte Geistliche und Diakone und eine
eigene Lehrerschaft.

Im Schlußteil hebt Vf. in Kap. 15 (Christian Missions in Catastro-
phe 1914-1919) die neuen Möglichkeiten hervor, die sich aus der
Bewährungszeit des ersten Weltkriegs ergaben, die Kirchen in Westafrika
nach 1919 von missionarischer Kontrolle weg- und hinzuführen
zum Status autonomer afrikanischer Kirchen (159).

Kap. 16, „Bewertung", schließt mit der Forderung nach „einem
neuen Herangehen an afrikanisches soziales, spirituelles und religiöses
Erbe" als „der Herausforderung für die Zukunft" (168).

Wenn es auch nicht Aufgabe des vorliegenden Buches sein konnte,
diese Forderung näher zu entfalten, wäre es doch dringend erwünscht,
daß Vf. das, was er hier so global als "the challengc for the lüture"
bezeichnet, auf ökumenisch-theologisch relevante Weise präzisieren
und konkretisieren würde.

Leipzig Siegfried Krügel