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1989

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 1

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1547 läßt erkennen, daß die Frage der Adiaphora die Theologie schon
länger beschäftigte „und daß einige Geistliche bestimmte Forderungen
des ,Augsburger Interims' schon oder noch praktizierten" (S. 64).
Das Vorgehen von Herzog Moritz gegen den Ernestiner Johann Friedrich
führte zu einer „Vertrauenskrise" im albertinischen Sachsen, die.
eine Stellungnahme erschwerend, die Innenpolitik des Landes belastete
, obwohl der theologische Kurs keiner Schwankung unterlag
(„Kontinuität und Festhalten am Bekenntnis bestimmten seit 1541
die albertinische Kirchen- und Religionspolitik". S. 67). Charakteristisch
für das albertinische Land ist die ständige Einbeziehung der
Theologen in die religionspolitische Entscheidungsfindung, an deren
Ergebnis sich dann auch die kaiserliche Rcligionspolitik entschied. So
kam es zu einer elastischen Abwehr und schließlichen Überwindung
des Augsburger Interims, die sich nach Wartenberg in drei Phasen
vollzog: Die „Leipziger Artikel" - diesen Namen schlägt Wartenberg
für den von der flacianischen Polemik „Leipziger Interim" genannten
Text vor - stellen eine Vorlage der Räte für den Landtag dar, riefen
aber den Widerstand der Theologen, der Ritterschaft und der Städte
hervor und wurden nicht verabschiedet; die „Georgsagende" - so
möchte Wartenberg den sonst „Interimsagende" genannten Text
nennen - sollte eine neue Agende für das neue Kurfürstentum in den
Grenzen von 1547 werden, hatte aber 1549 bereits keine Chancen
mehr für eine Annahme; der „Auszug", ein Text, der sich an die Leipziger
Artikel anschloß und wohl im Frühherbst 1549 publiziert
wurde, blieb lediglich Ankündigung. Das bedeutet, daß alle diese
Papiere Mittel deralbertinischen Politik blieben und nie Verbindlichkeit
erlangten. Auch keine der Amtsentsetzungen von albertinisch-
kursächsischen Pfarrern ist als Folge der Ablehnung der sächsischen
Kirchenpolitik zu verstehen. „Im albertinischen Kursachsen gab es
1548/49 keinen Status confessionis" (S. 81). Was Melanchthon
betrifft, formuliert Wartenberg; „Eine Theologie, die den Kompromiß
ablehnt, wird für Melanchthon kaum Verständnis aufbringen
können" (S. 82). Vielleicht kommt in diesem Urteil der inhaltliche
Aspekt von Melanchthons Ekklesiologie etwas zu kurz. Dennoch
bleibt das Ergebnis dieser Untersuchung bemerkenswert.

Johannes Schilling stellt „Latinistische Hilfsmittel zum Lutherstudium
" vor (S. 83-101). Sein Beitrag geht in seiner Bedeutung weit
über eine Begrenzung auf das Studium Luthers hinaus. Er verdient
Beachtung als Einführung in die Beschäftigung mit der Latinität des
Mittelalters und der frühen Neuzeit, sofern er als „manuale studen-
tium" (S. 83) auf Einführungen in die lateinische Sprache des Mittelalters
und der frühen Neuzeit, auf Hilfsmittel zur Auflösung von
Abkürzungen, auf (nationale) Wörterbücher, Übersetzungen und weitere
Hilfsmittel aufmerksam macht. Ansatzpunkt ist der Stand der
Erforschung von Luthers Latinität. Schillings Beitrag stellt also ein
Gegenstück zu der im Lutherjahrbuch 1979 veröffentlichten Arbeit
von Birgit Stolt dar (vgl. ThLZ 106, 1981.428).

Einer Quellcngattung, aus der vor allem bereits C. A. H. Burkhardt
und Georg Buchwald und zuletzt Siegfried Bräuer geschöpft hatten,
wenden sich in Gestalt der kursächsitfehen Rechnungsbücher im
Staatsarchiv Coburg Rainer Harnbrecht und Helmar Junghans zu
(„Eintragungen in kursächsischen Rechnungsbüchern zu Wittenberger
Reformatoren und Georg Spalatin von 1519 bis 1553 [Teil 1]",
S. 102-117). Der vorliegende Teil der auf Fortsetzung angelegten
Veröffentlichung stellt in Listenform die einzelnen Unterabteilungen
der in Coburg vorhandenen Rechnungen vor und gibt eine Einführung
in die relative Berechnung von Währung. Kaufkraft und Maßen sowie
die Deutung von Buchungsangaben.

Dem Rezensionsteil und der Sammelbesprechung „Luther und die
Welt der Reformation", lür die wie in jedem Jahrgang der Hg. zeichnet
, folgt wiederum die Lutherbibliographie. Sie erreicht mit 1467
Titeln nicht mehr ganz den Umfang der Bibliographien der letzten
Jahrgänge.

Auch der vorliegende Jahrgang bewahrt die Qualität dieses für die
reformationsgeschichtliche Forschung wichtigen Organs.

Leipzig Ernst Koch

[Wagner. Heinz;] Leben im Diakonat der Kirche. Heinz Wagner zum
75. Geburtstag zugeeignet. Hg. von G. Freytag. Bericht von der
Theologischen Konferenz der Mutterhäuser und Diakoniewerke
Kaiserswerther Prägung in Halle (Saale) vom 14.-18. September
1987. Bonn; Kaiserswerther Generalkonferenz 1987. 176 S. m.
Abb. 8*.

Es war ein guter Gedanke, den Bericht von der Theologischen Konferenz
der Mutterhäuser und Diakoniewerke Kaiserswerther Prägung
1987 dem em. Leipziger Professor der Praktischen Theologie
D. Heinz Wagner zum 75. Geburtstag zu widmen. Das Thema der
Tagung „Leben im Diakonat der Kirche" läßt sich zugleich als Signatur
der Biographie des Jubilars verstehen, auf die sowohl das Vorwort
des Hg. wie auch - ausführlicher - das Grußwort von Dr. Klaus
Petzoldt eingehen.

Der eigentliche Tagungsbericht beginnt mit zwei Grußworten
(Direktor Dr. E. Petzold und Landesbischof Dr. W. Leich). Es folgen
die Andacht von Präsident W. Fink und die Predigt von Rektor Dr.
R. Turre sowie zwei Bibelarbeiten von Prof. Dr. T. Holtz zu
IThess 5,12-13 bzw. Rom 12,1-8, in denen die paulinische Begründung
„des Dienstes in Christi Namen" (42) entfaltet wird.

Die Vielfalt und Weite der Tagungsarbeit wird besonders deutlich
angesichts der sieben Vorträge. Der Hg. berichtet über „Wagende
Schritte seit Freudenstadt (Theol. Konferenz 1968)" - der umfangreichste
Beitrag des Bandes und ein informativer Überblick über die
keineswegs einlinige Entwicklung im Kaiserswerther Verband seil
1968. OLKR F. lhmels untersucht die „Bedeutung des Diakonats Tür
die Landeskirchen" und bezeichnet den diakonischen Auftrag als
einen Teil des „Gesamtverkündigungsauftrags der Kirche": Verkündigung
leidet „Schaden und Mangel . . .. wenn sie auf die Diakonie
verzichten wollte" (77). Grundsätzliche Fragen behandelt nach einem
historischen Überblick auch das nächste Referat: „Beauftragung zum
Diakonat" (Rektor H. Miederer). Die folgenden Beiträge sind einerseits
der Praxis verpflichtet, berühren andererseits aber auch prinzipielle
Entscheidungen und neue Entwicklungen. In ihnen kommen
hauptsächlich Diakonissen verschiedener Mutterhäuser zu Wort. Die
Themen sind: „Einübung im Diakonat" (S. U. Knapp), „Begleitung
im Diakonat der Kirche" (Oberin B. Daase). „Unser Weg im Diakonat
" (Präsidentin I. Bentzon.S. R. Felgentreff).

Nachdem mehrfach der Zusammenhang von Diakonat und Verkündigung
auf der Tagung zur Sprache kam, stellt Dr. F. Winter die
Verbindung zum Sakrament her: „Der Diakonat zwischen dem
Abendmahlstisch und den Bedürftigen". Der Referent arbeitet fünf
Elemente der Abcndmahlsfeicr heraus (Gemeinschaft. Wort. Vergebung
, Gebet, Segen) und bezieht sie im Sinne des Themas auf die
Spiritualität des Diakonats.

Am Ende des Bandes, der sowohl themen- wie personenbezogene
Bildbeilagen enthält, faßt ein Brief des Präsidiums der Kaiserswerlher
Generalkonferenz die Ergebnisse der Tagung zusammen. Daraus sei
folgendes zitiert: „Wir können die Krise der diakonischen Gemeinschaften
nicht übersehen. Wir haben mit ihr Anteil an gesamtgesellschaftlichen
und gesamtkirchlichen Entwicklungen. Mit Veränderungen
in Form und Stil unseres gemeinschaftlichen Lebens haben wir
uns auch in unseren eigenen Reihen auf diese Entwicklungen eingestellt
" (164). Wie schon das Tagungsthema lassen sich wohl auch
diese Sätze ohne Mühe mit Heinz Wagner in Verbindung bringen: Sie
treffen ein entscheidendes Anliegen des Jubilars, worauf das Vorwort
dieser FS aufmerksam macht: „In den .Übergängen', die die Mutler-
hausdiakonie Kaiserswerther Prägung auf ihrem Weg über Umbrüche
und Herausforderungen zu wagenden Schritten geführt haben, fänden
wir in Heinz Wagner einen treuen und verläßlichen Freund" (7).

Leipzig Ernst-Heinz Amberg

Itansclniann. Johannes. Rothenberg. Samuel, u. Uwe Swarat (Hg.|: Fachwörterbuch
Theologie. Wuppertal: Hrockhaus 1987. 184 S. 8 Kart-
DM 17.80.