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Ausgabe:

1989

Spalte:

362-363

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Forck, Gottfried

Titel/Untertitel:

Die Königsherrschaft Jesu Christi bei Luther 1989

Rezensent:

Heintze, Gerhard

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Kl

Theologische Literaturzeitung 1 14. Jahrgang 1989 Nr. 5

362

bereitet wurden M. hat damit den zwölf Jahre später von dem engli- gewonnen. Es steht als ein Musterbeispiel der gegenwartigen Reformen
Historiker Dickens geprägten, inzwischen zum geflügelten mationsgeschichtsschreibungda.deresumd.eErforschungderRefor-
Wort gewordenen Satz vorweggenommen, die Reformation sei "an mation als der „weitestgehenden Verzahnung sozialer und ,dec 1er
Urban evenf gewesen Bewegungen" in der europaischen Geschichte geht. Für die weitere
In einfühlsamer Weise wird die Reichsstadt des späten Mittelalters Arbeit an der städtischen Reformationsgeschich.e sind Grundhmen
"ach dem Selbstverständms ihrer Bürger als ..sakrale Gemeinschaft" gezogen und Maßstäbe gesetzt, an denen auch die Masse der ansassi-
u"d ..Kollektivindividuum" definiert, wobei trotz aller sozialen gen Städte gemessen werden kann.

Spannungen und heftigen Zunft- und Bürgcrkämpf'en ein die Stadt- Leipzig Karlheinz Blaschke
bevölkerung zusammenhaltender „Grundkonsens" fortbestand, der

*chon aus der ständischen Abgrenzung des Bürgers gegen den Gottfricd. Die Königsherrschaft Jesu Christi bei Luther. Mit

Landbewohner ergab. Als Einbruchstcllen reformatorischer Gesin- ^ ß Lohse ^ ew Aufl Berljn: Evang Ve'rlags-

nung werden die Humanisten und die städtischen Unterschichten ansta|t 1988. 167 S.gr.8'. Kart. DDR M 12,80; Ausland DM 18,-.

Benannt, während die Stadträte, namentlich die patrizischen. als _ .„diu, a«. ;„,,;„„„ o,^unr

Hemmschuhe zu gelten haben. Die Beziehungen der re.igiösen Bewe- Die Evangelische Verlagsanstal Berlin ^«M*»***»**

gu"g zu den sozialen Fragen der Zeit werden hieran deutlich, doch von Berlin-Brandenburg Gottfried Forck. zu seinem 65Geburts ag

auch „efere Beweggründe greifbar, in denen s,ch die größere am 6. .0. .988 als Dank für seine langjahnge Verbündende,, m hr

Beweghchke,, def Stadtbewohner und ihre tiefergehenden als Gesel.schafter und Autor seine se.t .angem vergriffene Unter-

g^.. v6i,vlml.il uw, oiauiucwuiuiui uhu imic ucicigtiii^iiucn ais vjbowiuvuwi« unu auiw jvnii. .->wn langem vui m 11 K'lli; uiuer-

jUß^n'ssc nach neuen Formen der Seelsorge und Verkündigung suchung über die Königsherrschaft Jesu Christi bei Luther unverän-
Begen Woraus s'cn wiederum die Bilderstürme der Protestanten dert neu gedruckt. Diese Untersuchung war in 1. Auflage im Jahre
^Ifrech rC'nC Kultkircnc erklären. Eine besondere Not bereitete die 1959 als Ergebnis der 1956 erfolgten Dissertation Forcksbci Edmund
gerne C tCrnaltung von Einigkeit und Geschlossenheit der Stadt- Schlink (Heidelberg) gleichfalls bei der Evangelischen Vcrlagsanstalt
Qer^'n cn- d'e von altgläubigen Räten und neuen evangelischen erschienen. Eine über 30 Jahre zurückliegende Untersuchung unver-
vertrat'nt'erl cnlgcgcngcsetztem Sinne ausgelegt wurden; jede Seite ändert neu aufzulegen, stellt ein Risiko dar. Die politischen wie die
q. lnre unteilbare Wahrheit. kirchlichen Verhältnisse, die bei der seinerzeitigen Untersuchung den
Bew'e ^raec' warum gerade die Städte von der reformatorischen Hintergrund bildeten, haben sich gegenüber den 50er Jahren erheb-
nung d-118 80 angcsprocncn wurden, wird mit der engen Bczic- lieh gewandelt. Und auch die theologische Diskussion über das davon
d(;CS äußerlichen Prinzips der Genossenschaft zu Luthers Lehre mals von Forck gewählte Thema ist in den Jahrzehnten seither weiter-
tet £^r^''eichheit und Gleichberechtigung der Gläubigen beantwor- geführt worden, nicht zuletzt durch Forcks eigene Beteiligung am
sache m Stand ^re'''cn die damals wohl kaum bewußt gewordene Tat- Sechsten Internationalen Kongress für Lutherforschung in Erfurt im
G|äub8e8CnÜbCr" dat3 d'e duf Luther zurückgehende Vereinzelung des Sommer 1983 mit einem Grundsatzreferat über „Luthers Auffassung
gefäh 'f.0" ZU Gott nin die altc sakralc Einheit der Stadtgemeinde vom fürstlichen Amt nach der Bergpredigt und Psalm 2 und 82".
als gj. cn mußte. In dieser Hinsicht haben Zwingli und Bucer. beide Dennoch erweist sich die Wiederauflage der seinerzeitigen Disser-
jejj|*7"er freier Städte, je in unterschiedlicher Weise die Zusammen- tation Forcks als berechtigt. Das Grundproblcm. wie sich politischer
Unda 1 C" "licher und politischer Ordnung betont. Von ihnen und kirchlicher Bereich zueinander verhalten, ist trotz vieler Verän-
^anisch 3,1 d°r Deformation beteiligten Humanisten floß republi- derungen im einzelnen bis heute gleich geblieben. Gerade in seinem
Oestai, ^ dankcngut von der publica utilitas in die praktische Bischofsamt hat Forck ständig mit der Frage zu tun. in welcher Weise
Sonder 08 rel°nTla,or'scner Theologie in die Städte ein, so daß die sich die Kirche um ihres Grundauftrags der Verkündigung des Evan-
nung VOn Zwinglis und Bucers Theologie auch aus ihrer Begeg- geliums von Jesus Christus willen an drängenden gesellschaftlichen
Das V "hdCr geistigen Wel< der freien Stadt verstanden werden muß. und politischen Problemen beteiligen muß. etwa was heute die Fragen
^efornv rSChen der scnweizerischen gegenüber der lutherischen nach Förderung sozialer Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der
Über? at'°n den Reicnsstädtcn nach 1530 wird mit der größeren Schöpfung anbelangt. Und der ergänzende Beitrag von Bernhard
der ab^hUngSkraft dcs zwinglischen Abcndmahlsvcrständnisses, mit Lohse über das Verhältnis von Zwei-Reiche-Lehre und Königsherr-
rnaßigen (nenden Haltung der Bürger gegen die Bilder, mit Stammes- schall Christi behandelt die weitere theologische Diskussion dieser
licu " merschieden und vorallcm „aus der Begegnung der eigent- Frage seit Forcks Heidelberger Dissertation bis zum Jahr 1986 und
OberdputlScnen geprägten Theologie Zwinglis und Bucers mit dem in zeigt auf, wie sich Forcks Standpunkt in dieser Diskussion weitgehend
lichenGtSC^'and ncsonderem Maße lebendigen genossenschaft- durchgesetzt hat.

rjj Clst" erklärt. Im Jahr 1956 war die Inanspruchnahme des Begriffs der Königs-
Reich'* ^'u'ezeit reformierten Kirchenwesehs in den oberdeutschen herrschaft Jesu Christi im lutherischen Bereich ungewöhnlich. Dieses
das gnStadten endete mit dem Sieg des Kaisers 1547, denn nun brach Stichwort wurde damals hauptsächlich von Theologen gebraucht, die
Städte "d'ceende Dilemma zwischen den politischen Interessen der Karl Barth nahestanden. Forck weist aber in sorgfältiger Analyse
sedeidu ■ 3n dcn Ka'ser banden, und ihrer reformatorischen Ent- namentlich der Predigten Luthers nach, daß die sogenannte Zwei-
entfrerrH8 ^ d'° sie dcm Kaiser als ihrem natürlichen Schutzherrn Reiche-Lehre von Luther gar nicht zeitlos dogmatisch entfaltet wurde,
'aktisch » ha'tC' DaS Inlerim zwang zu vorsichtigem, oft ängstlichem sondern seine diesbezüglichen Aussägen jeweils im Blick auf konganz
rnen V,an°vrieren, der Augsburger Religionsfriede begünstigte krete, zeitgeschichtliche Anlässe entstanden. Vor allem handelt es
dann b mÜÜ d'C Einf"ührung des lutherischen Kirchenwesens, wie es sich bei Luthers Aussagen zur Zwei-Reiche-Lehre, wie Forck zutref-
lm ^stcnenblieb. fend herausstellt, nicht um eine Isolierung zweier voneinander unab-
gezeichachwort zur Neuausgabe kann M. feststellen, daß das von ihm hängiger Bereiche. Auch Gottes Herrschaft im weltlichen Bereich ist
bestati cte Bi|d von der Forschung der letzten 25 Jahre „im ganzen letzten Endes nur christologisch zu verstehen. In meiner eigenen
tieft w8 '!m einzelnen aber ergänzt und differenziert, geklärt und ver- ungefährgleichzeitigcn Dissertation über „Luthers Predigt von Gesetz
altccjiic, 'St- 80 unternimmt er es in genauer Anlehnung an die und Evangelium" bei Ernst Wolf (Göttingen) (1958 im Chr. Kaiser
herersehrUng-meiner fruchtbaren Auseinandersetzung mit der seit- Verlag München als Band XI, 10. Reihe, der Forschungen zur
tisch du '?nenen- sehr umfangreichen Literatur sein eigenes Werk kri- Geschichte und Lehre des Protestantismus erschienen) bin ich in der
eRcneincndUmUSlCrn- 'ndem Cr Ta,sacncn unterstreicht, allzu gewagt Beschäftigung mit Luthers Predigten zu entsprechenden Feststellun-
"'^einh" ° ^ußcru"gen zurücknimmt, neugewonnene Erkennt- gen gelangt.

auseinan , Und sich mit Ciegenpositionen sachlich und lernbereit Die Unterschiedlichkeit des verborgenen und des im Evangelium

Hersetzt. Das Buch hat dadurch einen noch größeren Wert allein offenbaren Regimentes Gottes - auch Forck redet lieber von