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Ausgabe:

1989

Spalte:

14-15

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Lutherjahrbuch; 55. Jahrgang 1989

Rezensent:

Koch, Ernst

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Theologische Litcraturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 1

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Leipzig Ernst-Heinz Amberg

Zu den umfangreicheren Artikeln des Bandes 15 gehört: ..Herme- Band 15 enthält wiederum einen Artikel, der eine theologische
neutik" (108-156). vierfach gegliedert, beginnend ..Philosophisch- (Teil-)Disziplin vorstellt: „Homiletik" (526-565). Ein großer Teil der
theologisch", dann AT. NT und Prakt. Theologie. Der erste Ab- Ausführungen betrifft die Geschichte der Homiletik (526-547).
schnitt bringt sowohl Historisches wie auch Grundsätzliches, u. a. die Anschließend.werden ..Prcdigtprobleme der Gegenwart" behandelt.
Einzelthemen ..Philosophische Hermeneutik" und „Theologische Das Ergebnis lautet (erstaunlich formal): „Es wird in der Regel nicht
Hermeneutik". Hier liest man: „Die hermeneutische Theologie ent- mehr eine geschlossene Systematik der Predigt gesucht oder aufsteht
mit dem Erneucrungsanspruch der sog. Dialektischen Theologie gestellt, sondern die Homiletik löst sich in die Behandlung von Einzel-
der zwanziger Jahre" (127). Diese Feststellung ist ebenso problema- Problemen auf' (552). Dankenswerterweise werden dann Grundzüge
lisch wie in ihrem zweiten Teil die folgende: „Die hermeneutische einer prinzipiellen Homiletik geboten, gegliedert nach Grund. Gehalt
Theologie fand ihren Höhepunkt und ihr vorläufiges Endc[!] in den und Bedingungen der Predigt (an erster Stelle: der Prediger); es folgt
sechziger Jahren" (129). Sowohl Beginn wie Ende der hermeneu- .,Materiale Homiletik" (dort: „an der historisch-kritischen Schrifttischen
Theologie sind hier wohl doch nicht zutreffend bestimmt. Das auslcgung führt heute kein Weg zu einer verantwortbaren Christusgut
auch für den Schlußsatz der Auslührungen zur hermeneutischen predigt vorbei". 557) und „Formale Homiletik" (wichtig der Hinweis:
Theologie: „Insgesamt ist die Bedeutung und Diskussion von Herme- ..Im sprachlichen Stil der Predigt beweist sich die Verantwortung des
neutik in der Theologie, wo sie doch einmal ihr wichtigstes Aufgaben- Predigers vor der Worthaftigkeit der Offenbarung ebenso w ie vor
feld gefunden hatte, gering geworden bzw. verstummt" (130). Im seiner Muttersprache". 560).

ausführlichen Literaturverzeichnis dieses I. Abschnitts zu „Herme- Selbstverständlich enthält dieser Band zahlreiche Artikel zu Perso-

neutik" fehlen die Arbeiten von E. Jüngel. Das scheint kein Zufall zu nen. Genannt seien (in Auswahl): Herder, K.Holl. W. Herrmann.

sein- Hölderlin. Ibsen. Die Weite der Zielstellung der TRE zeigt sich auch

Die Unterschätzung der Hermeneutik setzt sich im NT-Teil des in der Aufnahme solcher Artikel wie: Hörfunk, Hörspiel. Humor (ein
Artikels z. T. fort (vgl. das Eingangszitat nach Scholder), während der ernsthafter Artikel!).
4. Teil (Praktisch-theologisch) eine andere Wertung erkennen läßt,
nämheh. „daß Hermeneutik für das Leben von Kirche als der Gemeinschaft
des Glaubens unentbehrlich ist" (151). Eine inhaltliche , .L . . . . „ , , , . , ,
Fasciir,., a -t-u , r- ■ Lu nie r | ah rbucn. Organ der internationalen Lutheilorschung im Aul-
assung des Themas Hermencuük findet s,ch eigenthch nur ,m (rag dcr Luther.Ge8el,schafl ng. von H. Junghans. 55. Jahrgang

1 -1 eil. da auch bei diesem Artikel wie schon be. anderen (es wurde ,988 Göttingen: Vandcnhoeck & Ruprecht 1988. 212 S. 8*. Karl

oereits mehrlach darauf aufmerksam gemacht) ein systematisch- DM 40.-.
theologischer Abschnitt fehlt.

Das ist bei dem besonders umfangreichen Artikel „Herrschaft Der Aufsatzteil dieses Jahrgangs enthält vier Beiträge mit unterGottes
/ Reich Gottes" (I 72-244) nicht der Rill; vielmehr findet sich schiedlicherThematik.

nach sechs exegetisch-historischen Teilen (einschließlich Rel. Ge- Oswald Bayer schreibt über „Oratio. Meditatio. Tentatio. Eine

schichte und Judentum) ein Schlußabschnitt: „Systematiseh-theolo- Besinnung auf Luthers Theologieverständnis" (S. 7-59). Er stellt die

B'sch (228-244). Auf ihn sei etwas ausführlicher eingegangen. Nach Formel in größere Zusammenhänge und entdeckt, daß sie imstande

Ausführungen zur geschichtlichen Entwicklung wird „Zur Systematik war. Orthodoxie und Pietismus miteinander zu verbinden. Wegen des

v°n Herrschaft Gottes/Reich Gottes" Stellunggenommen (239IT). Es Sachgehalts der tentatio stellt sie „eine klare Alternative /um

8e t um die Eigenart dieser Herrschaft: „Herrschaft Gottes ist der auf Programm der .Ildes quaerens intellectum'" und „zu dem von Tho-

das Heil der Welt konzentrierte Licbeswillc Gottes" (239). Daraus mas von Aquin und neuerdings von Pannenberg vertretenen Ver-

crgibt sich die enge Verbindung zur Christologie (Herrschaft Gottes ständnis der Theologie als Wissenschaft von allem .sub ratione dei'"

-.sotenologisches Ereignis"), aber auch zur Anthropologie (Pro- dar und erweist „die Frage nach dem Verständnis von Theologie in

em der Beteiligung des Menschen) sowie von daher zur Ethik und der Fassung der Frage nach dem Verhältnis von Wissenschaftlichkeit

^•'hließlich zur Kirche. Von besonderem Interesse dürfte die ethische und Kirchlichkeit als zu eng". Nach dieser Formel ist Theologie ..eher

0 lematik sein. Einerseits wird herausgestellt: „Das Reich Gottes Weisheit als Wissenschaft" und steht „gegen das binäre Schema von

selbst macht eine Identifikation politisch-ethischer Handlungsziele Theorie und Praxis für ein Dreierschema" (S. 8-1 I). Bayer arbeitet

m,t in ihm begründeten Notwendigkeiten unmöglich" (242). Ande- heraus, in wie starkem Maße 1539 für Luther die Formel im Kontext

rerseits wird aber auch erkannt, daß mit ihm [Reich Gottes] eine Auf- der Deutung von Ps 1 19 steht. Das von ihr vorausgesetzte Verständnis

nstellung und eine „Korrekturoffenheit" im Blick auf verant- von Theologie zeigt „ein völlig anderes Verständnis von .Vernunft'als

J°^t''cne menschliche Handlungen gegeben sind. Die Kirche ist von in der platonisch-aristotclisch-augustinisch-anselmischcn Tradition"

p . Lr zu -Formen des Dienstes" für „Freiheit. Gerechtigkeit. . . und (S. 29). „Mit seinem Verständnis von Gebet sprengt Luther. . . die tra-

rjeden aufgerufen gemäß den Möglichkeiten der Menschen. ditionclle Unterordnung des Gebets unter die contcmplatio" (S. 30).

er Artikel ..Himmelfahrt Christi" (330-341) ist formal zwei- „Contcmplatio und actio. Theorie und Praxis verlieren ihren An-

Beteilt, taktisch aber ein Drciteiler: I. Neues Testament. II. Kirchen- spruch. die beiden einzigen Koordinaten der Orientierung zu sein."

^sc ichtlich/Systematisch-theologisch. Die neutestamentlichc Theologiestudium ist „zuerst und zuletzt die Erwartung allein des

^usgangsthese lautet: ..Das in den Ostererlährungen wurzelnde ur- Werkes Gottes, das der Mensch nur erleiden kann" (S. 34). Für

ns,''cne Erhöhungskerygma hat im Neuen Testament verschieden- Luthers Verständnis von meditatio macht Bayer auf Unterschiede

a !8en Ausdruck gefunden" (330). Die entsprechenden Texte werden gegenüber der überkommenen Tradition aufmerksam (Umgang mit

! ^earDeitet (bes. Lukas), und es ergeben sich folgende Aspekte der dem verbum externum. Äquivalent zu „Auslegung"). Derapokalyp-

"" Wirklichkeit von Erhöhung und Himmelfahrt Christi: christo- tische Horizont spricht sich im Element der tentatio aus. der noch

Q^'scn; soteriologisch. ckklcsiologisch. Kirchengeschichtlich wird ein einmal mehr eine Kritik an Aristoteles enthält (S. 57). Abschließend

nta*1 Beboten. wobei die Aufmerksamkeit der Neuzeit gilt. Syste- stellt Bayer fest, „daß die drei notae theologiac strukturidentisch sind

a ,sch-thcologisch wird betont, daß die Himmelfahrt Christi nicht mit den notae ccclesiac". wie sie bei Luther 1539 anzutreffen sind

^r Interpretament und Gleichnis, sondern Realität ist. freilich in eins (S. 58).

^u sehen mit Kreuz und Auferstehung (340). Fürdie Vermittlung des Günther rVartenbergXTiVmwAA das Thema „Philipp Melanchthon

^Timelfahrtskerygmas wird folgende Umschreibung vorgeschlagen: und die sächsisch-albcrtinische Interimspolitik" (S. 60-82). Der

Zülm ^'mrnc' "st anso'ute. absolut wahre, schöne und gute Aufsatz stellt den Versuch einer generellen Revision des Bildes von

chen t'°r ^enscn ernofTt. aber aus eigener Kraft nicht errei- Melanchthons Rolle im Zusammenhang mit der Krise der Jahre

°n kann" (340). • 1547-1 551 dar. Der Kontext der albcrtinischcn Religionspolitik vor