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Ausgabe:

1989

Spalte:

284-285

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Bouman, Johan

Titel/Untertitel:

Augustinus 1989

Rezensent:

Diesner, Hans-Joachim

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Theologische Literaturzeitung I 14. Jahrgang 1989 Nr. 4

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rcnd kreativer Weise" verwendet wurden (171). Die Historiker-Fragmente
sind übrigens durch Alexander Polyhistor aus dem l.Jh.
v. Chr. überliefert. „Eine /ieuc jüdische Inschrift aus dem alten
Libyen" (240-246, Untertitel) hat den Wortlaut ..hoetheson, kyrie,
lou rabbi". Gegen den Herausgeber (S. Stucchi) hält der Vf. die Inschrift
für jüdisch, nicht christlich; „Rabbi" bezeichne nicht den
christlichen Bischof als Kirchenlehrer (gegen G. W. H. Lampe). In
mehrfacher Hinsicht interessant ist der Aufsatz „Die Rolle der Frau
im Testamentum Hiob" (189-209), spricht doch das Testament fast
30mal soviel über Frauen wie das Hiobbuch im Alten Testament, und
zwar in weithin positiver Weise! Das Testament bietet zudem möglicherweise
Material für die Beheimatung der Glossolalie im Judentum
(wie bereits W. Bousset notierte). Die Einordnung der Schrift
bereitet jedoch nach wie vor Schwierigkeiten (205 f)

In die hellenistische Antike führt der Lagebericht über die Arbeit
am Corpus Heilenisticum des Neuen Testaments (256-266) mit Literaturliste
, nach modernen Autoren gegliedert, bis 1988 durchgezogen.
Die Dctailstudie zu den „Hieroglyphen in den Augen von Griechen
und Römern" (127-136) wirft nicht nur Licht auf eine lange verbreitete
, wohl absichtliche Fehldeutung der Hieroglyphen, sondern auch
auf das Fremdsprachen-Lernen in der Antike. Der inhaltliche Span-
nungsbogen der Beiträge reicht bis zur ausführlichen Vorstellung der
„Korrespondenz von Hans Lietzmann", herausgegeben von.K. Aland
(104-115).

Der Raum für eine kritische Würdigung der Einzelbeiträge ist hier
nicht gegeben; sie ist auch weniger erforderlich, weil der Vf. seinerseits
vielfach Forschungsbeiträge vorstellt und sorgfältig bilanzierend kommentiert
. Eine Gesamt Würdigung kann nur als Gratulation an den Vf.
formuliert werden.

Hamburg Wiard Popkes

ßickermann, Elias: Studies in Jewish and Christian History, III.
Leiden: Brill 1986. XVI, 392 S., I Taf. gr. 8- = Arbeiten zur Geschichte
des antiken Judentums und des Urchristentums, 9. Lw. hfl.
220.-.

Die ersten beiden Bände der Studien von B. zur jüdischen (und
christlichen) Geschichte sind von G. Delling in ThLZ 103, 1978,216f
und 107, 1982, 426-428 gewürdigt worden. Der abschließende dritte
Band konnte erst geraume Zeit nach dem Tode B. s im Jahre 1981
erscheinen; seine offenbar schwierige Edition - B. hatte die meisten
Beiträge nicht mehr selbst durchgehend überarbeiten können - ist
durch die Herausgeber der Reihe M. Hengel, P. Schäfer und M. Stern
verantwortet. A. I. Baumgarten hat ein Vorwort beigesteuert, Morton
Smith eine knappe, eindrückliche Würdigung des großen, von den
Wirrnissen unseres Jh. besonders umhergetriebenen Jtid. Gelehrten.

Der so zum "Memorial-Volume" gewordene Band enthält vornehmlich
Arbeiten zur christlichen Frühgeschichte. Die letzten Beiträge
freilich führen noch einmal zu Problemen des antiken Judentums
; hier sind auch Aufsätze geboten, die erst nach dem Erscheinen
der vorangehenden Sammelbände gedruckt wurden. Die letzte, im
Todesjahr ihres Vf. in der Revue Biblique erschienene Arbeit behan-
dejt Texte aus beiden Testamenten, dazu aus der klassisch-griechischen
Literatur!

Der mit gründlichen Indizes zu Sachen, Texren und Begriffen abgeschlossene
Band (der leider nirgends die Seitenzahlen der Erstveröffentlichungen nennt)
bietet diese Titel: 'ASAAEtSU, S. 1-6; Jean-Baptiste au Desert, S. 7-21; Les
Herodiens, S. 22—33; Das Messiasgeheimnis und die Komposition des Markusevangeliums
. S. 34-52; Latens Deus, S. 53-69; Das leere Grab. S. 70-81;
Utilitascrucis.S. 82-138; The Name ofChristians, S. 139-151; Pliny. Trajan.
Hadrian and the Christians, S. 152-171; Sur la version viex-russe de Flavius
Josephe, S. 172-195; Faux Iitteraires dans l'antiquite classique, S. 196-211; A
propos de la Phänomenologie religieuse. S. 212-224; Symbolism in the Dura
Synagogue, S. 225-244; Sur la theologie de l'art liguralif. A propos de l'ouv-
rage de E. R. Goodenough, S. 245-269; Anonymous Gods, S. 270-281;
Ncbuchadnezzar and Jerusalem, S. 282-298; The Generalion of Ezra and
Nehcmiah.S. 299-326; En marge de I'Ecriture, S. 327-349. T„H.

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Bouman, Johan: Augustinus. Lebensweg und Theologie. Gießen-
Basel: Brunnen-Verlag 1987. 349 S. 8" = TVG, Monographien und
Studienbücher, 333. Glaubenskrise - Glaubensgewißheit im Christentum
und im Islam, 1. Kart. DM 42,-.

Sicherlich gehört diese Arbeit von B., die sorgfältig untergliedert ist,
zu einer der bedeutungsvollen Neuerscheinungen auf dem Gebiet der
Augustinus-Forschung, obwohl sie nach Auffassung des Rez. so manche
Unausgeglichenheiten aufweist und nicht selten Wiederholungen
zeigt, die zumindest das Interesse an der Lektüre mindern können.

Der „Confessiones" überschriebene Lebensweg (I) ist etwas knapp
geraten und vielleicht theologisch überfrachtet (S. 22 bis 104). Dafür
werden wichtige Exterieurs der Vita in vielen Fällen höchstens
gestreift (so die einschneidende Auseinandersetzung mit den Dona-
tisten oder die letzten Lebensjahre, die doch voller äußerer wie innerer
Spannung und Dramatik gewesen sind). B. erweist sich allenthalben
als gründlicher Philologe und systematischer Theologe, wenn er
die dem Lebensweg folgenden Hauptteile „De Trinitate" (II), „Die
pelagianische Kontroverse: ,doctor gratiae'" (III) sowie „Die Prädestinationslehre
" (IV) mit Hilfe der entsprechenden Originalschriften
gründlich abhandelt. Freilich ist manches zu breit angelegt und
erschöpft sich gelegentlich in der gelehrten Paraphrase augustinischer
Gedanken, die bis ins letzte Detail verfolgt werden, ohne daß (anders
als bei dem meist kritisch zitierten Einführungswerk von K. Flasch)
mehr als gelegentlich eine etwas neue Beleuchtung in der Auseinandersetzung
mit der bisherigen Forschung erfolgt.1 Ein Personen- und
Sachregister ist beigegeben, was wenigstens teilweise für das Fehlen
eines Literaturverzeichnisses entschädigt.

B. versucht zu demonstrieren, wie konsequent Augustinus seine
dualistische, Piaton und den Neuplatonismus nie verleugnende (das
möchte B. weniger gern sagen) Theologie gestaltet. Dies stimmt, vor
allem wenn man stärker auf die Alterswerke zukommt, und gewiß hat
Augustinus tiefer gegriffen als Pelagius, die Semipelagianer, die Dona-
tisten oder auch viele der früheren Kirchenschriftsteller. Daß etwa
Augustins Lehre vom freien Willen tiefer greift als die des Pelagius,
dürfte zutreffen, eindeutiger ist sie keineswegs. Und B. zeigt selbst, daß
Augustinus oft gezwungen war, seine Theologie in den Predigten vor
der Volksmenge in Hippo Rcgius stark zu vereinfachen, während er
gleichzeitig die Lehre von der Erbsünde, der Gnade und der Prädestination
im Zusammenhang mit der Untersuchung des freien Willens in
den theologischen Schriften ständig vertiefte.

Hierzu wird vieles Wichtige gesagt. Bedauerlich ist, daß manche
wichtigen Begriffe, so der der „civitas Dei peregrinans", faktisch nicht
behandelt werden. Denn B. meint, im Sinne von De Civitate Dei XX.
7 (3) richtig, daß über einzelne Personen, die als „electi" zum Gottesdienst
gehören, nichts gesagt sei. Der Rez. glaubt jedoch Stellen wie
De Civitate Dei XIV, 13; XV, 1; XVII, I usw. entnehmen zu müssen,
daß einige Männer aus dem AT wie Abel, Noah, Abraham und Moses
zweifelsfrei bestimmt waren, das „summum bonum", die „civitas
Dei" zu erreichen. Augustins komplizierte Problematik muß nicht
unbedingt schlüssig sein, zumal beim Bezug auf ganz diffizile Einzeldetails
, in denen er hin- und herschwanken mochte. Zitate wie „Natus
est igitur prior Cain ex illis duobus gencris humani parentibus, perti-
nens ad hominum civitatem, posterior Abel, ad civitatem Dei" (De
Civitate Dei XV, 1) oder „Quamvis enim et ipsum Noc patriarcham.
in cuius diebus universa diluvio terra diluta est, et alios supra et infra
usque ad hoc tempus, quo reges in Dei populo esse coeperunt, propter
quaedam per eos futura sive quoquo modo significata sive praedicta,
quac pertincrent ad civitatem Dei regnumque eaehrum, non inme-
rito possumus apellarc prophetas, praesertim quia nonnullos corum
id expressius legimus nuneupatos, sicut Abraham, sicut Moyscn" (De
Civitate Dei XVII, I) scheinen mir eindeutig zu sein. Immerhin hebt
bereits A. Schindler, wenngleich mehr andeutend, hervor, daß „mit
Kain und Abel... die beiden civitates erstmals in zwei Individuen