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Ausgabe:

1989

Kategorie:

Judaistik

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Neuerscheinungen

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271

Theologische Literaturzeitung 1 14. Jahrgang 1989 Nr. 4

272

Als Lemmata figurieren in der Konkordanz (1) Verben, und zwar in
Gestalt ihrer jeweiligen Wurzel. (2) Nomina, also alle Substantive,
Adjektive, Pronomina, Numeralia, Präpositionen, Konjunktionen,
Adverbien, Partikeln (ohne die Relativpartikel, die Akkusativpartikel
zudem nur in suffigierter Form) und Interjektionen, und zwar nach
ihren jeweiligen Anfangsbuchstaben alphabetisch geordnet (also nicht
als Derivate unter der entsprechenden Wurzel zu finden), und (3) alle
„Namen", wobei mit „Namen" hier „sowohl Engel- und Gottesnamen
wie auch nomina barbarum, Buchstabenpermutationen und
unverstandliche Buchstabenfolgen bezeichnet werden" (I, S. IXb
Anm. 42). Während bei den „Namen" jede Form/Schreibweise ein
eigenes Lemma bildet, werden Verben und Nomina nur unter einer,
nämlich der überwiegend in den Texten belegten Form verzeichnet,
ohne Rücksicht auf Piene- oder Defektivschreibung oder graphische
Varianten (wie sin für samekh u. ä.) (I, S. Xlb). Ebenso werden
Personennamen unter einem Lemma jeweils zusammengefaßt.
Hebräische und aramäische Formen werden nur bei größeren Abweichungen
der Schreibweisen voneinander als je eigenes Lemma verbucht
(I, S. XIa). Wie bei den Verben sodann jede flektierte Form, in
der üblichen Reihenfolge sortiert, ein eigenes Sublemma bildet, so
gelten bei den Nomina ebenfalls alle Deklinations- sowie mit Präpositionen
und/oder Suffixen zusammengesetzten Formen als eigene
Sublemmata.

Schließlich wird in der Konkordanz jedes Belegwort nicht nur mit
dazugehöriger Referenz (5yrt"/wc'rt-Paragraph), Siglum der Handschrift
, Folio und Zeile) notiert, sondern zugleich in und mit seinem
Kontext abgedruckt, wobei dies nicht im Sinne des per Computer
mechanistisch vorgenommenen Ke.y-Word-in-Context-Systems zu
verstehen ist, sondern Kontext bedeutet hier eine „manuell" vorgenommene
, nach Sinncinheiten fragende Textabgrenzung. Dies ist
deshalb wichtig, da es für die Texte der Hekhalot-Literatur, die sämtlich
nur unvokalisiert überliefert sind, bisher weder eine Grammatik
noch ein Lexikon/Wörterbuch gibt, so daß es bislang an eindeutigen
Kriterien für die Formenbestimmung fehlt, was zuweilen bei mehrfach
lesbaren Formen zu Zuordnungen führen kann, die zwar nach
dem inhaltlichen Verständnis des Kontextes möglich oder sogar wahrscheinlich
sind, u. U. aber aufgrund neuer, bisher fehlender Formenbestimmungskriterien
revidiert werden können oder müssen, worauf
Hg. eigens aufmerksam macht (I, S. IXb).

Die Konkordanz ist, wie oben gesagt, ein präzedenzloses Werk, eine
Pionierarbeit, von der viele mit großem Gewinn Gebrauch machen
können/werden; so derjenige, der an den Inhalten der Hekhalot-
Texte, an einzelnen Aussagen, an Motiven, an einzelnen Begriffen, an
Gottes- oder Engelnamen und deren Bedeutungen interessiert ist - er
bekommt hiermit einen zuverlässigen Schlüssel an die Hand, mit dem
er sich den Zugang zu den Texten sicher eröffnefi kann. Oder der
Philologe, der Hebraist und der Aramist vor allem - er findet dank der
sorgfältig vorgenommenen, wohlüberlegten minutiösen Sortierung
der Lemmata und der Sublemmata in den rund 97000 in der Konkordanz
abgedruckten Belegen die wesentlichen und ebenso willkommenen
wie unverzichtbaren Vorarbeiten für alle vom Hg. als dringendes
Desiderat angemeldete grammatische und lexikographische Bearbeitung
der Hekhalot-Literatur. In summa* Die Konkordanz ist eine
Leistung zu nennen, die höchsten Respekt verdient, ein Werk, dessen
Wert und Nützlichkeit kaum überschätzt und nur von dem recht
ermessen werden kann, der sich seiner bedient.

Berlin Stefan Schreiner

Ebach. Jürgen: Des Treulosen Treue. Versuch über Jochanan ben Zakkai (In:
Einwürfe, 5. S. 28-39).

Goldberg. Arnold: Das Martyrium des Rabbi Aqiva. Zur Koniposition einer
Märtyrcrerzählung(bBer61b)(FJB 1984, 12, 1-82).

-: Die Schrift der rabbinischen Schriftausleger (FJB 1987.15, 1-15).

Grö/.inger, Karl Erich: Theosophic. Historiosophie und .Anthroposophie'
des Kabbalisten AzrielausGerona(l3. Jh.HFJB 1986, 14, 111-151).

lapide, Pinchas: Prophet wider Willen. Heinrich Heine zwischen Juden und
Christen (EK 21, 1988.534-537).

Lichtenberger. Hermann: Literatur zum Antiken Judentum (VF 33, 1988.
2-19).

Michel, Otto: Grundsätzliche Fragen zum jüdisch-christlichen Dialog (Theologische
Beiträge 19. 1988.251-256).
-: Hebrä'isrhes Denken (EvTh 48,1988.431-446).

Neues Testament

Taeger, Jens-W.: Der Mensch und sein Heil. Studien zum Bild des
Menschen und zur Sicht der Bekehrung bei Lukas. Gütersloh
Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1982. 244 S. 8" = Studien zum
Neuen Testament, 14. Kart. DM 84,-.

E. Schweizer hat in einer vom Vf. dieser neuen Lukasstudie zitierten
Rezension konstatiert: „Eine wirkliche Theologie des Lukas zu
schreiben, ist heute eine Aufgabe, die noch unser aller Kräfte übersteigt
."' Wenn somit die Aussicht gering ist. das einst von H. Conzel-
mann Gewagte nach fast drei Jahrzehnten2 auf höherer Ebene wiederholt
zu sehen, gewinnen Untersuchungen zu Teilbereichen der luka-
nischen Theologie an Bedeutung. Man wird sie nicht zuletzt daran zu
messen haben, ob sie über jene Alternative, die Lukas in der Anklage
oder Lukas in der Verteidigung der heutigen Theologie gegenüberstellt
,' ein Stück weit hinausführen. Jens-W. Taeger, der sich, angeregt
von G. Klein, dem bisher weniger beachteten Aspekt einer Anthropologie
des Lukas zuwendet, ist sich der Zeichen, die auf einen „Umschwung
der Lukaskritik" (11) deuten, durchaus bewußt. Nicht zuletzt
deshalb hat er wohl dieses Thema gewählt, bei dem Prolllgebung
möglich schien.

Der Aufbau der Untersuchung erinnert deutlich an R. Bultmanns
Präsentation der paulinischen Theologie in seinem Lehrbuch. Sie
setzt ein mit der „Charakterisierung des Menschen durch die anthropologischen
Hauptbegriffe" (19-30), als welche psyche (= „Lebens-
ausrichtung. individueller Lebensvollzug", „Lebenskraft") und kar-
dia (=Ort der „Vielfalt menschlicher Empfindungen und Regungen")
gelten, während pneuma, soma, sarxzurücktreten. Zu Recht wird die
Nähe zum Alten Testament und die Distanz zu einer dualistischen
Anthropologie betont (29), freilich auch auf den unsystematischen
Charakter des Wortgebrauchs verwiesen.

Bei der Kennzeichnung des vorgläubigen Menschen (31 -84) stehen
Aussagen über Sünder und Sünde voran. Hier rückt nach der Sicht des
Vf. die ethisch-moralische Seite, der schuldhafte Lebenswandel (so
auch in 5,8; 15,24) in den Vordergrund. Folglich spezifizieren die
negativen Sätze über die genta (Lk 9,41; 11,29; Act 2,40) nicht die
Sicht des Menschen, sondern bestimmter Menschen; die „Söhne des
Äons" (Lk 16,8; 20,34) sind durch ihren Wandel von den Jüngern
unterschieden; die Bezeichnung als Gerechte (nicht „Gerechtfcr-
tigte") zeigt, daß es (einige) Menschen gibt, deren Verhalten Vi
keinem Tadel Anlaß bietet. Die menschliche Verantwortung angesichts
der ergehenden Verkündigung tritt kräftig heraus (etwa
Lk 11,33-36; 12,54-56); der Schritt vom vorchristlichen zum christlichen
Stand ist ein die agnora aufhebender Erkenntnisfortschritl
(Act 17,22 IT).

Daß die Darstellung der christlichen Existenz den Menschen ""
'/.eichen der Bekehrung (105-224) sieht, erscheint nach alledem angemessen
. Zu den vom Vf. herausgehobenen Besonderheiten des
Lukas gehört es, daß er die Bekehrung mit Begriffen beschreibt, die die
Entscheidung des Menschen unterstreichen. Das gilt für das eingangs
(106-122) entfaltete Verständnis von pistis pisteuein als Glaubens-
annähme (wobei die von D. Lührmann herausgearbeitete früh-
jüdische Komponente etwas vernachlässigt erscheint), aber auch für
die den „Sinneswandel" betonende lukanischc Fassung des metanoia-
Bcgriffs (130-141). Die Vorstellung weiterer Verben bzw. Wendungen
, die die Entscheidung des Menschen, das Werk Gottes, die Taten
der Missionare und das „Wachstum" bezeichnen, möchte so etwas