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Ausgabe:

1989

Spalte:

200-201

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Heidrich, Peter

Titel/Untertitel:

Thompson, William M., Fire and light: the saints and theology 1989

Rezensent:

Haendler, Gert

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199

Theologische Literaturzeitung 1 14. Jahrgang 1989 Nr. 3

200

Raumgründen leider nicht eingegangen werden. Wie eminent kritisch
sie ausfallen können, sei nur an einem Beispiel gezeigt. Von Kants
Gesinnungs- und Pflichtethik sagt der Autor: Sie „fördert - gerade
weil sie empirisch nicht kontrolliert werden will - jene Untertanen-
mentalität, auf die sich dann Absolutismus und Imperialismus stützen
können" (161). Abschließend postuliert der Vf. die Gattung Evangelium
als „das unverbrauchte Modell" (279), von dem für unsere Zeit
hilfreiche biblische Impulse ausgehen.'in denen die geistliche wie die
gesellschaftliche Aufgabe des Christentums zu einer neuen evangelischen
Qualität heranreifen kann.

Fraglos stellt das wirkungsgeschichtliche Programm eine Methode
dar, die nicht nur das Gewicht der Theorie-Praxis-Beziehung für alle
Bereiche von Theologie und Kirche unterstreicht, sondern zugleich
deren Horizont wesentlich erweitert. Sie ist geeignet, den „garstigen
Graben" zwischen historisch-kritischer Exegese und gegenwärtigem
Verkündigungsanspruch überbrücken zu helfen, freilich so, daß dieser
Anspruch wirkungsgeschichtlich relativiert wird. Zu fragen bleibt, ob
die neue Methode um ihre Grenzen weiß. Diese ergeben sich schon,
wenn man die wirkungsgeschichtliche Fragestellung auf die Methode
selbst anwendet, also nach ihrem „Sitz im Leben" fragt. Noch ungenügend
reflektiert erscheint dem Rez. ihr Verhältnis zur Wahrheitsfrage
. Der ablesbare oder nicht ablesbare Beitrag zum „Aufbau einer
humanen, christlich-evangelischen Welt" (21) reicht als Kriterium
schwerlich aus, um so weniger, als dieser Maßstab offensichtlich
volkskirchliche Verhältnisse voraussetzt, die für Theologie und Kirche
zumindest in der DDR nicht mehr gegeben sind. Wünschenswert
erscheint hier vielmehr eine wirkungsgeschichtliche Hermeneutik, die
auf eine zunehmende Freiwilligkeits- und Minderheitenkirche zugeschnitten
ist.

Greifswald Günter Haufe

Kirchengeschichte: Altgemeines

Thompson, William M.: Fire and Light: The Saints and Theology.

On Consulting the Saints, Mystics, and Martyrs in Theology. New
York - Mahwah: Paulist Press 1987. V, 201 S. 8°. Kart. $ 8.95.

„Feuer" - das sind die Heiligen in ihrer Glut. „Licht" - das ist
Erleuchtung durch Theologie. Feuer - das ist Wärme, Intuition,
Erfahrung. Licht - das ist Theorie, Vernunft. Doch eben solche
Dichotomie zu überwinden möchte das Buch helfen. Ignatianisches
sentire cum ecclesia umschreibt Vf. als sentire cum sanctis. Vf. ist
associate professor für Theologie an der Duquesne-Universität in
Pittsburgh, PA. Er ist römisch-katholisch, denkt aber über Konfessionsgrenzen
hinaus. Mit dem, was er im genannten Sinne Dichotomie
nennt, trifft er mindestens in Europa einen wunden Punkt.
Berücksichtigen wir, daß light, genauer enlightenment, bei uns Aufklärung
heißt, dann denken wir nicht an mystische illuminatio, sondern
an eine Rationalität, der die Lebendigkeit des Religiösen abhanden
kommen kann oder abhanden kam. V. Balthasar hat im
12./13. Jh. die Trennung gesehen zwischen einer knieenden und einer
sitzenden (urteilenden) Theologie. Wo, wenn nicht an den Ergriffenen
, könnte sich vertretbares Reden von Gott kräftig erweisen?

Für Vf. sind Heilige ergriffen von einer Vision und von einer
"praxis"-die "sociopolitical dimensions ofsanetity" sind ihm wichtig
. Dem Vf. liegt nicht'an einem Dcnzinger-Stil der Theologie, der
nur Dekrete sammelt, auch nicht an einem offiziellen Heiligcnkult,
der Protestanten verdächtig sein würde, aber auch nicht an ostkirchlicher
Scholastik. Andererseits möchte er nicht auf den Zugang verzichten
, den christlich kompetente Schriftsteller und Künstler für das
Studium von Heiligen bahnten.

Zunächst befragt Vf. die Überlieferung und moderne kath. Theologie
nach ihrer Wertung der Heiligen. Karl Rahner und dessen Interpreten
, z. B. Harvey Egan, aber auch Gutierrez begegnen uns hier.
Ignatianische Exerzitien werden im Zusammenhang mit Befreiungstheologie
gedeutet. Vf. unterscheidet "appropriate mediation", die
christliches Selbstverständnis in großen Texten, Dokumenten und
Erbe zur Sprache bringen möchte, von einer "critical mediation", die
Unausgeglichenheiten in der Tradition korrigieren könnte.

Im zweiten Teil des Buchs geht Vf. einzelnen Heiligen und deren
Erfahrungen nach. Er hatte seinen grundsätzlichen Teil mit der für
sein eigenes Theologieverständnis verheißungsvollen Charakteristik
geschlossen, die William in Ecos „Name der Rose" von seinem Schüler
erhält: Er sprach immer so gut und weise über Dinge, daß es war,
als ob ein Mönch uns das Leben von Heiligen vorläse.

Die Welt der Dunklen Nacht (etwa in der Cloud of unknowing).
Johannes vom Kreuz ("as Pncumopathologist"), Teresa von Avila,
Franziskus von Assisi und Therese von Lisieux und „Alltagsmystiker
" werden im einzelnen vorgestellt und theologisch befragt. Vf.
bleibt nie bei der Beschränkung auf „Gott und die Seele". Die Relevanz
, die die Menschheit Jesu für die Frömmigkeit der Klosterfrau
ven Avila hat, sucht Vf. antiarianisch und antieckhartisch für die
Christologie fruchtbar zu machen, wo ein Neutestamentier unserer
Breiten sicher historische Fragestellungen vermissen wird. Im Blick
auf Therese sind wir von Nigg und v. Balthasar, dessen spezielles Buch
nicht erwähnt ist, auf die Thematik eingestimmt, um nicht zu sagen,
anspruchsvoll gemacht.

Im Kapitel über "everyday" mystics wird u. a. Karl Rahners ignatianische
Spiritualität gekennzeichnet, die ihn ein Vorwort zu einem
Buch über die Beatles schreiben oder bei Zeitmangel in einem
Besuchsprogramm die Kirchenbesichtigung zugunsten der Spielzeugabteilung
eines Kaufhauses streichen ließ. Der Durchschnittsmensch
werde seine oder ihre zur Mystik führenden Fähigkeiten entdecken,
das gehörte zu den bleibenden Impulsen des Rahnerschen Denkens.

Ein anregendes Buch mit einem wichtigen Anliegen.

Rostock Peter Hcidrich

Dahlmann-Waitz: Quellenkunde der deutschen Geschichte. Bibliographie
der Quellen und der Literatur zur deutschen Geschichte.
10. Aufl. Unter Mitwirk, zahlr. Gelehrter hg. im Max-Planck-Institut
für Geschichte von H. Heimpel u. H. Geuss. Lfg. 53:
Abschn. 127 (Schluß) - Abschn. 128 (Anfang). Lfg. 55:
Abschn. 128 (Schluß) - Abschn. 133 (Anfang). Lfg. 56:
Abschn. 133 (Schluß) - Abschn. 135 (Anfang). Lfg. 57:
Abschn. 135 (Schluß) - Abschn. 136 mit Titelei und Inhaltsübersicht
zu Bd. 4. Lfg. 54: Abschn. 276 (Schluß) - Abschn. 278
(Anfang). Lfg. 58: Abschn. 278 (Schluß) - Abschn. 279 mit Titelei
und Inhaltsübersicht zu Bd. 6. Stuttgart: Hierscmann 1986/87. 4'-
je Lfg. DM 44,-.

Zuletzt war in ThLZ 112 (1987) über die Lieferungen 49-52 der
Quellenkunde berichtet worden (Sp. 602). Die jetzt anzuzeigenden
sechs Lieferungen bringen zwei Bände zum Abschluß. Lieferung 53.
55, 56 und 57 beenden den Band IV, also den letzten Band des allgemeinen
Teils. Die dafür noch vorgesehenen Abschnitte 137— 157
fallen weg. Die genannten Lieferungen 53 und 55-57 betreffen Westfalen
(127), Niedersachsen (128), Bremen (129), Hamburg (130).
Lübeck (131), Schleswig-Holstein (132), Mecklenburg (133), Brandenburg
-Preußen (134), Pommern (135) sowie Preußcnland (136)-
Man kann über die Bezeichnungen und Einteilung streiten, die Länge
der Teile fällt natürlich sehr unterschiedlich aus: Lübeck hat 188.
Brandenburg-Preußen 1 173 Nummern.

Die Lieferungen 54 und 58 bringen Band VI zum Abschluß. Fur
den Kirchenhistoriker seien einige besonders wichtige Punkte genannt
. Lieferung 54 enthält das Thema „Bauernkrieg" mit den Nummern
1537-1666, gefolgt von „Konzilsfragen und Religionsgespra-
chen" (Nr. 1667-1681). Abschnitt 277 ist überschrieben „Die kirchlichen
Verhältnisse im Zeitalter von katholischer RcYorm und Gegenreformation
1555-1648". Die 783 Titel bieten Literatur u. a. über die
Jesuiten (60-77) sowie über folgende katholische Theologen: Claudius
Aquaviva (78), Caesar Baronius (81), Robert Bellarmin (82)-