Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1989

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

187

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 3

188

32f, 44-47). Neu hinzugekommen ist indessen die französische Arbeit von H.
Mottu, Les«Confessions»de Jeremie: Une protestation conlre la souffrance (Le
Monde de la Bible), Geneve 1985, die auch bei D. fehlt.

2 Hinzuweisen ist auf die älteren Dissertationen von W. V. Chambers
(Vanderbilt University 1972) und D. H. Wimmer (University of Notre Dame
1973), auf die D. zurückgreifen konnte. Etwa gleichzeitig entstand die Dissertation
von K. O'Connor (Princeton Theological Seminary 1984), die D. für die
Druckfassung ebensowenig berücksichtigen konnte wie die Kommentare von
R. P. Carroll, W. L. Holladay und W. McKane. Jetzt liegt sie auch gedruckt vor:
K. O'Connor, The Confessions of Jeremiah. Their Interpretation and their Role
inChapters 1-25 (SBLDS 94), Atlanta, GA 1988.

Braulik, Georg: Studien zur Theologie des Deuteronomiums. Stuttgart
: Kath. Bibelwerk 1988. 342 S. 8° = Stuttgarter Biblische Aufsatzbände
, 2. Kart. DM 39,-.

Der Wiener Alttestamentier Georg Braulik OSB gehört zu den
Spezialisten auf dem Gebiet der Deuteronomium-Forschung. Der
vorliegende Band faßt den Ertrag zwanzigjähriger Forschungsarbeit
zusammen, die zugleich auch in dem noch im Erscheinen begriffenen
Kommentar zum Deuteronomium in der Neuen Echter Bibel ihren
Niederschlag finden wird. Es handelt sich um den unveränderten
Abdruck von zehn Aufsätzen, die in verschiedenen Periodica und
Festschriften zwischen 1970-und 1986 erschienen sind.

K.-H.B.

Judaica

Lenhardt, Pierre, u. Peter von der Osten-Sacken: Rabbi Akiva. Texte
und Interpretationen zum rabbinischen Judentum und Neuen
Testament. Berlin (West): Institut Kirche und Judentum 1987.
403 S. 8" = Arbeiten zur neutestamentlichen Theologie und Zeitgeschichte
, 1. Kart. DM 27,80.

Eine Forschungsstätte von bislang eher regionaler Bedeutung ist
dabei, aus dem Schatten herauszutreten. Eine neue Reihe stellt sich
vor. Das Institut Kirche und Judentum in Berlin (West), eng verbunden
mit der dortigen Kirchlichen Hochschule, hat bereits seit über
10 Jahren im Selbstverlag Institutsveröffentlichungen publiziert, eine
Basisreihe, dazu eine historische und eine religionspädagogische
Serie. Mit dem vorliegenden Band über Rabbi Akiba (ca. 55-137
n. Chr.) wird eine weitere Reihe eröffnet, die dem Brückenschlag zwischen
judaistischer und neutestamentlicher Forschung dienen soll. Es
entspricht dieser Zielsetzung, wenn sich das Werk als Ergebnis einer
Gemeinschaftsarbeit zwischen einem Neutestamentier, dem Institutsleiter
P. von der Osten-Sacken, und dem Judaisten Pierre Lenhardt
vorstellt. Mit diesem Partner erhält das Unternehmen eine ökumenische
Note. Er kommt als Angehöriger der Congrcgation Notre
Dame de Sion und Dozent am Institut Ratisbonne in Jerusalem aus
jenem Zweig französischer katholischer Theologie, der sich dem
christlich-jüdischen Dialog verpflichtet weiß.

Obwohl es sich bei Akiba um eine Persönlichkeit handelt, die nicht
zuletzt wegen ihrer Rolle im Bar-Kochba-Krieg im hellen Licht der
Geschichte steht, ist eine Biographie im herkömmlichen Sinn kaum
möglich. Was wir über ihn in Erfahrung bringen können, basiert auf
einer Anzahl von Stellen in der jüdischen Traditionsliteratur, die
ihrerseits überlieferungsgeschichtlicher und zeitgeschichtlicher Einordnung
bedürfen. Schon von da aus ergibt sich eine methodische
Berührung mit der Arbeit des Neutestamentiers, der in der Jesusforschung
vor ähnlichen Problemen steht. Andererseits erfordert die
Vielschichtigkeit der Fragen von der angemessenen Übersetzung bis
zur differenzierten Bewertung rabbinischer Lehrtraditionen die Kompetenz
eines professionellen Judaisten. Schließlich zeigen sich an
Gestalt und Lehre Akibas Strukturen und Themen, die zu einem Vergleich
zwischen dem Urchristentum und dem sich formierenden klassischen
Judentum herausfordern. Wenn beide Autoren den gesamten

Text des Buches (abgesehen von zwei angefügten Aufsätzen Len-
hardts) ungeteilt verantworten, dann soll hier sichtbar werden, wie der
Neutestamentier vom Judaisten und der Judaist vom Neutestamentier
gelernt hat.

Bis in die Einzelheiten der Gestaltung hinein zeigt sich das Werk
vom Bemühen um ein eigenes Profil bestimmt. Den Hauptteil bildet
die Präsentation von insgesamt 22 Texteinheiten über Akiba aus der
rabbinischen Literatur (32-329), deren Erörterung jedoch durch eine
Vielzahl von Zwischenabschnitten und Exkursen unterbrochen wird,
die es auch dem weniger informierten Leser erlauben, gleichsam Stufe
um Stufe tiefer in die Thematik einzudringen. Alle Stücke werden in
vokalisiertem Text mit eigenständiger Übersetzung dargeboten, die
biblischen Bezüge erhalten durch die Verwendung der alten Übertragung
von Leo Zunz eine besondere Note; das Transkriptionssystem ist
das des Jüdischen Lexikons (1927), so daß auch vom Äußeren her der
Eindruck bekräftigt wird, hier werde das Judentum in seiner Eigenheit
völlig respektiert.

Die Interpretation folgt fast durchweg dem Schema: Kontext -
Aufbau - Überlieferungsverhältnisse - versweise Kommentierung.
wie es dem exegetischen Handwerk entspricht. Die formgeschichtliche
und überlieferungsgeschichtliche Analyse rabbinischer Texte,
die in der Schule J. Neusners zu großer Perfektion entwickelt wurde
und zur skeptischen Sicht der Geschichte führte, erfährt hier durch
stärkere Betonung des Kontcxts (des literarischen wie des zeitgeschichtlichen
) eine Korrektur zum Konservativen hin.

Das Werk ist wie andere Veröffentlichungen des Instituts weniger
dem Spezialisten als einem größeren Interessentenkreis zugedacht. So
wird in präzise formulierten Exkursen über den Aufbau der jüdischen
Traditionsliteratur, ihre strukturbildenden Begriffe wie Halacha und
Haggada (53-55) und ihre grundlegenden Korpora wie Tosefta
(50-53) und Abot Rabbi Natan (72-74) informiert.

Die vielleicht überraschendste Besonderheit des Buches ist die Herausarbeitung
der Parallelität von Akiba und Paulus, ein Leitthema,
das in Einschaltungen und Exkursen immer wieder aufgenommen
wird. Ansatzpunkte bieten die schon früher gelegentlich herausgestellte
biographische Affinität, die bei beiden einen Bruch mit der Vergangenheit
konstatiert - der Gesetzeseiferer Paulus wird Christuszeuge
, der am-ha-arez Akiba Schriftgelehrter (b. Pes. 49b) -, und die
zentrale Rolle beider in der religiösen Geschichte ihrer jeweilige11
Gemeinschaft. Manche Parallele ist in der Tat eindrucksvoll: die Entrückung
in b. Chag. 14b und 2Kor 12 (132-135), die Rezeption von
Dtn 30,11 in b. baba mez. 59a und Rom 10,6ff (117-120) und di«
Herausstellung der Nächstenliebe gemäß Lev 19,18 als Grundsatz
(197-199). Auch auf die Bergpredigt fällt neues Licht (281 0- In anderen
Fällen sind die Berührungen eher assoziativ; etwa wenn im Anschluß
an den Martyriumsbericht b. Berölb über das Sch'ma bei
Paulus referiert wird (60) oder die Lev. Rabba 14,2-interpretierten
Feuererscheinungen bei der Sinaioffenbarung die Brücke zu Darlegungen
über Ostern und Pfingsten bilden (146).

Jenseits der Einzelheiten erhebt sich jedoch eine grundsätzliche
Frage. Nachdem das Verhältnis von urchristlicher Botschaft und rab-
binischem Judentum so lange und so oft im Zeichen des Bruchs interpretiert
wurde, mag es begreiflich erscheinen, wenn die in Gestalt und
Anspruch Jesu gesetzte Trennungslinie überspielt wird, so daß Paulus
und Akiba auf die gleiche Seite zu stehen kommen. Die Dialektik von
Selbigkeit und Neuheit wird dabei freilich verfehlt. Die für die Berliner
Arbeit kennzeichnende Hermeneutik der Kontinuität, die von
der in je eigener Weise vom Urchristentum und vom Rabbinat durchgehaltenen
Treue zur Tora ausgeht, erweist gerade da, wo sie fruchtbar
erscheint, auch ihre Begrenzung.

Leipzig/Halle (Saale) Wolfgang Wiefel

Duhaime, Jean: Dualistic Reworking in the Scrolls from Qumran (CBQ 49'
1987,32-56).

Männchen. Julia: Die Anfänge der zionistischen Bewegung im 19. Jahr-
hundert vor Theodor Herzl (ZdZ 42, 1988.266-273).