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Ausgabe:

1989

Spalte:

185-187

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Diamond, A. R.

Titel/Untertitel:

The confessions of Jeremiah in context 1989

Rezensent:

Thiel, Winfried

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Theologische Literaturzeitung 1 14. Jahrgang 1989 Nr. 3

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D'amond, A. R.: The Confessions of Jeremiah in Context. Scenes of Konfessionen im jetzigen Kontext. Dabei geht der Vf. von der Beo-

Prophetic Drama. Sheffield: JSOT Press 1987. 308 S. 8" = Journal bachtung aus, daß die Kap. 11-13; 14-17 und 18-20 übergeordnete

or the Study of the Old Testament, Suppl. Serics 45". Kart. £ 9.95; redaktionelle Komplexe bilden. Außerdem akzeptiert er- freilich mit

starken Modifikationen im einzelnen - die These des Rez., daß die

Auf zahlreiche deutschsprachige Untersuchungen der „Konfessio- Konfessionen hier in redaktionell geschaffene „stilisierte Szenen"

"en Jeremias aus der letzten Zeit' folgt nun diese englische Arbeit,2 eingebunden sind. D. hebt besonders den dialogischen Charakter

er eine phil. Diss. von Cambridge (1984) zuguindeliegt. Hatten (Prophet - Gott; Prophet - Volk) der großen Einheiten hervor und

^.hon die letzten einschlägigen Untersuchungen die redaktionelle entdeckt in ihnen als gemeinsame Thematik den Versuch einer Theo-

ettung der Konfessionen zu erhellen gesucht, so ist dieses Pro- dizee: die Begründung des Unheils als verdiente Strafe für-den Abfall

em die beherrschende Fragestellung der anzuzeigenden Arbeit. Es des Volkes von seinem Gott, wodurch die Gültigkeit des Gotteswortes

ge 1 ihr um "the proper interpretive context within which the confes- erwiesen und Jeremia als wahrer Jahweprophet legitimiert wird. Die-

s'°nscouldbeasscssed"(l89). ser Intention fügen sich lediglich die Heilsworte 12.14-17;

Der erste Teil der Arbeit ist der Interpretation der einzelnen Kon- 16,14-15.19-21 nicht ein, die ohnehin als Zusätze verdächtig sind.

ss>onstexte gewidmet. Der Übersetzung des Textes folgen jeweils die Die Entdeckung des Zyklus-Schemas ("sequential pattern") und

tfnodischeii Schritte "Form - Redaction - Setting- Interpretation - seiner Inkorporierung in „stilisierte Szenen" veranlaßt den Vf. zu der

'm ■ Der Abschnitt "Form" ist noch unterteilt in "Typical Form" Auffassung, "that a legitimate contextual reading of the confessions

attung) und "Particular Form" (Struktur). D. grenzt die Texte wie would have tobe carried out alonga doubleaxis-that oftheir literary

°8t ab: 11,18-23; 12,1-6; 15,10-14; 15,15-21; 17,14-18; sequence and immediate literary context" (177). Dieses "double-axis

•l8-23; 20,7-13; 20,14-18. In der sorgfältigen Einzelexcgese, die Schema", also "the compatibility and co-ordination of the sequential

"°ch durch übersichtliche Tabellen des Wortgebrauchs im Anmer- pattern with that of the stylized scenes", gestaltet die Kap. 11-20 zu

SSapparat abgesichert wird, setzt sich D. besonders mit den Ver- einem "integrated literary whole" (ebd.). Die ganze Komposition

rLt(.rn einer literarischen Schichtung innerhalb der einzelnen Texte erscheint als ein prophetisches Drama, in dem Jeremias Wirksamkeit

^•seinander. Er selbst stellt nur geringe Anzeichen redaktioneller als Dialog zwischen Prophet, Gott und Volk dargestellt ist. Neben

^r eit fest und ordnet lediglich I 1,21-23; 15,13-14, die beiden ersten dem Hauptthema „Rechtfertigung der Vernichtung Judas als Folge

^ rte von 15.15 sowie 18,18 redaktioneller Tätigkeit zu, wobei seines Ungehorsams" sind drei Unterthemen zu konstatieren: "pro-

■*1-23 und 18,18 (im Einklang mit dem Rez.) als deuterono- phetic conflict" (Auseinandersetzung zwischen wahren und falschen

fü 1 ' Stimmt werden. Dieses umsichtig begründete Votum Propheten, in denen Jeremia als der legitime Jahweprophet erwiesen

krgpt'C 'ntegrität der Texte ist im wesentlichen einleuchtend und ent- wird), "prophetic iconoclasm" (Kampf des Propheten gegen die

chen^ Zatl're'cne Argumente für literarische Schichtung. An man- volkstümliche Theologie und ihre Sicherheitsillusion) und "prophe-

en Stellen aber melden sich Bedenken an. Die Spannungen, die D. tic paradigma" (die persönlichen Erfahrungen, Anfechtungen und

che" CiCr F'nncit 15.10-12 selbst beobachtet und nicht zurei- Leiden Jeremias). Über all diesem aber erhebt sich die apologetische

auch Crkliircn kann- sPrcchen gegen die Abgrenzung des Textes und Theodizee-Thematik der Schöpfer des Zusammenhanges, die D. mit

117f gC8Cn dlC Bevorzugung des MT. Auch an anderen Stellen (z. B. den dtr. Redaktoren identifiziert.

gek" ZU 2°'16' runrt das Festhalten an der hebräischen Textgestalt zu Fast nebenbei und den Kern der These des Buches nicht berührend,

läßt ™?e'ten Erklärungen. Der Stilwechscl in 20.10-13 schließlich fallen Erkenntnisse für die Herkunft der Konfessionen ab. Die

stu 1C Zwe'fe' an der Einheitlichkeit von 20,7-13 nicht ver- „Transfer-Theorie", die mit sekundärer Übertragung von Psalmen-

. en- formen auf Jeremia rechnet, hält D. für unbefriedigend. Er rechnet

these ■ Ergebnissen der Einzelanalyse baut sich die folgende Syn- vielmehr mit substantieller Authentizität der von der dtr. Redaktion

auch ryf ° bcoc,acritet '» den Konfessionen sowohl Kontinuität als verarbeiteten Materialien. Dieses Ergebnis, das mit den Resultaten

eine f 'skontinuitat z" den Elementen der Klagepsalmen, außerdem fast aller einschlägiger Untersuchungen der letzten Zeit im Einklang

Gatt °rniale Hc'erogenität: Mehrere Texte zeigen den Einfluß der steht, ist um so beachtlicher, als es keineswegs im Untersuchungsver-

1^1 Ungdcr-Prophetischen Liturgie", andere sind den individuellen lauf angesteuert, sondern vom Vf. mit lobenswerter methodischer

Die £PSa'men ahnlich, die letzte Einheit ist eine Sclbstverfluchung. Zurückhaltung bis zuletzt offengehalten wird.

ten °nlcssionen zeigen sichtlich eine Verwandtschaft mit Prophe- Zweifellos stellt das Buch einen großen Fortschritt bei der Heraus-
15 i5rU,Ctlen Jeremias und enthalten prophetische Elemente (bes. arbeitung der Funktion der Konfessionen in ihrem Kontext dar. Aber
Ser' T~~1; 17-14-18; 20.7-13). Andererseits ist ein konkreter Ort die- auch die Synthese hat Schwachpunkte, von denen zwei herausgegrif-
ni.leh^XtgruPPe im vorlitcrarischen Stadium nur schwer auszu- fen seien: 1. Die Intention von 20,14-18 als Endpunkt der Konfes-
VOr a|jn' D,c Verbindung mit der prophetischen Wirksamkeit wird sionsreihe hat D. auch mit dem "double-axis Schema" m.E. nicht einsieht
Cm dUfCh d'e konlextuelle Einbettung vollzogen. Ihr wendet leuchtend klären können. 2. Die von D. selbst gestellte Frage, warum
pa^Weitere Untersuchung zu. die dtr. Redaktoren den Zyklus-Komplex schufen, um ihn dann doch
si0nsar ''dung, analoge Form und Thematik in den ersten Konfes- in „stilisierte Szenen" aufzulösen (146), bleibt am Ende unbeant-
teren ^"^enüber andersartigen Formen und Inhalten in den letz- wortet. Können 11,21-23 und 18,18 wirklich die Beweislast für dtr.
gressi " dCn Vf" zur These von der Existenz eines "complex pro- Herkunft des Doppel-Zyklus tragen, oder sind sie nicht vielmehr erst
eycle°nal Pattern articulated in two movements or cycles. The first bei der Schaffung der „stilisierten Szenen" eingesetzt worden? Ein-
12 U(*°uld consist of the series of prophetic liturgies (I 1.18-23; sichtiger wäre jedenfalls eine zweistufige Entstehungsgeschichte, in
onlyfu" ,5l°-14; 15.15-21) rounded off by 17.14-18. which not der den dtr. Redaktoren eine wohl von Jeremiaschülern stammende
ding hutet|°nS'° 8'Ve thc concluding prophetic response to the prece- Sammlung der Konfessionen bereits vorlag.

eycle Provides thc transition to thc second cycle. This second Trotz aller Einwände handelt es sich um ein solide gearbeitetes.

2o.7_J"°mprises lhe remaining three confessional units (18.18-23; bedachtsam abwägendes und sorgfältig argumentierendes Buch, fair

der pr ; 20 '4-l8)." (I36fj Der erste Zyklus kreist um das Wesen auch in der kritischen Auseinandersetzung und vorsichtig im Urteil.

GoU 2U ot,SChen Botschaft, das im Konflikt zwischen Prophet und Es sollte in der Jeremia-Forschung nicht mehr zu übersehen sein.

tischenUWoPtra';hC kommt- der zwcitc um das Geschick des prophe- Marburg(Lahn) Winfried Thiel

redakti0n -II V°m V°'k gelehnt wird. Nach dem Ausweis der _

K°rnplexe h" /USalze "•2I~23 ""d 18.18 ist die Gestaltung des

rjer . "er dtr. Redaktionstätigkeit zuzuschreiben. ' Anstatt die Titel einzeln aufzuführen, verweise ich auf meinen Litcratur-

CtZte Te'l des Buches untersucht Stellung und Funktion der bericht: Ein Vicrteljahrhundert Jeremia-Forschung, VF 31, 1986, 32-52 (bes.