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Ausgabe:

1989

Spalte:

175-177

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Ecclesia peregrinans 1989

Rezensent:

Haendler, Gert

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175

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 3

176

-Raum eignen ihr mehrere Funktionen. Das dort begegnende Verständnis
gründet in Mt 12,42 = Lk 11,31. Schließlich gilt sie als
Stammutter des äthiopischen Königshauses. Nach Meinung des
Autors habe keine andere Persönlichkeit des Alten Testaments Heidnisches
, Muslimisches und Jüdisches überzeugender und nachhaltiger
in die christliche Welt herübernehmen können. Interessant sind die
Darlegungen hinsichtlich einer typisierenden Verbindung zwischen
der Königin von Saba und der assyrischen Königin Sammuramat,
griech. Semiramis. In dem Zusammenhang formuliert B. eine Idee, die
in seinen Ausführungen mehrfach zum Tragen kommt: „Mochte sich
die Lage der Frauen unter dem Diktat der patriarchalischen Herrschaftsform
auch verschlechtern, mit diesem Frauentypus, den beide
Herrscherinnen verkörpern, blieb trotz aller polemischen Entstellungen
ein Bild der Frau erhalten, das .weibliches' Selbstbewußtsein ausstrahlte
" (S. 126).

Man darf dem Autor bescheinigen, daß er sich anhand umfangreichen Literaturstudiums
sachgerecht unterrichtete. Die Fachgelehrten der einzelnen orientalistischen
Wissenschaftszweige einschließlich der Wissenschaft vom Alten
Testament werden freilich an manchen Stellen ihre Einwendungen haben und
Einzelheiten korrigiert sehen wollen. Darauf hier einzugehen, verbietet der
Raum. Zwei Desiderata seien aber angemeldet: Auf S. 265 sollte zu dem Zitat
Z. 13 die Belegstelle Koh 7,26 angegeben sein, und es wäre gut gewesen, hätte
Vf. jeweils vermerkt, woher er die Übersetzungen der biblischen Passagen übernahm
. Außerdem ist auf einige Versehen hinzuweisen: S. 107 unten und S. 108
unten ist zweimal das gleiche zum Ausdruck gebracht. Bis in Anmerkungen,
Literaturverzeichnis und Register hinein zählt man etwa ein halbes Hundert
Druckfehler. Bei Tafelbild 30 sind die beiden Hälften vertauscht, vgl. die Erläuterungen
auf S. 296-298. S. 42 Z. 2 v. u. lies .Südens' (statt .Ostens') [vg. S. 35
unten]. Die Wiedergabe im Deutschen S. 255 Z. 4 ist unrichtig.

Abschließend sei hervorgehoben, daß B. ein interessantes Buch vorgelegt
hat, das er, aufs Ganze gesehen, mit kritischem Urteil und Einfühlungsvermögen
schrieb, wobei ihm freilich ein paarmal grammatische
bzw. syntaktische Schnitzer unterliefen. Es ist keineswegs nur
für Glieder der christlichen Gemeinden oder die Theologen bestimmt,
sondern will einen großen Leserkreis erreichen. Möge es ihm beschieden
sein, denn das ansprechend hergestellte Werk ist zu loben und
allenthalben zur Lektüre zu empfehlen.

Leipzig Wolfram Hcrrrnann

[Lenzenweger, Josef:] Ecclesia Peregrinans. Josef Lenzenweger zum
70. Geburtstag. Hg. von K. Amon, B. Primetshofer, K. Rehberger,
G. Winkler, R. Zinnhobler. Wien: Verband der Wissenschaftlichen
Gesellschaften Österreichs 1986. XI, 424 S., 1 Porträt gr.8

Kötting, Bernhard: Ecclesia peregrinans. Das Gottesvolk unterwegs.

Gesammelte Aufsätze I. u. II. Münster: AschendorfT 1988. VIII,
548 S., 1 Taf. u. III, 339 S. gr.8"= Münsterische Beiträge zur Theologie
, 54, 1/2. Kart. zus. DM 120,-.

Es kommt gewiß selten vor, daß Tür ein deutschsprachiges Buch ein
lateinischer Titel gewählt wird. Um so mehr muß es auffallen, daß
jetzt unmittelbar hintereinander zweimal derselbe lateinische Titel
gewählt wurde: Ecclesia peregrinans. In beiden Fällen handelt es sich
um Aufsatzsammlungen für bzw. von einem katholischen Kirchenhistoriker
. Man kann wohl von einem aufschlußreichen Zeichen
sprechen: Für zwei bedeutende deutschsprachige katholische Kirchenhistoriker
hat dieser Kirchenbegriff eine das Lebenswerk kennzeichnende
Bedeutung. Im Vorwort der Festschrift für Lenzenweger
heißt es über den Jubilar: „Er wird von der Ecclesia peregrinans nicht
nur geprägt, sondern er hat deren Erscheinungsbild auch entscheidend
mitgestaltet" (III). Im Vorwort der Aufsatzsammlung von Kötting ist
die Rede von der „Entfaltung der Kirche, die als pilgerndes Gottesvolk
durch die Zeiten der Vollendung entgegengeht. .. Mit dieser
Umschreibung wird die Intention seines wissenschaftlichen Wirkens
wohl am besten erfaßt" (VII). Die Kirche wird also nicht primär als
eine zentral geleitete und rechtlich festgelegte Größe beschrieben, wie
es im Raum der katholischen Kirche oft erschien, sie wird vielmehr

als Kirche auf der Wanderschaft gesehen im Sinne der Kirchenkonstitution
des 2. Vatikan ums.

Den zeitlichen Primat hat die Festschrift für Josef Lenzenweger.
Sein Lebensweg ist mit drei Orten in Österreich besonders verbunden:
Er wuchs auf „im Schatten des ehemaligen Benediktinerklosters
Garsten", über das er sich in mehreren Publikationen geäußert hat:
1946, 1958, 1959, 1970, 1971, 1983, 1984. Den größten Teil seines
Lebens wirkte er in Linz, wo er studierte und seit 1948 Lehrtätigkeit
ausübte; 1958-60 war er Dekan der Theologischen Diözesanlehr-
anstalt. Nach einem Jahrzehnt als Professor in Bochum wurde er 1975
nach Wien berufen als Ordinarius an der Katholisch-Theologischen
Fakultät der Universität. 1972 war er Ehrendoktor des päpstlichen
Athenaeums Anselmianum in Rom geworden, das Vorwort nennt
weitere Ehrungen (III). Die Bibliographie beginnt 1946, wird seit 1970
deutlich vielfältiger und endet 1985 (421-424). Die von Lenzenweger
mit herausgegebene Geschichte der Katholischen Kirche (1986) wird
nicht mehr genannt. Sehr schön formulieren die Hgg. des Bandes: „Im
Leben Lenzenwegers sind Nüchternheit und Akribie des Wissenschaftlers
und pastorale Sorge um den Menschen zu einer Synthese
geworden" (III).

Die 40 Beiträge zu der Festschrift gelten überwiegend der territoria-
len Kirchengeschichte Österreichs. Herwig Wolfram, Franz Unter-
kircher, Karl Amon, Floridus Röhrig, Isnard W. Frank, Hermann
Hold und Hermann Hoberg haben Beiträge zum Mittelalter geliefert;
Hermann Wiesflecker, Klaus Ganzer, Herta Hageneder, Alfred A-
Strnad, Anna Coreth, Karl Hengst, August Lcidl, Lorenz Mikoletzkyi
Maximilian Liebmann, Josef Gelmi, Othmar Hageneder, Johann
Rainer, Rudolf Zinnhobler, Peter Gradauer und Alfred Kostelecky
haben Themen aus der Neuzeit beigesteuert. Die Beiträge weisen oft
auch über Österreich hinaus, sie haben aber ihren Sitz im Leben doch
primär in Österreich. Weiter gespannt sind die beiden Öciträge zur
Geschichte der Alten Kirche. Franz Weißengruber wählte das Thema
„Samenkörner der Wahrheit" bei Clemens Alexandrinus (5-16)-
Ernst Christoph Suttner untersuchte „Die Wahrheit der St. Nikolaus-
Legende" (17-25). Die folgenden Beiträge zum Mittelalter seien
genannt : Ludger Thier: Christus peregrinus-Christus als Pilger in der
Sicht von Theologen, Predigern und Mystikern des Mittelalters
(29-42); Alfred Raddatz: Zur Vorgeschichte der „Epistula seu Uber
contra Judaeos" Amulos von Lyon (53-58); Heinrich Fichtenau: Def
Mönch Hildebrand (59-68); Rainer Maria Herkenrath: Die burgundische
Heirat Kaiser Friedrichs I. (89-94); Heinrich Appelt: D'e
Papstwahlordnung des III. Laterankonzils (1179) (95-102); Hans-
Jürgen Brandt: Philippe d'Alencon (1338/39-1397). Zur Biographie
eines päpstlichen Legaten römischer Obedienz für Deutschland
während des Großen abendländischen Schismas (119-132); Heinrich
Schmidinger: Die Rückkehr Gregors XL nach Rom in den Berichte"
des Christoforus von Piacenza (133-142); Sabine Weiss: Päpstlich
Expektanzen in Theorie und Praxis (143-152).

Auch von den 23 Beiträgen zur Neuzeit seien diejenigen genaB*i
bei denen eine allgemeinere Thematik überwiegt: Georg Schwaiger-
Das konfessionelle Bewußtsein von der Reformation zur Aufklärung
(169-178); Josef Leinweber: Das Päpstliche Seminar in Fulda und
seine Bedeutung im Zeitalter der Katholischen Erneuerung und des
Barock (185-194); Gerhard B. Winkler: Toleranzidee und
-Wirklichkeit in den protestantischen Staaten zwischen Reformatio11
und Aufklärung (201-208); Norbert Reimann: Heinrich Volbert
Sauerland (1839-1910). Zur Biographie eines umstrittenen Kirchenhistorikers
(285-310); Heinrich Lutz: Beim Lesen von Hubert Jcdi"5
Autobiographie (319-330); Hugo Schwendenwein: Katholische Universitäten
und kirchliche Fakultäten. Begriffliche und kompcicn''
mäßige Klärungen in der neueren kirchlichen Rechtsentwicklung
(379-390); Helmuth Prec: Fragen des Vermögensrechts von Ordenspersonen
und Weltpriestern (391-404); Bruno Primetshofer: Vorn
Geist des Codex Juris Canonici/1983.

Zur Person von Bernhard Köttingsa gt die Hgn. Maria-Barbara von
Stritzky u. a.: „In zweimaliger Amtszeit hat er als Rektor am Wieder-