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Ausgabe:

1988

Spalte:

125-126

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Die Reformation in Hannover 1988

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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Seite 1

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125

Theologische Literaturzeitung 1 13. Jahrgang 1988 Nr. 2

bände berechneten Großwerk in besonderen Registerbänden er- zcn. Den Unterschied zwischen amtlicher Verlautbarung und der
folgen, aber wer wird schon angesichts eines Einzelbandes die Pha- Wirklichkeit deutet der Vf. selbst mit dem Hinweis an, daß die Durchhaut
aller Registerbände zur Stelle haben, wenn er die Häufigkeit der sieht der Steuerbücher die Wirkungslosigkeit des Ratsbeschlusses, die
Briefpartnerschaft in ganz bestimmten Zeiträumen, die in einem Band allgläubigen Kleriker zu besteuern, belege (101).
erfaßt sind, feststellen will oder auch besondere Themen erheben Leider fehlt ein Register. Dieser Mangel wird durch eine generelle
möchte, die etwa in Melanchthons Briefen zwischen 1547 und 1549 Unterschätzung prosopographischer Angaben verstärkt. Gerade für
erscheinen? Könnte der Hg. noch einmal prüfen, ob nicht gewisse den nicht fachkundigen Leser wäre eine Kurzcharakteristik des von
registermäßige Erschließung auch des Einzelbandes jeweils in dem Braunschweig ausgeborgten Juristen Autor Sander (80. 95. 1 13) hilf-
Band selbst einen gewissen Sinn hat? reich gewesen. Gleiches gilt für die beiden Braunschweiger Prediger

Man wird Hg. und Mitarbeitern immer wieder einen herzlichen Heinrich Winkel und Andreas Hoyer (67), aber auch für die meisten

''.wischendank sagen dürfen und ihnen wünschen, daß Kräfte und der in den Quellen genannten Hannoveraner. Zuweilen erfährt der

Ausdauer reichen, um das große Unternehmen zu einem glücklichen Leser erst aus einem späteren Text die Namen einzelner Personen, so

Ende zu führen. z. B. im Falle des gefolterten Zimmermanns Dcthmar und des ge-

Gör|jtz Joachim Roggc fangenen Predigers Albrccht (77f, 87). Der Familienname des Braunschweiger
Superintendenten Martin Görlitz hätte auf jeden Fall ergänzt
werden müssen (680- Erwähnenswert ist in diesem Zusammen-

MlUer, Siegfried: Die Reformation in Hannover. Ein historisches hang auch, daß der Vf. die Namen der Bürger bei Urfehden von verur-

Lcsebuch. Hannover: Lutherhaus Verlag 1987. 133 S. 8'. Kart. DM Anhängern der |utherischen Lehre leider regelmäßig ausläßt

(z. B. 280- Dem Quellenbenutzer gehen dadurch Informationen

Ein Nebenprodukt der ebenfalls 1987 gedruckten Dissertation des über die verwandtschaftliche und soziale Verflechtung der frühen

Vf. zum Gebrauch in Rcligionskursen der Schule, in Gemeinde- „Lutheraner" verloren. Die eine oder andere Erläuterung wünschte

Seminaren oder als Bettlektüre interessierter Bürger - lautet die bc- man sich im Interesse der nicht fachkundigen Leser etwas präziser,

geisterte Empfehlung der Publikation durch den Stadtsuperintenden- z.B. 123 Nr. 32, Anm. 9 (Terminarier) oder 125Nr.64, Anm. 1

•en in seinem Geleitwort. Der Autor selbst versteht sein Buch vor (Winkelprediger). Zu überprüfen wären einige Kopfregesten, z. B. die

allem als exemplarische Quellcnsammlung für einen der Forschungs- Gattung (,,Bericht") der beiden an die Adresse der evangelischen

Schwerpunkte der jüngsten Zeit, für die Stadtreformation. Bündnispartner gerichteten Texte von 1534 (Nr. 14 und 15) oder bei

Der Vf. möchte mit 97 aus dem Mittelniederdeutschen bzw. Früh- der Nr. 50 die Formulierung, daß Hannover „gegenüber Braunneuhochdeutschen
übertragenen zeitgenössischen Texten (Urkunden, schweigdie Annahme der lutherischen Lehre" rechtfertigt. Diese klei-
Briefen. Auszügen aus den Stadtbüchern u. ä.) den Prozeß der Rcfor- nen Desiderate ließen sich bei einer 2. Aufl. leicht erfüllen. Schon in
mation „von unten" belegen, der in Hannover wie in den meisten der vorliegenden Fassung ist dem Quellcnlescbuch in Hannover und
Städten des Reiches alle Bereiche des städtischen Lebens erfaßte. Die darüber hinaus bei allen an der „Stadtreformation" Interessierten eine
Texte Nr. 1-1 1 beleuchten die Rahmenbedingungen vor der Refor- rege Benutzung zu wünschen.

Berlin Siegfried Brauer

Kirchengeschichte: Neuzeit

mation (Stadt. Kirche. Oesellschaft), Nr. 12-38 das reformatorische
Geschehen (Nr. 12-27 das erste Auftreten der neuen Lehre 1523 bis
zum I. Halbjahr 1532. Nr. 28-38 die Anfänge der reformatorischen
Bewegung von den innerstädtischen Auseinandersetzungen zwischen
Rat und Meinheit im August 1532 bis zum zweiten Schwurverband

der Bürgeropposition am 20. August 1533). Nr. 39-60 die Zeit von ^ Kur( [Hg ]; ^ KorrespondeBl Heinrich Mclchjor VIÜhk.n.

yer Annahme der evangelischen Lehre bis zur Neugestaltung der bcrgs Aus dcr Anfangszeit des deutschen Luthertums in Nord-

Pohtischen Verhältnisse (die städtische „Außenpolitik" 1533/34 und amerika. Hg. in Verb, mit der Martin-Luther-Universität Halle-

d'c innenpolitische Situation). Nr. 61-97 die Folgen, d.h. die Wittenberg, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt,

Neuordnung des Kirchenwesens, der politischen Macht und der pri- Archiv der Franckeschen Stiftungen, Deutsche Demokratische

vatcn Lebensführung bis 1543 (vor allem 1534/36). Die Mehrzahl der Republik. Berlin (West)-New York: dc^Gruyter. Band I

Texte wird vollständig wiedergegeben. Den Abschnitten sind kurze (1740-1752): 1986. XX, 573 S. Band II (1753-1762): 1987.

Einführungen vorangestellt. Außerdem sind die Einzelstücke mit XXXIV- 623 S- 8° = Texte zur Geschichte des Pietismus,

hiann. ws i* . u • T 'u t . i Abt. III: August Hermann Francke: Handschriftlicher Nachlaß. 2

knappen Erläuterungen versehen worden. Nur ein Teil der Texte lag ... ° , ,, ,,„

crL„ .,„ ~z ,, , , , und 3. Lw. DM 295 -und Lw. DM 328.-.
■"-iion in Iruheren Quellensammlungen gedruckt vor, einige waren

auch in Fachkreisen bislang unbekannt, z.B. die drei Beschwerde- Ein lange erwartetes Werk hat zu erscheinen begonnen: Zum
sehriften der Bürgeropposition und die diesbezüglichen Ratsant- 200. Todestag Mühlenbergs (1711-7. 10. 1787) liegen nun die ersten
worten aus dem Jahre 1532 (Nr. 29. 31 und 32). beiden Bände seiner Korrespondenz vor. Im Vorwort zu Band 1 führt
Bedingt durch die Art der archivalischen Quellen, in denen vor der Hg. in die Zusammenhänge ein: Aufdringende Bitte der deut-
alleni Konflikte schriftlichen Niederschlag gefunden haben, ist das sehen lutherischen Gemeinden in Pennsylvania gewann Gotthilf
Bild über Entstehung und Verlauf der Reformation lückenhaft. Vor August Francke. Sohn des Gründers der Franckeschen Stiftungen in
a"cm die Anfänge bleiben im dunkeln bzw. werden vorwiegend Halle, im Zusammenwirken mit Friedrich Michael Ziegenhagen,
durch gegnerische Befürchtungen und Abwehrmaßnahmen doku- Pfarrer an der deutschen lutherischen Hofkapelle in London, den da-
nicnticri .Zeugnisse .in denen sich die neue Frömmigkeit persönlich mals 31jährigen Mühlenberg als Pfarrer für diese Gemeinden.
ausspricht oderdie traditionelle religiöse Formelsprache umprägt, wie Mühlenberg traf 1742 in Philadelphia (PA) ein. und „aus den verlas
anderenorts (z. B. in Braunschweig) in den Testamentnieder- einzeltcn und über das weite Gebiet verstreuten deutschen Luthe-
Kfaiften erkennbar wird, scheinen in Hannover zu fehlen. Wie ranern . . . wächst durch seine Initiative das deutsche Luthertum in
anderswo vermitteln die schriftlichen Zeugnisse über die refor- Nordamerika heran." (I S. XI) Ähnlich wie die ersten lutherischen
kalorische Neuordnung der städtischen Verhältnisse, vor allem mit Pfarrer von Georgia (USA) hielt Mühlenberg die Verbindung zu
'nrer deutlichen Akzentuierung der Eheethik, ein einseitiges Ver- seiner geistlichen Heimat, den Franckeschen Stiftungen, durch Übcr-
s'ändnis der reformatorischen Frömmigkeit. Quellen über gelungenes Sendung von Amtstagebüchern und durch Briefwechsel lebenslang
nd vertieftes reformatorisches Glaubcnslcbcn fallen aus. Der „Ein- aufrecht; und diese im Archiv der Franckeschen Stiftungen aufbe-
°''ck in den städtischen Alltag der Reformationszeit", den der Autor wahrten Materialien bilden den Grundstock des vorliegenden Unter-
den Lesern ankündigt (7), bleibt deshalb notwendigerweise in Gren- nehmens. Die Herausgabc der Korrespondenz erwies sich als noch