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Ausgabe:

1988

Spalte:

113-114

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bayer, Hans F.

Titel/Untertitel:

Jesus' predictions of vindication and resurrection 1988

Rezensent:

Kleinknecht, Karl Theodor

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 2 1 {4

Bei der Behandlung der Passions- und Ostergeschichte zeigt sich der Redewese von ,,Kelch", ,,Taufe" und ..Stunde" (III; Mk 10,38f par.,
Vf. bemüht. Verbindendes und Spezifisches im Verhältnis zu Mk Mk 14.36 parr., Lk 12,50; Mk 14,-35.41 par., Lk 22,53), die Zitation
herauszuarbeiten. ..Das Geschick des leidenden Gerechten und des von Ps 1 18,22 im Winzergleichnis (IV; Mk 12,10 parr.) und das
verfolgten Propheten bestimmt wesentlich den mt Passionsbericht, in „Zeichen des Jona" (V; Mt 12,39f. Lk 11.290. Ausgangspunkt ist
dem die Gemeinde ihr eigenes Leidenmüssen ...erkennen soll" jeweils eine sorgfaltige synoptische Analyse. Dabei erweisen sich Mk
(517). Der Kreuzigungsbericht ist nicht apologetisch, vielmehr wird und Q als Quellen von Mt und Lk, deren Abweichungen sich aber für
der Tod Jesu als Tod des Gottessohns geschildert (561). wie denn auch B. nur zum geringsten Teil als freie Redaktion erklären, sondern auf
das Kreuzeswort kein ..Verzweiflungsschrei" ist. sondern Unterwer- die Verarbeitung weiterer alter Überlieferung durch Mt und Lk
lung des Sohnes unter den Willen des Vaters (564). Die Oster- zurückgehen. Durchweg plädiert er - bisweilen gegen den weitgehen-
erzählungcn stehen insofern unter diesem Vorzeichen, als die darin den Konsens der Forschung argumentierend - nicht nur für eine
bezeugte Erhöhung nicht Rehabilitierung des leidenden Gerechten ist. vormarkinische (bzw. "pre-Q"). palästinische Herkunft der Aussondern
seine Bestimmung und Sendung konsequent zu Ende geführt sagen, sondern auch für deren Rückführbarkcit auf den irdischen
wird (578). Eine auffallend positive Bewertung erfährt die Grabes- Jesus.

Wächterepisode. In ihrem ersten Teil (27,62-66) fällt der Nachdruck Ein zweiter Arbeitsschritt gilt jeweils dem Aussageinhalt, wie er

auf die prophetische Ankündigung Jesu (570). im zweiten (28,1 1-15) sich aus dem literarischen Kontext, dem alttestamentlich-jüdischcn

erhielt auf dem Hintergrund des „Sieherungsmotivs" der Bericht vom Hintergrund und der angenommenen Lebenssituation Jesu ergibt:

leeren Grab den Charakter eines ..Befreiungswunders" (580). Mk 14.25 "implies Jesus' antieipation of death and a somatic resur-

Schaut man zurück, so stellt sich der Gang der synoptischen rection to immortality" (255); „Kelch", „Taufe" und „Stunde" sind

Forschung in den letzten Jahrzehnten als eine Wellenbewegung dar. vor allem Bilder für ein temporäres Gerichtshandeln ("passing

die ein Evangelium nach dem anderen erfaßte. Sic erreichte nach einer event", 88) im Leben Jesu, aus dem Gott den Gerechten erlöst; die

Vielzahl vorangehender Spezialstudien jeweils ihre Spitze in der Zitation von Ps 118 in Mk 12 "conveys (. . .) implicitly that Jesus

(Ncu-)Bcarbeitung im Rahmen der großen Kommentarwerke. Es be- antieipated divine vindication subsequent to the consequences of his

eann mit Lukas, setzte sich fort mit Markus (vgl. dazu ThLZ 105. rejection by the Jcwish rulcrs"(109);das „Zeichen des Jona" bedeutet

1980. 64()-f,53) und ist jetzt bei Matthäus angelangt. Die umfang- (nicht erst bei Mt!) "the attestation of Jesus' message by divine vindi-

reichen Kommentare von U. Luz (EKK) und J. Gnilka (HThKNT) cation of the messenger" (255).

smd im Erscheinen begriffen und weisen geradezu enzyklopädischen Teil 2 (147-218) behandelt in ähnlicher Weise die drei expliziten

harakter auf. Die vorliegende Bearbeitung ist als erste zum Abschluß Leidens- und Auferstehungsankündigungen bei Mk (VI; Mk 8,27-33;

gekommen. Sic läßt den Weg erkennen, den die katholische Exegese 9,31; 10,32-34; dazu Mk9.9; I4,27f) und deren Parallelen bei Mt

in diesem Jh. genommen hat. Sic faßt Erreichtes zusammen, gibt An- und Lk (VII): Die drei Vaticinien sind weder auseinander ableitbar

stoße für die weitere Arbeit und setzt Maßstäbe für die Auslegung. noch auf ältere Vorstufen (ohne Auferstchungsaussagc) zurückzufüh-

Leipzig/Halle (Saale) Wc-Ifgana Wiefel

ren. Vormarkinische Herkunft ist wahrscheinlich oder zumindest

möglich; die beiden ersten können (unverkürzt) authentisch sein, und

auch 10,32-34 ist zumindest älter als die Passionsgeschichte. Die

d_,. ,, ,- , _ „ . , _" ., . _ , Varianten bei Mt und Lk lassen auf eine weitere (evtl. gemeinsame)

nd>er. I laus 1: Jesus Predictions of indieation and Kesurrection. ,, , , ,. „ ,. , „ „ ,....... . . ... .

Th„ „.. 1 1 . r.u e . r Vorlage schließen, die ebenfalls aus palastiniseh-iudenchnst ichen

1 ne provenanee. meamng and correlation of the Svnoptic predic- 6 f j

tions. Tübingen: Mohr 1986. XI. 289 S. gr. 8* = WUNT. 2. R.. Wurzeln stammt. Eine inhaltliche Untersuchung (VIII) des eschatolo-

20. Kart. DM 78.-. gischen „Muß", der „drei Tage", der Auferstehungsterminologie und

des „Menschensohn" ergibt, daß ein sehr früher Ursprung der Logien

Die Evangelienforschung befindet sich derzeit in einer Phase der auch unter motivgeschichtlichem Aspekt plausibel zu machen ist.
Neuorientierung: Entscheidende methodische und historische Prä- Teil 3 (219-256) setzt die Texte und Ergebnisse der Teile 1 und 2
missen der .klassischen" Formgeschichtc sind nicht mehr zu halten. zueinander in Beziehung - sie bilden zusammen "one singlc. enigma-
Und entsprechend bedürfen auch die auf ihr beruhenden Annahmen tic Cluster of images, one element of which is the reference to a resur-
uber die Entstehung und Entwicklung der synoptischen Jesusüberlic- rection of Jesus" (228) - und präzisiert sie inhaltlieh vor ihrem alt-
ferung einer Überprüfung und Revision. Methodologische Über- und zwischentestamentlichen Hintergrund (IX). Breit erörtert wird
legungen, vor allem aber eine ganze Reihe exegetischer Einzeluntersu- das Mcnschcnsohn-Verständnis (nach B. verbindet Jesus einen gene-
ehungen, lassen www isehen erkennen, daß der Quellenwert und die rischen Gebrauch mit Anspielungen auf den Menschensohn von
L'berlieferungsqualilät der synoptischen Tradition erheblich höher Dan 7). als weiterer Hintergrund werden die Traditionen vom
C|nzuschätzen sind, als die ältere Forschung glaubte - eine Einsicht. Märtyrerpropheten, vom Gottesknecht und - vor allem - vom leidende
nicht zuletzt für die Rekonstruktion der Verkündigung und des den Gerechten herangezogen. Eine Verhältnisbestimmung zur Jesusens
! Verständnisses des irdischen Jesus erhebliche Konsequenzen Verkündigung, insbesondere zu den Parusic- und Rcieh-Gottcs-
nal- Aussagen (X). und eine knappe Zusammenfassung (XI) beschließen

!n dieser Situation wendet sich B. erneut der alten (und in der die Untersuchung,

alteren Forschung meist entschieden verneinten) Frage zu. ob die Der besondere Wert des Buches scheint mir - außer in vielen guten

Synoptiker "a reliable Portrait of Jesus" zeichnen, wenn sie berichten Einzclbcobachtungen - darin zu liegen, daß es einer pauschalen Ein-

™*t Jesus antieipated the necessity of his death an rested assured of Schätzung der Auferstehungsaussagen als späte Vaticinia ex eventu

Iiis resurrection from death" (I). Das Schwergewicht des Buches, einer mit guten Gründen widerspricht und durch einen konsequenten

"^erarbeiteten Dissertation an der Universität Abcrdecn von 1984. Gegenentwurf zu einer differenzierten Betrachtung der Frage nötigt,

''egt dabei ganz aufden Auferstehungsaussagen. Ob dieser selbst schon deren plausibelste Beantwortung ist. scheint

Eine forschungsgeschichtliche Skizze (Chaptcr I: von Wrede über dagegen fraglich. Denn bevordie vielen von B. favorisierten, zunächst

^ultniann, Jeremias. Taylor bis zu E. Schweizer und R. Pesch) leitet mit vorsichtigem "may be" formulierten Möglichkeiten als "a solid

^'e dreiteilige Untersuchungein. block of evidente" gelten können, wie er in der Zusammenfassung

Teil I (29-145) gilt den "predictions of the vindication of Jesus". suggeriert (245). wird man auch ihre problematischen Aspekte

h- solchen Aussagen, in denen er explizit ankündigt oder implizit erwägen müssen (was B. selten tut), vor allem aber müssen sie sich im

Voraussetzt. Gott werde ihn in seinem Anspruch rechtfertigen und Blick auf das Gesamtbild der synoptischen Überlieferung noch

bestätigen. Dazu rechnet B. außer dem eschatologischen Ausblick bewähren.

"Clin Herrenmahl (II: Mk 14.25 par./Lk 22.l6.l8)die metaphorische Tübingen Karl Theodor Kleinknccht