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Ausgabe:

1988

Spalte:

100-101

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Cox, Claude E.

Titel/Untertitel:

Hexaplaric materials preserved in the Armenian version 1988

Rezensent:

Burchard, Christoph

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Theologische Literaturzeitung 1 13. Jahrgang 1988 Nr. 2

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Geschehen Gott selber handelnd am Werke ist, kann nicht aus
formalen Bestimmungen des Wesens der Liturgie gewonnen, sondern
allein im Glauben erlangt werden, der von der unverfügbaren Gnade
Gottes gewirkt wird (125).

Man könnte der vorgestellten Konzeption aber auch vorwerfen, daß
sie sich im wesentlichen auf eine formale Bestimmung des gottesdienstlichen
Dialogs beschränkt und darum merkwürdig abstrakt und
blutleer wirkt, wenn nach der konkreten Gestalt des hier vermittelten
und erfahrenen Heils gefragt wird. Hier hilft der Beitrag von
P. Weimar („Kult und Fest. Aspekte eines Kultverständnisses im
Pentateuch", 65-83) weiter, der nicht nur den alttcstamentlichcn
Kult, sondern auch - in seinen Folgerungen - christlichen Gottesdienst
unter der Kategorie des Festes zu begreifen sucht: Am deute-
ronomischen Kultverständnis gewinnt erden BegrilTder „Festgemeinschaft
", die „ausdrücklich auch die sozial Schwachen sowie die
Außenseitergruppen der Gesellschaft" mit umfaßt und so „auf eine
Überwindung der Klassengegensätze und Wachsen einer Solidargemeinschaft
von .Brüdern' zielt" (70). Am priesterschriftlichen
Kultverständnis ist ihm die „schöpfungstheologische Dimension"
wichtig: In der „Festfreude des befreiten Israel" wird sichtbar, „was
aus der Welt als ganzer einmal werden soll"; Kult als „Fest der
Erlösten" ist „ein die Welt veränderndes, neue Perspektiven aufdeckendes
Geschehen" (76). Das Kultverständnis der Pentateuch-
redaktion schließlich sieht er unter eschatologischem Aspekt, als
„utopischen Entwurf: „Gerade in der Feier des Festes wird die Erinnerung
zu einer gefährlichen Erinnerung', insofern sie die Hoffnung
auf eine grundlegende und endgültige Veränderung der bestehenden
Wirklichkeit der Welt freisetzt" (81).

Merkwürdig blaß wirkt demgegenüber der Beitrag des Neutesta-
mcntlers K. Kertelge („Gottesdienst als Berufung und Aufgabe der
Kirche nach dem Neuen Testament", 84-98). Er wendet sich gegen
die These vom „,nichtkultischen' Charakter des neutestamentlichen
Gottesdienstes" (86), dessen „kultische Züge" (87) er hervorhebt, und
setzt ihr die These vom .„integrierten' Gottesdienst" Jesu und der
christlichen Gemeinde entgegen, der sich in „innerer Einheit von
Gottes- und Nächstenliebe vollzieht" (88). Dabei greift er wiederholt
auf die (z. B. auch von E. J. Lengeling und K. Richter kritisierte, 13)
schultheologische Kultdefinition zurück, nach der Kult ethisch-
moraltheologisch als „die Gott geschuldete Anbetung" (cultus
debitus) begründet und bestimmt wird (97). Bei seiner Exegese von
1 Kor 1 1 fällt der eigentliche soziale Hintergrund, der sonst von den
Exegeten nahezu einhellig hervorgehoben wird, aus (91 0- Ähnlich abstrakt
und folgenlos wirken auch die Überlegungen zum anamnetischen
(92f) und eschatologischen (94ff) Charakter der Liturgie.

Ökumenischen Rang gewinnt das hier begonnene interdisziplinäre
Gespräch nicht nur dadurch, daß mit J. J. Petuchowski ein jüdischer
(„Die Liturgie als Thema der jüdischen Theologie", 28-32), mit
F. Merkel ein evangelischer („Liturgie - ein vergessenes Thema evangelischer
Theologie?", 33-41), mit A. Kallis ein orthodoxer Vertreter
(„Theologie als Doxologie. Der Stellenwert der Liturgie in der orthodoxen
Kirche und Theologie", 42-53) zu Wort kommen und M. M.
Garija-Guembc („Überlegungen für einen Dialog zwischen Orthodoxie
und Katholizismus im Hinblick auf den Satz ,Lex orandi - lex
credendi'", 128-152) ausdrücklich auf die Bedeutung der liturgischen
Tradition für den ökumenischen Dialog hinweist. Es ist vor allem die
Thematik .Gottesdienst' selbst, die sich allen konfessionellen Eng-
führungen sperrt und nach einer übergreifenden Behandlung verlangt.
Das wäre sicher noch deutlicher geworden, hätte man neben den
religionspädagogisch orientierten Beiträgen von D. Emeis („Die
Liturgie als Thema der Katechetik", 153-161) und R. Sauer („Die
Liturgie als Thema der Religionspädagogik", 162-171) auch einer
praktisch-theologischen Stimme Raum gegeben. So fällt denn die
eigentlich pastoraltheologische Sicht der Liturgie (und damit eben
auch die gegenwärtige Wirklichkeit des Gottesdienstes!) weitgehend
aus - ein für den Außenstehenden unbegreifliches Versäumnis. Der
religionswissenschaftliche (A. T. Khoury: „Religionswissenschaft

und Kult", 54-64) und kirchenrechtliche Beitrag (K. Lüdickc:
„Liturgie und Recht. Beitrag zu einer Verhällnisbestimmung",
172-184) nehmen zwar ebenso wie F. Merkel (38 f, 41) auf Aspekte
dieser Wirklichkeit Bezug, können aber naturgemäß das angezeigte
Defizit keineswegs abdecken. Der Ausfall des praktisch-theologischen
Zugangs hat zur Folge, daß das angestrebte „interdisziplinäre Gespräch
" sich auf einen sehr begrenzten innertheologischen Disput beschränkt
und der für die Liturgiewissenschaft heule unentbehrliche
Dialog mit den anthropologischen Wissenschaften kaum in den Blick
kommt.

Berlin Karl-Heinrich Bieritz

Bibelwissenschaft

Cox, Claude E.: Hexaplaric Materials preserved in the Armenian Version
. Atlanta, GA: Scholars Press 1986. XV, 236 S. 8° = SBL.
Septuagint and Cognate Studies Scrics, 21. Kart. $9.95; Lw.
$ 12.95.

Der Titel scheint zu weit zu sein, bis einem auffällt, daß "materials"
keinen Artikel hat. Es geht um die Zeichen, mit denen Origenes in der
LXX-Spalte seiner Hexapla markierte, wo der benutzte LXX-Text
länger war als der masoretische Text des AT (Obelus für den Anfang
dieser Stücke, Melobelus am Ende) und wo er die LXX ergänzte,
meist nach Theodotion, weil sie kürzer war als MT (Asterisk am
Anfang, Metobelus am Ende). Die Vorlagen des armenischen AT
waren mehr oder weniger stark vom hexaplarischcn LXX-Text
beeinflußt. Nach B. Johnson (Die armenische Bibelübersetzung als
hcxaplarischer Zeuge im 1. Samuclbuch, Lund 1968; vgl. M. E.
Stone, RB 77, 1970, 259-264) hat Cox selber das noch einmal für ein
einzelnes alttestamentlichcs Buch bestätigt (The Armenian Translation
of Deuteronomy, Chico, CA 1981, seine Dissertation bei
J. W. Wcvcrs; vgl. H.Goltz, ThLZllO, 1985, 1771). Es überrascht
deshalb nicht, daß es hexaplarischc Zeichen in armenischen Bibelhandschriften
gibt (die Metobeli fehlen oft). Schon J. Zohrapcan hatte
in seiner Bibelausgabc, der ersten ansatzweise kritischen, welche
notiert (Venedig 1805, Nachdruck New York 1985 mit Einleitung
von Cox). "The present study for the first time makes available to
LXX text critics a precise reckoning of the preservation of the signs'
tradition in the Armenian Version, its true extent, accuraey, and
importance" (S. 4).

Cox' Grundlage sind 35 Handschrillen verschiedenster Provenienz
von 1269 bis ins 17. Jh., die meisten heute in Eriwan, Jerusalem und
Venedig (St. Lazzaro). Das sind nicht alle, in denen sich hexaplarischc
Zeichen finden. Cox, der für seine Ausgabe des armenischen
Deutcronomiums die erhaltenen armenischen Bibeln durchmustert
hat, wählte die 35 aus seiner fast lückenlosen Sammlung der Handschriften
, die auch Dtn enthalten. Die armenische Zeichentradition
sei damit vollständig erfaßt (das hätte er deutlicher machen können).
Die zeitliche und örtliche Streuung der Zeugen könnte jedenfalls
kaum größer sein.

Der Hauptteil der Arbeit (S. 17-219) bietet für jedes betroffene
biblische Buch nach einem gemeinsamen Schema (S. 9-11 erklärt)
das Material und seine Beurteilung (Zeichen richtig placiert, verrutscht
oder überhaupt unberechtigt, allein in Arm erhalten oder
auch außerhalb u. a.). Die Hauptsachen sind jeweils zwei Listen. Eine
zählt die Stellen auf, die Zeichen haben, und zwar klassifiziert nach
dem Grad der Korrektheit. Die zweite führt die betroffenen Lemmata
auf griechisch an, belegt, welche armenischen Handschriften wo welche
Zeichen haben, und notiert interessante Beobachtungen. Schönheitsfehler
: die Abkürzungen soll man in der Göttinger LXX nachschlagen
, die habe ich aber nicht.

Was kommt heraus? Die ergiebigsten Handschriften sind Jerusalem
1925 (die Erznka-Bibel, 1269 n.Chr.), Eriwan 177 (13.Jh.), St.
Lazzaro 841 (13. Jh), 935 (1341-55), Jerusalem 428 (1620), London,
The British Library 8833 (17. Jh.) (S. 8). "Considerable numbers of