Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1988

Spalte:

916-918

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Liedtke, Kurt

Titel/Untertitel:

Wirklichkeit im Licht der Verheißung 1988

Rezensent:

Jetter, Werner

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

915

Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 12

916

immer neuen Angängen bemüht er sich, die Spannung zwischen vorhandener
Einheit der Kirche und gesuchter Einigung der Kirchen zu
reflektieren. Daß Wahrheit und Kirche zusammengehören, daß es
eine Einheit aller Christen nur in der einen Wahrheit Jesu Christi
geben kann, wird immer wieder betont und sollte auch gegenüber Auffassungen
festgehalten werden, bei denen die Einheit als Wahrheit,
nicht aber die Wahrheit der Einheit vertreten wird.

Unvermeidlich kommt Kasper wieder auf das Thema .Lehramt' zurück
, wenn es um die Konkretisierung der Einheit in der Wahrheit
geht (266ff). Dieses Lehramt soll nicht nur als „eine Art oberster
Notar der Kirche" Ergebnisse einer Knnsensbildung feststellen und
bestätigen, sondern „die Konsensbildung auch initiieren und stimulieren
, sie kritisch begleiten und sie vor allem immer wieder auf ihren
einmaligen Grund und auf ihren bleibenden Maßstab, die Wahrheit
Gottes in Jesus Christus, hinweisen." - „Die Wahrheitsfindung in der
Kirche muß dialogisch geschehen. Als Dialogsakrament Gottes mit
der Welt ist die Kirche in sich selbst dialogisch verfaßt. Anders ist
Wahrheit heute nicht rezeptions- und konsensfähig." (2670 Sätze dieser
Art sind zweifellos geeignet. Fixierungen aufzulösen und Gespräche
zu ermöglichen. Aber es stellt sich gerade auch angesichts der Anziehungskraft
von Vorstellungen wie Dialog und Konsensbildung die
ernste Frage, wie es um die tatsächlichen Gegensätze in der theologischen
Bestimmung und praktischen Ausübung des Lehramtes bestellt
ist. Die alles weitere entscheidende Frage ist doch, ob überhaupt die
Einheit der Kirche ein Ergebnis innergeschichtlicher Verwirklichung
ist, selbst wenn in Anlehnung an J. A. Möhler die „Rückkehr in die
Einheit" zugleich als „ein Weg nach vorn" angesehen wird mit der Begründung
: „Denn die Kirche, welche vor der Trennung die unbewußte
Einheit aller Häresien war, wird nach deren Versöhnung deren
bewußte Einheit sein." (39)

Die Auseinandersetzungen in seiner eigenen Kirche und die Gespräche
mit den Vertretern anderer Kirchen durchziehen die Überlegungen
zum Verhältnis von „Theologie und Kirche". Dabei werden
direkt, noch häufiger wohl indirekt Probleme berührt, die einer weiteren
Vertiefung bedürfen, und gerade dazu werden wichtige Anstöße
gegeben. Das gemeinsame Bemühen um die Einheit in der Wahrheit
darf dann auch in aller Unbefangenheit auf die Klärung im Gespräch
drängen.

Erlangen Reinhard Slenczka

* Horst Stuke. Art. „Aulklärung". In: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches
Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Bd. I. Stuttgart
21979. 242-342; Ernst Feil, Antithetik neuzeitlicher Vernunft. „Autono-
mie-Heteronomie" und „rational-irrational". Göttingen 1987.

Craig, William Lane: Pannenbergs Beweis für die Auferstehung Jesu
(KuD34.1988.78-104).

Frederikse. T. C: Nieuwere ontwikkelingen in de Christologie (KeTh 38.
1987,227-235).

Herzog. Frederick: New Christology: Core of New Ecclesiology? (RSR 14,
1988,214-216).

Jenson, Robert W.: The Logic of the Doctrine of thc Trinity (Dialog 26.
1987.245-249).

Keller, RufusUlrich: Archetypen-neue Zugänge zur Trinität?(WuA [M]29,
1988,78-82).

Pottmeyer, Hermann J.: Kirche des dreifaltigen Gottes (WuA [M] 29, 1988,
83-86).

Poythress. Vern Sheridan: God's Lordship in Interpretation (WThJ 50.
1988.27-64).

Schwarz, Hans: Die Aktualität des Trinitarischen im christlichen Gottes-
glaubcn (ThZ44. 1988,211-221).

Thevenaz, Jean-Pierre: Passion de Dieu, passion humaines et sympothie des
choses. Ethique et messianisme chez Jürgen Möllmann (RThPh 119. 1987.
303-321).

Wiedenhofer, Siegfried: Zum gegenwärtigen Stand der Erbsündentheologie
(ThRv83,1987,353-370).

Wohlmuth. Josef: Zum Verhältnis von ökonomischer und immanenter Trini-
tät-eine These (ZKTh 110, 1988, 139-162).

Praktische Theologie: Allgemeines

Liedtke, Kurt: Wirklichkeit im Licht der Verheißung. Der Beitrag
Ernst Langes zu einer Theorie kirchlichen Handelns. Mit einem
Vorwort von A. Butenuth. Würzburg: Stephans-Buchhandlung
Wolfgang Mittelstädt 1987. XII, 612 S. 8" = Studien zur Theologie
, 1.

Irgendwie sind sie im Bannkreis seiner starken persönlichen Ausstrahlunggeblieben
, Ernst Langes Freunde. Von ihnen als seinen Verehrern
zu reden paßte ebenso schlecht zu ihm wie zu ihnen; dazu hat
er sich zu früh, 47jährig, und zu abrupt aus ihrer Mitte fortbegeben.
Seine erstaunliche Sensibilität für das zeitgenössische Welt- und
Kirchengeschick, mitbegründet in dem ungewöhnlichen und dennoch
exemplarischen Schicksal seiner Jugendjahre, ließ ihn auf seinen
wechselvollen Lebens-Stationen jeweils einem Freundeskreis ähnlich
empfindender Zeit- und Kirchengenossen, einer „Elite von Beunruhigten
" (so S. 113) zugleich nahekommen wie auch mitten unter
ihnen auf Distanz bleiben, stets unverwechselbar und allzuoft - hinter
dem Vorhang der Schwermut - unerreichbar.

Daß Kurt Liedtkes Erlanger Dissertation von 1987 noch im selben
Jahr publiziert werden konnte, zeigt, daß Ernst Langes Name für viele
noch immer ein Inbegriff uneingelöster Erwartungen geblieben ist.
daß seine Formulierungen zum festen Bestand der Diskussionen in
Theologie und Kirche gehören und es an der Zeit wäre, seine Anstöße
im Blick auf die Kirchentagsjugend, auf die Ortsgemeinden und ihren
Gottesdienst, und vor allem auf den konziliaren Prozeß der ökumenischen
Konflikte stärker in kirchliche Praxis umzusetzen (so A. Butenuth
S. I).

Der Vf. hat das, was er als den einheitlichen, grundlegenden Ansatz
der großen Zahl Langescher Gelegenheitsschriften herausarbeitet, zur
Überschrift seines Buches gemacht. Er hat die von ihm sorgsam zusammengetragene
Hinterlassenschaft Langes, soweit sie ihm zugänglich
wurde, unter dem einen Generalnenner aufgeschlüsselt und miteinander
verbunden, daß der „im Licht der Verheißung" (d. h. der
biblischen Botschaft) verbesserlichen Welt die Liebe Gottes und
darum der Auftrag der Kirche gelte; ihr Auftrag, den in Christus weltweit
eröffneten Schalom in Gestalt, Wort und Tat zu bezeugen. Darin
kulminiert für ihn jeweils der Ertrag der Themen, die Lange auf jeder
seiner bemerkenswerten Lebensstationen zu bearbeiten hatte. Denn
immer war es der Wechsel seiner beruflichen Situationen, der ihm
Anlaß, Gelegenheit oder Nötigung zu seinen Schriften gab. So führt
der Vf. den breit ausgreifenden Katalog dieser Schriften mit ihren
Diagnosen, Anstößen und Anregungen in biographischer Anordnung
vor, natürlich nicht ohne die entsprechenden sachlichen Vorgriffe und
Rückverweise.

Die Eindrücke, die Lange als Vikar in der Berliner Jugendarbeit
gewann, bestärkten die, wenn man so will, offensive Grundrichtung
seines zeitgenössischen christlichen Wollens, daß „das Leben Christi
... durch das Leben der Christen im Alltag der Massengesellschaft
in das Leben der Zeit hinein" und an diesem Leben teilhaben wolle.
Im Lektorat des Burckhardthaus-Verlags Gelnhausen verdichtete sich
dies u. a. in seinen 10 Laienspielen, wurde sein Name in den Kreisen
der Jugend bekannt, kam es zu ersten ökumenischen Begegnungen,
u. a. auch mit der Dienstgruppe der Protestant Parish in den Slums
von EastHarlem.

Als nächstes gab die berühmt gewordene Spandauer Ladenkirche
am Brunsbütteler Damm Gelegenheit, Erfahrungen mit der gewandelten
Funktion der Ortsgemeinde und mit den Alltags-Chancen von
Gottesdienst, Katechumenat und Dienstgruppengemeinschaft, den
Kommunikationsgestalten des Evangeliums zu machen, durch die
sich der in der Diaspora seiner beruflichen Existenz einsame und angefochtene
Glaubende zu regenerieren vermag und mit seiner
„Werdewelt" im Licht der unendlichen Möglichkeiten Gottes besser
umgehen lernt.

Die Berufung auf eine Professur für Prakt. Theologie an der