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Ausgabe:

1988

Spalte:

904-906

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

MacKee, Elsie Anne

Titel/Untertitel:

Elders and the plural ministry 1988

Rezensent:

Backus, Irena

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Theologische L.iteraturzeitung 1 13. Jahrgang 1988 Nr. 12

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gung in der Gestalt der franziskanischen Bruderschaft die Tür zur
hierarchischen Kircheninstitution . . . geöffnet hat". Es war ..eine sehr
in die Mitte des Neuen Testaments führende Auffassung der Vita
evangelica . . ., die es Franziskus ermöglicht hat. in der katholischen
Kirche seiner Zeit Anerkennung zu finden" (27). - Karl Suso Frank
untersucht das Zitat „Schweigt mir von der Regel des heiligen Benedikt
, Augustin und Bernhard", das im späten 13. Jh. von den Spiritua-
len Franz von Assisi zugeschrieben wurde. Franz ist auch ..nicht dem
monas'tischen Milieu zuzuordnen.'... Wenn es ein prägendes und
bestimmendes Milieu für Franz von Assisi gab, dann war es die Stadt
und ihre Bevölkerung." (31) Die Lebensform der Franziskaner ist
..von den alten Regeln nicht gedeckt" (37). Am ehesten läßt sich noch
eine Linie ziehen zum Ende der Benediktinerregel (41). - Kaspar Elm
schreibt über „Die Vita franciscana- Eine geistliche Lebensform zwischen
Aufbruch und Anpassung". Er verweist auf vielfältige Auswirkungen
und Traditionslinien. Auch er betont, daß Franz „unmittelbar
auf die Hl. Schrift zurückging" (55). Die besondere Sensibilität der
Franziskaner liegt in ihrer Auflassung, „nicht irgendeiner Regel,
sondern dem Evangelium folgen zu müssen und in ihrem Ordensstifter
einen Menschen zu verehren, der die Forderungen Christi nicht
nur ins Utopische oder Innerliche verdrängte, sondern ... Evangelium
und Leben in volle Übereinstimmung zu bringen versucht hat"
(57).

Albrecht P. Luttenberger formuliert als Thema „Konfessionsncu-
trale Reichspolitik in der Reformationszeit". Es geht um die Neutralitätspolitik
Kurbrandenburgs, der Kurplälz und Jülichs. „Das Religionsproblem
wurde nicht vorrangig als dogmatischer Gegensatz, sondern
als Friedensproblem begriffen und behandelt." (62) Der jeweilige
Status quo sollte bewahrt und noch vorhandene Gemeinsamkeiten
festgehalten werden. Im Augsburger Interim 1548 sahen die Neutralen
„einen begrüßenswerten, theologisch ohne weiteres vertretbaren
Kompromißentwurf' (67). Im März 1555 wurde „die
Ausformung einer bikonfessionellcn territorialen Ordnung bewußt
einkalkuliert" (70). - Gustav Reingrabner fragt nach „Auswirkungen
der Veröffentlichung der Thesen Martin Luthers auf Österreich". Die
Thesen sind nur vereinzelt nachzuweisen, es ist „nicht bekannt, daß
sich jemand bei der Durchsetzung reformatorischcr Gedanken auf die
Thesen vom 31.10. 1517 berufen hätte" (76). Man kann nur allgemein
„die durch die Veröffentlichung der Thesen ausgelöste Bewegung
" nach Auswirkungen befragen (85). Johann Rainer kann nach
neuen Quellen das Bild eines umstrittenen Mannes genauer nachzeichnen
: „Melchior Klesl - Bischof, Minister und Kardinal
(1552-1630)". Der protestantische Bäckersohn konvertierte und stieg
steil auf als Kirchenpolitiker und Berater der Habsburger; er wurde
gestürzt und saß 1618-1622 im Gefängnis. Seine Rehabilitierung in
Rom ist heute genauer erkennbar: 1627-1630 wirkte er in Wien als
„ein ganz für die Kirche lebender Bischof (96).

Rostock Gert Hacndler

Dummer. Jürgen [Hg.]: Texte und Textkritik. Eine Aufsatzsammlung.
In Zusammenarb. mit J. Irmscher, F. Paschke. u. K. Treu hg. Berlin
: Akademie-Verlag 1987. 638 S. gr. 8° = Texte und Untersuchungen
zur Geschichte der altchristlichen Literatur, 133. Kart.
M 125,-.

Das Vorwort des Hg. ist im September 1981 geschrieben worden, es
hat also rund sechs Jahre gedauert bis zum Erscheinen dieses Bandes.
Dennoch sind diese Beiträge kaum überholt. Sie berichten von kleineren
Entdeckungen und Beobachtungen, die an verschiedenen Stellen
gemacht worden sind und die zeitlos Anteilnahme erwecken. „Die
handgeschriebenen Überlieferungsträger aufzuspüren und zu registrieren
ist die Voraussetzung jeder philologischen Tätigkeit." Dabei
geht es „um die Bewahrung und Pflege der Texte, die sich aus der
Antike, aus Byzanz und aus der Welt des Mittelalters bis in unsere
Tage gerettet haben" (Vorwort, S. 5). An solcher Arbeit ist natürlich

auch die Kirchengeschichte mit interessiert. Gewiß werden nur noch
selten ganz unbekannte Texte neu entdeckt, aber das Vorwort kann
sagen: „Daß trotzdem noch mancher Fund möglich ist, beweist nicht
zuletzt dieser Band." (5) Er bringt außerdem Untersuchungen zu verschiedenen
Textfassungen mit mancherlei Kritik an einzelnen Stellen
edierter Texte. Der Band ist dem Andenken Marcel Richards gewidmet
, der „mit unermüdlichem Eifer Bibliotheken und Handschriften-
Sammlungen durchforschte, um Unentdecktes ans Licht zu bringen,
der zugleich aber auch ein Meister der kritischen Edition war" (5).
Über den 1976 Verstorbenen berichtet der erste Aufsatz des Bandes
(I 1-22). Von den insgesamt 70 Beiträgen sind 26 in französischer. 17
in deutscher und 15 in englischer Sprache geschrieben. 3 Beiträge
werden mit kyrillischen Buchstaben gedruckt. Es ist zu begrüßen, daß
die ehrwürdige Reihe „Texte und Untersuchungen" solchen speziellen
Untersuchungen Raum gewährt.

GH.

Geldbach. Erich: Prolegomena zur nordamerikanischen Kirchcngcschichlc.
Besonderheiten ihrer Entwicklung (ZRGG .38. 1986,231-248).

Koschorke. Klaus: Trends asiatischer Kirchengcsehichlsschreibung (/CM 13.
1987, 103-105).

Meier. Johannes (Hg.): Zur Geschichte des C hristentums in Lateinamerika.
München-Zürich: Schnell & Steiner 1988. 93 S. m. Abb. 8'= Schriftenreihe der
Kath. Akademie der Erzdiözese Freiburg. Kart. DM 18.-.

Kuepke. Claus-Jürgen: Mit Neuem darf gerechnet werden. Literarische
Nachwirkungen des Luthcrjahres 1983 (LM 26.1987. 122-125).

Sclge. Kurt-Victor: Die Kirchengeschichic in Sammelwerken und Gesamtdarstellungen
(ThR 53.1988,201-222).

Studer. Eduard: Reformation kein Thema? Skizze über katholische Geschichtsschreibung
zur Goethezeit (In: Kirche. Staat und katholische Wissenschaft
in der Neuzeit. Festschrift für Heribert Raab. S. 209-217).

Vallin. Pierre: Histoire Politique des Chretiens. Paris: Nouvclle Cile 1988.
184 S. 8 Kart. ffr75.-.

Kirchengeschichte: Reformationszeit

McKee, Elsie Anne: Kiders and the plural Ministry. The Role of
Exegetical History in Illuminating John Calvin's Theology. Genf
Droz 1988. 237 S. gr. 8° = Travaux d'Humanisme et Renaissance.
223.

Der Titel des Werkes verspricht eine ausführliche Ausarbeitung der
Verbindungen zwischen Calvins Lehre von Kirchenältesten und seiner
Lehre von der Vielzahl der kirchlichen Ämter. Das Buch ist in
zwei Teile gegliedert, die voneinander unabhängig sind. Im 1. Teil
beschäftigt sich die Vfn. mit der Geschichte der Exegese der drei von
Calvin in seiner Institutio 1543 zitierten Bibelstellen, die das Amt des
Kirchenältesten belegen. Es geht um Rom 12,8, I Kor 12,28 und
ITim 5,l7f.

Was nun den ersten Text, Rom 12,8, betrifft, interessiert sich die
Vfn. besonders für den Satz „Wer der Gemeinde vorsteht". Sie kommt
zu der Feststellung, daß in der Exegese von Zwingli und seinen Nachfolgern
fast immer ein Hinweis auf 2Chr 19,6 hinzugefügt wird, um
deutlich zu machen, daß Zivilbehörden auch in kirchlichen Sachen
die Gewalt in den Händen haben. In der Exegese von Bucer und Calvin
aber wird die traditionelle (Origencssche) Auslegung bearbeitet,
die die Gabe, die die Hirten haben, Herrscher zu werden, betont.

Der zweite Text I Kor 12,28 war, nach McKee, fürCalvin deswegen
wichtig, weil er "for the ruling or jurisdictional part of church order"
(S. 62) als Grundlage diente. Die Vfn. zeigt, daß die Worte opitulatio-
nes/gubernationes im Sinne von „Sittenaufseher" schon bei Ambrosiaster
so ausgelegt worden seien. Gegen diese Tradition interpretieren
Zwingli und seine Kollegen opitulationes als „Almosenbeauftragte"
und gubernationes als „Christliche Obrigkeiten". Martin Bucer (der
Ambrosiasterschcn Tradition gemäß) betrachtet - nach McKee - die