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Ausgabe:

1988

Spalte:

891

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Wolff, Hans Walter

Titel/Untertitel:

Studien zur Prophetie 1988

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 12

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Hermeneutik hat es mit der Praxis zu tun, und so kommt Bächli,
über die KD weit hinausgreifend, nicht nur auf den alttestament-
lichen Hintergrund der Barthschen Ethik (Micha 6,8!) zu sprechen,
sondern auch auf die Predigttätigkeit Barths, die dauernd seine theologische
Arbeit begleitet hat und in der das prophetische Wort von der
Safenwiler Zeit an einen beachtlichen Stellenwert hatte, und schließlich
auch auf das politische Denken und Handeln Barths, dessen Wurzeln
nicht zuletzt im alttestamentlichen Prophetismus zu suchen sind.
Zum Abschluß (§ 26 Theologie „Zwischen den Zeiten") wird noch
einmal auf Karl Barths vita eingegangen.

Man legt das Buch, das mit so viel Sachkenntnis geschrieben ist,
dankbar aus der Hand. Es führt nicht nur in einen wichtigen Bereich
der Theologie Karl Barths in faßlicher Form ein, sondern vermittelt
auch einen hervorragenden Einblick in die Entscheidungssituation
während des Kirchenkampfes, als es darum ging, die Bibel in ihrer
Ganzheit als Gottes Wort zu wahren gegen die Argumente derer, die
das Alte Testament als,,Judenbibel" eliminieren wollten.

Berlin Ludwig Wächter

Wolff, Hans Walter: Studien zur Prophetie. Probleme und Erträge.
Mit einer Werkbibliographie von J. Miltenberger. München: Kaiser
1987. 195 S. 8° = Theologische Bücherei, 76. Altes Testament,
geb. DM 36,-.

Im Alter von 23 Jahren veröffentlichte Hans Walter Wolff seine
erste Untersuchung zur alttestamentlichen Prophetie („Zu Begründungen
der prophetischen Heils- und Unheilssprüche", ZAW 52,
1934, 1-32). Er ist seitdem dem Thema ,Prophetie' in seiner wissenschaftlich
-theologischen Arbeit in ganz besonderem Maße verbunden
. Davon zeugt die von J. Miltenberger sorgfältig zusammengestellte
und H.W. Wolff zum 75. Geburtstag am 17.12. 1986
gewidmete Bibliographie (151-195). Der Jubilar selbst hat dieses
Datum zum Anlaß genommen, Kollegen, Schülern, Studenten und
Freunden sowie überhaupt denjenigen, „die des Forschens nicht
müde werden" (Vorwort, 7), neun seiner Arbeiten zur alttestamentlichen
Prophetie aus den Jahren 1977 bis 1984 im Wiederabdruck
gesammelt zugänglich zu machen, um zum Gespräch und zur kritischen
Prüfung anzuregen. Hinzugefügt hat H. W. Wolff noch eine
bislang unveröffentlichte Studie „Haggai literarhistorisch untersucht"
(129-142), in der er dem Werdegang der „Haggai-Chronik" aus fünf
„Auftrittsskizzen", die Haggais Schüler in Form einer „Loseblattsammlung
" überlieferten, nachgeht.

K.-H. B.

Coggins. R. J.: Haggai, Zechariah, Malachi. Sheffield: JSOT Press 1987. 89 S.
8- = Old Testament Guides. Kart.f. 3.50.

Gowan, Donald E.: Wealth and Poverty in the Old Testament. The Gase of
the Widow, the Orphan. and the Sojourner (Interpr. 41. 1987, 341 -353).

Grol. Hermanus Wilhelmus Maria van: De Versbouw in het Klassieke
Hebreeuws. Fundamentele Verkenningen. I: Metriek. II: De hogere ritmisehe
ordening. Proefschrift. Amsterdam: Katholieke Theologische Hogeschool
1987. XI. 267 S. 4".

Knauf. Ernst Axel: Zur Herkunft und Sozialgeschichte Israels. „Das Böckchen
in der Milch seiner Mutter" (Bibl 69, 1988,153-169).

Kobler. J. F.: A Phenomenological Hermeneutics of the Peoplc of God:
Theoretical and Practical Dimcnsions (Ephemerides Theologicae Lovanien-
ses 64, 1988.84-105).

Lebendige Forschung im Alten Testament. Mit Beiträgen von R. Smend.
L. Perlitt, J. J. Stamm, J. Jeremias, A. S. van der Woude, J. P. Weinberg.
J. Ziegler, G. Fohrer, J. A. Soggin u. a. (ZAW 100, 1988. Supplement.
280 S.).

Paul. Andre: La Bible et la Torah: coneurrentes ou partennaires? (ScEs 38,
1986,285-299).

Revcntlow, Henning Graf: Die Prophetie im Urteil Bernhard Duhms
(ZThK 85, 1988,259-274).

Judaica

Rosenzweig, Franz: Zweistromland. Kleinere Schriften zu Glauben
und Denken. Hg. von R. u. A. Mayer. Dordrecht-Boston-Lan-
caster: NijhofT 1984. XXII, 884 S. gr. 8' = Franz Rosenzweig. Der
Mensch und sein Werk. Gesammelte Schriften, 3. Lw. hfl 285.-.

Wenn fast 60 Jahre nach dem Tode eines Autors dessen Werke
erneut gedruckt vorgelegt werden, ist eine Buchbesprechung nicht
mehr unmittelbar Teil des Gesprächs der Forschung. Die Distanz
macht die Bedeutung des Autors fraglos. Hgg. und Verlag verdienen
vor dem Autor Dank und Anerkennung. Das trifft auch hier zu. Der
vorliegende Teil einer vierbändigen Ausgabe stellt den Hgg. und dem
Verlag ein hervorragendes Zeugnis aus. Der Titel greift auf eine
Ausgabe noch zu Lebzeiten Rosenzweigs zurück, eine Reihe von
Schriften und Notizen erscheint indes zum ersten Mal. Für jede
Schrift gibt es im Anhang mindestens bibliographische Hinweise, ein
Register erschließt Bibel- und Talmudstellen, Personen und Sachen.
Ein kleines Glossar vorwiegend hebräischer Ausdrücke hilft dem
Nichtjudaisten; sein Umfang mag Wünsche offenlassen, Mitnagdut
und Chassidut (701) hätten vielleicht auch einer Erklärung bedurft.
Aber allein der Umfang des Bandes wird verhindern, daß Leser außerhalb
des Kreises der Fachgelehrten zu ihm greifen. Das ist berechtigt,
auch unumgänglich, aber doch zu bedauern, weil manche Schrift ein
größeres Echo erwarten ließe. Das Buch vermittelt dem heutigen
Leser einen starken Eindruck von der geistigen Kraft und Weite
Rosenzweigs. Er hatte den Buchtitel seinerzeit selbst im übertragenen
Sinne gewählt, um anzudeuten, daß seine Existenz aus mehreren
Quellen sich speiste und in weiten Horizonten lebte. An der Art, wie
durch Zitate oder Anspielungen allein Weltliteratur herangezogen
wird zu den philosophischen, erziehungstheoretischen oder theologischen
Themen, zeigt sich, was um die Jahrhundertwende Bildung
war. Wenn in den Vorbemerkungen der Hgg. Viktor v. Weizsäcker
zitiert wird, der als tragisch empfand, wie wenig Hörer der Rosen-
zweigschen Vorlesungen in ihrer Mittelmäßigkeit seiner Genialität
entsprachen, wird nicht auf die selten tiefe Bildung des Redners
rekurriert, sondern darauf, daß die jüdischen Hörer sich schon zu weit
von ihrem Judesein entfernt hatten.

Die fast 70 Schriften sind in zwei „Bände" gegliedert, die Notiz
Band II fehlt im Inhaltsverzeichnis. Philosophie, das Werk Hermann
Cohens, Politik, Kultur sind die Themen des l. Bandes. Rosenzweig
hatte 1914 bei Handschriftenstudien für sein Buch „Hegel und der
Staat" ein Hegelmanuskript gefunden; seinen Aufsatz dazu legte Rik-
kert 1917 in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vor; mit
diesem Aufsatz beginnt unser Band. Aus dem Buch „Hegel und der
Staat" ist nur das Vorwort abgedruckt, da dieses Buch 1962 neu aufgelegt
worden ist. Buchbesprechungen zur Hegeischen Philosophie
zeigen, auf welchem Gebiet Rosenzweig zunächst arbeitete. Unter
dem Titel „Paralipomena" sind Notizen erstmalig abgedruckt, die die
Lektüre und Gedanken während des Krieges verfolgen lassen, ein
Blick in die Werkstatt, der in seiner Unmittelbarkeit sehr anregt. Ein
Brief, in dem die erste Konzeption zum späteren Stern der Erlösung
enthalten ist, dazu ein Aufsatz zu diesem Werk, mit dem Titel „Das
neue Denken". Hermann Cohen zog nach seiner Emeritierung 1913
nach Berlin und lehrte dort an der Lehranstalt für die Wissenschaft des
Judentums, bei ihm studierte Rosenzweig, so ergibt sich, daß eine
Reihe von Schriften sich mit dem Werk dieses Philosophen befassen
Darunter ist das „Gedcnkblatt" eine bewegende Skizze philosophischen
Lebens an Universitäten vordem Weltkrieg.

Die Aufsätze zu politischen Fragen sind meistens 1917 in Mazedonien
geschrieben worden, Rosenzweig hat im Freundeskreis diese
Probleme oft erörtert. Auch das Schulprogramm, das 1916 in Mazedonien
entworfen wurde, belegt verantwortliches Durchdenken von
Zeitfragen. Aus dem Feuilleton einer Zeitung ist abgedruckt, wie
Rosenzweig neue Schallplatten vorstellte.

Der Rosenzweig, der für die Theologie wichtig ist. begegnet uns in