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Ausgabe:

1988

Spalte:

885-888

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Chapters 1 - 39 1988

Rezensent:

Waschke, Ernst-Joachim

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Theologische Literaturzeitung 1 13. Jahrgang 1988 Nr. 12

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VV 15—16a (ohne sml). 19-28. die eine Predigt zum Bilderverbot
enthalten, erstmals fortgeschrieben. Eine weitere Fortschreibung in
den VV 29-35 und etwas später 36-40 bringt das Thema Umkehr in
den Text ein. Zwei weitere, von der P-Litcratur beeinflußte, Ergänzungen
in den VV 16b (mit sml)- 18 und VV 5-8 - ob letztere gegenüber
dem zuvor genannten Stück später anzusetzen ist (vgl. die
Schichtungstabelle S. 2050 ist fraglich; sollte nicht aus Gründen der
Sparsamkeit bei Rcdaktionsschichtcn und der Plausibilität der Entstehungsgeschichte
für beide die Pentateuchredaktion namhaft gemacht
werden? - schließen den Fortschreibungsprozeß von Dtn 4
ab; die an Dtn 4 angehängten VV 41-43, die die Aussonderung der
ostjordanischen Asylstätte beinhalten, stellen ein eigenes Problem dar
und werden von K. entsprechend behandelt (S. 115-120); K. hält sie
für vorpriesterschriftlich. Ein zweiter Anhang analysiert das Überschriftensystem
4.44-49 (S. 121-127) und gewinnt die Einsicht, daß
in 1,1 und 4.45.46a« Kernüberschriften vorliegen, die „im Laufe der
Zeit sehr stark erweitert worden sind". Beide weist K. der Hand von
DtrH zu - für das Wachstum von Dtn und seine Verbindung mit dem
dtr Geschichtswerk entscheidende Erkenntnisse. Das für Dtn 4
gewonnene Ergebnis bestätigt sich bei K. durch entsprechende blockartige
Fortschreibungen im hinteren Deuteronomiumrahmen
Dtn 29/30. Es zeigt sich insgesamt, daß durch Dtn 4 und 29/30 das
deuteronomische Gesetz spät-dtr mehrfach gerahmt worden ist. Da
Dtn 4 nicht die ursprüngliche Fortsetzung von Dtn 1 -3 darstellt, sondern
hier bereits später anknüpft, zeigt die vordere und hintere Rahmung
eine intensive Verbindung von Geschichte und Gesetz, denn
wie Dtn 4 von der Geschichte zum Gesetz überleitet, so leitet
Dtn 29/30 vom Gesetz wieder zur Geschichte über (vgl. S. 160f).
Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kontexte werden
durch diese Rahmungen Themen und Probleme spätexilischer und
nachexilischer Theologie greifbar. Genau hier würde man sich auch
im Blick auf die eingangs genannte Spezialisierung von K. eine theologische
Zusammenschau der Analyse wünschen, die auch dem Nicht-
exegeten wichtige Einsichten in die Hintergründe des Wachstumsprozesses
der Heiligen Schrift bieten könnte. Exegetisch wäre dazu als
unabdingbare Voraussetzung von K. zu fordern, daß - was er im Blick
auf den Dekalog von Dtn 5 teilweise versucht (vgl. S. 57-62) - nach
Spuren der in Dtn 4 und 29/30 erkannten Hänge in möglichen Überarbeitungen
des von ihnen gerahmten Deuteronomiums (Kap. 5-28)
gesucht würde.

Die nicht immer leicht zu lesende, aber konzise Arbeit hat vor
allem die Plausibilität des Literaturwerdungsprozesses durch das
konsequent angewendete „Fortschrcibungsmodell" auf ihrer Seite
und vermag so. die dtn/dtr ..Ära der Interpretation" (G. v. Rad) zu
beleuchten.

Bonn Frank-Lothar Hossfeld

Oswalt. John N.: The Book of Isaiah, Chapters 1-39. Grand Rapids;
Feldmans 1986. XI. 746 S., 2 Ktn gr. 8° = The New International
Commentary on the Old Testament. Lw. £ 126.60.

Oswalt ist Professor für Altes Testament und Semitische Sprachen
an der Trinity Evangelical Divinity School, Deefield, Illinois. Der hier
vorliegende Kommentar zu Jes 1 -39 ist der erste Teil seiner Gesamtauslegung
des Jcsajabuches.

Die Einleitung (S. 3-64) beschränkt sich deshalb nicht nur auf den
sog. Protojesaja, sondern sie ist Tür die Kap. I -66 geschrieben worden.
Dahinter kündigt sich ein Konzept an. das in seiner Ausführung nach
rund zweihundert Jahren kritischer Jesajaforschung einerseits verwundern
könnte, aber das andererseits im Blick auf die jüngere Diskussion
' in seiner Zielrichtung nicht unerwartet kommt. O. geht es um
die Einheit des ganzen Buches.

Daß dieser Aspekt in der historisch-kritischen Forschung unseres
Jahrhunderts kaum eine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt
hat, wird ebensowenig zu bestreiten sein, wie es auch offensichtlich

ist. daß die Frage nach den größeren Zusammenhängen und Einheiten
über der Arbeit am Detail häufig genug verlorenging.

Allerdings verbaut O. den Weg zu einer fruchtbaren Diskussion,
indem er wider alle historisch-kritischen Einsichten die Einheit des
Buches von Anfang an und ganz fundamental als vorgegeben ansieht.
Er ist der festen Überzeugung, "that the essential content of the book
has come to us through one human author. Isaiah the son of Amoz".
Außer "brief editorial or transitional matcrials", die dem Buch durch
Jesaja selbst oder durch spätere Bearbeiter hinzugefügt worden sind,
ist es mit seinen 66 Kapiteln das Werk des Propheten aus dem 8. Jh.
v. Chr. (S. 250- Über ein solches Urteil läßt sich schon deshalb kaum
sachlich streiten, weil es letztlich nicht exegetisch begründbar ist.
Auch wenn sich O. mit kritischen Positionen der Forschung auseinandersetzt
, so gilt ihm die historisch-kritische Exegese als eine im
Grundsatz gescheiterte Auslegung:

Nicht nur, daß sie über die Entdeckung des Deutero- und Trito-
jesaja den im Kanon allein bezeugten Zusammenhang des ganzen
Buches verkannt hat (S. 170, sie widerspricht sich in ihren Ergebnissen
selbst, sie hat zu keinem Konsens gefunden, und sie hat schließlich
die echten Jcsajaworte immer mehr auf ein Hosea und Arnos vergleichbares
Korpus reduziert. Auch die Bezeichnungen Deutero- und
Tritojesaja gelten ihr weithin nur noch als Chiffren für Schulen oder
Redaktionen, hinter denen keine prophetische Gestalt mehr steht. "In
fact, it is not far off the mark to observe that the only genuine agree-
ment is the negative one which began the process; the book of Isaiah is
notaunity"(S. 20).

Demgegenüber beruft sich O. schon am Anfang (I. Title, S. 30 darauf
, daß in dem gesamten Buch nur der Prophet Jesaja als Autor
genannt wird. Weil auch die frühsten Editionen (Qumran) keinen
anderen als den uns bekannten Zusammenhang erkennen lassen und
auch jeder Beweis dafür fehlt, daß irgendein Titel des Buches ohne den
anderen existiert hat (so S. 18). schlußfolgert er zunächst: "that the
original transmitters of the book intended it to be understood as a unit
whose meaning was to be found solely by refere'nce to the life and
teachings of the prophet Isaiah" (S. 4).

Dabei bestreitet er nicht, daß die Botschaft des Buches entsprechend
der traditionell-kritischen Auslegung auf drei verschiedene Epochen
bezogen werden muß (Kap. 1-39 auf 739-701 v.Chr.; Kap. 40-55
auf 605-539 v. Chr.; Kap 56-66 auf 539-500 bzw. 400 v. Chr.). Die
entsprechende Zeitgeschichte wird dann (II. Background, S. 4-17) im
einzelnen dargestellt. Aber weder die historischen Differenzen noch
die sprachlichen und stilistischen Unterschiede erscheinen ihm im
Blick auf seine eigene Position problematisch. "For this commentary
the theological and ideological unity of the book is a primary
datum" (ausgeführt unter III. Unity of Composition, S. 17-23; VIII.
Theology, S. 31-44; IX. Problems in Interpretion. S. 44-54;
X. Analysis of Contents, S. 54-64). Von daher gilt, daß alle anderen
Fragen (unter IV. Date and Authorship, S. 23-28 behandelt) von der
grundsätzlichen Einheit des Buches her zu beantworten sind ("must
be considered in the light of this datum", S. 25). Dabei werden die traditionell
anerkannten Differenzen und. Probleme des Buches nicht
einfach negiert, sondern sie werden in das 8. Jh. v. Chr. verlagert und
der Biographie des Propheten inkorporiert. So besteht O. nicht darauf,
daß die Reihenfolge der Texte im Buch unbedingt ihrer wirklichen
Chronologie entspricht. Aber die in der kritischen Forschung unausgesprochene
Voraussetzung, daß die Propheten nur etwas in bezugauf
ihre eigene Zeit verkündigen könnten, hält er für theologisch fragwürdig
(S. 240. Vielmehr ist er der Überzeugung, daß unterschiedliche
Lebensabschnitte einen Unterschied im Sprachstil fördern und daß
neue göttliche Botschaft notwendig zu einem Umbruch in der Sprache
führen muß (S. 26).

Worin besteht die Einheit des Buches? Sie ist für O. darin angezeigt,
daß bestimmte Wendungen und Begriffe ("phrases") betont in allen
Teilen des Jesajabuches begegnen, während sie m übrigen AT nur
spärlich belegt sind (z. B. „der Heilige Israels", S. 19). Auch die
Beobachtung, daß hinter einzelnen Teilen des Buches (etwa Kap 1-5