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Ausgabe:

1988

Spalte:

884-885

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Knapp, Dietrich

Titel/Untertitel:

Deuteronomium 4 1988

Rezensent:

Hossfeld, Frank-Lothar

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 12

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ßer Sachkenntnis. Auch der Religionshistoriker liest sie gern und mit
Gewinn. Fachspezifische kontroverse Diskussionen zu Detailfragen
sind mit gutem Grund ausgeklammert worden. Wer sich für mehr als
das Dargebotene interessiert, kann zur empfohlenen Literatur greifen.
Die schon erwähnte Vernetzung der Beiträge macht einen der großen
Vorzüge des Lexikonsaus. Durch die Artikel der Gruppe 2 werden die
Hauptartikel entlastet. Zudem ist auch demjenigen Leser damit
gedient, der gelegentlich nur einen Spezialbegriff erklärt haben will.

Wenn zu diesem vorzüglichen Lexikon auch Kritisches angemerkt
werden darf, dann nur im Sinn einer möglichen weiteren Vervollkommnung
des Werkes. Das betrifft zunächst die Literaturangaben.
Sie sind vielen Artikeln, vor allem den Schwerpunktartikeln, in reichem
Maße beigegeben. Andererseits ist bei manchen Beiträgen (ich
meine nicht die Kurzartikel) die Bibliographie eher dürftig und enthält
mitunter nicht einmal die gängigen Standardwerke. Hier könnte
der Hg. auf Ergänzungen hinwirken. Sodann: Was man in ein Lexikon
aufnehmen will und kann, unterliegt der jeweiligen Konzeption und
den technischen Möglichkeiten. Gleichwohl vermißt Rez. einige
Stichworte, z. B. Friedensvorstellungen in den Religionen (das Vorwort
schließt mit dem Hinweis auf die Friedensversammlung von
Assisi im Oktober 1986 und thematisiert die Friedensfragc also selbst
an hervorragenderStelle; der Artikel „Friede und Krieg" geht nur und
auch nur relativ kurz auf die christlichen Kirchen ein). Volksfrömmigkeit
, Weltreligionen (Definition und Verweisungen), ferner Hermeneutik
, Hermetik und Nag-Hammadi-Schriften (Qumran wird
ausführlich behandelt). Das System der Verweisungen könnte noch
erweitert werden, z. B. Dialog (hier erwartet man einen Grundsatzartikel
) s. Religionsdialog. Friede s. Religionenfriede, Menschenrechte
s. Religionsfreiheit. Wiederverkörperung s. Reinkarnation:
Gebet s. Salät, Gesetz s. Shari'a, Orden s. Sufismus (in diesem Artikel
befremdet die Bemerkung über die „Sowjetisierung Zentralasiens".
S. 622. eine für dieses Lexikon sonst nicht typische Art des Umgehens
mit aktuellen Fragen).

In der Anlage der Artikel wird besonders deutlich, ob ein Vf. von
der dogmatisch-systematischen oder religionshistorischen Disziplin
kommt. Vor allem bei den Beiträgen über religiöse Phänomene in verschiedenen
Religionen, die in der Hand nur eines Autors lagen, macht
sich mitunter das Interesse für eine bestimmte Religion stark bemerkbar
. Eine ungewohnte, aber gerade dadurch oft neue Einsichten vermittelnde
Art der Darstellung charakterisiert die Beiträge der
indischen Autoren. Hervorzuheben aus der Fülle der Artikel sind
noch die einen Block (S. 531-562) bildenden Beiträge über Religion.
R.enfriede, R.sdialog. R.sfreiheit, -geographie, -geschichte, -kritik,
-Phänomenologie, -Philosophie, -Psychologie. -Soziologie, -Statistik,
-theologie sowie Religionsvergleich und Religionswissenschaft. Natürlich
fordern viele Artikel zur Auseinandersetzung heraus, wozu
aber hier nicht der Raum gegeben ist.

In summa: Mit dem neuen „Lexikon der Religionen" liegt ein Werk
vor, das man gern weiterempfiehlt und dem man viele Leser und Auflagen
wünscht. Wer um die Mühsal der Vorbereitung und Herstellung
eines Lexikons weiß, wird Hg. und Verlag seine Hochachtung nicht
versagen. Der Dank gilt aber auch allen Beiträgern. Die Mühe hat sich
gelohnt. Das „Religionswissenschaftliche Wörterbuch" hat einen
würdigen Nachfolger gefunden.

Es ist dem Lexikon zu wünschen, daß es auch beim Friedensdialog
gute Dienste leistet. In seinem Artikel „Religiöse Wahrheit" schreibt
der Hg.: „Kon-kurrenz", also das Sich-Messen der Religionen, „ist
heute nicht zu leisten, ohne daß die Religionen sich angesichts der in
der Welt virulenten Menschheitsfragen bewähren (Überleben, Gerechtigkeit
, Friede u. a.)." Möge sich diese Erkenntnis auch mit Hilfe
dieses Lexikons weiter durchsetzen!

Berlin Karl-Wolfgang Tröger

Eibach. Ulrich: Unsterblichkeit der Seele, Reinkarnation und Erlösung im
"NcwAge"u. i.d. christlichen Tradition (Theol. Beiträge 19. 1988. 191-214).

Altes Testament

Knapp. Dietrich: Deuteronomium 4. Literarische Analyse und theologische
Interpretation. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1987.
VIII, 226 S. gr. 8' = Göttinger Theologische Arbeiten. 35. Kart.
DM 48,-.

Der Titel dieser von L. Perlitt betreuten Göttinger Dissertation
weist schon auf ihren hohen Spezialisierungsgrad hin: denn was der
Nichtexegel wie eine lapidare Textangabe liest, läßt den „exegetischen
Insider" sogleich aufhorchen, weil Dtn 4 nicht nur eines der
schwierigeren Dtn-Kapitel ist, sondern eines der wichtigen in bezug
auf die literarhistorische Hypothescnbildungzum gesamten Buch Dtn
nach Ausweis der Forschungsgeschichte. So stellt der lapidare Titel
des Buches auch eine Ausnahme gegenüber anderen Buchtiteln dar.
denn das Buch bietet weit mehr, als sein Titel verspricht. Ausgehend
von der Analyse zu Dtn 4 behandelt K. auch Dtn 29/30, wo er das
Ergebnis seiner Analyse von Dtn 4 bestätigt findet, so daß seine
Analysen folglich einen gewichtigen Beitrag zur gesamten Deuterono-
miumforschung darstellen. Keine Hypothesenbildung zum Buch Dtn
wird an dieser Arbeit in Zukunft vorbeigehen können.

Durch einen komprimierten und gut systematisierten Forschungsüberblick
(S. 3-20), dessen Lektüre durch tabellarische Übersichten
im Anhang (S. 207-210) erleichtert wird, führt K. in die Problematik
seiner Arbeit ein und sensibilisiert den Leser durch die abschließende
Engführung auf die bisherigen Extrempositionen - Dtn 4 als einheitlicher
Text (bes. Lohfink und Braulik) oder Dtn 4 als Summe vieler
kleiner und kleinster stratigraphischer Einzelelemente (bes. Mittmann
) - für die nachfolgende Einzelanalyse der Verse. Der Analyse
vorgeschaltet sind „methodische Vorüberlegungen" (S. 21-25). die
nicht nur reflektiert die Weichen der Analysen stellen, sondern K. als
würdigen Vertreter der bekannten Göttinger Deuteronomiumfor-
schung ausweisen, weil er die Einsicht voll und ganz in Anschlag
bringt, daß nur Präzision und Plausibilitäl der Methode einen Fortschritt
in der Exegese bringen können (vgl. L. Perlitt. Dtn 1-3 im
Streit der exegetischen Methoden, in N. Lohfink [Hg.]. Das Deuteronomium
. Löwen 1985, 149-163). Der Forschungsüberblick hat für
K. gezeigt, daß „die Frage nach der literarkritischen Methode, nach
ihrer Anwendung, ihren Möglichkeiten und Grenzen, in ganzer
Schärfe autbricht" (S. 21). Zwei Punkte mögen zeigen, wie K. „Göttinger
Deuteronomiumerfahrung" umzusetzen versteht: Beim leidlich
diskutierten Problem des Numeruswechsels im Dtn zeigt K„ daß
keine Pauschalhypothese dem Problem im gesamten Dtn gerecht werden
kann, sondern daß zwischen frühen und späten Verfassern
durchaus sinnvoll in dieser Frage zu unterscheiden ist. so daß „die
Frage, ob der Numeruswechsel ein Indiz für Schichtung ist, (...) sich
also in spät-dtr Texten nicht mehr eindeutig beantworten (läßt); der
Numeruswechsel kann an verschiedenen Stellen verschiedene Ursachen
haben" (S. 23). Mit einer weiteren gewichtigen Überlegung
schafft K. sich die Basis zur Analyse: Den immer wieder ins Feld
geführten paränetischen Charakter des Dtn wertet K. sachgerecht für
seine Exegese aus, indem er ernst damit macht, daß die typischen Gattungselemente
der Paränese - wie weitgehender Eklektizismus, Wiederholungen
desselben Motivs, Fehlen des Zusammenhanges, Stichwortverbindungen
etc. (vgl. S. 24) - beim Urteil über exegetische
Beobachtungen nicht vernachlässigt werden dürfen, sondern vielmehr
zum kritischen Einspruch werden, die vom Exegeten ein feinfühliges

Abwägen in jedem Einzelfall verlangen: ,..... dann muß man in

paränetischen Passagen eine gewisse Inhomogenität hinnehmen und
darfaus ihr nicht jedesmal literarkritische Schlüsse ziehen." (S. 25)

Auf diesem Hintergrund ist die Gesamtanalyse von K. zu verstehen,
und von hierher gewinnt sie auch an Plausibilität. Nur in den wichtigsten
Ergebnissen kann die Analyse hier vorgestellt werden. K. zeigt,
daß Dtn 4 in mehreren Schüben blockweise fortgeschrieben worden
ist. Den Kristallisationskern des Kapitels stellen die VV I —4.9—14 mit
ihrem Aufruf zum Gesetzesgehorsam dar. Dieses Stück wird durch die