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Ausgabe:

1988

Spalte:

879-881

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Bij de put van Jakob 1988

Rezensent:

Weippert, Helga

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879

Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 12

880

beides ist das Buch des englischen Professors für Theoretische Physik
ein instruktives Beispiel.

Es handelt sich um eine gut geschriebene, auch dem Nichtnaturwis-
senschaftler so einigermaßen nachvollziehbare populärwissenschaftliche
Darstellung wesentlicher physikalischer Erkenntnisse und
Theorien unseres Jahrhunderts, der Relativitätstheorie, der klassischen
Quantentheorie, der Quantenfeldtheorie einschließlich der
Quantenchromodynamik und nicht zuletzt neuester kosmogonischer
Theorien, die sich aus der Zusammenschau solcher Theorien ergeben.
Dabei bezieht Davies dies alles in anregender Weise auf die von ihm so
genannten „vier großen Existenzfragen: Warum sehen die Naturgesetze
so aus, wie wir sie kennen? Warum besteht das Universum
gerade aus dem ,Rohmaterial', aus dem es besteht? Auf welche Weise
ist dieses ,Rohmaterial' entstanden? Auf welche Weise erhielt das All
seine Ordnung?" (S. 14/15).

Davies diskutiert dabei Zusammenhänge und Möglichkeiten, ohne
sich jedoch immer für eine bestimmte Konsequenz oder Anschauung
zu entscheiden. Gott wird nicht als Lückenbüßer für noch fehlende
Erklärungen in das Weltbild eingeführt, sondern soll aus dem Gewußten
heraus aufgefunden werden: „Gott als Pauschalerklärung für
Unerklärtes heranzuziehen heißt Gefahr zu laufen, daß man letztlich
seine Nicht-Existenz nachweist - ganz davon abgesehen, daß man
Gott damit zum Freund der Unwissenheit stempelt. Finden müssen
wir ihn, sofern er auffindbar ist, durch das, was wir über die Welt entdecken
, und nicht durch das, was zu entdecken wir nicht imstande
sind" (S. 271/272).

Uralte Probleme wie das Verhältnis von Körper und Seele, bzw.
Geist, einschließlich des göttlichen Geistes und seines Verhältnisses
zur Welt, werden mittels moderner Analogien angegangen. Danach
wäre das Gehirn der Hardware moderner Computer zu vergleichen,
die Bewußtseinsinhalte dagegen der Software, der Information, die auf
ganz unterschiedliche Trägersysteme transponiert werden kann: „Das
im Gehirn existierende Muster macht uns zu dem, was wir sind, nicht
das Gehirn selbst" (S. 133, vgl. auch: S. 119/120,273,286).

Nicht immer sind die Konsequenzen, zu denen Davies kommt, für
die christliche Theologie bequem. So kommt Davies z. B. in dem
hochinteressanten Kapitel 9 über „die Zeit" zu der Auffassung, daß
Gott, wenn ihm im Sinne Karl Barths und anderer „Zeitlichkeit"
zugesprochen werden müßte, nicht allmächtig sein kann und auch
nicht als Schöpfer des Universums in Frage komme. Umgekehrt, sieht
man Gott im Sinne Augustins als „zeitlos" an, so gilt nach Davies:
„Gott kann keine Person sein, die denkt, sich unterhält, empfindet,
plant und dergleichen, denn all das sind in die Zeit eingebundene
Fähigkeiten" (S. 176).

Verschiedentlich erörtert Paul Davies die weltanschauliche Tragweite
des sog. (starken und schwachen) „anthropischen Prinzips" (vor
allem S. 215-247). Gewiß kanh man dessen teleologischen Konsequenzen
entgehen, wenn man unendlich viele Universen nacheinander
oder nebeneinander annimmt, jedoch gibt Davies zu bedenken:
„Wer nur deshalb von einer Unendlichkeit anderer Universen spricht,
um eines zu erklären, schleppt sicherlich ,Übergepäck' bis ins kosmische
Extrem, ganz davon zu schweigen, daß alle diese Universen,
bis auf ganz wenige, von niemandem wahrgenommen werden, außer
vielleicht von Gott" (S. 226).

Das muß an Andeutungen genügen. Davies hat ein m. E. sehr anregendes
und interessantes Buch geschrieben, dessen Lektüre ich
gerade vielen Theologen nur sehr empfehlen kann. Es lohnt sich, sich
mit den Gedanken und Schlußfolgerungen dieses Physikers auseinanderzusetzen
, auch wenn man ihnen nicht überall wird folgen wollen
.

Berlin Hans Hinrich Jenssen

Weren, Wim, en Niek Poulssen: Bij de put van Jakob. Exegetische
opstellen. Tilburg: Tilburg University Press 1986. IX, 154 S. gr. 8' =
TFT-Studies, 5. Pp. BF 20.-.

Brunnen waren in der Antike Stätten der Begegnung. Hier traf man
sich, Bekannte und Unbekannte kamen hier zusammen. In der Erzählung
von Joh 4,1-42 begegnen sich Jesus und eine Frau aus Samaria
am Jakobsbrunnen. Jesus bittet sie, ihm Wasser aus dem Brunnen zu
schöpfen. Die Frau verwundert sich darüber, daß er, obwohl er Jude
ist, einer Samaritanerin diese Bitte stellt. Nicht weniger groß dürfte
das von den Jüngern in der Erzählung bereits vorweggenommene
Erstaunen (V. 27) der zeitgenössischen Zuhörer darüber gewesen sein,
daß Jesus der Frau und damit den Samaritanern lebendiges Wasser
anbietet (V. 10.13f). Der Jakobsbrunnen bei Sichern als Symbol für
das Zusammentreffen von Menschen verschiedener Herkunft und Gesinnung
, aber auch als Angebot, die Bibel und den Glauben als Quelle
des Lebens auszuschöpfen, waren der Anlaß, um der vorzustellenden
Festschrift den Titel „Am Jakobsbrunnen" zu geben. Sie wurde dem
Neutestamentier Manien Rijkhoj] anläßlich seiner Emeritierung am
31. 12. 1986 von seinen Tilburger Kollegen überreicht. Der Untertitel
„Exegetische Entwürfe" und die von W. Weren und N. Poulssen verfaßte
Einleitung (S. V-VII) unterstreichen sodann, daß entsprechend
der Offenheit des Geehrten in der Festschrift thematisch und methodisch
Divergierendes zusammengetragen ist. Daß es auch Gutes und
die wissenschaftliche Diskussion Bereicherndes ist, sei den Einzel-
bespreehungen schon vorausgeschickt. Den größten Raum nehmen
neutestamentliche Beiträge ein, aber auch Alttestamentier, Kirchenhistoriker
und Dogmatiker finden hier Interessantes, und schließlich
bietet sich die Festschrift auch noch als gelungene Momentaufnahme
des gegenwärtigen Arbeitens an einer katholisch-theologischen Fakultät
in den Niederlanden an.

Den Anfang macht N. Poulssen mit „Menselijk spreken over het
zien van God (Gen 22,1-19)" (S. 1-18), einer einfühlsamen Studie zu
Gen 22, die die literarischen, anthropologischen und theologischen
Textstrukturen nachzeichnet. Ausgehend von V. 8a erwägt Poulssen,
die traditionellen Kapitelüberschriften „Isaaks Opferung" oder
„Abrahams Opfer" durch „Gottes Opfer" zu ersetzen (S. 11). Daß je
nach dem exegetischen Ansatz in dem oft ausgelegten Text doch
immer wieder Neues zu entdecken ist, zeigt sich nicht nur an Pouls-
sens Interpretation, sondern tritt noch markanter hervor, wenn man
sie mit den etwa gleichzeitig erschienenen Auslegungen von R. Kilian,
P. Maiberger und E. Drewermann in BiKi 41, 1986, 98-135, vergleicht
. ,,D(i)e verdraaide erfzonde" (S. 19-45) von J. Holman scheint
nur auf den ersten Blick den Rahmen „exegetischer Entwürfe" zu
sprengen. Nicht ohne Humor exegesiert der Vf. die internationale und
niederländische Diskussion über die katholische Erbsündenlehre (seit
1966) und bestimmt schließlich die moderne (ätiologische) Auslegung
von Gen 2-3 als maßgeblich für ein gegenwärtiges Verständnis von
Erbsünde als „Sünde in der Welt" (so mit dem Neuen Niederländischen
Katechismus, vgl. S. 340- Mit seinem Beitrag „Bergrede en
Halacha" (S. 46-71) will W. Weren die einseitigen Auslegungen von
Mt 5,17-48 entweder als das Gesetz aufhebenden, antijüdischen
oder als das Gesetz übererfüllenden, die jüdische Tradition aber fortführenden
Text zugunsten einer beide Züge in ihrem Spannungsverhältnis
belassenden Interpretation überwinden. Jüdisches und Chri-
stozentrisches ließen sich weder literarkritisch voneinander trennen,
noch seien sie im Rahmen matthäischer Ekklesiologie miteinander
unvereinbar; denn Matthäus gehe es ja um eine Gemeinde von Juden-
und Heidenchristen. Erst der Bruch zwischen Synagoge und Kirche
habe zu dem exegetischen Zwiespalt zwischen einer christlichen oder
jüdischen Auslegung der Bergpredigt geführt. Mit der Bergpredigt
beschäftigt sich auch J. Bastiaens in „Oog voor oog, tand voor tand:
Over ver-geld-ing en verzoening (Mt 5,38-39)" (S. 72-97). Ausgehend
von den alttestamentlichen Bezugsstellen Ex 21,24; Lev 24,20;
(Dtn 19,21) für Mt 5,38f, ihrer jüdischen Auslegung in der Mechilta,
Mischna und Gemara und dem hermeneutischen Schlüssel zur Bergpredigt
(Mt 5,17-20) gelangt Bastiaens zu dem Ergebnis, daß Jesus
sich nicht gegen die jüdische Tradition wandte, sondern sie fortsetzte,
indem er mehr Gerechtigkeit verlangte, als das Gesetz vorschrieb. Das
vertraute „ich aber sage euch" (V. 39) übersetze das griechische de zu