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Ausgabe:

1988

Spalte:

848-850

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Hirschler, Horst

Titel/Untertitel:

Biblisch predigen 1988

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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847

Theologische Litcraturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 11

848

sehen Unterscheidung von „Fundamentaltheologie und Dogmatik".
Diese ursprünglich antireformatorische Unterscheidung in der katholischen
theologischen Tradition wird in Peschs Interpretation zum
Schlüssel, mit dessen Hilfe die Aufgabe katholischer Dogmatik in
ökumenischem Horizont neu bestimmt werden kann. Es folgen je ein
Kapitel über ..Gotteserfahrung heute" und .,Gott - die Freiheit des
Menschen. Theologische Anthropologie zwischen Seelenlehre und
Evolutionstheorien", also im traditionellen Verständnis eher fundamentaltheologische
Fragen, die jedoch zugleich eindrücklich entfalten
, was nach Pesch die sachliche Aufgabe systematisch-theologischer
Reflexion im Gespräch mit zeitgenössischer, wissenschaftlicher
Welterkenntnis ist.

Die folgenden beiden Kapitel sind der Christologie und der Soterio-
logie gewidmet. Unter dem Titel „Um Christi willen . . ." diskutiert
Pesch den Bezug von Christologie und Rechtfertigungslehre in der
katholischen Theologie und in der kontroverstheologischen Auseinandersetzung
mit dem Luthertum. Der Aufsatz ist ein überzeugendes
Beispiel für einen in wahrhaft ökumenischem Geist geführten Streit
um die Wahrheit, in dem beide Seiten über lixierte apologetische Positionen
hinausgeführt werden können. Das anschließende Kapitel
„Das Geheimnis Jesu Christi" gibt das Herzstück der Christologie-
Vorlesung des Vf. wieder, mit dem Versuch, eine für den heutigen
Glauben verstehbare und verantwortbare christologische Grundformel
zu prägen: „Jesus Christus: der Mensch ganz für andere - der
Mensch ganz für Gott - Gott ganz für den Menschen". Es folgen vier
Kapitel mit stärker ekklesiologischem Schwerpunkt: Einheit der Kirche
- Einheit der Menschheit; Bilanz der Diskussion um die vatikanische
Primats- und Unfehlbarkeitsdefinition; die Verbindlichkeit
päpstlicher Enzykliken; kirchliche Lehrformulierung und persönlicher
Glaubensvollzug. Was sie kennzeichnet, ist vor allem die
Bemühung um eine auch ökumenisch anwendbare Dogmenhermeneutik
angesichts kontroverser Ichramtlichcr Entscheidungen, wie
z. B. der Enzykliken „Humanae vitae" und „Mysterium ekklesiae"
und schließlich der Entscheidung im „Fall Küng". Insbesondere der
Aufsatz „Kirchliche Lehrformulierung und persönlicher Glaubensvollzug
", obwohl ohne ausdrücklichen ökumenischen Bezug formuliert
, könnte sich als sehr hilfreich erweisen bei der Klärung der
hermeneutischen Probleme, denen sich ökumenische Bemühungen
um die Überwindung von Lehrverurteilungen und das gemeinsame
Aussprechen des Apostolischen Glaubens heute gegenübersehen.

Den Schluß des Bandes bilden drei Aufsätze zur Sakraments- und
Bußtheologie, sowie der frühe Text (1967) über „Die Lehre vom .Verdienst
' als Problem für Theologie und Verkündigung". Uberzeugend
ist auch hier wieder die Bestrebung des Vf., aufgrund von genauen
theologie- und dogmengeschichtlichen Detailanalysen die Kontroverstheologie
aus unfruchtbarer Abgrenzung in einen wechselseitig
kritischen ökumenischen Dialog zu überführen.

Zusammengenommen ergibt sich ein sehr dichter und lesenswerter
Band, in dem sowohl Leser mit aktuellem historischen Interesse als
auch solche mit Freude am Detail genauer historischer Arbeit auf ihre
Kosten kommen. Mustergültig ist in allen Teilen des Bandes die allgemeinverständliche
und griffige Sprache, die den Stil der direkten
Anrede beibehalten hat, ohne daß die Präzision der Formulierung
darunter leidet. Diese „Dogmatik im Fragment" löst in überzeugender
Weise das ein, was der Vf. selbst im Vorwort als die zentrale Aufgabe
systematischer Theologie bezeichnet, nämlich „Gewissen der
Verkündigung und des denkenden Glaubens" zu sein.

Bochum Konrad Kaiser

Cerbelaud, D.: Cretation et Trinite (RSPhTh 71,1988,88-94).

Gogarten, Friedrich: Verhängnis und Hoffnung der Neuzeit. Die Säkularisierung
als theologisches Problem. 2. Aufl. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn 1987. 230 S. 8' = GTB/Siebenstern. 1418. Kart. DM 14,80 (s.
Bespr. in ThLZ 79, 1954,728).

Kertelge, Karl: Irdischer Jesus und verkündigter Christus (BiKi 43. 1988
48-53).

Link, C hristian: Schöpfung ohne Schöpfer? Chancen und Risiken der ökologischen
Theologie (EvErz 39, 1987,382-402).

.Vlaier, Gerhard: Die aktuelle Bedeutung der Lschatologic J. A. Bengcls
(Theologisehe Beiträge 19,1988, I 17-127).

Moltmann, Jürgen: Schöpfung. Bund und Herrlichkeit. Zur Diskussion über
Karl Barths Schöpfungslehre (EvTh 48.1988.108-127).

Müller, Paul-Gerhard: Die Fortschreibung der Christologie durch Paulus
(BiKi 43. 1988.54-65)

O'Donnell, John: The Trinity as DivineCommunity (Gr. 69. 1988. 5-34).

Röhls, Jan: Subjekt. Trinität und Persönlichkeit Gottes. Von der Reformation
zur Weimarer Klassik (NZSTh 30.1988,40-71).

Praktische Theologie: Homiletik

Hirschler, Horst: Biblisch predigen. Hannover: Luth. Verlagshaus
1988.592 S.8 DM 36.-.

Der neue hannoversche Landesbischof ist schon durch homiletische
Arbeiten bekannt, besonders durch sein Buch „Konkret predigen"
(1976). Nachdem verschiedene Homilctiker dazu angeregt haben,
rhetorisch (G. Otto), persönlich (A. Denecke), seelsorglich (C. Möller)
zu predigen, leitet Hirschler zur biblischen Predigt an. Er tut das,
indem er eine ganze Homiletik vorlegt. Seine eigene Forderung, konkret
zu predigen, wendet Hirschler in ansprechender Weise auf die
Homiletik an. Das Buch ist von der konkreten Situation eines Praktikers
geprägt, der zugleich viele Jahre in der homiletischen Ausbildung
tätig war. Trotz, der hohen Erwartungen, die Hirschler mit der
Predigt verbindet, verliert er die Bedingungen, unter denen die Predigten
im Gemeindeplärramt entstehen, nicht aus dem Blick. Immer wieder
greift er auf eigene Erfahrungen zurück, schildert er homiletisch
relevante Szenen und gibt er eigene Predigten wieder. Er verbindet
erzählende und argumentierende Ausführungen, ähnlich wie er es für
die Predigt empfiehlt. Als roter Faden zieht sich durch das Buch die
Aufgabe: „Die Predigt soll der Hörergemcindc den biblischen Text als
Hilfe zum Leben erschließen" (15). „Prediger und Gemeinde. Nahe
und Ferne sollen angestoßen werden, von den Texten der Bibel
begründet etwas zu erwarten" (25). Das Buch zeigt in praxisnaher und
theologisch durchdachter Weise, wie diese Aufgabe anzugehen ist.
Homiletische Anfänger können sich dadurch ebenso zu biblischer
Predigt ermutigen lassen wie müde gewordene Praktiker.

Im ersten Teil begründet Hirschler die Notwendigkeit biblischer
Predigt. „In einer bibelvergessenen Zeit ist es nötig, alle Anstrengung
darauf zu richten, daß die Hörer mit dem Bibeltcxt etwas erleben,
daß er als Umschlagplatz der Erkenntnis erlebbar wird" (30). Biblische
Predigt bezieht sich auf Erfahrungen und schallt neue Erfahrungen
. Diqser Erfahrungsbezug biblischer Predigt ist der Inhalt des
zweiten, umfangreichsten Teils. Hier entfaltet Hirschler besonders
unter Rückgriff auf Luther und Ebeling seine Hermeneutik, die nach
unserer Lebenswirklichkeit im biblischen Text und nach dem biblischen
Text in unserer Lebenswirklichkeit fragt. Luthers Predigt aus
der Fastenpostille über Mt I 5,21 -28 interpretiert er als Beispiel dafür,
wie die Gleichzeitigkeit biblischer Texte zur Sprache kommt, wie
Glaubenscrfahrung sich mit Weltcrfahrung verbindet, wie Theologie
sich besonders in der Zuordnung von Gesetz und Evangelium als Vcr-
stehenshilfc bewährt, wie der Auftrag des Predigers darin besteht, „das
im biblischen Text . . . überlieferte Evangelium von Jesus Christus als
den Hörer betreffende Anrede weiterzugeben" und wie dieser Auftrag
homiletische Gestaltung erfordert. „Luthers Predigtweise lebt von
einem geradezu abenteuerlichen Vertrauen auf die Krall des Worlti
Gottes" (84). Von diesem Vertrauen möchte Hirschler etwas weitergeben
, und zugleich lernt er von Luther, zu predigen, „als ob es den
Heiligen Geist nicht gäbe", das heißt mit allen verfügbaren methodischen
Möglichkeiten dem Hörer den Text nahezubringen. Diese dialektische
Einheit von Vertrauen auf Gottes Handeln und Einsatz der
menschlichen Möglichkeiten hält Hirschler durch. Am Anläng der