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Ausgabe:

1988

Spalte:

832-834

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Luther 1988

Rezensent:

Gritsch, Eric W.

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Theologische Literaturzeitung 1 13. Jahrgang 1988 Nr. 11

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Überlegungen Ockhams wiederholte Verteidigung gegen Häresieverdacht
ein besonderes Gewicht beigelegt und infolgedessen für die
Entstehung den Zeitraum „paulo ante annum 1324" angenommen.
Der Vergleich mit anderen Ockhamschriften ordnet sie nach
„Quaestiones in IV Sententiarum", „Summa logicae" und „Quolibcta
t-IV" und vor Buch 6 der „Expositio in libros Physicorum Aristo-
telis" ein. Damit kommen die beiden Traktate am Ende von Ockhams
theologischen Schriften «u stehen, was auch dadurch zum Ausdruck
gebracht wird, daß sie im letzten Band der „Opera theologica" zum
Abdruck gebracht wurden.

Dieser Band bringt nach 19 Jahren die Neuedition der „Opera theologica
" Ockhams zum Abschluß. In entsagungsvoller Arbeit haben
die Herausgeber der Ockhamforschung eine solide und arbeitserleich-
ternde Grundlage geschaffen. Jeder Band wird durch ein Register der
Bibliotheken und Handschriften, der Autoren und Schriften - worin
ein Quellenverzeichnis mit genauen Stellenangaben der zitierten
Schriften enthalten ist - und der Lehre erschlossen. Das Bibelstellenregister
ist in dem Register „Auetores et scripta" unter dem Stichwort
„Scriptura Sacra" zu finden. Es ist bei Ockham nicht sehr umfangreich
. Im vorliegenden Band zitierte Ockham die Heilige Schrift
zwölfmal.

Leipzig Helmar Junghans

Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters. Namens der
Monumenta Germaniae Historica hg. von H. Fuhrmann, H. M.
Schaller. 43. Jg. Heft l. Köln-Wien: Böhlau 1987. XVIII, 738 S.+
6 S. Inh.-Verz. Jg. 43,359 S. gr. 8

Nach Horst Fuhrmanns Bericht über die Fortschritte bei der Edition
der Monumenta Germaniae Historica (I-XIV) bietet Arnold
Esch eine Rede „Der Historiker und die Wirtschaftsgeschichte"; im
Mittelalter gab es Menschen, die fähig waren, „überschaubare ökonomische
Vorgänge zu erfassen und nicht nur Kometen und schlechte
Ernten als preisbildende Faktoren zu sehen" (5). Die Miszelle von
Hans-Eberhard Hilpert „Zum ersten Investiturverbot nach Arnulf
von Mailand" führt die von Rudolf Schiefler vertretene Spätdaticrung
des päpstlichen Investiturverbots weiter: Gregor VII. hat 1073 erklärt,
„daß ein Bischof nicht die Investitur vom König nehmen solle, wenn
dieser mit dem Papst entzweit sei". Dies war 1076 gegeben: „Da.s
Verbot der Gemeinschaft mit dem Exkommunizierten beinhaltete
auch die Untersagung einer derartigen Rechtshandlung" (191). Investiturverbote
waren nicht direkt gegen den König, sondern „zumindest
juristisch gegen unbotmäßige Geistliche gerichtet" (192). Erst
1080 wurde das „passive" Investiturverbot durch ein „aktives" Verbot
gegen den Herrscher ergänzt; erst dies „zwang den König zu einer
nahezu irreversiblen Gegenmaßnahme: der Erhebung Wiberts zum
neuen Papst auf der Brixener Synode im Juni 1080" (193). - Hubert
Mordek und Gerhard Schmitz bieten „Neue Kapitularien und Kapi-
tulariensammlungen", darunter ein Capitulare ecclesiasticum Karls
d. Gr. Anzunehmen ist, daß „die Bischöfe Texte vorformulierten, die
noch sichtbare Spuren der internen Beratungen trugen und die dann
dem Kaiser zur Approbation vorgelegt oder vorgelesen wurden"
(371). Das Capitulare entstand „mit Sicherheit zwischen 805 und
813" (374). Ein capitulare generale von 813 endet mit einem etwas
resignierenden Hinweis'auf Menschen, „qui tarn multis annis dei
praeeepta et decretum nostrum contempserunt" (423). - Eine neue
Sicht bietet Horst Fuhrmann: „Die Synode von Hohenaltheim (916)-
quellenkundlich betrachtet". Bisher meinte man, „daß in Hohenaltheim
die Kirche sich des Königtums angenommen habe" (441). Aber
schon der Prolog zeigt „eine auffällig timide Synodalversammlung"
(443). Einflüsse Pseudoisidors waren nur gering, deutlicher zeichnen
sich „Konturen päpstlicher Formulierungen ab" (454). Fuhrmann
widerspricht frontal der bisherigen Sicht: Der für den König ausgesprochene
Schutz ist nicht singulär, und die Figur des „Christus
Domini", des unantastbaren „Gesalbten des Herrn", ist seit dem
Alten Testament mit dem König verbunden. Hohenaltheim hat hier

keine Neuheit gestiftet. Die zentrale Figur in Hohenaltheim ist der
über seinen offenbar energischen Legaten Petrus von Orte gegenwärtige
Papst. - Klaus Schneider entlastet unter der Überschrift
„Hirsau, Urban II. und Johannes Trithemius" den bekannten Humanisten
: Nicht der hat gefälscht um seiner Anliegen willen; vielmehr
stammt das gefälschte Papstprivileg aus dem 12. Jh.; es ist als „Quelle
für das Geschichts-, Reform- und Rechtsbewußtsein des Klosters
Hirsau" zu sehen (469-530).

Auch andere Beiträge sind interessant, können aber hier nur genannt werden:
Wilfried Hartmanri, Unbekannte Kanones aus dem Wcstl'rankenreich des
10. Jahrhunderts; Rudolf Pokorn y, Eine bischöfliehe Promissio aus Bell)
und die Datierung des Vereinigungs-Vertrages von Hoch- und Niederburgund
(933?); Rudolf Hiestand, Judex saeri Lateranensis palatii; C'armela Vireillo
Franklin, Eine unbekannte Fassung der Annales C'asincnses; Peter Csen-
des, Die Stadtreehtsprivilcgien Kaiser Friedrichs II. für Wien; Thomas
R. Kraus, Eine unbekannte Quelle zur ersten Gefangenschaft König Wenzels
im Jahre 1394; Paul Oskar Kristcller, Der italienische Humanismus der
Renaissance und seine Bedeutung; Manfred G rote n. Eine Zinspflichturkunde
der Abtei St. Peter zu Gent aus der Königspfalz Konrads II.; Ferdinand Opll.
Barbarossa in Bedrängnis: Zur uneinheitlichen Datierung eines Diploms aus
dem Spätsommer 1167; Folker Reichert, Eine unbekannte Version der
Asienreise Odorichs von Pordenone; Johannes Fried, Brunos Dedikations-
gedieht. Uberreich ist wieder die Fülle der rezensierten oder angezeigten Literatur
zum Mittelalter (222-359 sowie 584-717).

Rostock Gert Hacndlcr

Archimandrit Augustin (Nikitin).' Das alle Rußland und Byzanz. Eine kirchenhistorische
Studie (SOrth 1986,8,22-32).

Bayer. Hans: Vita in deserto: Kassians Askese der Einöde und die mittelalterliche
Frauenmystik (ZKG 98, 1987,1-27).

Jeffrey, David L.: St. Francis and medieval theatre (FrS43. 1983,
321-346).

Jenks, Susanne: Die Rolle von König und Klerus bei der Häretikcrverfolgung
in England (ZKG 99,1988,23-46).

Richter. Vladimir: Studien zum literarischen Werk von Johannes Duns
Scolus. München: Verlag der Bayerischen Akademie der Wissensehaften;
München: Beck i. Komm. 1988. 98 S. gr. 8" = Veröffentlichungen der Kommission
für die Herausgabe ungedruckter Texte aus der mittelalterlichen Geistcs-
welt, 14. DM 30.-.

Schäferdiek, Knut: Zur Frage früher christlicher Einwirkungen auf den westgermanischen
Raum (ZKG 98.1987.149-166).

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Schwarz, Reinhard: Luther. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
1986. VII. 230 S. gr. 8- = Die Kirche in ihrer Geschichte. Bd. 3, Lfg-
1. Kart. DM 40,-.

Der Vf. legt eine, dem Format der Handbuchreihe angemessene,
ausgeglichene Biographie vor. In zwölf Kapiteln erlebt der Leser das
Leben Luthers, gespickt mit Hinweisen auf Luthers Schriftwerk und
auf die letzten Ergebnisse der Lutherforschung. Acht Kapitel sind der
Zeit von 1483 bis 1525 gewidmet, während die letzten drei Kapitel
Luther im Rahmen territorialer und reichspolitischer Sicherung der
Reformation darstellen. Der Vf. schließt seine Darstellung mit dem
Hinweis, daß Luther noch kurz vor seinem Tode mit der Eröffnung
des Konzils von Tricnt bekannt geworden war. Ein Einleitungsparagraph
weist auf Quellen und Literatur hin: Quellenwerke, Biographien
, Aufsatzsammlungen, Sammelwerke, übergreifende Untersuchungen
zur Theologie Luthers, und Lutherdeutung.

Es gelingt dem Vf., die Kleinarbeit und wichtigsten Ergebnisse der
Forschung so zu destillieren, daß sie dem Spezialisten wie auch dem
Uneingeweihten noch schmackhaft sind. Die zahlreichen Anmerkungen
, mit besonderer Berücksichtigung der WA, unterstützen nicht nur
die objektive Darstellung, sondern enthüllen auch die Probleme und
Debatten der Lutherforschung. Man sollte dem Vf. auch besonders
dafür dankbar sein, daß er des öfteren Luthers Quellen zitiert, z. B. die