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Ausgabe:

1988

Spalte:

750-752

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Betz, Hans Dieter

Titel/Untertitel:

2 Corinthians 8 and 9 1988

Rezensent:

Hübner, Hans

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Theologische Literaturzeitung I 13. Jahrgang 1988 Nr. 10

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sowie zwischen 6.91' und 6.12-20 werden in Auseinandersetzung mit
Teilungshypothesen aufgezeigt, die Ursprünglichkeit von 6.14 wird
nachdrücklich verteidigt. Die Übergabe des Blutschänders an den
Satan ..zum Verderben des Fleisches" (5.5) wird nicht als Todesfluch,
sondern als Ausschluß aus der Gemeinde als dem Bereich der Wirksamkeit
des Geistes gedeutet; der Mann wird in die Sphäre des Satans
verwiesen mit dem Ziel der reuigen Beseitigung des Fleischlich-Sündigen
und der Rettung durch erneuten Anschluß an die Gemeinde.

Der in 7.1-16.12 beantwortete Brief aus Korinth wird als Reaktion
der Gemeinde auf das in 5.9 erwähnte Schreiben des Paulus verstanden
. Die Korinther baten nicht um geistliche Ratschläge, sondern ihre
Anfragen waren Ausdruck ihres besonderen Weishcits- und Erkenntnisbewußtseins
. Den Anlaß Tür die Ausführungen in Kap. 7 vermutet
F- vor allem in der Position sogenannter "cschatological women". die
ihre vollkommene Existenz durch sexuelle Enthaltsamkeil praktizieren
. Paulus spricht jedoch Männer mul Frauen an (vgl. z. B.
7-l-4.10-16).

In 8.1-10.22 handelt es sich nach F. durchgehend um die Teilnahme
an heidnischen Kultmahlzeiten, die Paulus schon in seinem
früheren Brief untersagt hatte. Die Ausführungen in Kap. 8 gehen auf
die Gegenargumentation der Korinther ein. während Paulus in
Kap. 10 sein Verbot entfaltet. Die Apologie in Kap. 9 erklärt sich daraus
, daß die Korinther in ihrem Brief die Berechtigung des Paulus,
'hnen den Tempclbesuch zu untersagen, mit dem Hinweis auf seine
c'gcnc Anpassung an die Umwelt (9. 19-22) in Frage gestellt hatten.

Die Auslegung der Kapitel 12-14 zeichnet sich durch eine Sensibilität
für das Wesen der Charismen, vor allem der ekstatischen, aus. F.
weist u. a. nach, daß in Kap. 14 nicht das Verhältnis zwischen Glosso-
'alic und Prophctic. sondern die Auferbauung der Gemeinde durch
verständliches Reden, für das die Prophctic repräsentativ ist. thematisiert
wird. Aus V. 1.23f.31 wird gefolgert, daß Glossolalic und Pro-
Phetie nicht auf einzelne Charismatiker begrenzt', sondern Für alle
Glaubenden möglich sind. F. weist ferner darauf hin. daß die in
Kap. 14 zurückhaltend bewertete Zungenredc stets die ungedeutet
bleibende ist. während aus V. 5b hervorgeht, daß der interpretierten
auferbauende Bedeutung beigemessen wird. Schließlich wird gezeigt,
daß Paulus die private Erbauung durchaus nicht ablehnt, sie aber auf
den persönlichen Bereich beschränkt wissen will. V. 34f scheidet F.
vor allem aus textgeschichtlichen Gründen als Glosse aus. so daß
V. 33 als einheitliche Aussage gilt, an die sich V. 36 anschloß. Der
textkritischc Befund ist hier jedoch nicht so eindeutig wie bei den als
Parallelen angeführten Stellen Joh 5.3b+4 und Uoh 5.7. da V. 34f in
keiner Handschrift fehlen.

Für Kap. 15 wird dessen enge inhaltliche Verbindung mit
Kap. 12-14 nachdrücklich betont; konsequent wird die leibliche Auferstehung
Christi als Grundlage der paulinischen Argumentation zur
Geltung gebracht. v

In der Annahme der Verarbeitung traditionellen Gutes ist F. sehr
zurückhaltend: 8.6 und 10.16 gelten als pauliniseh. die Beziehungen
des Briefschlusses 16.2011'zur urchristlichen Herrenmahlsliturgie werden
skeptisch beurteilt. Für 6.1 I und 12.13 wird eine Bezugnahme
speziell auf die Taufe abgelehnt. 10.4 wird nicht auf dem Hintergrund
frühjüdischer Exegese, sondern als paulinisehe Kombination aus
Ötn 32.4.15.18.30f verstanden. Überhaupt werden religionsgeschichtliche
Probleme - etwa zur Adam-Christus-Typologic in I Kor
'5 - kaum diskutiert.

In der Litcraturverarbeitung werden wichtige deutschsprachige
Monographien gar nicht erwähnt (z. B. die Untersuchungen von
R. Baumann. K. Maly. O. Merk. K. Nicderwimmcr. K.-G. Sandelin)
°der nur einmal, ohne Auswertung, zitiert (z. B. die Monographien
von G. Dautzcnbcrg. H.-.l. Klauck. O. Wischmeyer); bei dem beträchtlichen
Ausmaß des Anmerkungsapparates wie überhaupt des
Kommentars verwundert diese Lücke. Als Ausgleich erhält der Leser
jedoch eine ziemlich vollständige Information über die neuesten und
oftmalscntlegcnen englischsprachigen Publikationen.

F.s Kommentar ist von bemerkenswerter Geschlossenheit. Er

nimmt neuere und neueste Forschungsergebnisse auf und enthält zugleich
wichtige weiterführende Interpretationen. Schließlich bietet er
eine Fülle von textkritischen Diskussionen, die den Vf. als Spezialisten
auf diesem Gebiet bestätigen.

Berlin Christian Wölfl'

Betz. Hans Dieter: 2 Corinthians 8 and 9. A Commentary on Two
Administrative Letters of the Apostle Paul. Ed. by G. W. MacRae.
Philadelphia. PA: Fortress Press 1985. XXVI. 179 S. gr. 8* = Her-
meneia-A Critical and Historical Commentary on the Bible.

Ursprünglich sollte die Rezension dieses Buches von Hans Dieter
Betz (B.) im Rahmen meines Aufsatzes ..Der Galaterbrief und das
Verhältnis von antiker Rhetorik und Epistolographie" (ThLZ 109.
1984. 241 ff) vorgenommen werden, in dem im Zusammenhang mit
der Besprechung seines Gal-Kommentars das Problem des Verhältnisses
von antiker Rhetorik und Epistolographie thematisiert wurde.
Wegen des späten Erscheinungstermins des neuen Kommentars war
dies damals nicht mehr möglich. Vielleicht war das aber gut so. weil
durch eine eigene Rezension diesem neuen Werk mehr Gewicht gegeben
werden kann.

Das Novum in der Geschichte der Exegese besteht darin, daß in
einer renommierten wissenschaftlichen Kommentarreihe ein eigener
Band für nur einen Teil einer neutestamentlichen Schrift herausgebracht
wurde. B. sieht mit einer Reihe von Forschern in 2Kor 8 und
9 zwei separate Kolicktenbriefe. Die Herausgeber des Hermeneia-
Kommentars haben diese literarkritische Entscheidung für so erwägenswert
gehalten, daß sie B. mit der Kommentierung dieser beiden
Kapitel für einen eigenen Kommentarband beauftragten. Da aber das
literarkritische Problem des 2Kor auch heute noch kontrovers beurteilt
wird - auch bei denen, die die literarische Integrität des 2Kor bestreiten
-. dürfte diese Entscheidung des "New Testament Editorial
Board" von Hermencia sicherlich manchen Protest provozieren.
Aber gerade angesichts der hier mit Sicherheit zu erwartenden Kritik
möchte ich diese mutige Entscheidung ausdrücklich begrüßen. Ich
gestehe allerdings, daß ich selber, sonst nicht gerade ein begeisterter
Verfechter von Teilungshypothesen. 2Kor als compositum mehrerer
Briefe als nahezu evident sehe. Freilich wäre zu wünschen gewesen,
daß B. dann auch in gleicherweise die übrigen Kapitel des 2 Kor kommentiert
hätte. Wenn ich richtig informiert bin. wird dies leider nicht
der Fall sein. Daß man sich zu dem Experiment einer in sich abgeschlossenen
Kommentierung von 2 Kor 8 und 9 entschlossen hat. mag
für den. der dieses Verfahren ablehnt, vielleicht deshalb nicht zu gravierend
sein, weil anscheinend in der Hermeneia-Rcihe auch ein
Kommentar des gesamten 2 Kor geplant ist. Ich begrüße eine separate
Kommentierung der beiden Kapitel vor allem deshalb, weil sein
Autor zu den profiliertesten Vertretern einer Methodik zählt, die sich
bemühen, biblische Schriften mit Hille des Instrumentariums der antiken
Rhetorik zu interpretieren. Die beiden Kollektenbriefe bedeuten
in der Tat ein interessantes Experimentierfeld für die These von
B., daß die Paulusbriefe nach rhetorischen Regeln analysierbar seien.
Ob freilich 2 Kor 8 und 9 die günstigste Voraussetzung für eine weitere
Fundierung dieser These bieten, mag zunächst offenbleiben. Zu gern
hätte ich gesehen, daß B. die Möglichkeit gegeben worden wäre, in der
I lermeneia-Rcihe auch den Rom zu kommentieren. Denn da die Problematik
einer rhetorischen Analyse dieses Briefes weil komplizierter
als die von B. am Gal bereits vorgenommene ist. hätte er hier den
überzeugendsten Beweis für die Richtigkeit seiner These vorlegen
können.

Doch kommen wir nun zur Beurteilung und Wertung des neuen
Opus. Da muß zunächst betont herausgestellt werden, daß der Vf.
wieder einmal aufgrund seiner soliden Kenntnis der hellenistischen
Literatur und souveränen Beherrschung des methodischen Instrumentariums
eine sehr sorgfältige Arbeit des Werks vorgelegt hat -
einerlei wie man zu seiner These steht. Schon allein der forscliungs-