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Ausgabe:

1988

Spalte:

52-54

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Sorge, Elga

Titel/Untertitel:

Religion und Frau 1988

Rezensent:

Lüthi, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 1

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H. Halbfas, P. Häftling, K. Jeziorkowski, W. Killy, P. K. Kurz, K. Marti,
D. Mieth, A. Muschg, J. Schröder, H. Zahrnt, E. Zeller, T. Ziolkowski.
2 Tübingen, 7. bis 9. Mai 1984.

1 W. Jens und H. Küng: Dichtung und Religion, München 1984; dies. [Hg.]:
Weil wir uns auf dieser Erde nicht ganz zu Hause fühlen. Zwölf Schriftsteller
über Religion und Literatur, München 1984.

4 Vgl. damit H. U. v. Balthasar: Herrlichkeit. Eine theologische Ästhetik I,
Einsiedeln21961,49-53.

5 Sie ist diskussionswürdig, nicht nur weil es den akademischen Hörsaal zu
verlassen, das „postklassischc Aufklärungsbewußtsein" zu durchstoßen gelte in
Richtung einer „Theologie der Armen" oder von „bäuerlichen Dichtern"
(ebd.). Man muß die Frage auch an Jens' Aussagen zugunsten einer Existential-
theologie und einer so verstandenen Theologia crucis richten, aber auch an
seinen hochgespannten literarischen Maßstab.

* S. 25; vgl. S. 79 sowie: H. Küng und D. Tracy: Theologie - wohin?Zürich-
Köln-Gütersloh 1984.

7 G. Lukäcs: Die Eigenart des Ästhetischen II, Berlin und Weimar 1981,
6. Kap.: „DerBefreiungskampfder Kunst".

Systematische Theologie: Allgemeines

Tardicu, Michel [Ed.]: Les regles de l'interpretation. Paris: Cerf 1987.
232 S. 8° = Centre d'Etudes des Religions du Li vre. Patrimoines reli-
gionsdu Livre.

Dieser Sammelband über Hermeneutik gibt Beiträge aus dem interdisziplinären
Centre d'etudes des religions du livre der Abteilung für
Religionswissenschaften der Ecolc pratique des hautes etudes in Paris
wieder, die dort seit 1982 erarbeitet wurden. Der interdisziplinäre
Charakter dieses Zentrums erklärt die weitgestreute Thematik, die
sich (bis auf eine Ausnahme) jedoch unter dem Generalnenner der
Auslegungsgeschichte zusammenfassen läßt. Auch geht es vorwiegend
um Auslegungsgeschichte der Bibel. Doch schon der erste Beitrag von
P. Hadot: «Theologie, exegese, revelation, ecriture, dans la Philosophie
grecque» (13-34) weitet den Horizont aus auf die innerhalb der
griechischen philosophischen Schulen seit dem 1. Jh. v. Chr., vorwiegend
an den Schriften der Gründer geübte Exegese, die seit dem
3. Jh. n.Chr. durch eine theologische Beschäftigung mit Inspiration
und Orakeln, vor allem im Neuplatonismus, ergänzt wurde. P. Hadot
vergleicht die Einleitungen zu den Werken von Piaton und Aristoteles
im Rahmen des philosophischen cursus mit Origenes' Vorwort zu seinem
Hohelied-Kommentar (99-119). - G. Monnot behandelt die
„klassische" islamische Koran-Exegese (147-161).

In dem Schlußbeitrag von M.-D. Richard: «La methode exegetique
de Schleiermacher dans son application au platonisme» (209-225)
geht es, nach einer Skizze der bekannten Hermeneutik Schleiermachers
, um dessen Beschäftigung mit den platonischen Dialogen.
Auffällig ist die Ansicht Schleiermachers, die Dialoge bildeten ein,
auch biographisch zu ordnendes, Gesamtsystem und die Leugnung
der von Aristoteles bezeugten mündlichen Lehrtätigkeit des Meisters
.

Alle anderen Beiträge betreffen Spezialthemen der Bibelcxegese.
H. Cazelles: «Le Pentateuch comme Torah» (35-68) bietet nach
einem kurzen Überblick über den Forschungsstand vermischte Überlegungen
über juridische Begriffe, Institutionen (Vasallenverträge,
Königtum, Liturgie), konkrete Vorschriften (Mord und Asylrecht;
Ämter; Altargesetz) in der Pentateuchtora. B. Bard: «Le texte de la
Torah a-t-il ete recrit?» (69-88) zeigt an vier Beispielen auf, wie der
hebräische- Konsonantentext schon früh (2. vorchr. Jh.?) aufgrund
aktualisierender Exegese geändert wurde. J.-D. Dubois: «L'exegese
des gnostiques et l'histoire du canon des Ecritures» (89-97) unterstreicht
die Bedeutung der Auseinandersetzung mit den Gnostikcrn
(lrenäus) für die Fixierung des alt- und neutestamentlichen Kanons.
M. Tardieu: «Principcs de l'exegese manicheenne du Nouvcau Testament
» (123-146) macht aufgrund neuer Überprüfung der manichäi-
schen Texte deutlich, in welcher Weise diese Sekte (die das Alte Testament
grundsätzlich verwarf) das Neue Testament aufgrund genauer

Exegese in eine „gereinigte" Form brachte (Evangelienharmonie
eigener Art + Paulusbriefe); dabei wurden bereits Grundsätze historischer
Kritik angewandt. - R. Goetschel: «Exegese litteraliste, Philosophie
et mystique dans la pensee juive medievale» (163-172) referiert
über die drei Hauptarten jüdisch-mittelalterlicher Exegese des Alten
Testaments: die des Wortsinns (A. ihn Esra und S. ben Meir), die philosophisch
-allegorische Deutung (Maimonides; J. ihn Kaspi) und die
mystische (Kabbala: Sefer ha-Bahir, Zohar Hadash). - B. Roussel
führt anhand der Auslegung des Epheserbriefes von L. Valla bis Sixtus
von Sienna und T. Beza in die Entwicklung der textkritischen Exegese
des 16. Jh. ein (173-194). - P. Marsauche: «La musique guerit
les melancolies: etude sur le commentaire de Dom Calmet»
(195-207) macht auf die Urfassung des umfangreichen «Commentaire
litterale sur tous les livresde l'Ancien et du Nouveau Testament»
(1707-1716) des bekannten Benediktiners (1672-1757) aufmerksam,
der nicht nur enzyklopädisch angelegt war, sondern auch bewußt wissenschaftlich
neutral über gegensätzliche Standpunkte zu brisanten
Streitfragen informieren wollte. Das wird am Beispiel der Prädestinationslehre
und der Frage der mosaischen Herkunft des Pentateuchs
vorgeführt. Die orthodox revidierten zahlreichen Neuauflagen des
Werkes haben diese Absicht beseitigt.

Der Wert interdisziplinärer Arbeit ist naturgemäß für die daran
Beteiligten am größten. Doch verdient auch jeder Einzelbeitrag des
Bandes, besonders wo es um wenig bekannte Gebiete geht, Beachtung
.

Bochum HenningGraf Reventlow

Sorge, Elga: Religion und Frau. Weibliche Spiritualität im Christentum
. Stuttgart-Berlin (West)-Köln-Mainz: Kohlhammer 1985.
144 S. 8' = Kohlhammer Taschenbücher Thema: Religion, 1038.
Kart. DM 20,-.

Um den Zugang zum Buch von Elga Sorge zu finden, ist die Lektüre
des Artikels von Uwe Gerber: „Feministische Theologie. Selbstverständnis
, Tendenzen, Fragen" (ThLZ 109, 1984,561 ff) zu empfehlen.
Im Kontext der feministischen Theologie bedeutet die Position von
Elga Sorge eine besondere Herausforderung, weil sie zwar einen
Radikalstandort einnimmt, aber trotzdem Theologie und Kirchen als
Adressaten versteht. Es gibt auch den radikalfeministischen Ansatz im
Sinne der USA-Theologin Mary Daly, die die Bibel und das Christentum
als chancenlos für die Frauenbefreiung erklärt und die Bibel und
Christentum u. a. durch das Thema „Die Wiederkehr der Göttin"
ersetzt.

Zunächst die programmatischen Aussagen der Autorin (vgl. bes.
S. 13). Theologischer Aspekt: „Was bedeutet die Wiederentdeckung
matriarchaler Weiblichkeit für das männliche Gottesbild und für die
christliche Theologie?" Anthropologischer Aspekt: „Welche Rolle
spielt das Gottes- bzw. Menschenbild bei der religiösen Identilätsfin-
dung?" Historischer Aspekt: „Welche matriarchalen und lebenliebenden
(biophilen) Inhalte tradiert die christliche Religion, und
was ist eigentlich das Patriarchale an christlicher Spiritualität?"
Schließlich stellt sich der utopische Aspekt mit der Frage nach den
Hoffnungen und Visionen, die ein matriarchales Christentum enthält.
Die Autorin verbindet ihr Programm oft mit wissenschaftstheoretischen
Überlegungen; in diesen Zusammenhängen wird patriarchalcs
Reflektieren als zerspaltend und zersetzend gewertet, und es hat zerstörende
Konsequenzen in der Praxis. Matriarchales Denken dagegen
- eigentlich matriarchales Existieren - wäre ganzheitlich, synthetisch
und in den Konsequenzen gewaltlos. weil der Liebe verpflichtet. Weiter
vertritt die Autorin durchgehend gesellschaftliche Interessen im
Sinne eines Konsens von Frauenbcfp iun ;, Fricdensproblematik und
Ökologie.

Das I. Kapitel charakterisiert feministische Theologie als „Theasophie
" (S. 2 3 ff). Diese „Theasophie" wäre schon in der Jesusbewegung
und in der Urgemeinde zu finden, aber auch in heutigen spirituellen